Putin – The Guardian: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/10/08/putin-62-the-guardian/
Brasilien und Samba: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/21/brasilien-und-samba/
Brasiliens Fußballhymnen: http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/07/07/drw_201007070719_samba_rassimus_und_freude_uebers_a9273c33.mp3
Charles Aznavour: Völliger Schwachsinn, daß Salvador zu den Schöpfern der Bossa Nova zählt
Deutschsprachige Medien, darunter TV-News, meldeten, der jetzt im Alter von 90 Jahren gestorbene französische Sänger Henri Salvador sei Miterfinder, gar Erfinder der Bossa Nova gewesen. Brasilianische Bossa-Nova-Experten wie der renommierte Buchautor und Kolumnist Ruy Castro(Bossa-Nova-Standardwerk „Chega de Saudade“), haben dies prompt als falsch zurückgewiesen. Die Geschichte sei genau umgekehrt – Salvador habe sich frei der brasilianischen Musik bedient. Nur zu gerne, und immer wieder habe Salvador indessen überall, und auch gegenüber Brasilianern erklärt, sein Lied „Dans mon ile“ von 1957 habe den brasilianischen Komponisten Tom Jobim zur Bossa Nova inspiriert. Jobim habe das Lied gehört und daraufhin die Idee gehabt, den Samba langsamer, anders zu spielen, habe derartiges auch so geäußert. Doch 1957, betont Ruy Castro, hatte Tom Jobim längst seinen Stil gefunden, schuf seit langem seine Lieder. „Ich mochte Henri Salvador, habe Platten von ihm – aber daß er Vorteile daraus zog, sich als Erfinder der Bossa Nova hinzustellen, fand ich schon immer ziemlich ekelhaft.“
Machte Salvador, altersweise, kurz vor seinem Tode indessen einen Rückzieher, der vielen entgangen ist? Nach Angaben von Brasiliens größter Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ wies er letztes Jahr in einem Interview zurück, „Criador da Bossa Nova“ zu sein. „Ich mag nicht, daß man mich so nennt – ich bin doch dazu gar nicht fähig, im Vergleich zu Tom Jobim nur ein kleiner Komponist – Tom Jobim aber ist ein Gigant!“
Salvador, der Bossa-Nova-Erfinder – entstehen so Legenden, Brasilienklischees?
Vor seiner Brasilientournee 2008 äußerte sich auch Charles Aznavour zu dem Thema. Wenn Henri Salvador meine, den Bossa Nova erfunden zu haben, sei das natürlich nicht wahr. „Ich habe mir gedacht: Er wird die Leute zum Weinen bringen, wenn er solchen völligen Schwachsinn erzählt.“
http://www.folker.de/200805/07bossanova.htm
Os Morenos – Marrom Bombom: http://www.youtube.com/watch?v=XrbyAl4WGWA
Daten und Statistiken über Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Burka, “Girl from Ipanema”, sinnliche Bossa Nova in Itanhaem/Teilstaat Sao Paulo an der Statue von Padre Anchieta. “Garota de Ipanema” mit Tom Jobim und Vinicius Morais:https://www.youtube.com/watch?v=KJzBxJ8ExRk –
Islamische Frauenunterdrückung, Burka, soziokulturelle Kontraste…
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Die Bossa Nova “ vor fünfzig Jahren gings los(1)
„Eine von dreißig Varianten des Samba”
Vor fünfzig Jahren wird in Brasilien ein neuer Musikstil  ins Leben gerufen und macht Weltkarriere – Bossa Nova. 1958 gilt als „Inicio oficial”, offizieller Beginn, weil Joao Gilberto, bis heute d e r Bossa-Nova-Papst, auf einer Single die ersten beiden Hits herausbringt. Kurioserweise schaffte die Bossa Nova nie den durchschlagenden Erfolg im Tropenland selbst, andere Rhythmen waren stets populärer. Und nur durch die starke Nachfrage aus Europa und Japan gibt es heute eine neue brasilianische Generation von Bossa-Nova-Musikern.
Ende 1957 treten in einer kleinen Copacabana-Bar hochtalentierte Musiker auf, nennen sich Bossa-Nova-Gruppe und spielen, wie es in den Ankündigungen heißt, moderne Sambas. Im Jahr darauf hören sich Musikmanager der großen Plattenfirma Odeon in Sao Paulo eine Probepressung zweier neuer Titel von Joao Gilberto an und reagieren wütend. „So ein Mist, den man uns da aus Rio schickt.” Die Vinyl-Single wird zerbrochen, weggeworfen – die beiden Titel, Chega de Saudade, ein wunderschönes Liebeslied, und das schlichte Bim-Bom, markieren indessen den Beginn der Bossa Nova, wurden deren absolute Klassiker, von denen es weltweit inzwischen hunderte Versionen gibt. Den internationalen Durchbruch schafft die Bossa Nova aber erst mit dem berühmten Musikfilm „Orpheu Negro”, der 1960 sogar den Oscar bekam.
Brasiliens Experte Ruy Castro betont in seinem neuen Buch „Chega de Saudade”, daß Bossa Nova natürlich Samba sei. „Bossa Nova ist nur eine von dreißig Varianten, Spielarten des Samba – von den übrigen 29 haben Gringos” – wie man in Brasilien Ausländer der Ersten Welt nennt – „höchstwahrscheinlich noch nie etwas gehört.”
Bossa Nova wird leise, häufig sogar flüsternd gesungen, und von virtuosen, teils irrsinnig schwer zu spielenden Gitarren-und Piano-Arrangements begleitet. Bestes Beispiel – Bossa-Nova-Papst Joao Gilberto selbst – oder Tom Jobim, etwa mit dem „Garota de Ipanema”.
Legendär wird das Konzert von Tom Jobim, Joáo Gilberto, Carlos Lyra und anderen Bossa-Nova-Größen 1962 in der New Yorker Carnegie Hall – gemeinsam mit Jazzern wie Stan Getz. Diese Art von Samba gehört fortan zu deren Standardrepertoire. Schmerzhaft, daß man heute in Rio de Janeiro, und an der Copacabana erst Recht, Bossa-Nova-Konzerte mit der Lupe suchen muß. Die Stars von einst sind deshalb frustriert – werden beispielsweise in Japan weit mehr gefeiert. Jenes hübsche Bim-Bom von Joao Gilberto, der zweite vor fünfzig Jahren veröffentlichte Bossa-Nova-Titel, ist immer noch eine musikalische Rarität und den allermeisten Brasilianern völlig unbekannt. In Sao Paulo, immerhin Musikmetropole Brasilien, ist derzeit in den Musikgeschäften keine CD mit dem Original aufzutreiben. Der Verkäufer eines großen Spezialgeschäfts an der Avenida Paulista: „Bim-Bom, ein Bossa-Nova-Hit? Davon ist mir nichts bekannt.”
Carlos Lyra zur Populärität von Bossa Nova in Rio de Janeiro:”Wenn jemand in Rio landet und fragt, wo man diese Musik hören kann, lautet die Antwort: Die ist hier nicht zu hören.”
Brigitte Bardot singt den Carlos-Lyra-Hit „Maria Ninguem“: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/28/786/
Tags: Antisemitismus, Brasilien, Kultur, Musica Popular Brasileira, Nazismus, Politik, Samba, Weltmusik
Über 50 Jahre Bossa Nova im Folter-und Scheiterhaufen-Land Brasilien wird aus den bekannten Gründen in Mitteleuropa meist bewußt unpolitisch reflektiert, obwohl der politische Kontext zu den interessantesten, aufschlußreichsten Aspekten gehört. Gewöhnlich wird ausgeklammert, wo die Stars der Bossa Nova politisch standen, wie sie sich beispielsweise zu Hitler und dem zweiten Weltkrieg, zur 21 Jahre währenden Militärdiktatur Brasiliens sowie generell zur grauenhaften Menschenrechtslage in dem Tropenland, zu den entsetzlichen Sozialkontrasten, zum Massenelend verhielten. Da kommt Desillusionierendes zutage.
Beispiel Vinicius de Morais – ein Karrierediplomat und Poet, wichtigster Texter der Bossa Nova, Alkoholiker, Frauenaufreißer. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zählt Morais zu den führenden Intellektuellen Brasiliens, gehört zur ultrarechten Partei der „Integralistas”, die Beziehungen zur NSDAP pflegt, ein totalitäres Brasilien anstrebt. „Integralistas” gehen mit Gewalt gegen Juden, Schwarze, Ausländer vor. Der brasilianische Bossa-Nova-Experte Ruy Castro erinnert im Website-Interview daran, daß Morais zu Beginn des zweiten Weltkrieges sogar auf seiten der Wehrmacht, Hitlers und dessen Verbündeten stand. ”Das war damals überhaupt kein Geheimnis, alle wußten das. Vinicius de Morais und eine große Zahl von Intellektuellen hatten Sympathien für Mussolini und Hitler. Zu Kriegsbeginn trat Morais für Deutschland ein, wie zahlreiche andere Intellektuelle von den Integralistas, einer brasilianischen Version des Nazismus. Ja, der hatte Sympathien für das nazistische Deutschland, für das faschistische Italien – ließ sich später aber davon abbringen.”
Das war etwa 1942, als Brasiliens damaliger Diktator, der Hitler-Verehrer und Judenhasser Getulio Vargas, auch auf Druck der USA umschwenkt, um nicht auf der Verliererseite zu stehen. Deutschland wird noch der Krieg erklärt. Vinicius de Morais strebt unter Vargas ein Amt im diplomatischen Dienst an, bewirbt sich 1943 zum ersten Mal im Außenministerium des Diktators, wird 1944 angenommen, bekommt bis 1968 mehrere hohe Auslandsposten.
Auch nach 1945 bleibt Brasilien ein Land mit Sklaverei, extrem archaischen Eliten und Massenelend, wüten auch in den Slums über der Copacabana und über Ipanema Lepra und Tuberkulose. Selbst manchen der betuchten, aus der Mittelschicht stammenden Bossa-Nova-Musiker in Rios Nobel-Strandvierteln geht daher die strikt kultivierte, sentimentale und realitätsfremde Liebe-Blumen-Meer-Masche relativ rasch auf die Nerven, man vermißt schlichtweg Inhalte. Daher die Spaltung zwischen Politisierten, sozial Engagierten und politisch Indifferenten, zwischen Linken und Rechten. Ruy Castro: „Zur Spaltung kam es, weil einige sich eben für Politik interessierten, und von den anderen, desinteressierten forderten, politisch Position zu beziehen. Doch die wollten weiter nur Musik machen, ihr Künstlerleben fortsetzen – darunter Tom Jobim, Joao Gilberto, Roberto Menescal. Solche Musiker wurden dann eben als realitätsfremd, oder sogar als rechts eingestuft. Wer sich im Bossa-Nova-Spektrum mit Politik befaßte, waren doch nur zwei oder drei – wie Carlos Lyra, Sergio Ricardo, Geraldo Vandré. Tom Jobim sagte mal provozierend-spaßig, er gehöre zur Biertisch-Rechten. Texter Vinicius de Morais schuf zwar einige Poesien, die zu Klassikern der Linken wurden – aber Politik mochte er im Grunde garnicht.”Just 1964, als Brasiliens Elite die Militärs zum Putschen vorschickt, kommt “Garota de Ipanema” auf den Weltmarkt, mit dem bekannten Erfolg, hilft mit, den Diktatur-Horror Brasiliens garnicht so schlimm aussehen zu lassen. Die Militärs verhaften, foltern, lassen Ungezählte „verschwinden”. Bei Rio werden politische Häftlinge den Haien lebendig zum Fraß vorgeworfen. Wer es wissen will, erfährt es auch. 1975 wird mit den Diktatoren der deutsch-brasilianische Atomvertrag geschlossen. Die Realitätsfremden, Apolitischen halten sich weiterhin heraus – wenigstens ein kleines Häuflein der Bossa-Nova-Szene komponiert Protestlieder, geht damit auf die Straße. Joao Gilberto lebt inzwischen in den USA – ein Jahr nach dem Militärputsch besucht er Brasilien. Jene neue „Musica do Protesto” interessiert ihn überhaupt nicht, er nennt sie „bobagem demagogico”, demagogische Dummheit. Experte Ruy Castro bestätigts: ”Ja, exakt so war das – und nicht nur er, viele Leute dachten so. Diese Protestmusik wirkte tatsächlich eher künstlich, die konnte man einfach nicht ernst nehmen. Joao Gilberto mochte sie überhaupt nicht.” Den Gegenpol bildet Bossa-Nova-Star Carlos Lyra, Exponent des linken Lagers.”In Wahrheit war ich der einzige Linke in der Bossa Nova – der Rest war garnichts, oder eben rechts. Ich hielt es für Feigheit, keinerlei Position gegen das Militärregime zu beziehen. Diese Leute dachten, wenn ich mich engagiere, könnte ich ja bestraft werden – also halte ich mich lieber raus. Rios Strand-Südzone war die Region der Mittelschicht, die völlig mit der Diktatur übereinstimmte, war ein Bollwerk der Rechten oder der Realitätsfremden. Alle total zufrieden mit der Diktatur! Und in dieser Südzone lebten ja die großen Namen der Bossa Nova “ alle entfremdet! Es gab die Biertisch-Linke, die nur vor den Frauen angeben wollte – aber nichts tat gegen das Regime, gar keine politischen Überzeugungen hatte. Ich gehörte damals zu den organisierten Diktaturgegnern, wir haben sogar die Guerillha unterstützt.”
Ruy Castros Empfehlung:Das beste Produkt der Bossa Nova, für meinen persönlichen Geschmack, ist `Maria Ninguem` von Carlos Lyra, gesungen von Brigit Bardot.
Indessen – alles kein Vergleich mit der musikalischen, textlichen Dichte und Tiefe eines Chico Buarque. Eine Brasilianerin Sao Paulos enthusiastisch über Chico: “Ele é Bossa Nova!”
Brasiliens Folterdiktator Ernesto Geisel in der Bundesrepublik Deutschland 1978 – Fotoserie: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/06/brasiliens-deutschstammiger-folterdiktator-ernesto-geisel-in-der-bundesrepublik-deutschland-1978-fotoserie/
Ausriß, Diktator Ernesto Geisel und Bundeskanzler Helmut Schmidt in Bonn.
Ausriß. Lula bei Schmidt in Hamburg.
“Ich glaube, ihr seid auf einem fabelhaft gutem Wege.” Schmidt zu Lula 2009…
Lula betont gegenüber Schmidt, Brasilien sei bei Öl bereits Selbstversorger. Dies wird von Experten stets bestritten.
Schmidt:”Ich kenne Oscar Niemeyer – und ich habe einen großen Respekt vor ihm…Ich war einer, der dafür gesorgt hat, daß er den japanischen kaiserlichen Kunstpreis für Architektur bekommen hat. So habe ich Oscar Niemeyer in Tokio kennengelernt.”(Extrem stark beschnittenes Gespräch Schmidt-Lula auf youtube) (2004 – Praemium Imperiale, Japan Art Association)
“Ist Brasilia unmenschlich?” DIE ZEIT 1967, Helmut Schmidt/SPD ist noch nicht Mitherausgeber, steuert noch nicht die Inhalte:http://www.zeit.de/1967/50/ist-brasilia-unmenschlich/komplettansicht?print=true
Oscar Niemeyer und das Massaker an Bauarbeitern während der Errichtung von Brasilia:
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/11/brasilia-50-und-das-massaker-an-bauarbeitern/
Henry Kissinger spricht auf Trauerfeier für Helmut Schmidt in Hamburg:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/17/henry-kissinger-haelt-rede-auf-staatsakt-fuer-helmut-schmidtspd-am-23-11-2015-in-hamburg-kissinger-und-schmidt-viele-gemeinsame-wertvorstellungen/
DIE ZEIT und der Tod des Mitherausgebers Helmut Schmidt/SPD 2015 – was alles in den Nachrufen fehlt:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/12/die-zeit-und-der-tod-des-mitherausgebers-helmut-schmidtspd-2015-was-alles-in-den-zeit-nachrufen-fehlt/
Kuriose Mythenbildung um Schmidt und Lula:
Kreuz und Gedenkstein am Ort des Massakers: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/16/kreuz-und-gedenkstein-am-ort-des-massakers-an-bauarbeitern-brasilias-oscar-niemeyer-der-die-errichtung-brasilias-leitete-sagt-im-dokumentarfilm-von-dem-blutbad-nie-etwas-gehort-zu-haben/
http://www.folker.de/200805/07bossanova.htm
Hintergrund:
–Brasilienklischees sind Diktaturprodukt”
Brasiliens Kommentatoren erinnern auch daran: Jenes Klischeebild Brasiliens als Land von Samba, Karneval, Fußball, unbändiger Lebensfreude und Rassendemokratie wurde kurioserweise von Diktator Getulio Vargas, einem Hitlerverehrer und Judenhasser, in den dreißiger und vierziger Jahren produziert, wurde Teil der Auslandspropaganda. Diogo Mainardi, provokanter Kolumnist des führenden Nachrichtenmagazins „Veja”, formuliert es so:”D e r Brasilianer existiert gar nicht, ist eine Täuschung, eine Lüge. Wer den Typus des Brasilianers erfunden hat, war die Getulio-Diktatur. Die erfand eine Rasse, glorifizierte die Mischung zwischen Weißen, Schwarzen und Indianern – Frucht einer kollektiven Vergewaltigung. Erfunden wurden Mythen, der Fußball, der Karneval, die Populärmusik. Die Getulio-Diktatur erfand d e n Brasilianer, um ihn besser beherrschen zu können.” Mussolinis Italien, aber auch Hitlers Deutschland seien hier vorbeigekommen, es habe ein „ambiente goebbeliano” gegeben. „Der Unterschied ist, daß sich Italien und Deutschland von jenem sechzig Jahre zurückliegenden totalitären Diskurs befreit haben. In Brasilien wird er gleich fortgesetzt, werden Ideen von 1930 wiedergekäut. Die großen Namen unserer Intelligentsia und unserer Kultur sind jene alten Kollaborateure der Getulio-Diktatur, die mitgeholfen haben, jenes Image vom Brasilianer zu schmieden.” Diogo Mainardi nennt Namen wie Architekt Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Gilberto Freyre und Vinicius de Morais. „Getulio Vargas wußte, daß man am besten mit Künstlern und Intellektuellen fertig wurde, wenn man ihnen einen Job verschaffte.”
