Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: Viva Padre Marcelo! Drei Millionen feiern mit Lateinamerikas populärstem katholischen Priester auf Sao Paulos Formel-1-Rennstrecke zehn Jahre erfolgreiche Evangelisierung. Motto der Mega-Messe:“Paz sim, Violencia nao“.

„Viele katholische Priester in Brasilien hängen nur träge rum, machen nichts – Padre Marcelo dagegen engagiert sich, holt Unmengen Leute von den Wunderheilersekten zurück, begeistert für echte christliche Werte. Ihn einen Pop-Priester zu nennen, ist dumm und kurzsichtig.“ Kommentare von Gläubigen während der Mega-Missa – siehe Hintergrundtext.

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Viele der beliebtesten brasilianischen Stars sangen mit Padre Marcelo Rossi ihre religiösen Hits – hier Alcione aus Rio de Janeiro.

TV-Video von der Mega-Missa: http://g1.globo.com/Noticias/SaoPaulo/

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Franziskanerbischof Fernando Figueiredo und Padre Marcelo Rossi in der neuen Kirche der Diözese Santo Amaro von Sao Paulo 2012.

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Das Motto auf dem Stirnband: „Ja zum Frieden – keine Gewalt!“

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Ivete Sangalo aus Bahia mit einem religiösen Lied aus ihrer Kindheit

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Das lateinamerikanische Massen-und Kulturphänomen Marcelo Rossi – für kopfgesteuerte Mitteleuropäer schwerlich zu verstehen.

Zehn Jahre spektakuläre Evangelisierung

Ein ausgelassen tanzendes, singendes Menschenmeer dort, wo normalerweise die Weltklasse der Formel-Eins-Piloten ihre Runden dreht: Die famose Rennstrecke von Interlagos in Sao Paulo, doch auch die katholische Welt, erlebt einen historischen Tag. Drei Millionen Menschen feiern ein spektakuläres, enorm erfolgreiches Evangelisierungsprojekt, das vor genau zehn Jahren von Padre Marcelo Rossi, einem Ex-Sportlehrer, klein und bescheiden gestartet worden war. Rossi beobachtet damals beunruhigt, wie Brasiliens Kirche zunehmend rationaler, intellektueller und politischer wird, den so landestypischen, lebendigen Volkskatholizismus beiseite läßt und gerade deshalb immer mehr einfache Gläubige der armen, ungebildeten Bevölkerungsmehrheit an die evangelikalen Sekten verliert. Auch in der Megacity Sao Paulo, Lateinamerikas Wirtschafts-und Kulturmetropole, sind deren Tempel immer voller, die katholischen Kirchen dagegen zunehmend leerer. Marcelo Rossi kehrt den Trend um, beginnt in seiner Diözese des Stadtteils Santo Amaro mit tief spirituellen, stark emotionalen Gottesdiensten, bei denen mitreißende Rhythmen, ob langsam oder schnell, eine wichtige Rolle spielen. Beinahe aus dem Stand haben diese „Missas” einen Riesenerfolg. Den Menschen der Unterschicht gefällt, wie schlicht, doch überzeugend dieser „Padre Marcelo” von Jesus, von Gott spricht, an ihren schwierigen, oft so leidvollen Alltag anknüpft, Hoffnung und Freude ausstrahlt.Anfangs wird Rossi wegen seines unkonventionellen Wirkens von den meisten Bischöfen und Kardinälen teils heftig abgelehnt, vom befreiungstheologischen Flügel sogar attackiert, angefeindet. Heute ist Brasiliens Kirche froh, einen wie Padre Marcelo zu haben “ Kritik verstummte fast völlig. „Hätten wir tausend Priester wie Marcelo Rossi, wäre die Lage in Brasilien und in unserer Kirche anders, besser”, sagt Maria Medeiros mitten im Festtrubel von Interlagos. „Padre Marcelo hat das Kunststück geschafft, Unmengen von Gläubigen, die sich von der Kirche entfernt hatten oder zu Sekten überwechselten, zurückzuholen.” Das ist inzwischen auch durch Studien belegt. Pflügt man durch die Menge der drei Millionen Gläubigen, fallen sowohl die vielen Älteren als auch die erstaunlich große Zahl junger Leute auf. „Neuerdings kommen immer mehr Männer zu Rossis Gottesdiensten, die Frauen-Überzahl nimmt ab”, kommentiert Antonio Dias. Rossi mache eine regelrechte „Revolution”, habe inzwischen fast ebenso begeisternde Mitstreiter, solche wie Padre Robson aus dem zentralbrasilianischen Teilstaat Goias. Vorne auf der Bühne, die dem Kölner Dom nachempfunden ist, geschieht Kurioses: Padre Marcelo singt religiöse Lieder mit den größten nationalen Stars, die noch vor wenigen Jahren zig-bis hundertfach mehr CDs und DVDs verkauften als er. Doch nun schon zwei Jahre hintereinander ist Rossi das größte Phänomen der brasilianischen Musikbranche “ allein 2007 wurden über 3,3 Millionen seiner religiösen CDs und DVDs abgesetzt, stellte er damit nicht nur Popstars aus Lateinamerika weit in den Schatten. Als Rossi gemeinsam mit Ivete Sangalo aus Bahia und Xuxa aus Rio seiner Superhit „Erguei As Maos” schmettert, geraten die drei Millionen von der Rennstrecke schier aus dem Häuschen “ die CD mit dem Lied hatte sich just dreimillionenmal verkauft und dem Padre sogar den begehrten Grammy aus den USA eingebracht. Aller Gewinn fließt in Sozialprojekte der Diözese Santo Amaro und in eine „Nebenwirkung” seines Evangelisierungserfolgs: Eine neue Kirche für hunderttausend Gläubige ist im Bau “ sie wird das größte Gotteshaus Lateinamerikas. Rossi ist angesichts der sozialen Zustände keineswegs nur nach Feiern zumute “ nicht zufällig hat er die Missa unter das Motto „Ja zum Frieden “ keine Gewalt” gestellt. Brasilien ist derzeit über eine Serie von Kindermorden tief erschüttert “ viertausend sind es jährlich, die Opfer gemäß den Studien nicht einmal vier Jahre alt. Rossi, inzwischen vierzig, betet mit betroffenen Müttern “ viele in der Menge weinen. „In dieser Welt voller Gewalt gibt er uns positive Energien”, sagt die 16-jährige Carolina Dantas. „Padre Rossi ist unvergleichlich, unersetzlich, ja “ einfach wunderbar.”

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 22. April 2008 um 02:36 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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