Brasiliens jüdische Gemeinden haben gegen Holocaust-Darstellungen im Karneval von Rio de Janeiro heftig protestiert. Rabbiner Sergio Niskier von der Israelitischen Vereinigung der Zuckerhutmetropole erklärte, die Massenmorde an Millionen von Juden dürften nicht banalisiert werden – das Holocaust-Thema und der Karneval schlössen sich aus.
So will die berühmte Sambaschule Viradouro in ihrer Parade zahlreiche Grusel und Schrecken erzeugende Szenen zeigen und wählte dafür auch die Judenvernichtung. Auf einem „Holocaust-Allegorienwagen“ sollen ähnlich den Fotos aus Nazi-Konzentrationslagern zahlreiche zu Skeletten abgemagerte Juden zu sehen sein, die ermordet worden waren. Die Sambaschule hat die Holocaust-Darstellung verteidigt. Wie es in Presseberichten hieß, wolle man das Publikum zudem mit Karnevalskostümen belustigen, die Geköpfte und Erhängte präsentieren.
Vor früheren Rio-Karnevals hatte auch die katholische Kirche gegen die Verwendung von Heiligenfiguren sowie „Sex-Kult“ protestiert.
Bereits in den letzten Monaten hatten polizeiliche Ermittlungen über enge Beziehungen zwischen hochbewaffneten Banditenkommandos und Sambaschulen immer wieder Schlagzeilen gemacht. So hatte ein berüchtigter Verbrecherboß, nach dem die Polizei fahndet, sogar die Paradesambas mehrerer großer Karnevalsvereine mitkomponiert. Ein Großteil der Profite aus dem Verkauf harter Drogen werde bei den Proben der Sambaschulen erzielt, hieß es.
–Paradegewinner wegen politisch korrekten Unwahrheiten im Kreuzfeuer–
Beim Defilee der besten Sambaschulen siegte 2007 „Beija-Flor“ aus dem Rio-Vorort Nilopolis und geriet prompt wegen des Parademottos in die Kritik. „Beija-Flor lügt über Afrika“ titelte die auflagenstärkste Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ und analysierte ausführlich den Umzug der Sambaschule. Afrika zu würdigen, sei groß in Mode, und afrikanische Könige zu preisen, bringe Höchstnoten ein, schrieb das Blatt. Selbst wenn dafür die Geschichte verdreht, Historiker zum Schweigen gebracht und alte politisch korrekte Lügen über die Sklaverei erzählt werden müßten. Afrika werde als „Mutter der Freiheit“ hingestellt, obwohl der Sklavenhandel dort lange vor der Ankunft der Weißen begonnen habe, die Sklaverei für die afrikanischen Könige extrem lukrativ gewesen sei und diese sich am meisten gegen eine Abschaffung gesträubt hätten. Laut der Zeitung hatten schwarze Afrikaner massenhaft andere Schwarze versklavt, Flüchtige getötet. Schwarze Afrikaner seien schwerreiche Sklavenhändler gewesen, Käufer von Sklaven für afrikanische Farmen. Die Sambaschule Beija-Flor preise den Reichtum Afrikas, doch sage nicht, daß er von der Sklaverei herrühre. Herausgestellt werde Dahomè, obwohl dieser Staat mit am meisten von der Sklaverei profitiert habe. Afrikaner hätten an die 25 Millionen Menschen verkauft, mehr als doppelt so viel, wie nach Amerika verschleppt worden seien.
In manchen pseudoprogressiven Medien ist bis heute verboten, solche historischen Fakten zu erwähnen. Selbst der Kannibalismus brasilianischer Indios wird bestritten.
Brasilien schaffte erst 1888 “ und damit als letzte große nicht-afrikanische Nation “ offiziell die Sklaverei ab, beendete damit eines der entsetzlichsten Kapitel der Landesgeschichte. Doch in Afrika ging die Sklaverei munter in großem Stile weiter, wurde sie beispielsweise von Saudi-Arabien erst 1962 offiziell ausgetilgt, 1948 von Äthiopien.