Hintergrund zur Vargas-Ära, Neonazismus und Antisemitismus in Brasilien:
Das soziokulturelle Umfeld von Bossa Nova heute: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/13/brasilien-und-das-organisierte-verbrechen-unter-dilma-rousseff-die-bewertung-des-weltwirtschaftsforums-2012-platz-122-unter-144-staaten/
Tags: Brasilien Forró
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/11/brasilien-brautkleider-kathedrale-sao-paulos/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/20/brasilien-samba-strasenkapelle-in-sao-paulo/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/20/madchen-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens-2/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/18/sao-paulo-fotoserie-uber-brasiliens-megacity/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/28/favelakinder-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/10/brasilien-city-tv-gesichter-des-tropenlandes/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/29/slum-madchen-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/22/ouro-preto-coroinha/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/24/sheila-in-alcantara-maranhao-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/16/paulistanos-conjunto-nacional-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/26/lesben-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/29/empfang-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/16/strandverkauferin-bei-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/22/junge-in-sao-luis-maranhao-gesichter-brasiliens/
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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/05/indiokinder-in-amazonien-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/19/fisch-zerlegen-rio-negro-amazonien/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/26/obdachloser-in-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
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http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/16/fischverkaufer-manaus-amazonien-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/16/bootstaxifahrer-manaus-amazonien-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/14/indios-rio-negro-amazonien-gesichter-brasiliens-3/
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“Wirtschaftsprognosen” und das Echo: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/14/brasiliens-grauenhaft-falsche-wirtschaftliche-vorhersagen-wirtschaftsjournalistin-miriam-leitaoo-globo-macht-sich-uber-fehlenden-okonomischen-sachverstand-von-regierung-banken-consulting-firmen-l/
tags: brasilien – chico buarque
http://www.youtube.com/watch?v=-OmgdchaKj0
http://www.youtube.com/watch?v=veeisMvPJm8
http://www.youtube.com/watch?v=a2feGlwPZfg
http://www.youtube.com/watch?v=WPEPj3wpSb0
http://www.youtube.com/watch?v=P7mHf-UCZp0
http://www.youtube.com/watch?v=9A_JrsJF6mM
http://www.youtube.com/watch?v=7fA4k6pE6SM
http://www.youtube.com/watch?v=NDZk_xCe6E4
http://www.youtube.com/watch?v=TiTVzUEdzFc
http://www.youtube.com/watch?v=bh4Fi__2Yj8
http://www.youtube.com/watch?v=NxK9PoHSgPc
http://www.youtube.com/watch?v=KyNUE4Ta-DU&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=ELKpKwG4rzo&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=QVBHfnzhozg&feature=fvwrel
Oi, coração
Não dá pra falar muito não
Espera passar o avião
Assim que o inverno passar
Eu acho que vou te buscar
Aqui tá fazendo calor
Deu pane no ventilador
Já tem fliperama em Macau
Tomei a costeira em Belém do Pará
Puseram uma usina no mar
Talvez fique ruim pra pescar
Meu amor
No Tocantins
O chefe dos parintintins
Vidrou na minha calça Lee
Eu vi uns patins pra você
Eu vi um Brasil na tevê
Capaz de cair um toró
Estou me sentindo tão só
Oh, tenha dó de mim
Pintou uma chance legal
Um lance lá na capital
Nem tem que ter ginasial
Meu amor
No Tabariz
O som é que nem os Bee Gees
Dancei com uma dona infeliz
Que tem um tufão nos quadris
Tem um japonês trás de mim
Eu vou dar um pulo em Manaus
Aqui tá quarenta e dois graus
O sol nunca mais vai se pôr
Eu tenho saudades da nossa canção
Saudades de roça e sertão
Bom mesmo é ter um caminhão
Meu amor
Baby, bye bye
Abraços na mãe e no pai
Eu acho que vou desligar
As fichas já vão terminar
Eu vou me mandar de trenó
Pra Rua do Sol, Maceió
Peguei uma doença em Ilhéus
Mas já tô quase bom
Em março vou pro Ceará
Com a benção do meu orixá
Eu acho bauxita por lá
Meu amor
Bye bye, Brasil
A última ficha caiu
Eu penso em vocês night and day
Explica que tá tudo okay
Eu só ando dentro da lei
Eu quero voltar, podes crer
Eu vi um Brasil na tevê
Peguei uma doença em Belém
Agora já tá tudo bem
Mas a ligação tá no fim
Tem um japonês trás de mim
Aquela aquarela mudou
Na estrada peguei uma cor
Capaz de cair um toró
Estou me sentindo um jiló
Eu tenho tesão é no mar
Assim que o inverno passar
Bateu uma saudade de ti
Tô a fim de encarar um siri
Com a benção de Nosso Senhor
O sol nunca mais vai se pôr
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/18/sao-paulo-fotoserie-uber-brasiliens-megacity/
Oscar Niemeyer: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/67/
Das offizielle Foto vom angeblichen Selbstmord des jüdischen Journalisten und Fernsehdirektors von TV Cultura, Vladimir Herzog, am 25. Oktober 1975 in einer Zelle des Repressionszentrums DOI-Codi, Rua Tomas Carvalhal/Sao Paulo – in Wahrheit wurde er totgefoltert. Bundesrichter Marcio José de Morais annullierte 1979 das offizielle Dokument der Diktatur über die Todesursache, gab indessen Zeugen recht, denen zufolge Herzog gefoltert worden war, machte den Staat für den Tod des Juden verantwortlich. Unterdessen wurde ermittelt, daß unter Geisel gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht wurden, das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutierte.
Der Fernsehdirektor und Journalist war eine bekannte Person der Mittelschicht und vom Militärregime nicht festgenommen oder verhaftet, sondern für den 25. Oktober 1975 zwecks Erteilung von Auskünften zum Sitz der politischen Polizei bestellt worden – das macht vorstellbar, wie die Diktatur mit nicht bekannten Oppositionellen, mutmaßlichen Oppositionellen etwa der Unterschicht, in den Slums umging, Aktionsfeld der Todesschwadronen des Regimes.
“Du hättest alle Juden töten sollen”: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/21/brasiliens-nazistisch-antisemitische-militardiktatur-hohe-militars-zu-herbert-cukurs-massenmorder-von-rigadu-hast-einen-einzigen-fehler-begangen-du-hattest-alle-juden-toten-sollen-hintergrun/
Wer damals in Brasilien Folterer ausbildete – der französische General mit Afrikaerfahrung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/05/franzosischer-general-war-folter-lehrer-wahrend-brasiliens-diktaturzeit-regierung-in-paris-wuste-von-regime-verbrechen/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/08/brasilien-kultur-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Bananen und Diktatur:
„Wir wollen mehr Demokratie wagen“.
Die bemerkenswerte Zusammenarbeit hochrangiger deutscher Politiker mit der Folterdiktatur Brasiliens. Willy Brandt, Helmut Schmidt, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher…
2013 wurde in Deutschland der 100. Geburtstag von Willy Brandt begangen, ebenso der 95. von Helmut Schmidt. Indessen machte stutzig, daß auf den sehr zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, darunter der SPD, doch auch in den ellenlangen Würdigungen deutschsprachiger Medien, die sich angeblich der Pressefreiheit und den Menschenrechten verpflichtet fühlen, die intensiven Beziehungen der beiden Spitzenpolitiker zum brasilianischen Militärregime, das Schweigen zu dessen Verbrechen, mit keinem Wort erwähnt wurden. Nicht einmal auf SPD-Internetseiten wurde man fündig, ebensowenig im Willy-Brandt-Forum Unter den Linden in Berlin. Dies läßt darauf schließen, daß von interessierter Seite mit allen Methoden heutiger PR sowie Politik-und Mediensteuerung versucht wird, das heikle Thema unter den Teppich zu kehren. Der Brasilienaspekt in den Biographien von Brandt, Schmidt, Scheel, Genscher und anderen „Größen“ weist auf deren tatsächliche Wertvorstellungen, fernab der aufwendig in Parteipropaganda und Personenkult gepflegten.
Ein Abriß der historischen Vorgänge zeigt dies anschaulich.
Die Haltung Bonns zu den nazistisch-antisemitisch orientierten Putschgenerälen ist von Anfang an verblüffend eindeutig. Am 31. März 1964 stürzen die Militärs auf Geheiß der reaktionären brasilianischen Eliten in Abstimmung mit den USA die demokratische Regierung von Joao Goulart – doch schon am 7. Mai stattet Bundespräsident Heinrich Lübke(CDU) als Repräsentant eines der auch wirtschaftlich wichtigsten Länder des Erdballs dem Regime einen einwöchigen Besuch ab. Es ist die erste offizielle Visite eines ausländischen Staatschefs nach dem Putsch – und kommt den Diktaturgenerälen im Interesse internationaler Aufwertung höchst gelegen. Sie geben daher sogar eine Sonderbriefmarke mit dem Konterfei Lübkes heraus – dieser sichert dem Militärregime alle Unterstützung, darunter wirtschaftliche, zu. Wohl wissend, wie ungemein blutig und barbarisch Staatsstreiche in Lateinamerika realisiert werden, hätte Bonn damals den Staatsbesuch durchaus aufschieben können. Immerhin waren gemäß historischen Quellen bereits 1964 mehr als 50000 Menschen verhaftet worden, hielt man Regimegegner in Fußballstadien und Frachtschiffen gefangen. Bereits im Putschjahr wurde zudem vom Militärregime die Folter eingeführt – dazu Mord, Verschwindenlassen und Entführung.
Heinrich Lübke wirkte unter Hitler „ in einem Machtzentrum des NS-Staates“, so Die Zeit, Bauzeichnungen von 1944 für KZ-Baracken trugen Lübkes Unterschrift. Allgemein bekannt war zudem, daß zahlreiche Kriegsverbrecher in Brasilien Unterschlupf gefunden hatten, rasch enge Kontakte zu hohen „germanophilen“, die Wehrmacht bewundernden Militärs knüpften.
Willy Brandt, seit 1966 im Kabinett von Kurt Georg Kiesinger(CDU) sowohl Stellvertreter des Bundeskanzlers als auch Außenminister, sind derartige Hintergründe sowie die bedenkliche Faktenlage nach dem Militärputsch von 1964 in allen Details bestens bekannt. In auffälligem Gegensatz zu den gewöhnlich propagierten sozialdemokratischen Prinzipien reist Brandt 1968 jedoch nach Brasilia, schenkt Diktaturchef und General Costa e Silva eine goldene Uhr – und schlägt ihm einen Vertrag über enge atomare Zusammenarbeit vor. Wikipedia über Folterdiktator Costa e Silva: “Seine Regierung startete die härteste und brutalste Phase des diktatorischen Militärregimes, die von General Emilio Garrastazu Médici, seinem Nachfolger, fortgesetzt wurde.”
1968 macht auch Königin Elisabeth II. In Brasilia der Folterdiktatur ihre Aufwartung.
1969 prägt Brandt seinen berühmten Satz „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Im selben Jahr unterzeichnet er in Bonn mit der Folterdiktatur gleich zwei wichtige Verträge – über wissenschaftlich-technologische Kooperation, darunter nukleare, und, im Falle einer durch sadistischen Umgang mit Regimegegnern, darunter Totfoltern, berüchtigten Diktatur besonders bemerkenswert, ein Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit. Der von Brandt überaus herzlich empfangene brasilianische Amtskollege ist kein geringerer als José Magalhaes Pinto. 1964 beteiligt sich Pinto als Gouverneur des Teilstaats Minas Gerais persönlich am blutigen Militärputsch – wird zudem für ein Massaker an protestierenden Arbeitern von 1963 verantwortlich gemacht. Die dem Gouverneur unterstehende Polizei feuerte gemäß den historischen Fakten mit Maschinengewehren auf völlig unbewaffnete Arbeiter des staatlichen Usiminas-Stahlwerks in Ipatinga, wobei offiziell acht Männer getötet wurden – laut unabhängigen Quellen jedoch bis zu über 80, mehrere tausend Arbeiter wurden verwundet. Die Arbeiter hatten gegen sehr schlechte Arbeitsbedingungen sowie Gewalttaten des Werkschutzes protestiert. Die nationale Wahrheitskommission zur Aufklärung der Diktaturverbrechen befaßte sich 2013 mit dem Massaker von Ipatinga, da es als Vorbote der Repression nach dem Militärputsch von 1964 gilt.
José Magalhaes Pinto unterzeichnete zudem die berüchtigten Ausnahmegesetze des Militärregimes. 1974 gründete Magalhaes Pinto die Großbank “Banco Nacional”, zählte bis zu seinem Tod zu den führenden, reichsten Bankiers Brasiliens.
Während der Fußball-WM 2014 finden in dem nach ihm benannten Stadion in Belo Horizonte mehrere WM-Spiele statt.
1971 erhält Willy Brandt den Friedensnobelpreis und trifft sich in Florida mit US-Präsident Richard Nixon. Laut Dokumenten des Weißen Hauses erörtern beide auch ihr Verhältnis zur Militärdiktatur der Foltergeneräle:
“President Nixon asked for the Chancellor’s view on Brazil.
Chancellor Brandt stated that Germany has some trade and investment there, especially in the Sao Paolo area. He noted that political relations are good.”
Über eine etwaige Kritik von Willy Brandt an dem immer brutaleren Vorgehen des brasilianischen Repressionsapparates ist indessen nichts bekannt. Immerhin war die Weltöffentlichkeit u.a. durch Brasiliens katholische Kirche detailliert darüber informiert, wie das Militärregime mit Oppositionellen verfuhr.
2013 berichtet Maria Amélia de Almeida Teles auf einer Anhörung der Wahrheitskommission im Parlament des Teilstaates Sao Paulo über Erlittenes, darunter sexuellen Mißbrauch:“Mir fällt es sehr schwer, selbst 40 Jahre später darüber zu sprechen. Vor meinen Augen haben sie einen Widerstandskämpfer ermordet – meinen Mann ins Koma gefoltert. Sie haben meine schwangere Schwester verhaftet und gefoltert. Ich war mehrfach Opfer sexueller Gewalt. Wir weiblichen Regimegegner wurden ja stets nackt verhört. Ich erlitt Elektroschocks, wie die anderen auch, an der Vagina, am Anus, an den Brüsten. Meine kleinen Kinder mußten zusehen. Ich war voller Urin, voller Kot. Mein kleiner Sohn fragte mich: Warum bist du am ganzen Körper blau, warum ist der Vater jetzt grün? Er war im Koma. Ja, mein ganzer Körper war blau von den vielen Hämatomen. Ein Folterer masturbierte vor mir, spritzte sein Sperma auf meinen nackten Körper.”
Auch die Widerstandskämpferin Marise Egger schilderte gegenüber der Wahrheitskommission die erlittene sexuelle Gewalt. “Ich stillte damals meinen Sohn Tiago – doch erhielt viele Elektroschocks an den Brüsten. Direkt vor mir diskutierten die Folterer, ob man mir weitere Elektroschocks verpassen sollte oder nicht. Einige wollten aufhören, andere nicht – es war eine perverse Situation. Die Elektroschocks ließen mein Brustgewebe absterben, sodaß ich später meine Tochter nicht mehr stillen konnte.” Laut Marise Eggers wird auch heute noch in Brasiliens Polizeiwachen mit sexueller Gewalt gefoltert:”Ich will sagen, daß die Frauen bis heute in den Polizeiwachen nach der Festnahme sexuellen Mißbrauch, Vergewaltigung erleiden – auch in jedem Krieg ist das so. Im Diktaturgefängnis erlitten dies die Frauen immer, immer, immer.”
Laut Angaben von Folteroffizieren der Militärdiktatur wurden u.a. in Rio de Janeiro auch Krokodile und eine Cobra eingesetzt. Die etwa sechs Meter lange Schlange ließ man in dem völlig verdunkelten Raum frei, in dem sich der Häftling befand. Krokodile wurden auf die nackten Körper von weiblichen Häftlingen gesetzt. Cecilia Coimbra, langjährige Vorsitzende der Anti-Folter-Organisation “Tortura nunca mais” berichtete, daß die Folterer sie nackt an einen Stuhl fesselten und dann ein Krokodil auf ihrem Körper entlangklettern ließen. Man tauchte auch Regimegegner mit dem Kopf in Fässer voller Urin und Kot. In einem berüchtigten Folterzentrum in Petropolis bei Rio de Janeiro war es üblich, nach Folterungen erschossene Regimegegner in Stücke zu hacken.
Nicht zufällig widmet Amnesty International bereits 1973 die erste “Urgent Action” einem brasilianischen Oppositionellen, dem verhafteten und gefolterten Luiz Basilio Rossi.
2013 erinnert Brasiliens führende Qualitätszeitung in der City von Sao Paulo in einer großen Ausstellung an die beiden für das Jahr 1975 bedeutenden historischen Fakten – die Unterzeichnung des von Willy Brandt eingefädelten Atomvertrages mit der brasilianischen Militärdiktatur sowie die Folterung und Ermordung des jüdischen Journalisten Herzog durch das Militärregime unter dem deutschstämmigen General Ernesto Geisel.
Auch der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher ist durch markige Worte bekannt: „Politik muß der Freiheit und der
Würde jedes einzelnen Menschen
dienen.
Aber Freiheit und Verantwortung
gehören für uns Liberale
untrennbar zusammen.“
1975 unterzeichnet er indessen in Bonn mit seinem brasilianischen Amtskollegen Azeredo da Silveira das Atomabkommen und spart nicht mit Lob für die Diktatur. Brasilien sei ein Beispiel für Stabilisierung und Gleichgewicht.
Im selben Jahr verbreitet die Diktatur das offizielle Foto vom angeblichen Selbstmord des jüdischen Journalisten und Fernsehdirektors von TV Cultura, Vladimir Herzog in einer Repressionszelle Sao Paulos – in Wahrheit wird er totgefoltert. Bundesrichter Marcio José de Morais annulliert 1979 das offizielle Dokument der Diktatur über die Todesursache, gibt Zeugen recht, denen zufolge Herzog gefoltert worden war, macht den Staat für den Tod des Juden verantwortlich. Unter Geisel werden gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht, hat das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutiert.
Der Fernsehdirektor und Journalist Vladimir Herzog war eine bekannte Person der Mittelschicht und vom Militärregime nicht festgenommen oder verhaftet, sondern für den 25. Oktober 1975 zwecks Erteilung von Auskünften zum Sitz der politischen Polizei bestellt worden – das macht vorstellbar, wie die Diktatur mit nicht bekannten Oppositionellen, mutmaßlichen Oppositionellen etwa der Unterschicht, in den Slums umging, Aktionsfeld der Todesschwadronen des Regimes.
Brasiliens katholische Kirche reagiert nach der Ermordung Herzogs sofort. Der deutschstämmige Erzbischof von Sao Paulo, Dom Paulo Evaristo Arns, ruft zu einer ökumenischen Trauerfeier in die Kathedrale, zelebriert mit dem ebenfalls als engagiertem Diktaturgegner bekannten Erzbischof Dom Helder Camara und zwei Rabbinern die Messe, die mit etwa 8000 Teilnehmern zu einem Fanal des Protestes gegen die Folter-Diktatur wird. Die Kathedrale ist von Soldateska umstellt.
