Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Japaner in Brasilien, die asiatische Minderheit – Kultur und Werte als Faktor des Erfolgs. Vor hundert Jahren kamen die ersten Japaner ins Land.

„Das Lachen der Starken”

1908 brachte der Dampfer „Kasatu Maru” die ersten 165 japanischen Einwandererfamilien nach Brasilien, viel später folgten Chinesen und Südkoreaner. Bis heute sind Asiaten die dynamischste, erfolgreichste Bevölkerungsgruppe des kosmopolitischen Landes. Ihr wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg ist erstaunlich, Lebensstandard und Bildungsniveau sind überdurchschnittlich hoch.

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/10/das-piano-in-brasilien-und-china-immer-weniger-interesse-im-tropenland-immer-mehr-unter-den-chinesen/

Vergewaltigungskultur in Entwicklungsländern. Neues Gesetz über Indianerverbrechen: http://www.hart-brasilientexte.de/2015/10/09/brasilien-2015-spektakulaeres-politisch-unkorrektes-gesetz-gegen-indianer-verbrechen-von-abgeordnetenhaus-in-brasilia-erlassen-buerger-staatliche-institutionen-und-ngo-muessen-indio-verbrechen-anz/

Was die Japaner anpacken, so lautet ein gängiges Urteil, funktioniert. Die Japaner haben die Ernährungsgewohnheiten Brasiliens grundlegend verändert – kein Eßtisch einer brasilianischen Familie ohne mindestens eine fernöstliche Beifügung. Die Papaya-Frucht und selbst italienischer Wein, schwarzer Pfeffer und Tee kamen erst mit den Japanern ins Land. Lateinamerikas wirtschaftliche Führungsmacht hat rund 185 Millionen Einwohner, doch nicht einmal ein halbes Prozent davon sind Asiaten, zu über 95 Prozent Japaner. Selbst in den offiziellen Bevölkerungsstatistiken unterscheidet man zwischen Schwarzen, Mischlingen, Indios und Weißen, nennt die Asiaten die Amarelos, die Gelben. In den Slums, überhaupt in der Unterschicht, im Heer der Bettler, Obdachlosen  und Straßenkinder wird man sie vergeblich suchen –  in den begehrtesten, bestbezahlten Berufen, in den Chefetagen trifft man sie jedoch geradezu häufig.Besonders frappierend ist: Gerade Brasiliens Japaner haben durchweg kleinbäuerliche Vorfahren aus ärmsten Verhältnissen. Kaizo Beltrao vom staatlichen Forschungsinstitut Ipea in Rio de Janeiro hat ausführlich untersucht, was die „Japoneses” bis heute von den anderen Bevölkerungsgruppen deutlich unterscheidet.”Ich denke, es ist vor allem die Bildung, die Ausbildung, der die Japaner hier besonders hohen Wert beimessen. Durch Lernen, durch Studieren im Leben voranzukommen –  diese Denkweise haben die Einwanderer aus Japan mitgebracht. Sie waren Kleinbauern und haben im brasilianischen Hinterland sofort ordentliche Schulen für ihre Kinder gegründet, haben diese später zum Studieren in die Stadt geschickt. Jede japanische Gemeinde in Brasilien hat sich dafür zusammengetan, Geld gesammelt –  es war eine kollektive Anstrengung, aus Gemeinschaftssinn. Soviel Zusammenhalt, solche Werte gab es im Rest der Bevölkerung nicht.  Die Japaner waren eine homogenere Gruppe als Weiße, Schwarze und Mischlinge.” Ein brasilianischer Durchschnittsschüler verbringt pro Tag etwa fünf Stunden mit Unterricht und Hausaufgaben, der japanische indessen etwa doppelt so viel. Ein beträchtlicher Teil der Heranwachsenden Brasiliens bleibt häufig sitzen, verläßt die Schule vor der achten Klasse. Meist schlichtweg aus mangelnder Lust am Lernen, wie eine neue Studie ergab. Vor allem in den öffentlichen, aber auch in vielen privaten Schulen herrschen enorme Disziplin-und Gewalt-Probleme –  für Schulen mit hohem Asiatenanteil gilt dies nicht. Und wie in der Einwanderergeneration tun die Eltern alles, damit ihre Kinder zu den Klassenbesten gehören. Lernen ist eine Art kultische Handlung, die besten Ergebnisse zu erreichen, eine Frage der Ehre. Nur 26 Prozent aller Brasilianer können ausreichend lesen und schreiben. Kaizo Beltrao hat die Daten der asiatischen Minderheit parat.”In keiner anderen Bevölkerungsgruppe macht ein so hoher Anteil der Heranwachsenden sämtliche Schulabschlüsse, selbst das Gymnasium – und zwar weit früher als im Landesdurchschnitt. Die übrigen Brasilianer sind da deutlich im Rückstand. 37 Prozent aller asiatischen Schüler absolvieren später erfolgreich die Universität.  Das sind viereinhalbmal so viel wie im Durchschnitt der anderen Bevölkerungsgruppen. Ja, auch an den Universitäten hat sich der Vorsprung der Asiaten stetig vergrößert.”  Im Alltag bedeutet dies auch, daß den weit besser gebildeten Japanern der Gesprächsstoff, die Anknüpfungspunkte mit dem weit weniger gebildeten großen Rest der Bevölkerung rasch ausgehen – sie haben da ähnliche Probleme wie die ebenfalls weit überdurchschnittlich gebildete jüdische Gemeinde in Städten wie Rio oder Sao Paulo. 