Nach Brasilien wurden etwa vier Millionen Afrikaner verschleppt, mit Segelschiffen nach Bahia oder Rio de Janeiro gebracht, dort weiterverkauft, schließlich auf die Kaffee-und Zuckerrohrplantagen, in die Goldminen getrieben. Die Ausbeutung war derart brutal, daß die meisten Sklaven keine dreißig Jahre alt wurden. Millionen von Schwarzen überlebten bereits die teils monatelange Überfahrt in den total überfüllten, stickigen Laderäumen der Koggen nicht. Gewöhnlich wird in den Geschichtsbüchern nur profitgierigen Sklavenhändlern der Kolonialmacht Portugal die alleinige Schuld an der Verschleppung von Angolanern, Kongolesen, Mocambikanern gegeben. Brasilianische Schwarzenorganisationen fordern immer wieder auch materielle Wiedergutmachung von Lissabonn. Das Thema ist indessen viel komplexer, sogar heikel “ nur ganz wenige brasilianische Historiker wagen sich mit der Forderung an die Öffentlichkeit, endlich von unzulässigen Vereinfachungen zu lassen, Tabus zu brechen. Professor Manolo Florentino ist einer davon, gehört zur neuen Generation seiner Zunft, lehrt an der Universität von Rio de Janeiro, wies sich durch ein vielbeachtetes Buch als Sklavereiexperte aus. Er wirft vielen Historikern von heute vor, schlichtweg zu unterschlagen, wie die afrikanischen Eliten beim Menschenhandel mitmachten. Und sagt es deutlich:”Männer, Frauen und Kinder wurden versklavt und exportiert durch Afrikaner “ ein Fakt, den auch die brasilianische Geschichtswissenschaft vergessen will.“ Für Florentino bringt es nicht weiter, die aktive Rolle der Afrikaner am Sklavenhandel unerwähnt zu lassen, zu verstecken, um auf diese Weise etwa die kulturelle Identität der heute unter absurdem Rassismus leidenden Schwarzen zu stärken. Vielmehr sei es doch so gewesen: Auf beiden Seiten des Atlantik, in Afrika und in Brasilien, existierten archaische Gesellschaften “ verbunden durch bestimmte Wertvorstellungen und eben den Handel mit Afrikanern. Jahrzehnte vor der offiziellen Sklaverei-Abschaffung kam es zu einem bezeichnenden Phänomen: Manche humaner gesinnten weißen Sklavenhalter gaben Schwarzen die Freiheit, nicht wenigen Afrikanern gelang es, sich freizukaufen. Kamen diese zu Geld, taten sie etwas Überraschendes “ sie, die Ex-Sklaven, kauften sich auf den Menschenmärkten Rio de Janeiros oder Bahias Afrikaner, wurden somit selber Sklavenhalter. Verschleppte Afrikaner beuteten, so absurd es klingt, fern der Heimat ebenfalls verschleppte Leidensgenossen aus. Laut Florentino war einer der größten brasilianischen Sklavenimporteure ein Schwarzer.
Sklaverei – heute in Brasilien und in Afrika nur noch ein Thema für Historiker, Anthropologen ? Keineswegs. Vor allem brasilianische Bischöfe sprechen von einer tiefverwurzelten Sklavenhaltermentalität, weisen auf die extrem kraß ungerechte Einkommensverteilung “ und das Fortbestehen von Sklaverei.
Wer nach Rio de Janeiro kommt, sollte einmal die Rua Camerino nahe dem Hafen entlanggehen. Zeit für Reflexionen, denn keine Tafel, kein Denkmal erinnert daran, daß sich hier Brasiliens größter, entsetzlichster Menschenmarkt befand, in einer der bedeutendsten Sklavenhalterstädte der Weltgeschichte.
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