Oppositionelle Geistliche werden totgefoltert, Regimegegnerinnen, darunter Ordensschwestern, auf perverseste Weise sexuell mißbraucht, immer wieder vergewaltigt.
Hohe brasilianische Militärs zu Herbert Cukurs, dem nach Brasilien geflüchteten Massenmörder von Riga:”Du hast einen einzigen Fehler begangen – du hättest alle Juden töten sollen.”
Denkbar wäre, daß die Regierung in Bonn angesichts solcher grauenhafter Nachrichten sowie der Proteste von Menschenrechtsorganisationen ihr Verhältnis zum brasilianischen Militärregime neu definiert, sich kritisch positioniert. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wird Generalspräsident Ernesto Geisel für 1978 von Bundeskanzler Helmut Schmidt zu einem offiziellen Besuch der Bundesrepublik Deutschland eingeladen. Dies empört selbst den Juso-Bundesvorstand: „Es ist geradezu eine abenteuerliche Politik, einer Diktatur, die zur Nutzung ihrer machtpolitischen Interessen noch nie Skrupel bei der Auslöschung von Menschenleben gezeigt hat, die radikalsten Vernichtungsmöglichkeiten in die Hand zu geben.Die Anwesenheit des Diktators Geisel in der BRD ist eine Provokation für alle Demokraten.” Der damalige Juso-Vorsitzende heißt Gerhard Schröder.
Bei Demonstrationen in Köln und Düsseldorf, gegen die Polizeieinheiten des damaligen SPD-Ministerpräsidenten Kühn mit aller Härte vorgehen, werden Parolen wie”Völkermorde und KZ findet der Herr Geisel nett” oder „Kein Atomgeschäft mit Folterern” gerufen.
Daß die Militärdiktatur auf der Basis des Bonner Atomabkommens ein geheimes militärisches Nuklearprogramm vorantrieb, mit Atomtestgelände in Amazonien, war längst bekannt.
In Bonn unterzeichnet General Geisel mehrere Vereinbarungen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit und absolviert danach ein bemerkenswertes Besuchsprogramm.
Er trifft mit Bundeskanzler Helmut Schmidt und Außenminister Hans-Dietrich Genscher, doch auch mit Bundespräsident Walter Scheel, Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß, sogar dem berüchtigten Nazi-Marinerichter Hans Filbinger zusammen. Vor dem Hintergrund der Menschenrechtslage in Brasilien ist historisch interessant, wieviel Lob just Kanzler Schmidt sowie Scheel über den berüchtigten Diktator ausschütten. Ersterer würdigt Geisel, wie es hieß, für den Weg zu einer neuen demokratischen Ordnung. Beide Seiten hätten die gleichen Grundkonzeptionen über die Gesellschaft. Geisel betont die Bedeutung des bilateralen Atomvertrags. Bundespräsident Scheel erklärt gar:
:“Die Freundschaft zwischen Brasilien und der Bundesrepublik Deutschland kann als Modell für die Nord-Süd-Beziehungen dienen.“
Willy Brandt, damals ohne Regierungsämter, doch Vorsitzender der SPD und Präsident der Sozialistischen Internationale, empfängt den Diktator keineswegs nur zu einem kurzen Höflichkeitsbesuch, sondern konferiert mit ihm immerhin anderthalb Stunden. In Bonn auf einer Pressekonferenz wird Geisel auf die Menschenrechte angesprochen – und reagiert unwidersprochen bizarr. Brasilien sorge sich außerordentlich um die Menschenrechte – obwohl oft in schlecht informierten oder tendenziösen Organen anderes gesagt werde. Chiles Diktator Augusto Pinochet kam 1974 mit einer Sondermaschine zur Amtseinführung von General Geisel nach Brasilia – Brasiliens Diktatur liefert ihm u.a. Waffen für die Repression.
Die rege deutsch-brasilianische Reisetätigkeit von Kadern aller Ebenen wurde bis zum Ende der Diktatur 1985 fortgesetzt. 1979, im Jahr der Nichtauslieferung des sadistischen Judenmörders Gustav Wagner, stellvertretender Kommandant des KZ Sobibor, durch das Militärregime fliegt Schmidt nach Brasilien, trifft dort sogar den rechtsextremen Politiker Paulo Maluf, Präfekt von São Paulo. 1981 besucht der Generalspräsident und Ex-Geheimdienstchef Figueiredo Bonn.
Progressive Staatsanwälte versuchen das Oberste Gericht in Brasilia zu überzeugen, den zur Diktaturzeit für Friedhöfe verantwortlichen Maluf wegen des Verschwindenlassens von Oppositionellen vor Gericht zu stellen. Diese wurden ermordet und dann geheim auf Friedhöfen Sao Paulos verscharrt.
Wikipedia: Paulo Maluf gilt als Inbegriff der Korruption in Brasilien. [1]
Brasiliens Machteliten und ihre deutschen Partner waren nicht zuletzt wegen des internationalen Ansehens daran interessiert, das Militär möglichst bald in die Kasernen zurückzurufen, künftigen Machterhalt auch unter einer Formaldemokratie zu garantieren. Dies bedeutete u.a., willfährige Gewerkschaften und entsprechende Führer aufzubauen, genehme Parteien mit ins Boot zu holen. Brasilianische Historiker erinnern derzeit besonders an die Sympathie der Folterdiktatur für Lula. Marco Antonio Villa, Geschichtsprofessor der Bundesuniversität von Sao Carlos: „Lula setzte in seiner Gewerkschaftsarbeit auf Entpolitisierung. Dies weckte die Aufmerksamkeit der Ideologen des Militärregimes, wie General Golbery, der ihn mehrere Male empfing.“ Er sagte über Lula:“Der Mann, der Brasiliens Linke vernichten wird.“
Lula hatte als Gewerkschaftsführer 1979 offenbar zur Freude der alten und neuen Rechten erklärt:“Hitler irrte zwar, hatte aber etwas, das ich an einem Manne bewundere – dieses Feuer, sich einzubringen, um etwas zu erreichen. Was ich bewundere, ist die Bereitschaft, die Kraft, die Hingabe.“ Im selben Jahr traf sich Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Lula in einem Hotel von Sao Paulo. In Brasilien existiert reichhaltiges historisches Material, das auf Lulas Beziehungen zur Folterdiktatur hinweist. Insider der Arbeiterpartei(PT) betonen zudem, Lula sei einst von den deutschen Automultis aufgebaut worden. Auffällig war, daß Lula nach dem Ende des Militärregimes immer wieder Diktatoren wie Geisel oder Medici lobte, eine teils enge Freundschaft mit Diktaturaktivisten pflegte, darunter José Sarney, Präsident der Diktaturpartei ARENA und Romeu Tuma, Chef eines Folterzentrums in Sao Paulo. Mitgründer der Arbeiterpartei stuften Lula wiederholt als rechts ein.
Unter Willy Brandt wurde zudem der zwielichtige Linkspopulist, Multimillionär und Großgrundbesitzer Leonel Brizola mit seiner Partei PDT in die Sozialistische Internationale(SI) eingegliedert, Brizola zum SI-Vize und später sogar zum SI-Ehrenpräsidenten gemacht. Brizola gilt als politisch hauptverantwortlich dafür, daß die Verbrechersyndikate in Rio de Janeiro seit den 80ern soviel Macht und Einfluß erreichten, sich derart mit der Politik verquickten. Soziologen, Kolumnisten, selbst Bischöfe der katholischen Kirche betonen einhellig, daß er in zwei Amtszeiten dem organisierten Verbrechen faktisch freien Lauf ließ – im Tausch gegen politische Unterstützung. Schließlich sind die Slumbewohner auch ein wichtiges Wählerreservoir, müssen gewöhnlich für jene Kandidaten stimmen, die die Slumbosse vorgeben.
Brizola rühmte sich stets seiner Freundschaft zu Willy Brandt – und erntete von der SPD, in deren Gazetten, viel Lob für seine Politik. Brizola hielt beste Beziehungen zum letzten Diktaturpräsidenten, dem Geheimdienst-General Joao Figueiredo, seine PDT ging immer wieder Wahlbündnisse mit der Partei des Militärregimes ein. Alles kein Problem für SI und SPD.
Die Gangsterbosse tauften eines ihrer wichtigsten Produkte, jene kleinen Kokaintütchen, auf „Brizola“ – ihm zu Ehren.
Bände spricht, daß der geistiger Ziehvater der PDT und auch Brizolas kein geringerer ist als der brasilianische Diktator Getulio Vargas – Hitlerverehrer, Judenhasser. In seiner Amtszeit wurde die Jüdin Olga Benario an Hitlerdeutschland ausgeliefert und im KZ Bernburg vergast. Brizolas politische Karriere wurde von Getulio Vargas gestartet – dieser war sogar Brizolas Trauzeuge.
1953 erhielt Getulio Vargas als erster die höchste Stufe des Bundesverdienstkreuzes verliehen. Brasiliens führende Antisemitismus-Forscherin Maria Luiza Tucci Carneiro von der Bundesuniversität Sao Paulo: “So viele Jahre nach dem zweiten Weltkrieg ist nach wie vor die verbrecherische antisemitische Politik der Vargas-Regierung nur relativ wenig erforscht, weiß man immer noch nicht, wieviele deutschstämmige Brasilianer aus Nazi-Begeisterung in Europa in welchen wichtigen Funktionen an Krieg und Judenvernichtung beteiligt waren, nach 1945 indessen problemlos und ungeschoren nach Brasilien zurückkehrten, Nazi-Ungeist und Antisemitismus weiter kultivierten.
”Dieser Teil unserer Geschichte wird vergessen, unterdrückt, zensiert, da türmen sich Barrieren auf . Man redet nicht über jene Geheimdekrete, mit denen Diktator Getulio Vargas ab 1936 Einreisevisa für bedrohte, verfolgte Juden verboten hat – der sichere Tod für viele von ihnen in den Konzentrationslagern. In den Tagebüchern von Vargas kann man alles über diese Geheimdekrete nachlesen – er wußte genau, was mit den Juden in Europa damals geschah. Vargas hielt engste Beziehungen zu Nazideutschland, kooperierte mit der GESTAPO, die seine politische Polizei ausbildete.” Allein für Deutschland hat die Historikerin über fünftausend abgelehnte Visaanträge dokumentiert. Damit sei die Vargas-Regierung mitschuldig an nazistischer Ausrottung der Juden, was sich jeder Brasilianer endlich einmal bewußt machen sollte. Diktator Vargas habe zudem die Ausbreitung der NSDAP in Brasilien gefördert – er ließ Nazi-Instrukteure ins Land, die auch an den deutschen Schulen indoktrinierten.
Im Zentrum Rio de Janeiros wurde erst vor wenigen Jahren ein gewaltiges Memorial eingeweiht – nach Filinto Müller beispielsweise, dem GESTAPO-Schüler und berüchtigten Chef der politischen Polizei von Diktator Vargas, sind in Brasilien zahlreiche Schulen, Plätze, Straßen und sogar ein Plenarsaal im Nationalkongreß benannt. Nicht zufällig wird es unter Vargas Mode, Söhnen den amtlichen Vornamen Hitler zu geben.
Diktator Vargas dekretierte 1932 die Wahlpflicht – auch unter Lula wurde sie nicht wieder abgeschafft.
Brasilianische Historiker: Unter Vargas wurde im Namen des Staates gefoltert und gemordet.
Hochrangige Bonner Staatsbesucher hielten stets auf enge persönliche Beziehungen zu den in Brasilien tätigen deutschen Konzernen – welche dem Militärregime keineswegs kritisch gegenüberstanden. Wie brasilianische Medien unter Berufung auf Dossiers und Aktenfunde berichten, wurden bei VW und Mercedes-Benz Spitzel in die Versammlungen der Metallarbeiter und ihrer Gewerkschaften geschickt, die Spitzelberichte sofort an die politische Polizei Deops weitergegeben. Brasilianische Qualitätsblätter wie das „Jornal do Brasil“ schrieben bereits vor über einem Jahrzehnt ausführlich darüber. Gewerkschafter und andere „verdächtige“ Angestellte seien beim Deops denunziert worden, auch Streikende. Zudem sei angefragt worden, ob gegen Mitarbeiter, die eingestellt werden sollten, „etwas vorliegt“. Unter Diktator Ernesto Geisel wurde VW do Brasil um Angaben über oppositionelle Arbeiterinnen gebeten – und gab derartige Daten auch heraus, wie es hieß. Dies hatte alle erdenkliche Folgen. Ein Teil der Gemeldeten wurde verhaftet, gefoltert, im besten Falle entlassen – fand indessen wegen der Registrierung bei der politischen Polizei keine Anstellung mehr.
Laut Ivan Seixas, während der Diktatur gefoltert, gibt es indessen auch Zeugenaussagen, Informationen über eine direkte Beteiligung westlicher Länder, darunter Deutschlands, an der Repression. So seien Foltertechnologie und entsprechende Instrukteure nach Brasilien entsandt worden. Seixas, heute Leiter einer Gedenkstätte des Widerstands gegen die Militärdiktatur, des “Memorial da Resistencia”, nennt daher logisch, daß auch Deutschland zwecks Klärung bestimmte Geheimarchive öffnen müßte. Die USA, Frankreich und Großbritannien hätten ebenfalls Folterinstrukteure geschickt.
Das Militärregime hat in der brasilianischen Gesellschaft, in Mentalität und Psycho der Brasilianer tiefe Spuren hinterlassen.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International zählen heute zum Diktaturerbe in Brasilien die fortdauernde systematische Folter, Todesschwadronen sowie die immer noch nicht abgeschaffte Militärpolizei, weiter zuständig für die öffentliche Ordnung.
Brasilianische Menschenrechts-und Umweltorganisationen wollten die für 2014 anstehende erneute Verlängerung des von Willy Brandt mit der Folterdiktatur ausgehandelten Atomvertrags verhindern – vergeblich. Nach Darstellung des angesehenen jüdischen Umweltexperten Fabio Feldmann aus Sao Paulo enthält der Vertrag Geheimklauseln, die bis heute nicht veröffentlicht worden sind.
Brasiliens wichtigster katholischer Befreiungstheologe erinnert zum Putschjubiläum an die Mitwirkung der USA, darunter das Entsenden von Kriegsschiffen. “Zwischen 1898 und 1994 haben die USA 48 lateinamerikanische Regierungen gestürzt, darunter die von Joao Goulart in Brasilien.”
Laut Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert in Sao Paulo werden weiter Diktaturverbrechen vertuscht, um “Biographien bestimmter Leute zu schützen, Biographien in der jetzigen Form aufrechterhalten zu können.“ Käme die Wahrheit heraus, so Weichert, müßten einige Biographien erheblich umformuliert werden.
SPD-Politiker Andreas von Bülow:
“In Südamerika beteiligten sich die strafverschonten dankbaren Söldner des Faschismus am Sturz der als links oder auch nur reformerisch erachteten Regierungen und deren Ersatz durch putschende Militärregierungen. Die Drehbücher hierzu wurden in der CIA-Zentrale in Verbindung mit den Residenturen in den Zielländern geschrieben und durchweg von der politischen Spitze der USA gutgeheißen und angeordnet. Im Vollzug der Unterdrückung demokratischer oppositioneller Kräfte bedienten sich Militär, Polizei und Geheimdienste in den Ländern der Dritten Welt, insbesondere in Lateinamerika, privater Killerbanden, auch Todesschwadronen genannt, die von Armee und Polizei unterstützt wurden und an deren Rand angesiedelt sind. In schöner Regelmäßigkeit sind die Militärs und Polizeiführer der späteren Putsche zuvor Absolventen amerikanischer Schulen gewesen, in denen das Foltern zum Lehrprogramm gehört. Als die Kritik in den USA zu laut wurde, verlegte man das Schulungszentrum aus Washington D.C. in die unter amerikanischer Verwaltung stehende Panamakanalzone, wo vermutlich noch ungenierter an der Drangsalierungstechnik von Opponenten gearbeitet werden kann als in den USA selbst. Zu Militärputschen kam und kommt es in berechenbarer Regelmäßigkeit stets dort, wo die wirtschaftlichen Interessen großer US-Firmen gefährdet sind, wo Bodenschätze wie Öl und Gas, Silber und Gold, Uran und strategische Metalle leicht und billig zu fördern sind, wo große Kupferminen ausbeutbar sind oder nur das Land für den Plantagenanbau in Betracht kommt.”
Guido Westerwelle in Brasilien: Guido Westerwelle in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/12/26/guido-westerwelle-war-gestern-der-spiegel-westerwelle-in-brasilien-keinerlei-kritik-an-gravierenden-menschenrechtsverletzungensystematische-folter-todesschwadronen-liquidierung-von-menschen/
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Ausriß
“Vom Umgang mit der Diktaturvergangenheit” – Bundeszentrale für politische Bildung: http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
http://www.amnesty.de/journal/2009/juni/kolumne-kopf-unter-wasser
Ausriß. Pelé und Militärdiktator General Emilio Medici 1970.
Pelè – nach dem WM-Sieg 1970 stürzt er in Brasilien begeistert auf den berüchtigten Foltergeneral und “Präsidenten” Emilio Medici zu, fällt ihm um den Hals, umarmt ihn heftig. Zu dieser Zeit werden laut Studien und Zeitzeugen Regimegegner über Amazonien lebendig aus Flugzeugen gestoßen, bei Rio de Janeiro Haien zum Fraß vorgeworfen, in pharaonische Bauprojekte eingemauert – doch Pelè erklärt wider besseres Wissen sogar im Ausland:”Es gibt keine Diktatur in Brasilien – wir sind ein freies Volk!” Und macht Diktatur-Regierungspropaganda, hält enge Kontakte auch zur Militärregierung des deutschstämmigen Generals Ernesto Geisel.
Wie die nazistisch-antisemitisch orientierte Militärdiktatur zu dieser Zeit Frauen folterte: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-des-teilstaats-sao-paulo-zur-aufklarung-der/
Das offizielle Foto vom angeblichen Selbstmord des jüdischen Journalisten und Fernsehdirektors von TV Cultura, Vladimir Herzog, am 25. Oktober 1975 in einer Zelle des Repressionszentrums DOI-Codi, Rua Tomas Carvalhal/Sao Paulo – in Wahrheit wurde er totgefoltert. Bundesrichter Marcio José de Morais annullierte 1979 das offizielle Dokument der Diktatur über die Todesursache, gab indessen Zeugen recht, denen zufolge Herzog gefoltert worden war, machte den Staat für den Tod des Juden verantwortlich. Unterdessen wurde ermittelt, daß unter Geisel gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht wurden, das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutierte.