Fallen die Japaner auf dem Arbeitsmarkt durch aggressives Wettbewerbsverhalten, Konkurrenzdenken, Ellenbogenmentalität auf? Kaizo Beltrao verneint dies: ”Ich sehe nach wie vor eher Gemeinschaftssinn, den Geist der Kooperation in der japanischen Gemeinde. Die Japaner Brasiliens sind materiell besser gestellt als der Durchschnitt, zählen aber nicht zur reichsten Schicht.”

Anders als die Vorfahren, arbeiten heute von den rund 1,3 Millionen Japanern nur noch etwa zehn Prozent in der Landwirtschaft, haben diese jedoch revolutioniert und umgekrempelt. Japanische Landwirte, größtenteils in Kooperativen zusammengeschlossen, produzieren heute in Brasilien das meiste Geflügel, Obst und Gemüse.

Als 1988 das Datum der japanischen Einwanderung groß gefeiert wurde, ließ die Gemeinde in den Zeitungen eine große Fotoanzeige veröffentlichen. Abgebildet war eine japanische Familie 1930 irgendwo auf dem Lande, beim kargen Mittagsmahl, alle lachen. Darunter in großer Schrift: „Das Lachen der Starken. Söhne Japans. Seit achtzig Jahren beweisen sie, daß aus Brasilien etwas werden kann.”

Zu den großen sozialen Problemen Brasiliens zählt die für mitteleuropäische Begriffe schwer vorstellbare Zerrüttung, Verwahrlosung eines beträchtlichen Teils der  Familien, besonders in den rasch wachsenden Slums. Auf Brasiliens Japaner, auch die Juden, trifft das indessen nicht zu – man beobachtet dies auch in der Mittelschicht bei den verschiedensten Gelegenheiten. Typisch für japanischstämmige Eltern ist, daß sie sich ständig, und besonders in der Freizeit, intensiv um ihre Kinder kümmern, didaktisch-spielerisch mit ihnen umgehen, stets darauf bedacht, daß ihr Nachwuchs wichtige Dinge für das Leben lernt. Sport, körperliche Bewegung verschiedenster Art zählen dazu. Und dies in einem Land, in dem sportliche Betätigung unpopulär ist. Etwa in geschlossenen Freizeitanlagen der Mittelschicht die Kinder sich selbst zu überlassen, kommt für Japaner nicht in Frage.

Während die Mehrheit der Brasilianer inzwischen übergewichtig bis fett ist, trifft dies auf die Japanischstämmigen nicht zu – wichtigen Anteil hat daran bereits die zumeist sehr gesunde Ernährung in dieser Bevölkerungsgruppe. 

japonesesmittel.jpg

Japanerinnen in Sao Paulos Asiatenviertel „Liberdade“.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/30/juden-02-prozent-der-weltbevolkerung-20-prozent-der-gewinner-des-nobelpreises-fast-ein-drittel-der-studenten-in-harvard-und-mit-betont-brasiliens-folha-de-sao-paulo/

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 27. März 2008 um 01:35 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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