Der Fernsehdirektor und Journalist war eine bekannte Person der Mittelschicht und vom Militärregime nicht festgenommen oder verhaftet, sondern für den 25. Oktober 1975 zwecks Erteilung von Auskünften zum Sitz der politischen Polizei bestellt worden – das macht vorstellbar, wie die Diktatur mit nicht bekannten Oppositionellen, mutmaßlichen Oppositionellen etwa der Unterschicht, in den Slums umging, Aktionsfeld der Todesschwadronen des Regimes.
“Du hättest alle Juden töten sollen”: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/21/brasiliens-nazistisch-antisemitische-militardiktatur-hohe-militars-zu-herbert-cukurs-massenmorder-von-rigadu-hast-einen-einzigen-fehler-begangen-du-hattest-alle-juden-toten-sollen-hintergrun/
Wer damals in Brasilien Folterer ausbildete – der französische General mit Afrikaerfahrung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/05/franzosischer-general-war-folter-lehrer-wahrend-brasiliens-diktaturzeit-regierung-in-paris-wuste-von-regime-verbrechen/
Ausriß – Presidente Ernesto Geisel e Primeiro-Ministro Helmut Schmidt
Wie Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert im Website-Exklusivinterview sagte, werden Diktaturverbrechen vertuscht, um “Biographien bestimmter Leute zu schützen, Biographien in der jetzigen Form aufrechterhalten zu können. Viele Leute wollen nicht Rechenschaft darüber ablegen, was sie damals taten.” Käme die Wahrheit heraus, so Weichert, müßten einige Biographien erheblich umformuliert werden. Dies könnte auch Persönlichkeiten der Regierungsallianz betreffen.
Wie ein Blick in jüngere deutschsprachige Publikationen über Brasilien zeigt, sind Analysen, Faktendarstellungen über die hochinteressanten Details der deutsch-brasilianischen Beziehungen offenbar verboten.
“Kardinal des Widerstands”: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/14/parabens-dom-paulo-evaristo-arns-der-deutschstammige-kardinal-sao-paulos-ist-90-hochengagiert-im-kampf-gegen-das-militarregime-der-foltergenerale1964-1985-wer-mit-den-diktatoren-eng-kooperierte/
Überlebende von Folter und Verfolgung: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/15/brasiliens-militardiktatur-uberlebende-von-verfolgung-und-folter-clarice-herzog-witwe-des-ermordeten-judischen-journalisten-vladimir-herzog-und-regimegegner-waldemar-rossi-heute-fuhrer-der-bisch/
Ausriß. Pelé mit Generalspräsident Castelo Branco, anwesend der spätere Nachfolger General Ernesto Geisel, auch Joao Havelange.
Pelé war für die Inlands-und Auslandspropaganda des Militärregimes sehr wichtig – das zahlte sich aus – vor diesem Hintergrund wird er bis heute von zahlreichen global operierenden Unternehmen aufgrund bestimmter Wertvorstellungen als Werbeträger eingesetzt.
Ausriß. Pelé mit Diktaturgouverneur Paulo Maluf. http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/31/brasilien-das-wahlbundnis-von-lula-mit-dem-von-interpol-gesuchten-diktaturaktivisten-maluf-bestatigung-der-these-das-in-diesem-alten-land-der-peripherie-das-neue-garnicht-neu-ist-argumentiert/
Pelé 2013.
Wahrheitskommission zu Diktaturverbrechen: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasilien-nationale-wahrheitskommission-zur-aufklarung-der-diktaturverbrechen-leiter-paulo-sergio-pinheiromitte-kommissionsmitglied-maria-rita-kehl-diktatur-widerstandskampfer-ivan-seixas-ged/
Geldsport und organisiertes Verbrechen: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/20/marina-maggessi-gesichter-brasiliens/
Fußball-Tote in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/12/31/fusball-weltmeisterschaft-2014-in-brasilien-land-ist-weltmeister-bei-fusball-toten-laut-fusball-experte-mauricio-murad/
Diktaturen in Chile und Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/14/brasiliens-nazistisch-antisemitisch-orientierte-militardiktatur-lieferte-waffen-fur-repression-in-chile-laut-jetzt-veroffentlichten-geheimdokumenten-abkommen-von-diktator-medici-mit-pinochet-geschlo/
Das Buch zum Land – “Brasilien fürs Handgepäck”, Unionsverlag Zürich: http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2720
Ausriß: Folterdiktator Ernesto Geisel und sein für die Operation Condor(länderübergreifende Jagd auf Regimegegner) zuständiger Geheimdienstchef Joao Figueiredo. Im Hintergrund der von Oscar Niemeyer entworfene Präsidentenpalast in Brasilia.
Beim derzeitigen Deutschlandjahr in Brasilien ist die gravierende Menschenrechtslage, darunter die Morde an Homosexuellen, ebenso ausgeklammert wie die Bonner Zusammenarbeit mit der Folterdiktater – Brasilien begeht 2014 den 50. Jahrestag des Militärputschs von 1964, der zahlreiche Relikte hinterließ, darunter Folter, Todesschwadronen, Gefängnishorror, die Militärpolizei.
Die Neue Zürcher Zeitung 1994 zum 30. Jahrestag des Militärputsches von 1964:
…Exponenten der Diktatur als starke Männer demokratischer Parteien
Politik-und Wirtschaftswissenschaftler sowie die führenden Kommentatoren der Qualitätszeitungen begründen die Rückständigkeit Brasiliens in Artikelserien zum Putschjubiläum unter anderem damit, daß nach 1985 kein echter demokratischer Wandel begann, sondern die Kontinuität gewahrt blieb. Politiker, Bürokraten und Parteien, die die Diktatur aktiv unterstützten, behielten Einfluß und Macht. Sie gehen heute auch Koalitionen mit einstigen Gegnern ein, was bisweilen irrational erscheint. Erster Zivilpräsident nach dem Generalsregime wurde der frühere Chef der Militärpartei PDS José Sarney. Der derzeitige Finanzminister Fernando Henrique Cardoso, Inhaber des wichtigsten Kabinettsressorts, fungierte damals als Sarneys Interessenvertreter(portugiesisch: „Lider do Governo“) im Senat. Bei der Übernahme des Ministerpostens sagte 1993 das bisher zu den Linksintellektuellen gerechnete Mitglied der Sozialdemokratischen Partei(PSDB):“Vergessen Sie alles, was ich bisher geschrieben habe.“…Führende Intellektuelle, wie etwa der Schriftsteller Antonio Callado, nennen es bezeichnend für Brasiliens Zustand, für fehlende politische Kultur und kollektiven Gedächtnisschwund, daß hohe Amtsinhaber der Diktaturregierungen , die sich damals schamlos bereicherten, heute immer noch zu den wichtigsten Meinungsmachern zählen und ihre Wochenkolumnen auch noch in den Provinzblättern der entlegensten Amazonasregionen erscheinen…Der ehemalige Justizminister Armando Falcao bekommt derzeit nicht weniger Platz in den Medien für schönfärberische Interpretationen. Seiner Meinung nach begann 1964 eine vom Volk gewollte demokratische Revolution. Exekutionen, Folter, Gewalt und illegale Verhaftungen habe es nicht gegeben, von Diktatur könne keine Rede sein, behauptet er. Der damalige Planungsminister und heutige PPR-Abgeordnete Roberto Campos hebt seinerseits den „triumphalen Erfolg“ des sogenannten „brasilianischen Wunders“ 1968-1973 hervor, als Brasilien jährlich über zehnprozentige Wachstumsraten in der Wirtschaft verzeichnete. Laut Campos erhöhten sich damals das Pro-Kopf-Einkommen und der Lebensstandard für die gesamte Bevölkerung. Davon kann indessen keine Rede sein; vom „Milagre brasileiro“ profitierten lediglich die Eliten, die Mittelschicht und nur ein Bruchteil der unterprivilegierten Bevölkerungsmehrheit, während die Arbeitslosigkeit erheblich zunahm. Campos verschweigt natürlich auch, daß 1964 Brasiliens Schuldenlast bei nur fünf Milliarden Dollar lag, von den Generalsregierungen aber auf über 100 Milliarden hochgetrieben wurde. Zu den hyperteuren pharaonischen Projekten jener Zeit ist auch das mit der Regierung des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt vereinbarte Nuklearprogramm zu zählen.
Spätfolgen in Mentalität und Psyche
Das autoritäre Regime von 1964 hinterließ in Mentalität und Psyche der Brasilianer tiefe Spuren. Politische Gefangene wurden damals lebendig den Haien zum Fraß vorgeworfen, Studentenführer zuerst gefoltert und dann vor die Wahl gestellt, entweder zu sterben oder im Fernsehen vorfabrizierte Erklärungen abzugeben. Bis heute fordern Menschenrechtler und Angehörige vergeblich Aufklärung über die „Verschwundenen“, deren Zahl nicht einmal annähernd bekannt ist. Aus Angst vor Repressalien gehen wichtige Zeugen barbarischer Diktaturverbrechen nicht an die Öffentlichkeit – schließlich gibt es weiterhin die Todesschwadronen und auch die berüchtigte Militärpolizei, die immer noch nicht auf Folter verzichtet.
Für den Anthropologen Gilberto Velho resultiert das Ausmaß an Gewalt in der heutigen brasilianischen Gesellschaft unter anderem aus der vom Militärregime entwickelten „Kultur der Brutalität“. Die seinerzeit institutionalisierte Gewalt und Korruption ist nach Darstellung von Rechtsexperten hauptverantwortlich für die tiefe ethisch-moralische Krise Brasiliens, für den extremen Egoismus, das Fehlen von Solidarität und das Mißtrauen gegenüber den sogenannten demokratischen Institutionen, für die kalte Indifferenz und den Zynismus der Politiker…
Aus Neue Zürcher Zeitung, Brasiliens Last der Militärdiktatur, Klaus Hart, Freitag/Samstag 1./2.April 1994
Zusammenarbeit von multinationalen Unternehmen mit dem Militärregime:
Wie brasilianische Medien unter Berufung auf Dossiers und Aktenfunde berichten, wurden bei VW und Mercedes-Benz Spitzel in die Versammlungen der Metallarbeiter und ihrer Gewerkschaften geschickt, die Spitzelberichte sofort an die politische Polizei Deops weitergegeben. Brasilianische Qualitätsblätter wie das „Jornal do Brasil“ schrieben bereits vor über einem Jahrzehnt ausführlich darüber. Gewerkschafter und andere „verdächtige“ Angestellte seien beim Deops denunziert worden, auch Streikende. Zudem sei angefragt worden, ob gegen Mitarbeiter, die eingestellt werden sollten, „etwas vorliegt“. Unter Diktator Ernesto Geisel wurde VW do Brasil um Angaben über oppositionelle Arbeiterinnen gebeten – und gab derartige Daten auch heraus, wie es hieß.
Andere Multis gingen nicht anders vor. Die Diktatur verhaftete daraufhin eine beträchtliche Zahl an Beschäftigten, ließ sie foltern.
http://www.pstu.org.br/node/20027
Wie die brasilianische Qualitätszeitung “Jornal do Brasil” am 25.12. 1994 über die Zusammenarbeit von multinationalen Unternehmen, darunter Vokswagen, mit der Folterdiktatur berichtet:
Das Buch zum Land – “Brasilien fürs Handgepäck”, Unionsverlag Zürich: http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2720
tags: morde an schwulen in brasilien, scheiterhaufen in brasilien, uno-generalsekretär ban ki-moon
http://www.pen-international.org/newsitems/sochi-winter-olympics-campaign-out-in-the-cold/
Reaktionen auf Günter Grass in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/18/was-uber-gunter-grass-gesagt-werden-mus-marcos-guterman-brasiliens-groste-qualitatszeitung-folha-de-sao-paulo-grass-offenbart-seinen-antisemitismus/
Bereits bei mehreren internationalen Gipfeltreffen, Sportevents fiel das Schweigen hoher Funktionsträger, aber auch von Schriftstellern wie den jetzt aktiv gewordenen auf. Kein Herz für Homosexuelle in Brasilien? Daß systematische Folter, Todesschwadronen. Morde an systemkritischen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und nicht einmal die Scheiterhaufenpraxis Brasiliens, die Protestpotential einschüchtert, das Herz derartiger Funktionsträger und Schriftsteller rühren, weiß man längst.
Keine Forderung nach Bestrafung der Irakkrieg-Verantwortlichen:
“Eine grauenhafte Führungsrolle”: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/10/mehr-morde-an-homosexuellen-in-brasilien-eine-grauenhafte-fuhrungsrolle-laut-uni-anthropologe-luiz-mott-angesehenster-schwulenaktivist-des-tropenlandes-lula-erfullte-verfassungspflichten-nic/
Auffällig, wie der deutschsprachige Mainstream vor Sotschi 2014 zum Mord-Rekord bei Homosexuellen im Land der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 schweigt…
Ausriß. Scheiterhaufenopfer(Microondas), Januar 2013, Rio de Janeiro.
Scheiterhaufenpraxis: http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263
Ausriß. Transvestit in Bahia ermordet. “Epidemie des Hasses”.
Brasiliens Landesmedien berichten regelmäßig in Wort und Bild über sadistische Haß-Verbrechen an Homosexuellen – auch in Deutschland sind die Fälle bei zuständigen Stellen, Politikern, NGO bestens bekannt – indessen haben diese offenkundig keinerlei Anlaß für Reaktionen gesehen. Dies läßt zahlreiche Rückschlüsse zu.
Regelmäßig Morde an schwulen Ausländern in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/10/2008-bereits-45-schwulen-morde-in-brasilienin-keinem-anderen-land-werden-mehr-homosexuelle-umgebracht-gefoltert-menschenrechtsaktivisten-prangern-erneut-momofobia-an/#more-301
Ausriß – auf Schwule spezialisiertes Todeskommando ermordet zwei Männer in Rio.
tags: brasilien-mordrekord bei homosexuellen
http://www.gay.ch/family/brasilienlgbts.html
Auffällig ist, daß sich selbst homosexuelle Politiker Mitteleuropas bei Brasilienbesuchen nicht zur gravierenden Situation der brasilianischen Schwulen äußern wollen. Gleiches gilt für Politiker sogenannter progressiver mitteleuropäischer Parteien, die vorgeben, sich für die Sache von diskriminierten Minderheiten einzusetzen.
Per Google-Suche hat man heutzutage rasch heraus, welche Parteien/Politschauspieler keinerlei Presseerklärung zum Mord-Rekord bei Homosexuellen Brasiliens veröffentlichten, sich auch bei Brasilienbesuchen nicht positionierten. (Glaubwürdigkeit)
http://www.amnesty.de/journal/2009/juni/kolumne-kopf-unter-wasser
Ausriß:
HOMOSSEXUAL MASSACRADO A TIROS NA BAHIA
Ausriß, gesteinigter Heterosexueller, der von den Tätern für einen Homosexuellen gehalten wurde:
Jovem heterossexual é assassinado é mais uma vítima da homofobia no Brasil
Recentemente na cidade de Camaçari, dois irmãos gêmeos foram agredidos enquanto saiam de uma festa junina. Os irmãos foram confundidos com homossexuais, um deles agredido até a morte, com várias pedradas. Em entrevista a TV Bahia, o jovem falou sobre a perda do seu irmão: ”A gente foi agredido por chute, murro, soco. Aí eu perguntei o que foi. ‘É duas mulherzinhas’. Chamavam agente de ‘mulherzinhas’. Eu acho que é a homofobia que está surgindo no mundo aí, que homem não pode sair abraçado com outro homem, pai não pode abraçar um filho. Quero que a Justiça vá até o fim. Meu irmão era minha alma gêmea. Trabalhava junto, a gente saía, a gente se divertia junto. Foi uma perda muito grande. Éuma dor que eu nunca vou superar”.
Ausriß, gesteinigter Homosexueller – bereits seit 2008 keinerlei Positionierung von einschlägigen Politschauspielern zum fehlenden Schutz für Schwule in Lateinamerikas größter Demokratie…
Homosexualität, Sotschi 2014 und Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/30/homosexualitat-sotschi-und-brasilien-mitteleuropaische-politschauspieler-schweigen-nach-wie-vor-zu-mord-rekord-an-homosexuellen-im-land-der-fusball-wm-2014/
Ausriß: Zu Tode gesteinigter Homosexueller in Brasilien, laut Landesmedien. (Stands in Ihrem Lieblingsmedium?)
Fußball-WM 2014 und Morde an Homosexuellen: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/18/brasilien-land-der-fusball-wm-2014-ist-der-staat-mit-den-weltweit-meisten-morden-an-schwulen-laut-nationaler-homosexuellenbewegung-dennoch-redet-mitteleuropas-gesteuerter-mainstream-derzeit-nur-di/
Steinigen, Lynchen, Scheiterhaufen: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/
Unchristliche neoliberale Herzenskälte – Resultate: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/04/mitteleuropaische-ausenminister-schweigen-weiter-zu-15-millionen-getoteten-in-dem-unter-einem-lugenvorwand-begonnenen-irakkrieg-keinerlei-druck-auf-die-verantwortlichen-des-irakkriegs-keinerlei-bes/
“Wir leben in einem grauenhaften Land, das die Leute schlecht behandelt”:
Deutsche Unternehmen an Bau umstrittener Fußball-WM-Stadien beteiligt: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/09/fusball-wm-2014-in-brasilien-deutsche-unternehmen-an-bau-umstrittener-fusballstadien-beteiligt-systemkritikerproteste-richten-sich-ua-gegen-hohe-baukosten-angesichts-gravierender-sozialer-probleme/
Die Macht des organisierten Verbrechens: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/19/brasiliens-organisiertes-verbrechen-hat-doppelt-soviel-waffen-wie-die-landespolizei-laut-genfer-institut-und-ngo-viva-rio/
Beim derzeitigen Deutschlandjahr in Brasilien ist die gravierende Menschenrechtslage, darunter die Morde an Homosexuellen, ebenso ausgeklammert wie die Bonner Zusammenarbeit mit der Folterdiktatur – Brasilien begeht 2014 den 50. Jahrestag des Militärputschs von 1964, der zahlreiche Relikte hinterließ, darunter Folter, Todesschwadronen, Gefängnishorror, die Militärpolizei.
Wieviele Iraker – Kinder, Frauen, Männer – noch leben könnten:
Scheinheilige Gutmenschenfraktion schweigt auch zu systematischem Kindermord, sexuellem Kindesmißbrauch in Brasilien.
ARD-Weltspiegel erstmals zu Kindermord: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/18/brasilien-kindsmord-am-amazonas-ard-weltspiegel-berichtet-erstmals-uber-infantizid-bei-brasilianischen-indianerstammen/
“Eine Partnerschaft der unbegrenzten Möglichkeiten”. Was alles fehlt: http://www.welt.de/sonderthemen/brasilien/
Schaubühne-Regisseur Thomas Ostermann zu heutiger neoliberaler Politik: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/16/schaubuhne-regisseur-thomas-ostermeier-in-rio-de-janeiro-oktober-2013-wahrend-der-strasenprotesteam-schlimmsten-ist-das-die-politik-zu-etwas-verfaultem-geworden-isto-globo/
Ukraine und Edward Snowden:
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/07/ukraine-2014-und-edward-snowden/
Straff gesteuerter deutscher Mainstream reagiert auf die Kritik von Scholl-Latour bisher nicht: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/12/ukraine-2014-peter-scholl-latour-peter-scholl-latour-wir-leben-in-einem-zeitalter-der-massenverblodung-besonders-der-medialen-massenverblodung-wenn-sie-sich-einmal-anschauen-wie-einseitig-die-h/
Angela Merkel, Peter Scholl-Latour und der Irakkrieg, die rd. 1,5 Millionen ungesühnten Toten – kein Schuldiger in Den Haag verurteilt…:
WM-Texte:
Angela Merkel – WM-Besuch 2014 in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/16/deutsche-bundeskanzlerin-angela-merkel-reist-zur-wm-2014-nach-brasilien-trotz-gravierender-menschenrechtslage-bei-treffen-mit-staatschefin-dilma-rousseff-in-brasilia-waren-schwere-menschenrechtsve/
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/20/merkels-wm-besuch-kommt-bei-den-deutschen-schlecht-an/
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/17/brasilien-geldfusball-wm-2014-spielort-fortaleza/
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/18/die-dunkle-seite-der-wm-bild-zeitung/
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/18/brasilien-geldfusball-wm-sao-paulo/
Fußball-WM und Berichterstattungsvorschriften: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/05/19/fusball-wm-2014-und-strenge-berichterstattungsvorschriften-deutscher-medien-selbst-in-kommentaren-halt-sich-der-deutsche-mainstream-bisher-offenbar-strikt-an-das-vorschriftendiktat/
“Heute haben wir eine Zivildiktatur”.
Bischof Erwin Kräutler im Interview mit dem brasilianischen Nachrichtenmagazin “Epoca”, Juni 2012:
“Lula und Dilma Rousseff werden als Zerstörer Amazoniens in die Geschichte eingehen…Ich habe Lula zweimal getroffen…Jene Leute, die früher mit uns kämpften, auf unserer Seite waren, die selbe Sache verteidigten, verteidigen jetzt das Gegenteil…2009 war ein sehr freundschaftliches Treffen mit Lula – ich hoffte noch, er ließe sich überzeugen. Und schrieb sogar: Gottseidank, Lula hat verstanden…Doch es war Theater, politisches Spiel. Er hielt damals meinen Arm und sagte: Dom Erwin, wir werden dieses Projekt niemandem aufzwingen. Du kannst auf mich zählen…Ich dachte, gut – der Präsident würde nicht so reden, wenn es nicht die Wahrheit wäre… Nein, Lula würde mir nicht ins Gesicht lügen…In diesem Moment glaubte ich wirklich an den Dialog…”
Epoca-Frage: “Sie hatten tatsächlich an Lulas Dialog-Versprechen geglaubt?”
Kräutler:”Ich glaubte daran…Aber es gab nie einen Dialog…Was Lula da machte, war nur Show, um dem Bischof gefällig zu sein…Nach meinen Informationen sind 61 Wasserkraftwerke in Brasilien geplant, die meisten in Amazonien…Hier hat sich der Widerstand gegen Belo Monte mit der Arbeiterpartei identifiziert…Bis dann Lula sein Präsidentenamt antrat. Als wir entdeckten, daß Lula seine Position geändert hatte, sind wir aus allen Wolken gefallen. Mein Gott, wie ist das möglich? Und die Leute der Arbeiterpartei hier wechselten auch die Seite…Das alles war Verrat, ein gewaltiger Schlag. Es ist sehr hart, von Leuten verraten zu werden, denen du die Hand gereicht hattest. Man hatte mich gefragt, Bischof, wen werden sie wählen? Ich sagte, ich stimme für Lula…Später sagte dann das Volk: Jetzt schluckt der Bischof…Jetzt sagen sie: Der Bischof war sogar für diese Leute von der Arbeiterpartei. Und jetzt muß ich Kröten schlucken…Lula hat Amazonien nie verstanden…Und am Ende seiner Amtszeit fiel er ins Delirium, berauschte sich an Ziffern, Statistiken…Heute haben wir eine Zivildiktatur…Wenn die Regierung sich verfassungswidrig verhält, leben wir erneut in einer Diktatur…Ich mag eine Frau als Präsidentin, aber ich dachte, als Frau wäre sie sensibler gegenüber unserer Lage…Man kann soviel protestieren wie man will. Sie verhindert jeglichen Dialog schon im Ansatz. Belo Monte ist kein Thema für eine Diskussion. Sie ist sehr hart, unnachgiebig, akzeptiert keine abweichende Meinung…Die Geschichte Amazoniens, Brasiliens und der Erde wird bald Lula und Dilma sehr genau als skrupellose Zerstörerverurteilen – als Verursacher von Einwirkungen, die unumkehrbar das Klima des Planeten veränderten…”
Brasilien – Daten, Statistiken: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
“Fußball-WM ist ein Unglück für Brasilien.” – auflagenstärkste Qualitätszeitung Folha de Sao Paulo
Anpfiff ist am 12. Juni in der Megacity São Paulo, drittgrößte Erzdiözese der Welt. Von prima Klima, gar Vorfreude keine Spur – stattdessen tagtäglich Straßenproteste. Menschenrechtspriester Julio Lancelotti ist stets dabei. Militärpolizei feuert eine Tränengas-Blendgranate genau in seine Richtung – die Explosion reißt ihm das Bein auf, Blut fließt auf den Asphalt, doch er schleppt sich weiter, solange es geht. Den Menschen, die trotz der Polizeiübermacht, darunter Kavallerie mit schweren Säbeln, immer wieder zu Anti-WM-Demonstrationen gehen, ist der geistliche Beistand durch Lancelotti, die Hilfe von Aktivisten der Sozialpastoralen enorm wichtig.
In der Hauptstadt Brasilia gehen sogar protestierende Indianer mit Pfeil und Bogen auf berittene Polizei los.
Weniger als die Hälfte der rund 200 Millionen Brasilianer, so seriöse Umfragen, sind noch einverstanden, daß die „Copa“, wie man hier sagt, in ihrem Land stattfindet. Eine wachsende Mehrheit lehnt das FIFA-Spektakel vehement ab, weist auf gravierende soziale Probleme.
Deutschland, Ausrichter von 2006, liegt auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung auf Platz 5 – Brasilien jedoch nur weit abgeschlagen auf Platz 85. Padre Lancelotti, Bischöfe, ungezählte katholische Menschenrechtsaktivisten, doch auch professionelle Fußballexperten halten 2006 daher bereits die WM-Bewerbung durch Brasilia für absurd, sozial unvertretbar, für Idiotie und einen schlechten Witz – und haben Recht behalten. Bis letztes Jahr werden sie oft ausgelacht. Selbst in Deutschland heißt es, die WM werde dem Tropenland mehr Wohlstand, wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg bescheren. Doch nun sind die Fakten nicht mehr zu übersehen – Stagnation statt Konjunktur und Wachstum, dazu Hochinflation und Entlassungen .
Die eigens für die WM auch mit Hilfe deutscher Firmen, deutscher Sponsoren errichteten Stadien sind inzwischen dreimal teurer als geplant – während oft ganz in deren Nähe neue Elendsviertel entstehen. Selbst in Sao Paulo, der reichsten Stadt ganz Lateinamerikas mit weit über 2600 Slums, hat die Bewegung der wohnungslosen Arbeiter(MTST) nur zwei Kilometer vom nagelneuen Itaquerao-Stadion auf besetztem Gelände mehrere Tausend Hütten und Baracken errichtet, wird beim WM-Eröffnungsspiel für Protest-Überraschungen sorgen.
Auch in Sao Paulo brechen Kranke in der Warteschlange vor öffentlichen Hospitälern tot zusammen, sterben andere auf dem harten Boden von Klinikkorridoren, weil Ärzte und Pfleger, Medikamente und Krankenbetten fehlen. Bei jedem Gottesdienst in Sao Paulos Kathedrale werden solche skandalösen Kontraste angeprangert: „Diese milliardenteuren Stadien sind eine Beleidigung der Menschenwürde, da es den einfachen Brasilianern an Wohnung fehlt, unser Gesundheits-und Bildungswesen unzumutbar schlecht ist wie der öffentliche Nahverkehr“, Padre Tarcisio Mesquita. „Laßt uns beten für alle, die auf den WM-Baustellen umkamen, Opfer gefährlicher und armselig bezahlter Arbeit wurden.“
Und dann nennt er einen weiteren Skandal: Jene WM-Trikots, die jetzt überall im Lande zu teils gepfefferten Preisen auch an ausländische Touristen verkauft werden, fertigen häufig Sklavenarbeiter aus Bolivien in dunklen, stickigen Hinterhoffabriken Sao Paulos. „Das ist eine Schande!“
Ob dem deutschen Team auffällt, daß sich ihr luxuriöses WM-Quartier just im nordöstlichen Teilstaat Bahia befindet, der für systematische Folter, Todesschwadronen, Gefängnis-Horror und Lynchjustiz berüchtigt ist?
Vor der „Copa“ hat Brasiliens Bischofskonferenz erneut die gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Lande verurteilt, darunter das „Klima des Terrors“ in ganzen Regionen. Die Gesellschaft werde als Resultat des wirtschaftlich-sozialen Modells immer gewalttätiger, was zu mehr extremer Ausbeutung, darunter sexueller, sowie Selbstzerstörung durch Drogen führe.
Auch Padre Lancelotti widmet in der Kathedrale von Sao Paulo ein Gebet all jenen, „die Opfer von Repression und Folter sind.“ Soetwas im Land der Fußball-Weltmeisterschaft? Die bischöfliche Gefangenenseelsorge, doch auch Soziologen und Historiker haben vor der WM betont, daß die während des Militärregimes angewandte Folter weiterhin allgemeine Praxis ist. Brasilien sei sogar das einzige Land Lateinamerikas, in dem die Folter nach der Militärdiktatur zugenommen habe.
Lancelotti:”Während der Fußball-WM wird die Repression zunehmen.”
Auch ein ganz Prominenter, der in Deutschland vielgelesene brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho, erhebt seine Stimme: „Die derzeitige Regierung ist ein Desaster – die Proteste sind absolut gerechtfertigt. Ich kriege alle WM-Eintrittskarten gratis – doch ich nutze sie nicht, gehe zu keinem einzigen Spiel. Ich kann doch nicht in einem Stadion sitzen und wissen, was draußen in den Krankenhäusern passiert, mit der Schulbildung – all das, was die Vetternwirtschaft der Arbeiterpartei von Lula bewirkt hat!“
Rodrigo Bueno aus Sao Paulo zählt zu den führenden brasilianischen Fußballexperten, hat während der WM in Deutschland für die auflagenstärkste Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ sowie für einen TV-Sportkanal die Spiele kommentiert. Nach der Rückkehr trifft ihn wie üblich der Kulturschock – Bueno sieht die Slums, das Massenelend, Desorganisation und Gewalt, die ganze geballte Häßlichkeit des abgasvergifteten Betonmeers von Sao Paulo. Der Entwicklungsabstand zu Europa wird ständig und deutlich spürbar größer. “Wie die Brasilianer leiden, was sie tagtäglich ertragen müssen, macht mich traurig und unzufrieden.”
Ein landesweit zu hörender Protest-Sprechchor – an Staatschefin Dilma Rousseff gerichtet: „Dilma, escuta, na Copa vai ter luta!“ („Dilma, hör zu, während der WM wird es Kampf geben!“)
Priester Luis Antonio Lopes, Leiter der bischöflichen Slum-Seelsorge in Rio de Janeiro:
“Wie kann man denn eine Fußballweltmeisterschaft und olympische Sommerspiele in einem Land veranstalten, das solche enormen sozialen Kontraste aufweist?”
Brasilien ist die siebtgrößte Wirtschaftsnation, rund 24-mal größer als Deutschland, geprägt von teils unglaublichen soziokulturellen Kontrasten. Gut möglich, daß jemand nach einigen Tagen Rio sagt, nie zuvor so ein fröhliches, lebenslustiges, feier-und tanzfreudiges Volk gesehen zu haben, von Brasiliens Schokoladenseiten, ob Gastronomie oder Naturstrände, entzückt ist. „As aparencias enganam“, der Schein trügt, hört man hier häufig. Denn je nach persönlichen Wertvorstellungen und Wahrnehmungsfähigkeit stellt sich nahezu alles ganz anders dar, wenn man Jahre, Jahrzehnte den Alltag intensiv erlebt. Wohl kein anderes Land ist so absurd mit Klischees behaftet, kultivieren zudem die Bewohner über den Nationalcharakter mancherlei Mythen. Sich davon verabschieden zu müssen, kann schmerzhaft sein. Rio – auch eine Stadt der Scheiterhaufen, systematischer Folter und Todesschwadronen? Die berühmte Karnevalsparade ist gar kein Karneval, der dort getrommelte Rhythmus kein Samba? Und weiterhin überall Militärpolizei – Relikt der Militärdiktatur.
Deutschland belegt auf dem aktuellen UNO-Index für menschliche Entwicklung den fünften Rang – doch Brasilien, gelegentlich als kommende Großmacht, Global Player bezeichnet, folgt weit abgeschlagen erst auf Platz 85, hinter Peru, der Ukraine, gar Albanien und Kasachstan, Libyen und Kuba. Im Supermarkt kosten viele Basisartikel mehr als in Mitteleuropa, doch in Rio de Janeiro und sogar in Lateinamerikas reichster Großstadt Sao Paulo liegt das Durchschnittseinkommen selbst laut amtlichen Zahlen nur bei umgerechnet rund 500 Euro, Billigstlöhne allerorten. Nach wie vor sind die Einkommensunterschiede immens, genießen nur wenige Prozent einen europäischen Sozialstandard, sieht man täglich Brasilianer in extremer Misere, todkrank, auf den Straßen. Die Regierung rühmt sich, viele Millionen aus Armut und Elend befreit, in die Mittelschicht katapultiert zu haben, zu der inzwischen über die Hälfte der Brasilianer gehöre. Doch amtliche Daten sind gewöhnlich arg geschönt, frisiert – wer monatlich um die 20, 25 Euro verdient, gilt offiziell allen Ernstes nicht mehr als arm. Mit einem Pro-Kopf-Familieneinkommen von etwa 100 Euro ist man gemäß den Bemessungsgrenzen gar schon Mittelschicht. Da wundert nicht, daß gemäß solcher verqueren Logik ein beträchtlicher Teil der „Classe media“ in den rasch wachsenden Slums haust, viele jener neuen “Mittelschichtler” gar Analphabeten sind, über die Hälfte nur wenige Jahre in der Grundschule war, mit dem bekannt niedrigen Niveau. Brasiliens Intellektuelle, darunter nicht wenige Architekten, analysieren solche Regierungspropaganda täglich in den Qualitätsmedien mit Hohn und Spott, haben eine viel kritischere Sicht des Tropenlandes als ihre mitteleuropäischen Kollegen.
Brasilien erlebte die letzten Jahre keineswegs einen Wirtschaftsboom, leidet unter Deindustrialisierung, absackender internationaler Wettbewerbsfähigkeit, geringer Effizienz. In der Schlange vor der Schnellkasse des Supermarkts verbringt man leicht 30, 40 Minuten, an den Nahverkehrshaltestellen fehlen Abfahrtszeiten. Die Kultur der Langsamkeit und Unpünktlichkeit hat dramatische Konsequenzen. Brasiliens Produktivität ist niedrig, erreicht nur etwa ein Drittel der entwickelten Länder – ein US-Arbeiter stellt soviel her wie fünf brasilianische. Inseln, Enklaven sind da hochmoderne multinationale Unternehmen aus den USA und Europa, die von hier aus für die Welt produzieren.
Zum Bild vom Global Player paßt zudem schwerlich, daß Brasilien zu den bürokratischsten Staaten zählt, auch deshalb der Anteil am Welthandel nur bei etwa einem Prozent liegt, am Welt-Kulturexport gar nur bei 0,2 Prozent. Gravierendes Entwicklungshindernis ist zudem die Infrastruktur, schlechter als in manchen afrikanischen Staaten. 2013 wurde in Sao Paulo ein Rekord-Stau von 763 Kilometern registriert, in Rio von über 455 Kilometern. Dies bedeutet, daß auch Vertreter hochqualifizierter Berufsgruppen, darunter Ärzte, etwa in Sao Paulo spätestens sechs Uhr ins Auto steigen müssen, um noch vor den grauenhaften, unberechenbaren Morgen-Staus in Praxis oder Klinik zu sein, viel zu früh. Metro und S-Bahn sind nur rudimentär, zwischen den beiden Wirtschaftsmetropolen existiert nicht einmal Zugverkehr. Den hat man abgeschafft, wie anderswo im Lande auch, und auf viel langsamere, dazu stauabhängige Busse umgestellt. Radwegenetze wie in Europa gibt es nicht.
Das heutige Brasilien wird 1500 von den Portugiesen entdeckt. Sie treffen auf Indianerstämme, die sich heftig bekriegen, gegenseitig versklaven, in Jagd und Handel von Menschen geübt sind. Das Kolonialreich importiert an die vier Millionen Sklaven aus Afrika, das Geschäft ist für für die dortigen Könige extrem lukrativ. Bedeutende, schwerreiche brasilianische Händler der Menschenware sind ebenfalls Schwarze. Jahrzehnte vor der offiziellen Sklaverei-Abschaffung von 1888 – die Unabhängigkeit wurde bereits 1822 erklärt – kommt es zu einem bezeichnenden Phänomen: Manche humaner gesinnten weißen Sklavenhalter geben Schwarzen die Freiheit, nicht wenigen Afrikanern gelingt es, sich freizukaufen. Kamen diese zu Geld, erwerben sie damit auf den Menschenmärkten Rio de Janeiros oder Bahias Afrikaner, werden selber Sklavenhalter, handeln mit ihren eigenen Brüdern. Archaische Gesellschaften auf beiden Seiten des Atlantik sind durch bestimmte Wertvorstellungen verbunden, die längst nicht ausstarben. Indianerstämme sind heute meist akkulturiert, doch weiter verfeindet – Sklaverei, die verbreitete Sklavenarbeit ist in Brasilien nach wie vor ein Dauerthema. Im größten katholischen Land spricht auch die Kirche von tiefverwurzelter kolonialistischer Sklavenhaltermentalität, weist auf die kraß ungerechte Einkommensverteilung, verdeckte Apartheid, die soziale Zusammensetzung der Slums. Dort hausen meist Sklavennachfahren, die Indianer-oder Schwarzenmischlinge, leichte Beute für Wunderheilersekten. In Rios gänzlich untouristischer Rua Camerino nahe dem Hafen erinnert keine Tafel, kein Denkmal daran, daß sich hier Brasiliens größter, entsetzlichster Menschenmarkt befand, in einer der bedeutendsten Sklavenhalterstädte der Weltgeschichte.
Selbst in den besseren Vierteln am Zuckerhut, in mehrere tausend Kilometer entfernten Städten und Dörfern sind Straßen von übermannshohen Stahlgitterzäunen gesäumt, von auffällig viel NATO-Stacheldraht vor Häusern und Appartementblocks. Will man jemanden besuchen, ähnelt das Procedere dem europäischer Militärobjekte, wird man von Wachleuten überprüft. Die Krone sind Privilegiertenghettos, große geschlossene Wohnanlagen, mit denen sich inzwischen auch weniger Betuchte immer perfekter gegen Misere und ausufernde Kriminalität abschotten. Bei gepanzerten PKW ist Brasilien Weltspitze. In keinem Land der Erde wird mehr gemordet, trifft es über 50000 jährlich. Schon in Sichtweite glitzernder Hightech-Geschäftshäuser sind neofeudale Banditenmilizen, die Maschinenpistolen der NATO-Armeen tragen, häufig unumschränkte Herrscher der Favelas, terrorisieren Bewohner, verhängen Ausgangssperren, paralysieren Protestpotential – manche minderjährige Kindersoldaten killten bis zu vierzig Menschen. Man lebt in Brasilien unter permanenter physischer Bedrohung, in einem Klima des Mißtrauens. Das hat negative Konsequenzen für die Sozialbeziehungen, auch für Liebe, Sex und Erotik. Streß und Depression sind Massenleiden, Psychopharmaka werden mehr konsumiert als in Mitteleuropa, man bemerkt auffällig viel Pflicht-und Scheinfröhlichkeit. Auch die Feierlaune leidet – am Karneval beteiligt sich nur eine Minderheit. Denn wegen fehlender öffentlicher Sicherheit ist nicht nur der größte Teil der Städte, sondern des gesamten Landes No-Go-Area. Einfach mal so, wie von zuhause gewohnt, im Wald spazieren zu gehen, ist unmöglich. Von Favela-Besuchen wird dringend abgeraten, lautet die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes – ein beträchtlicher Teil sehr komplexer brasilianischer Realität bleibt den allermeisten Ausländern daher verborgen.
Längst spricht man in den USA und Europa von Brasilianisierung, wenn es um gesellschaftliche Wandlungsprozesse hin zu mehr Ungleichheit, prekären Lebensverhältnissen, sozialer Unübersichtlichkeit geht. Brasiliens Eliten mochten ihr Land noch nie, fühlten sich in Paris, New York, London oder Zürich stets viel mehr zuhause, gehen daher mit diesem Riesenstaat und seinen rund 200 Millionen Bewohnern nicht eben pfleglich um, agieren wie Fremde im eigenen Land, schaffen nichts Solides, das überdauern soll. Unfertiges, groteske Provisorien, Naturvernichtung allerorten. Beim Vergleichen mit lateinamerikanischen Nachbarn wie Argentinien, Uruguay oder Chile, die auf Weltrankings viel besser abschneiden, fällt dies sofort auf. Allein die Hauptstadt Brasilia – unfunktional, unpraktisch, fehlkonstruiert – in wenigen Jahren unter Aufsicht von Oscar Niemeyer hochgezogen. Das Massaker an Bauarbeitern, die damaligen inhumanen Arbeitsbedingungen bleiben gewöhnlich auch in Mitteleuropa unerwähnt. Für die meisten Brasilianer sind der Regierungssitz, der Nationalkongreß mit seinen vielen Millionären heute Symbole für Korruption und Nepotismus, die Skandalserie um gigantische Mittelabzweigungen und Machtmißbrauch reißt nicht ab. Weil auch deshalb selbst die Qualität des Bildungs-und Gesundheitswesens für ein Land dieser wirtschaftlichen Möglichkeiten so absurd niedrig ist, protestieren immer mehr Staatsbürger auf den Straßen, lassen aufgestaute Wut ab. Brasilien hat die weltweit größte Lepra-Dichte, die Aids-Epidemie ist längst nicht unter Kontrolle, die Behindertenrate etwa zwanzigmal höher als in Deutschland.
Die kosmopolitische Einwanderernation hat 26 Teilstaaten, frappierend unterschiedlich. Beliebteste nationale Tourismusdestination ist just der relativ kleine südliche Teilstaat Santa Catarina, mit der höchsten Lebensqualität, den niedrigsten Kriminalitätsraten, unübersehbar geprägt durch deutsche Einwanderer, weit überdurchschnittlich stark in Industrie und Landwirtschaft. Das Oktoberfest der Catarinenser wurde nach dem Karneval zum zweitpopulärsten Volksfest des Landes, selbst Amazonas-Indios vergnügen sich dort. Zwei weitere Einwanderergruppen, Japaner und Juden, haben trotz relativ geringer Kopfzahl im wirtschaftlichen und kulturellen Leben des Landes eine erstaunliche Position erreicht, müssen indessen viele Vorurteile ertragen. 1985 endete nach 21 Jahren das nazistisch-antisemitisch orientierte Militärregime, doch von Vergangenheitsbewältigung, gar Bestrafung der Diktaturverbrecher kann keine Rede sein. So ist Brasilien heute nur formell eine Demokratie, ein Rechtsstaat – wann er funktionieren wird wie in der Verfassung skizziert, ist völlig offen.
tags: brasilien-paartanzkultur 2014, forró, salsa, samba, semana da cultura latina, tango, tanzkongreß sao paulo, zouk
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Exzellente Tanzkurse, exzellente Tanzlehrer – außergewöhnlich interessante Tanzaufführungen und Bälle – das Beste dieser Art aus ganz Brasilien. Üblicherweise haben mitteleuropäische Medien an derartigen Höhepunkten brasilianischen Kulturlebens keinerlei Interesse.
Ausländische Kongreßbesucher, darunter aus Deutschland, nutzten die ausgezeichnete Möglichkeit, ihre Tanzkenntnisse zu verbessern. Das Interesse von Mitgliedern der deutschen Gemeinde in Brasilien an landestypischem Paartanz ist extrem gering.
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/21/brasilien-und-samba/
Auffällig ist die weiter wachsende Popularität des Kuba-Salsa – aus einem Karibikstaat mit etwa soviel Einwohnern wie Rio de Janeiro. Während es Argentinien, Kuba mit beträchtlichem Erfolg gelungen ist, eigene Musik-und Tanzkultur zu exportieren, scheiterte dies im Falle Brasiliens an soziokulturellen Faktoren, Ineffizienz, Desorganisation, fehlendem politischen Willen der zuständigen politischen Verantwortlichen. Diese sorgen indessen dafür, daß niedrigwertiger US-Pop von der nordamerikanischen Kulturindustrie problemlos nach Brasilien durchgeschaltet wird, dort dominiert. Gleiches gilt für neoliberale Länder wie Deutschland – siehe den Einfluß der US-Kulturindustrie auf die Musikauswahl deutscher Sender.
“Die Jugendlichen von heute haben ein sehr individualistisches Profil – allein, ohne Partner zu tanzen ist Ausdruck dieses Phänomens.” David Lewinsky, brasilianischer Jugendpsychiater
Selbst auf einem brasilianischen Tanzkongreß wie in Sao Paulo wird daher von interessierter Seite versucht, brasilianische Rhythmen und Tänze mit Techno, Rap, Baile-Funk-Musik zu verwässern, mischen entsprechend orientierte Tanzprofis diese Musik allen Ernstes in Samba oder Forró. Begleitmusik eines solchen Events ist in Pausen, vor Aufführungen nicht zufällig billigster US-Pop.
Brasiliens große Zeitungen haben über den Tanzkongreß erwartungsgemäß nicht berichtet.
Der Umfang des Kulturexports aus einem Riesenland wie Brasilien spricht Bände – nur 0,2 % vom Weltvolumen: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/22/brasiliens-kulturexport-nur-02-prozent-vom-weltvolumen-retrato-de-um-pais-que-nao-exporta-sua-cultura-o-estado-de-sao-paulo-brasilianische-musik-verkauft-sich-garnicht-so-gut-im-ausland/
http://www.hart-brasilientexte.de/tag/brasilien-kultur-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Charmanter Tanzlehrer Marcos Brilho.
http://www.semanadaculturalatina.com.br/
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Tanzlehrer Patrick Carvalho.
Kuba-Salsa in Sao Paulo.
Samba-Cancao – Tanzlehrer Joao Carlos Ramos
http://joaocarlosramos.blogspot.com.br/2011/03/joao-carlos-ramos.html
”JOÃO CARLOS RAMOS
Dançarino e coreógrafo carioca, começou a dançar nos concursos das “Discos” dos clubes do subúrbio do Rio de Janeiro, organizando grupos amadores de dança de sua região.
Aos 19 anos ingressou no “Grupo Coringa Dança” da coreógrafa Graciela Figueroa dedicando-se ao estudo da dança contemporânea. Diversificou seu trabalho em diversas áreas realizando coreografias para teatro e musicais no Brasil, como “Brasil Brasileiro” de Claudio Segóvia, “ARN” – Intrépida Trupe (RJ), shows e vídeo-clipes de Jorge Benjor, Lulu Santos, Zeca Pagodinho e Paulo Moura.
Trabalhos no exterior no Ano Brasil\França – Carreau du temple em Paris, In-Transit – Haus der Kulturen der Welt em Berlin, Summer Dance Festival – Lincon Center Square em Nova Yorque e Printemps de Commediens em Montpellier.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/07/29/warum-es-mit-brasiliens-erotischem-sex-bergab-geht-ganz-zu-schweigen-vom-rest-der-welt-stephen-kanitz-nennt-einen-wichtigen-aspekt-die-stupide-abschaffung-des-sinnlichen-paartanzes/
Jaime Aroxa – wie jedes Jahr Tanzlehrer und Mitorganisator des Tanzkongresses: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/20/jaime-aroxa-gesichter-brasiliens/
http://www.ila-web.de/brasilientexte/aroxatropical.htm
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/20/zouk-festival-in-berlin-kaum-zu-fassen/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/21/brasilien-und-samba/
Jaime Aroxa aus Rio de Janeiro, und besonders Zouk-Experte Philip Miha aus Sao Paulo haben den Zouk durch viele neue Schrittkombinationen stark bereichert, diese u.a. durch Workshops auch in Europa bekannt gemacht. Zahlreiche Tanzlehrer in Europa lehren daher Schritte von Miha und Aroxa, den meisten Tanzbegeisterten ist das nicht bewußt. Kurios, daß diese brasilianischen Zouk-Schrittkombinationen inzwischen in Europa auch auf Salsa-Rhythmen getanzt werden.
Der von den Autoritäten zum Schaden einheimischer Musik-und Tanzkultur geförderte, hochaggressive “Baile Funk” mit sexistischen Primitiv-Rhythmen, kopiert aus den USA – regelmäßig Schießereien mit Toten, Verletzten – auch am Wochenende des Tanzkongresses von Sao Paulo: http://g1.globo.com/rs/rio-grande-do-sul/noticia/2014/11/tiroteio-dentro-de-boate-com-baile-funk-deixa-feridos-em-porto-alegre.html
Auf Kuba tanzt der allergrößte Teil der Kinder und Jugendlichen bereits in der Schule, darunter in den Pausen, Salsa, beherrscht viele Schrittkombinationen sehr gut. In neoliberalen Ländern wie Deutschland wurde von interessierter Seite effizient dafür gesorgt, daß entsprechende lokale Kultur in eine Nische gedrängt wurde. Können deutsche Schüler eigentlich noch die Paartänze der deutschen Kultur?
Aufforderung zum Tanz.
Os Morenos – Marrom Bombom: http://www.youtube.com/watch?v=XrbyAl4WGWA
tags: brasilien, favelas, john neschling, kultur, kulturverlust, menschenrechte, samba, weltmusik, wikileaks
Musiker Dori Caymmi: Brasiliens Kultur verarmt generell
Würde Deutschlands Kulturstaatsminister die klassische Musik, das reiche musikalische Erbe links liegenlassen, oder schlimmer noch, boykottieren, wäre er vermutlich binnen kurzem geliefert, seinen Posten los. Und wäre er ein gewiefter schwerreicher Musikunternehmer, mit einschlägigen Interessen in der Popbranche, hätte er aller Wahrscheinlichkeit nach in einem recht zivilisierten Land wie Deutschland den Posten gar nicht bekommen.In Brasilien, der immerhin zehntgrößten Wirtschaftsnation, die nach wie vor von extremen neoliberalen Sozialkontrasten, Analphabetismus, gravierenden Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Sklavenarbeit und neofeudalem Terror der Banditenmilizen gegen Slumbewohner, über 50000 Morden jährlich gezeichnet ist, gehen indessen auch im Kulturbereich die Uhren völlig anders. Entgegen den Warnungen zahlreicher Intellektueller und Künstler ernannte Bankiersliebling Lula vor vier Jahren den Popmusikmillionär Gilberto Gil, gelernter Firmenadministrator vom Multi Gessy-Lever, Popunternehmer und PR-Talent, zu seinem Kulturminister – selbst in deutschen Medien wurde das beklatscht.
Die Kritiker in Brasilien verwiesen auf Gils traditionell enge, freundschaftliche Kontakte zu rechtsextremen Diktaturaktivisten wie Bahias Ex-Gouverneur Antonio Carlos Magalhaes. Oder auch auf Gils aktive Unterstützung für Staatschef Lulas Amtsvorgänger Fernando Henrique Cardoso, gemäß internationalen Tribunalen politisch hauptverantwortlich für Massaker an Landlosen sowie andere barbarische Menschenrechtsverletzungen. Gil wird vorgeworfen, zu all dem geschwiegen zu haben – als typischer Opportunist, der für seine teils von der eigenen Frau geleiteten Firmen ja bereits viele Millionen Staatsknete, Subventionen eingesackt habe.
–„geringes“ Ministergehalt—
Gleich zu Beginn der Amtszeit regte sich Gil über das „geringe“ Ministergehalt auf, was selbst in seinem Heimatteilstaat Bahia Schlagzeilen machte. Das Salär betrug immerhin das Vierzigfache des damaligen brasilianischen Mindestlohns.
Gil – privat drei Ehen, sieben Kinder – ist ohne Zweifel ein talentierter Musiker, Komponist und Sänger – nicht wenige in Brasilien hören dessen Hits heute jedoch nur noch mit zwiespältigen Gefühlen, angesichts seiner Ministerbilanz. In vierjähriger Amtszeit wurde die Kultur des Tropenlandes weiter „entbrasilianisiert“, wurden die kommerziellen Megatrends der internationalen Musikkonzerne, darunter Rap, auch extrem sadistischer Gangsta-Rap, Hiphop und Reggae, indessen spürbar favorisiert. Beispiel Karneval in Rio 2008: Noch vor wenigen Jahren kannte fast jedermann die neuesten Karnevalssambas, sang sie bei der berühmten Parade mit, tanzte dazu. Vorbei. Heute wird die Parade von den allermeisten konsumiert wie ein Konzert mit Folklore vergangener Zeiten. In den Diskotheken an der Paradestrecke wird Rap und HipHop aufgelegt, stört bereits viele der Samba von draußen. ”Gilberto Gil möchte den HipHop als Ausdrucksform Jugendlicher in den Slums gesellschaftlich akzeptabel und massentauglich machen”, heißt es in einer deutschen Zeitschrift. Auch zum Schaden der mehreren Dutzend Sinfonieorchester des Tropenlandes, überhaupt der genuinen brasilianischen Musik, wie ihm seine Kritiker vorwerfen. Nach mehreren Jahren Gil-Amtszeit ist Brasilien noch weniger Sambaland, Bossa-Nova-Land als zuvor: Deutlich weniger Brasilianer hören, spielen Samba – und schlimmer noch – viel weniger können ihn überhaupt tanzen. Sambaschwoofs waren noch in den siebziger, achtziger Jahren ein kulturelles Massenphänomen des Nachtlebens der Großstädte und des Hinterlands. Heute sind die Chancen, irgendwo Samba, Bolero oder Forrò tanzen zu können, in Brasilien stark geschrumpft, nur eine ständig geringer werdende Minderheit kann überhaupt noch die Schritte. Außergewöhnliche Tanzprofessoren wie Jaime Aroxa oder Philip Miha halten, so verrückt es scheint, mit enormem Kraftaufwand mühselig am Leben, was vielen in Europa als typisch brasilianisch gilt.
Zouk-Experte Philip Miha in Sao Paulo:“Wir bekommen keinerlei kulturelle Förderung – es gibt dafür bei denen oben einfach kein Interesse, Null, nichts. Alles lebt nur von unserem Idealismus. Die Zahl jener, die in Brasilien überhaupt noch tanzen können, ist trotz stark gewachsener Bevölkerungszahl nicht größer geworden, sondern kleiner.“ Danke, Gil.
Beliebtes brasilianisches T-Shirt.
–Immer weniger Sambaland—
Auf den Sambaschwoofs nahm niemand Drogen, kam es nie zu brutalen Schlägereien. Jetzt erlebt Brasilien einen Boom von Raves, auf denen auch deutsche DJs auflegen. Drogen aller Art werden dort massenhaft konsumiert, die Raves schufen einen neuen, zusätzlichen Rauschgiftmarkt – oder wurden extra dafür geschaffen. Massenschlägereien mit Toten, Schwerverletzten machen regelmäßig Schlagzeilen. Von den „Bailes Funk“ mit sexistischen, sadistischen Raps ganz zu schweigen.
Im Dezember 2006 ließ sich Gil in der Megacity Sao Paulo überraschend auf dem ersten Seminar der brasilianischen Sinfonieorchester blicken, die fast durchweg mit enormen existentiellen Problemen zu kämpfen haben und deshalb in dem riesigen Drittweltland auf Vorschlag von John Neschling einen nationalen Orchesterverband gründeten. Minister Gil schlug bei seinem Kurzauftritt unverhohlene Kritik und Skepsis entgegen. Die hatte zuvor bereits Dirigent John Neschling auf den Punkt gebracht, der in Sao Paulo seit 1997 Lateinamerikas bestes Sinfonieorchester leitet. Sein Orchestra Sinfonica do Estado de Sao Paulo(OSESP) ist heute für Brasiliens Kulturszene so wichtig wie die Berliner Philharmoniker oder das Gewandhausorchester Leipzig für Deutschland. Zahlreiche CDs, die Neschling mit dem OSESP für das Label BIS aufnahm, stehen auch in deutschen Geschäften.
“Ich finde, daß unser Kulturminister heute nicht besonders famos die brasilianische Kultur vertritt. Wenn man sich anschaut, was 2005 im Brasilienjahr Frankreichs gezeigt wurde, ist man nicht gerade angetan. Sehr viel der brasilianischen Kultur und Kunst wurde nicht in Frankreich gezeigt. Wir machen unsere Arbeit hier so gut wie möglich – ich glaube nicht, daß sie von unserem Kulturminister sehr geschätzt wird. Er hat ja keinen Bezug zur klassischen Musik. Und selbst als Musiker nicht, hat sich auch sehr wenig dafür eingesetzt. Er ist ein großer Popmusiker, ein Star in der Welt der Popmusik, betreibt als Minister just jene Kultur, die er für gut hält. Und als ich gesehen habe, daß es so ist, habe ich gesagt, wir machen unseren Weg alleine, ohne Kulturministerium. Wir wollen einfach zeigen, daß in Brasilien die Möglichkeit besteht, ein ganz erstklassiges Welt-Sinfonieorchester zu führen, daß wir ein Publikum dafür haben. Und gute Musik, die hier komponiert wurde vom 18. Jahrhundert an bis heute: Von 1708 an gibts brasilianische Musik, die erstklassig ist.“
Das Brasilien-Jahr in Frankreich hatte nicht zufällig den ironischen Beinamen „Ano do BraGil na França“
–Protokoll, Monolog, umstrittene Copa der Kulturen—
Gerade kam Neschling mit dem OSESP von seiner zweiten umjubelten USA-Tournee zurück, erntete hervorragende Kritiken. Im März 2007 führte eine große Europatournee auch nach Deutschland. Alles einmalig für ein lateinamerikanisches Orchester. Die internationale Anerkennung ist da, Minister Gil kommt um diesen gewichtigen brasilianischen Kulturbotschafter aus Sao Paulo nicht mehr herum. Auf dem Orchesterseminar las Gil vom Blatt sogar etwas Selbstkritik ab, die nicht nur für Deutschlands Klassik-Experten, gar Kulturstaatsminister Neumann, kurios und exotisch klingen dürfte. “Vor vier Jahren hatten wir keine Politik für die klassische Musik – und bis heute sind wir in diesem Bereich nur sehr wenig vorangekommen. Ja, wir müssen den Forderungen der Sinfonieorchester Aufmerksamkeit schenken, denn ohne Zweifel haben viele von ihnen derzeit große Probleme. Der Staat muß den Orchestern helfen, das Kulturministerium ist sich der Dringlichkeit bewußt. Eine systematische Orchesterpolitik ist nötig. Und hoffentlich wird dieses Seminar unseren Dialog verbessern. Die Orchester müssen zugänglich sein für alle, die ihre musikalische Sensibilität kultivieren wollen.“ Kurz darauf stand er auf und verließ mit seinen Beratern den Saal.
Unverständnis, Kritik daher auch bei bei dem Dirigenten Ricardo Rocha aus Rio de Janeiro, der seine Ausbildung in Deutschland gemacht hatte. Rocha sagte, der Minister habe bei der Copa der Kulturen, dem umstrittenen brasilianischen Kulturprogramm anläßlich der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland, viel kommerziellen Mist gezeigt, unerträgliche Brasilienklischees gefördert, statt beispielsweise auch Hochkarätiges aus dem Bereich der brasilianischen Klassik zu präsentieren.
“Gil fehlt dafür Interesse – er hat nichts gemacht. Wo sind die Leute vom Kulturminister jetzt? Sie sind weggegangen. Er hätte vielleicht einen Repräsentanten hierlassen müssen. Es gibt niemand mehr – das ist die Realität. Nur Protokoll, Monolog, aus. Für die Copa der Kulturen haben wir ein riesiges Projekt entworfen und ans Ministerium geschickt. Erfolglos. Brasilien wurde repräsentiert mit Populärmusik, die lediglich für einen Teil unserer Kultur steht. Soviele Klischees, soviel Mist – ich kann das nicht mehr ertragen. Das repräsentiert uns nicht. Brasilien ist nicht nur das. Sie machen einfach nichts.“
Bei der Copa der Kulturen, die kurioserweise Brasiliens populärstes Genre, nämlich Sertaneja, ausschloß, wurden auch im Berliner Haus der Kulturen der Welt einige große Namen wie Chico Buarque präsentiert – Kritik richtete sich vor allem gegen Figuren aus der einschlägig bekannten DJ-und Baile-Funk-Szene Brasiliens.
–Kein Musikunterricht an Brasiliens Schulen—fatale Folgen für Musikszene-
Während der Diktaturzeit wurde in Brasilien auch der Musikunterricht an den Schulen abgeschafft. 1985 endete das Militärregime, doch bis heute wurde das vergleichsweise gute Vor-Diktatur-Niveau an den öffentlichen Schulen nicht wieder erreicht, wurde auch der Musikunterricht nicht wieder eingeführt – trotz permanenter Forderungen von Musikexperten, Psychologen, Soziologen, die natürlich auf das Vorbild mitteleuropäischer Länder verweisen.
Selbst Bischöfe, Kardinäle argumentieren, ein niedriges Bildungsniveau sei beabsichtigt, weil man dadurch die Menschen besser manipulieren könne.
Die Folgen solcher Starrköpfigkeit und Verantwortungslosigkeit Brasilias sind zunehmend fataler: Kinder, Jugendliche ohne Stimmschulung durch Musiklehrer singen entsetzlich falsch und merken es nicht. Keineswegs ungewöhnlich, Heranwachsende zu treffen, die auf total verstimmten Gitarren spielen und dazu auch noch völlig schräge singen. Haben alle im Tropenland dennoch das berühmte brasilianische Rhythmusgefühl? Keineswegs, man merkts auch auf den Sambaschwoofs. Gil interessiert all derartiges nicht – obwohl Musiker, hat er den dringend nötigen Musikunterricht nicht durchgesetzt.
Triste für Dirigent John Neschling, daß aufgrund solcher Kulturpolitik gute brasilianische Konzertmusiker kaum noch zu bekommen sind. Wenn sich nichts ändere, gebe es in zehn Jahren in seinem Orchester keine exzellenten Musiker des eigenen Landes mehr, da die entsprechende Ausbildung im Argen liege. „In den letzten zehn Jahren wurde kein Orchestermusiker bei uns eingestellt, der direkt von Universitäten oder Musikschulen kam. Alle hatten zwar hier studiert, danach aber zur weiteren Ausbildung ins Ausland gehen müssen. Hier in Brasilien läuft alles falsch. Man kann eben nicht einfach ins Musikfach überwechseln, nur weil man beispielsweise keinen Medizin-Studienplatz bekam. Man kann nicht erst an der Universität anfangen, Musik zu studieren, nicht erst mit achtzehn Jahren Violine lernen – das ist natürlich viel zu spät!“
Ein Nebeneffekt – manche Sinfonieorchester spielen deutlich falsch, was indessen kaum einer, mangels geschulten Gehörs, merkt.
–Klassische Musik – Wegwerfmusik—
Ohne guten Musikunterricht keine Grundkenntnisse über klassische Musik, kein von klein an gefördertes Interesse daran, keine musikalische Sensibilität, kein Sinn für Echtes, für Qualität. Und dadurch mehr Anfälligkeit für billigste Wegwerfmusik, wie vom Musikbusiness gewollt. Das gilt auch für Deutschland.
Achtzig Prozent des Publikums von Neschlings OSESP sind älter als fünfzig Jahre. 75 von 100 Personen aus der relativ hochgebildeten Mittel-und Oberschicht Brasiliens waren noch nie in einem Konzert mit klassischer Musik. Bei den unteren Schichten sind es 93 bis 96 von 100. Qualitätszeitungen wie „ O Estado de Sao Paulo“ betonen, daß nach vier Jahren Gil die klassische Musik in seinem Ministerium eine Lücke, ein schwarzes Loch sei. Das Ministerium privilegiere indessen musikalische Sektoren, die kommerziell nutzbar seien. Das Blatt lobt just das staatlich finanzierte „Sistema“ im Venezuela von Hugo Chavez als beispielhaft, das bereits hunderttausende Kinder an die klassische Musik herangeführt habe. 15000 Lehrer arbeiteten in Venezuela mit 140 Kinderorchestern, 125 Jugendorchestern und dreißig professionellen Orchestern. Simon Rattle, Claudio Abbado und Daniel Barenboim betrachteten das „Sistema“ als das beste, was der klassischen Musik in der Welt von heute passieren könne.
Über monströse Korruptionsskandale in der Regierung von Hugo Chavez steht nichts in der Zeitung, über Stimmen-und Parteienkauf in Brasilien durch enge Gefolgsleute Lulas dagegen um so mehr. Hiesige Kommentatoren betonen immer wieder, daß in zivilisierten Ländern die Regierung über derartiges natürlich schon gestolpert wäre. Gemäß dem „O Estado de Sao Paulo“ sagte Gil in Genf am Rande einer Konferenz über geistiges Eigentum:“Ich bin zufrieden mit der Regierung.“ Die Praxis der Korruption sei systematisch, allgemein, das Probleme existiere in allen Regierungen und Ländern. Derartige Praktiken würden zwar verurteilt, dann aber von der Gesellschaft doch akzeptiert und toleriert. “O Estado de Sao Paulo” sprach daraufhin von einer “internationalen Blamage”, ausgerechnet vor einem Weltforum in der Schweiz. Der Kulturminister zähle nunmehr zu den notorischen Verteidigern von Unredlichkeit, fehlender Ethik. Daß Gil für die Freigabe allen Rauschgifts, darunter Kokain, plädiert, sehen manche in diesem Kontext.
Vor rund zwei Jahren wurde in Brasilien heftig diskutiert, daß Kulturminister Gil und der damalige Arbeitsminister Ricardo Berzoini, heute eine Schlüsselfigur in den Regierungsskandalen, sich laut Presseberichten von gefürchteten berüchtigten Gangsterbossen den Besuch eines Rio-Slums genehmigen ließen, wie gefordert ohne Bodyguards, Polizeibegleitung hineinfuhren und damit die neofeudale Diktatur der Banditenmilizen über ihren Parallelstaat der Armenviertel sozusagen offiziell anerkannten. Immerhin terrorisieren diese Milizen des organisierten Verbrechens auf grausame Weise die Bewohner, köpfen und foltern, verbrennen auch gemäß den Aussagen des einst im Westberliner Exil lebenden Kongreßabgeordneten Fernando Gabeira regelmäßig sogar Menschen lebendig. Seit dem Beginn der Aggression gegen den Irak machen immer mehr beteiligte US-Soldaten an Rios Nobelstränden, vor allem Ipanema, “Fronturlaub”. In Rio de Janeiro besuchte Gil zudem die berühmte Sambaschule Mangueira, als dessen Vizedirektor und Chef der hundertköpfigen Perkussionsgruppe gerade vom lokalen Banditenkommando bestialisch umgebracht worden war. Doch der Minister verurteilte keineswegs , wie erwartet, den zunehmenden Druck des organisierten Verbrechens auf die Sambaschulen, sondern überging den Mordfall mit Schweigen, suchte befremdlicherweise Optimismus und Karnevalsvorfreude auszustrahlen. Gegenüber der Presse nannte er später die Hipocrisia, Scheinheiligkeit, ein Werkzeug zivilisierten menschlichen Umgangs und notwendig für das menschliche Zusammenleben. Er selbst bediene sich der Hipocrisia häufig. Manche Kritiker sehen in Gil seit jeher einen fragwürdigen Opportunisten. Der Befreiungstheologe Frei Betto beispielsweise, einer der führenden Intellektuellen Brasiliens, war vehement gegen die Ernennung Gils zum Minister, wohl auch wegen dessen engen und freundschaftlichen Beziehungen zu rechtsextremen Diktaturaktivisten. Frei Betto hatte schließlich während des Militärregimes Jahre hinter Gittern verbracht, war gefoltert worden.
-Killerspiele seit Jahren als direkte Anleitung zu sadistisch-perversen Gewalttaten-
Kein Geheimnis, daß die Banditenmilizen bereits seit den achtziger Jahren begeisterte Fans von US-Killerspielen, US-Gewaltvideos sind, das dort Gezeigte, Praktizierte als Anregung nutzen und sadistisch-pervers an Slumbewohnern ausprobieren. In Großstädten wie Sao Paulo und Rio de Janeiro verbringen ungezählte Jugendliche einen beträchtlichen Teil der Freizeit damit, am Computer per Killerspiel jedesmal Tausende von Menschen sadistisch zu quälen, zu foltern und zu ermorden, Mädchen und Frauen zu vergewaltigen und ebenfalls zu töten. Die bereits erzielte Brutalisierung, Verrohung, Gewöhnung an Gewalt sowie Gleichgültigkeit gegenüber Gewalttaten wie in den Killerspielen erscheinen manchen nachdenklichen Brasilianern in der neoliberalen sozialdarwinistischen Gesellschaft als vom System politisch gewollt, da ebenso wie in Deutschland ernstzunehmende Gegenmaßnahmen ausbleiben, im Unterschied zu Mitteleuropa Politiker nicht einmal die üblichen Alibiappelle absondern, auch in Brasilien gemäß den Kritikern “Jugendschutz” in völliger Absicht nur auf dem Papier steht. Auf dem riesigen Raubkopienmarkt der Millionenstädte erhalten selbst Kinder unter zehn Jahren problemlos und spottbillig auch das perverseste Killerspiel, notfalls kauft es ihnen, wie in Deutschland bei Pornographie und anderen Gewalt und Perversität fördernden Produkten üblich, eben der nächste Erwachsene. Im Teilstaate Rio de Janeiro werden gemäß einer neuen Studie von 2006 nur 1,31 Prozent der Morde überhaupt aufgeklärt. Nicht zufällig ist die Mordrate Rios etwa dreißigfach höher als die Deutschlands.
Zu den bekannten Untaten solcher Milizen im betreffenden Slum „Complexo da Marè“ von Rio kein Wort von Gil oder Berzoini. Paulo Sergio Pinheiro, Experte für Gewaltfragen an der Universität von Sao Paulo, sieht durch die Ministervisite bestätigt, daß der brasilianische Staat große Teile seines Territoriums nicht mehr kontrolliert. Beide Minister hätten sich zudem im Slum von fünfzehn Männern unterstützen lassen, die just von den Gangstern ausgesucht worden seien: „All dies ist ein Skandal – geschähe derartiges in Berlin, Paris oder London, würde das im Parlament debattiert, würde die Regierung gestürzt.“ In der Tat – ein deutscher Kulturstaatsminister in solcher Situation – die Aufregung in Deutschland, in den Feuilletons wäre vorhersehbar. Im Falle eines Kulturministers Brasiliens, der in Deutschland erfolgreiche Konzerte gibt, wird dies natürlich anders gesehen, willfährige hochbezahlte Leute für Jubel-PR finden sich immer. Preta Gil, des Ministers aufmüpfige Tochter:“Die Polizei ist korrumpiert, die Regierung ist korrumpiert, alle sind doch verwickelt, das ändert sich nie mehr, ist zu tief verwurzelt.“
–”Stolz, ein Brasilianer zu sein”–
An vielen Supermärkten der Millionenstädte steht draußen in großen Lettern und drinnen noch einmal über den Kassen unübersehbar: „Stolz, ein Brasilianer zu sein“. Woran erinnert einen doch gleich dieser Spruch? Auf manchen Waren, darunter gängigen Mineralwasserflaschen, steht aufgedruckt: „Das Beste an Brasilien ist der Brasilianer“. Die Flugzeuge der großen nationalen Luftlinie TAM tragen die Aufschrift: „Stolz, brasilianisch zu sein.“ Manches Trendige aus Brasilien wird von vielen in Deutschland freudig kopiert. Soll man hoffen, daß die Lufthansa oder andere deutsche Linien auf einen Spruch dieser Art an ihren Maschinen verzichten, ebenso die Supermärkte, Warenfabrikanten? Oder wäre vorstellbar, daß eine Supermarktkette eines Tages dem brasilianischen Beispiel folgt, den Satz in der gefürchteten Version an der Frontseite anbringt, sich der Chef gegenüber der Presse verteidigt:“Na und, wir sind Multikulti – übernehmen gerne Kulturelles auch aus Brasilien, was dagegen?“
Anfang 2007 kamen in Brasilien landesweit massenhaft Schreibhefte mit der Aufschrift “Stolz, ein Brasilianer zu sein” auf den Markt. Und wenn ein deutscher Schulhefteverlag künftig Analoges auf seine Produkte drucken läßt?
Musiker Dori Caymmi meint indessen, patriotisch seien die Brasilianer nur im Fußball.
–Dori Caymmi über Kulturverlust und kulturelle Gleichschaltung in Brasilien—
Wird Brasiliens Populärmusik, werden Samba und Forrò schon in absehbarer Zeit im Museum landen, weil die global agierenden Musikkonzerne in dem Tropenland zunehmend nordamerikanische Rhythmen und Stile wie Rap und Hiphop durchdrücken und heimisch machen, den Musikgeschmack, die Hörgewohnheiten der Brasilianer verändern? Dori Caymmi, aus einer hochkarätigen Musikerfamilie Brasiliens, steht auf diesem Standpunkt. Er kritisiert Kollegen wie den Kulturminister Gilberto Gil und Caetano Veloso, weil sie nach seiner Auffassung sogar als Paten, Förderer nordamerikanischer Trends agieren.
Noch in den achtziger Jahren gaben in Brasiliens Musikmetropolen Rio de Janeiro und Sao Paulo nationale Rhythmen wie Samba, Bossa Nova und Forrò den Ton an. Das scheint vorbei – selbst in den berühmten Sambaschulen tanzt die schwarzhäutige Jugend vor allem nach musikalisch sehr simpel bis primitiv gestrickten Klängen. Ein Hiphop-und Rockfestival folgt in Brasilien dem anderen, alle werden gewöhnlich von großen multinationalen Konzernen gesponsert. Die Zeitungen und das Fernsehen machen dafür massiv Werbung, berichten ausführlich. Motto: Wer dort nicht hingeht, wer diese Musik nicht mag, ist out. Festivals für Samba, Bossa Nova, Forrò? Fehlanzeige. Typisch brasilianische Rhythmen hört man im Alltag immer seltener, die Medien berichten kaum. Im Radio, in den TV-Musikkanälen gibt es gravierende, schleichende Veränderungen.
–„Frischer Wind“ in der Musikszene?—
Der Anteil in Brasilien produzierter Musik ist nach wie vor erstaunlich hoch, erreicht in den Musikmedien etwa achtzig Prozent.
Indessen ist es immer weniger genuiner Samba oder feinster Bossa Nova, sondern Brazilian Rock, Brazilian Rap, Brazilian HipHop, Brazilian Techno, Brazilian Reggae, Brazilian Pop – zumeist banale Imitiationen der Vorbilder, die die Musikmultis liefern. Die Welt, so argumentieren seit langem brasilianische Komponisten, will von uns Originales, typisch Brasilianisches, keine Imitationen und Kopien – das könne man in den jeweiligen Herkunftsländern besser. Entsprechende Erwartungen an Minister Gil wurden bisher enttäuscht.
Das massive Einpeitschen kommerzieller Megatrends mit allen Methoden moderner PR läuft häufig unter dem beliebten Motto „frischer Wind in der Musikszene“ – in Deutschland nicht anders.
Ein Alarmsignal auch für Dorí Caymmi, der zusammen mit Schwester Nana, Bruder Danilo und seinem Vater Dorival Caymmi Brasiliens Populärmusik um zahlreiche Klassiker bereicherte. “Was sich derzeit abspielt, ist sehr dekadent, unsere Musikkultur wird regelrecht demoliert. Als Resultat der Globalisierung sehe ich überall kulturelle Infiltration, unsere Musik verliert diesen typisch brasilianischen Charakter, man imitiert kulturell Minderwertiges. Das macht mich traurig. Brasilien ist nicht das einzige Opfer. Die Massenmedien nutzen nicht mehr unsere Kultur, informieren nicht mehr über sie. In Europa haben wir die beste klassische Musik der Welt, die größten Komponisten, verschiedene davon in Deutschland. Dort hat das Volk ein anderes Informationsniveau als hier, eine andere Reife, eine andere Bildung. Doch wir sind Dritte Welt, das Land ist riesig. Selbst der Teilstaat Cearà hat eine eigene Musik, dort gibt es eine andere Kultur. Doch heute tauschen wir Sao Joao, unser Junifest, für Halloween ein! Das ist ein gravierendes Problem der internationalen Kultur. Heute wird die unterschiedliche Kultur der Länder von den Medien zerstört. Hier in Brasilien wird doch alles aus den USA kopiert, unser Modell ist nordamerikanisch – die Fernsehprogramme, die Ideen, die Kleidung. Alles Neue kommt von dort – und zwar sofort!” Gewaltvideos und Killerspiele geradezu in Massen.
“Unsere Kultur ist heute eine nordamerikanische – aber eben leider die armselige von dort, die des ungebildeten Nordamerikaners. Was die Musikkonzerne jetzt in Brasilien durchdrücken, auch über Bestechung, große Korruption, das berüchtigte Jabaculè, ist entsetzlich kommerziell, selbst die Kultur unserer Schwarzen wurde bereits ausgetauscht – der Samba, die Sambaschulen kamen aus dem Takt. Ich denke, es gibt keine Zukunft mehr für unsere Musik. Echte brasilianische Musik wird bald im Museum landen. Die brasilianische Kultur verarmt generell. Selbst unser Kulturminister Gil ist ein Apologet von Bob Marley.“
Am letzten Nationalfeiertag des Schwarzen Bewußtseins dominierte bei der Schwarzen-Demo in Sao Paulo HipHop, hochgepriesen.
Und was die Bestechungsmethode „Jabaculè“, in den USA „Payola“, betrifft: Nach Gils Amtsantritt rückte Mitte 2003 Andre Midani, einer der mächtigsten multinationalen Musikmanager Brasiliens in den sechziger bis neunziger Jahren, ganz überraschend mit der Sprache heraus, wurde so zitiert: “Ich habe damals Jabaculè bezahlt, damit Gilberto Gil in den Radios gespielt wird.“ Laut Midani sind nur deshalb auch andere bekannte Namen des Bossa Nova, des Tropicalismo und des brasilianischen Rock groß herausgekommen. Als Zahlungsmittel seien in der Branche auch Rauschgift und Prostituierte üblich gewesen. Wie läuft das in Deutschland, wie wars im Kalten Krieg, wie ist es heute, wann packt mal einer aus, schreibts auf?
Aber gab es in Brasilien nicht schon immer kulturelle Einflüsse aus den USA? „In den 50ern kam der Rock `n Roll, dann die Beatles – das mochten die Jugendlichen. Doch zur Ära der Beatles hatten wir hier Tom Jobim, auch meinen Vater Dorival Caymmi – meine Musikergeneration wuchs in dieser Zeit auf. Ich habe das selbe Alter wie Mick Jagger! Musik aus den USA wirkte sich jedoch nie zuvor hier so negativ aus wie heute. In der Dritten Welt ließ man das Volk ohne Kultur, ohne Optionen. Der Sohn des Reichen hat Arbeit, der des Armen hat nichts! Die Slums wachsen unaufhörlich. Erst brauchte man in Sao Paulo die Leute aus dem Nordosten, dann schob man sie weg, zahlt ihnen ein Mindestsalär von 350 Real, während ein Abgeordneter 15000 Real kriegt. Der Nordamerikaner hat all das entdeckt und an unseren Schwarzen-Peripherien HipHop, Rap eingeführt. In den Texten heißt es, schieße auf die Polizei, kille diesen weißen Misthund. Es gibt den Gewalt-Rap, verschiedene Rapper wurden schon ermordet. Hör dir die CDs von Brasiliens führendem Gangstersyndikat PCC an – da hörst du MGs rattern. Alles eine regelrechte Strafe für die brasilianische Gesellschaft. Was man da jetzt durchdrückt, erreicht eine Bevölkerung, die keine anderen Optionen mehr hat – sie hören nur das, lernen nur das. Die Kinder tanzen HipHop, niemand hört doch mehr brasilianische Musik.“
Auffällig ist, daß Dori Caymmi beinahe wie ein Rufer in der Wüste wirkt, niemand sonst auf die Barrikaden geht. “Ja, ich prangere diese Dinge offen an, all das, was hier hereinkommt – und dadurch verliere ich Sponsoren. Die sagen sich, den engagieren wir nicht, der ist unser Gegner. Meine Musikerkollegen verkneifen sich Kritik. Die großen Künstler Brasiliens, in ihrer Mehrheit, wollen keine Einkünfte verlieren, passen sich lieber an, loben diese Trends, die ich scharf verurteile. Das betrifft Kulturminister Gilberto Gil, für dessen erste Platte ich die Arrangements geschrieben habe. Ich meine, der Kulturminister sollte sich für die Erhaltung unserer Kultur einsetzen. Caetano Veloso hat jetzt eine Rockplatte veröffentlicht – für mich ist das eine Dummheit, ich kritisiere das. Caetano und Gil sind stets für jede neue Mode, spielen die Paten für Rio-Funk, Reggae – ich halte sowas für gefährlich.“
–Maria Bethania:“Gil hat in seiner Amtszeit nichts Konkretes gemacht“–
Leicht zu erraten, wen Dori Caymmi lobt: „Chico Buarque ist das größte Idol meiner Generation, ist ein Phänomen, eine Hoffnung. Meine Generation hat noch Edu Lobo, Francis Hime, Tonio Horta, Paulo Cesar Pinheiro, Leute wie mich. Unsere Sängerinnen – Elis Regina, Gal Costa, Maria Bethania, Clara Nunes, meine Schwester Nana – alles wichtige Persönlichkeiten, mit Seele.“
Maria Bethania, Schwester von Caetano Veloso, kritisierte Kulturminister Gil öffentlich:“Er hat in seiner Amtszeit nichts Konkretes gemacht.“
Dori Caymmi komponiert hochkarätige, komplexe Rhythmen, liebt die deutsche Klassik – Bach, Beethoven, auch Wagner. „Der ist absolut genial, Tristan und Isolde höre ich häufig, auch die Werke von Bach. Da sage ich mir, meu Deus, que Beleza! Ich war noch nicht in Deutschland, will aber demnächst dorthin, um den Boden meiner Idole zu betreten. Ich sage immer zu meiner Frau, laß uns Musik hören in einem zivilisierten Land. Deutschland zieht die Menschen an wegen Bach-oder Wagner-Festivals, wegen der Qualität seiner Musiker, Schriftsteller, Denker – all das hat Gewicht, dahinter steckt eine große Kraft. Wunderbare Leute wie Liszt – die haben uns doch geformt! Solche Geniusse wie die Europas haben wir nicht.“
Sprechgesang, Hiphop, Techno, überhaupt primitiv-monotone elektronische Musik hält er für entsprechend armselig, drückt es drastisch aus. “Die Leute hören heute Musik nicht mehr mit den Ohren, sondern mit dem Arsch. Die neue Musikergeneration hat keine Seele, singt simpel, mit wenig Emotion. Dieser neue Stil ist nicht mehr brasilianisch, wie der meiner Generation, ob Maria Bethania, Elis Regina oder Gal Costa. In den Sechzigern, zu den Zeiten von Joao Gilberto oder meinem Vater, sang man sanfter, sensibler, das prägte meine Generation. Selbst die Sphäre der Religion ist heute betroffen, indem man die Gospelmusik einführte. Sie singen, als wären sie Whitney Houston oder Maria Carey, nur auf Portugiesisch, kopieren die Nordamerikaner. Denn damit läßt sich unheimlich viel Geld machen. Ich sehe die Dinge wie ein Europäer, der sich fragt – ist das denn noch brasilianisch? Es wird noch schlimmer kommen, ich habe wirklich nicht viel Hoffnung. A coisa tà preta, wie Chico Buarque singt. All diese Phänomene tragen dazu bei, daß die Menschheit immer mehr verblödet, der Kulturverlust voranschreitet. “
–„Unsere Eliten interessiert nur Reichtum und Macht“—
Chico Buarque sagte einmal im Interview, Brasiliens Elite sei zunehmend kulturloser, ungebildeter. „Klar, so ist es tatsächlich. Unsere Eliten interessiert nur Reichtum und Macht. Der Reiche teilt nicht. Er stellt zwar Leute ein, zahlt ihnen aber schändlich niedrige Löhne. Das haben wir von den portugiesischen Kolonialisten übernommen. Chico Buarques Vater sagte, der Brasilianer sei ein herzlich-inniger Mensch. Aber eben in dem Sinne, daß er die ganze Zeit auf die Birne kriegt und einfach nicht reagiert! Wenn man, wie hier unter der Collor-Regierung, etwa in Deutschland oder Frankreich den Leuten für Jahre die Bankguthaben einfröre, würde man Paris anzünden, Berlin niederbrennen. Hier nicht, hier geht man in die Kneipe und trinkt einen, klagt übers Leben. Das brasilianische Volk ist sehr unterwürfig, ohne Präsenz. Die Leute interessieren sich nicht mehr für Goethe. Neulich fragte mich ein Musiker im Hotel, Goethe, was hat der doch gleich gespielt? Da wirds schwierig. Das Problem ist, wir haben nicht die Reife der Europäer. Dieses Land ist nach über 500 Jahren zwar eine Republik, änderte sich aber nicht wirklich. Leute ohne Arbeit, mit Hunger, denen man immer wieder was verspricht. Nur Versprechen, Versprechen, Versprechen. In Brasilia verbrennt man diesen Indianer, aber die Täter kommen frei, alles endet in Pizza. Das ist hier keine Demokratie. In einer Demokratie wird man nicht zum Wählen gezwungen! Wählt man hier nicht, kriegt man keinen Reisepaß, keine Arbeit im öffentlichen Dienst – das ist doch keine Demokratie, sondern eine Diktatur, sehr elitär dazu. Brasilien ist im Grunde ein feudales Land – und Sao Paulo dessen Lokomotive. Ohne Bildung, ohne Gleichheit kommen wir da nicht raus. Was die brasilianische Musik betrifft, habe ich wirklich nicht viel Hoffnung.“
Nach wie vor nimmt in Brasilien im Grunde nur die Mittel-und Oberschicht am Kulturleben teil, frequentiert Kino, Theater und Konzerte, kauft Literatur. Für die übergroße Mehrheit der Brasilianer ist all dies auch wegen der absurd ungerechten Einkommensverteilung völlig unerschwinglich. Dabei ist das Tropenland von der 24-fachen Größe Deutschlands immerhin die zehnte Wirtschaftsnation des Erdballs – und ein hervorragendes Experimentierlaboratorium für neoliberale Politik.
–Samba wird massakriert–
Nei Lopes, einer der großen Sambakomponisten Brasiliens und zudem Schriftsteller, kritisiert ebenfalls die von den großen Musikkonzernen betriebene kulturelle Gleichschaltung. Lopes nennt “internationale Liedfestivals” der siebziger Jahre die bis dahin größten handstreichartigen Unternehmungen, um Brasiliens Musikkultur zu dominieren. Daraus sei der “Rock Brasil” hervorgegangen, was u.a. derartiges nationale Medienlob gefunden habe:”Brasiliens Musik war langweilig und zurückgeblieben gegenüber dem Rest der Welt. Die Rockmusik hat Brasilien aktualisiert, das Land internationalisiert.” Unter dem Primat der Globalisierung, so Lopes, erreichten diese “Internationalierungsanstrengungen” ihren Höhepunkt. “Die transnationalen Konglomerate attackieren in allen Formen und an allen Fronten, um Brasiliens Musik gleichzuschalten – nach dem Modell jung, reich und schön, das überall im kolonisierten kulturellen Universum bereits herrscht…” Gerade der Samba werde wegen seiner starken symbolisch-ästhetischen Inhalte immer wieder strategisch angegriffen. Samba sei eines der Hauptziele des von den internationalen Musikkonzernen angerichteteten Massakers. An diesem “Massaker” beteiligen sich auch in Deutschland nicht wenige pseudoprogressive Figuren der Musikmedien, die nicht zufällig schon seit Jahren guten brasilianischen Samba beiseiteschieben und stattdessen ganz im Sinne der Auftraggeber die bekannten “Megatrends” entsprechend mitteleuropäischen “Hörgewohnheiten” favorisieren.
–Bankwerbung mit Gil-Hits—
2006 hörte man eine geradezu berühmte Komposition Gilberto Gils namens „Andar com Fè“ andauernd in Radio und Fernsehen. Gil hatte sie der größten brasilianischen Privatbank Bradesco für eine Werbekampagne zugunsten von Haus-und Autokrediten zur Verfügung gestellt. „Andar com Fè“ heißt sinngemäß übersetzt soviel wie „Gehen mit Glauben, mit Gottvertrauen“. Katholiken und Anhänger afrobrasilianischer Kulte sangen den Titel gerne bei ihre Messen. Jetzt war der Sinn ein anderer – Gehe mit Glauben in die Großbank Bradesco und vertraue deren Kreditangeboten. Die Regierung, zu der Gil gehört, sorgte für die welthöchsten Realzinsen, was den Spekulanten, aber auch Banken wie Bradesco Rekordgewinne beschert. 2008 rügt ihn indessen die dem Staatspräsidenten unterstellte Ethikkommission wegen geschäftlicher Beziehungen zur brasilianischen Privatbank Itaú streng. Denn Gil hatte auch dieser für Werbezwecke gegen klingende Münze eine Komposition überlassen, obwohl sein Ministerium auch über Projektsubventionen, Kooperation und Steuererleichterungen für das Itaú-Kulturinstitut entscheidet. Gil wurde ermahnt, künftig privat Geschäftskontakte zu vermeiden, die ministerielle Zuständigkeiten tangierten.
Marco Antonio Villa, Schriftsteller und Geschichtsprofessor an der Bundesuniversität von Sao Carlos, nennt in Brasiliens größter Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ die fehlende Trennung zwischen öffentlichen Angelegenheiten und privaten Interessen ein Charakteristikum der von Korruptionsskandalen geschüttelten Lula-Regierung. Ein gutes Beispiel dafür seien die Aktivitäten von Gilberto Gil, der das Ministerium in sein persönliches Sprungbrett verwandelt habe. Von guter Kulturpolitik sei indessen nichts zu sehen. „Beklagenswerterweise hat das Kulturministerium kein Projekt für eine Kulturpolitik dieses Landes. Es verfolgt indessen ein persönliches Projekt – und das ist erfolgreich, sehr erfolgreich.“ Für 2008 hat Gilberto Gil seinen Rücktritt angekündigt. Als im Jahr zuvor wegen fehlender Staatsmittel eine Übernahme des Jorge-Amado-Nachlasses durch die Harvard-Universität droht, wirft Joao Ubaldo Ribeiro, der nach Paulo Coelho in Europa meistgelesene lebende Autor Brasiliens, dem Kulturminister öffentlich vor, die Amtspflichten zu verletzen. Schon im Titel einer seiner vielgelesenen Wochenkolumnen erinnert ihn Ribeiro an Amados unschätzbare Verdienste, auch bei der Pflege künstlerischen Nachwuchses: “Gil, ohne Jorge wärst du vielleicht nur eine Hypothese.”
Lula – Hintergrundtexte:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/07/30/brasilien-2016-lula-von-westlichen-regierungen-eu-westlichem-mainstreamlula-superstar-jahrelang-bejubelt-wird-vor-gericht-gestelltpetrobras-affaere-die-ur/
Brasilien und Drogen – Hintergrundtexte:http://www.hart-brasilientexte.de/2017/01/18/aus-brasilien-nichts-neues-2017-drogensuechtige-die-in-grosser-zahl-crack-konsumieren-blockieren-in-der-city-von-sao-paulo-immer-wieder-sogar-strassenkreuzungen-vertreibt-die-polizei-diese-crack-h/
Kirche in Brasilien – Hintergrundtexte:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/05/brasilien-%E2%80%93-kirche-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Juden in Brasilien, Lateinamerika – Hintergrundtexte:http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/05/juden-in-brasilien-hintergrundtexte-der-letzten-jahre-mit-dem-arsch-zum-publikum/
Gefängnisse in Brasilien – Hintergrundtexte:http://www.hart-brasilientexte.de/2017/01/02/aus-brasilien-nichts-neues-gefaengnis-rebellion-zu-jahresbeginn-2017-mit-offiziell-60-toten-in-amazonas-millionenstadt-manaus-schauplatz-vieler-aehnlicher-gewaltausbrueche-warum-brasilien-strateg/#more-86916
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« Porno-Websites: Brasilianer weltweit Nummer Eins beim Anklicken – neue Symantec-Studie. „Brasileiros são ‚os que mais acessam sites pornográficos“. Prostituierte und Aids, Vergewaltigung von Männern durch Männer. Pussy Riot. “Des Weiteren dämmt eine Analspülung die Möglichkeit des Austritts von Fäkalien während der Penetration ein und ist damit eine anzuratende Hygiene-Maßnahme.” Wikipedia. „Ehe für alle“. Analsex und Hygiene in Tropenländern mit Massenelend, großer Hitze, sehr niedrigem Bildungs-und Werte-Niveau, hoher Verwahrlosungsrate. – Brasilianische Sekten verfolgen Journalisten – gesteuerte Prozeßlawinen. »
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