Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Kirche befürchtet Welle von Attentaten auf Menschenrechtsaktivisten Amazoniens. Aus dieser Region immer mehr Fleischexporte auch in EU-Länder wie Deutschland.

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Angesichts zunehmender Straflosigkeit für Mörder von Menschenrechtsaktivisten befürchtet Brasiliens Kirche zahlreiche neue Anschläge auf Geistliche, Gewerkschafter und Mitglieder sozialer Bewegungen Amazoniens. Nach dem jüngsten Freispruch eines Großfarmers, der zuvor als Auftraggeber des Mordes an der Urwaldmissionarin Dorothy Stang von 2005  zu dreißig Jahren Haft verurteilt worden war, stünden die Türen für solche Verbrechen weit offen, erklärte der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler gegenüber der Presse. Kräutler, der in seinem Amazonasbistum Altamira des Teilstaates Pará mit der Missionarin eng zusammengearbeitet hatte, nannte den Gerichtsentscheid empörend und erschreckend. Damit werde die Straflosigkeit weiter gefördert.

Wer bislang lediglich erwogen hatte, jemanden umzubringen, der seinen Interessen im Wege stand, sehe dafür jetzt keinerlei Probleme mehr. Die Freilassung des zuvor mittels eindeutiger Beweise verurteilten Großfarmers habe bei all jenen Entsetzen und Furcht ausgelöst, die für die gleichen Ziele wie Dorothy Stang kämpften. Es müsse vermutet werden, daß der Freispruch durch schmutzige Machenschaften und Druck erreicht worden sei, betonte Bischof Kräutler weiter. Außer dem Großfarmer seien indessen noch zahlreiche andere Auftraggeber des Stang-Mordes auf freiem Fuß. Der ebenso wie Kräutler mit Mord bedrohte Amazonasbischof José Azcona erklärte, im Teilstaate Pará erhöhe sich jetzt das Lebensrisiko auch für die anderen rund 300 verfolgten Bürgerrechtler. Wenn hingenommen werde, daß soviele Menschen ermordet werden sollten, zeuge dies von einer kranken, armseligen Gesellschaft, sagte Azcona weiter. Die Regierung des Teilstaate unternehme keinerlei nötige Schritte. Die bischöfliche Bodenpastoral(CPT) warf der Justiz von Pará vor, drei berüchtigten Berufskillern, die Gewerkschaftsführer erschossen hatten, die Flucht aus der Haft begünstigt zu haben. Großgrundbesitzer, die solche Verbrechen in Auftag gäben, nutzten ihren politischen Einfluß und die finanzielle Macht, um ebenso wie die ausführenden Pistoleiros auf freiem Fuß zu bleiben. Nach 800 Mordfällen dieser Art in den letzten Jahrzehnten sei kein einziger Mandant hinter Gittern. Die Regierung von Pará habe zwar 99 mit Mord bedrohte Menschenrechtsverteidiger konstatiert, jedoch bis heute lediglich neun davon Polizeischutz gewährt. Laut neuesten Presseberichten stammt aus Amazonasstaaten wie Pará ein Drittel des auch in EU-Staaten wie Deutschland exportierten Rindfleischs. Gemäß Angaben des Agrarunternehmerverbandes CNA wurden seit 2004 mittels Urwald-Abholzung in Amazonien die Weideflächen für Rinder stark vergrößert. Wegen des zunehmenden Zuckerrohranbaus zur Ethanolproduktion in den südlichen Landesteilen verlagere sich die Export-Viehzucht immer mehr nach Amazonien. Dies werde staatlich subventioniert, hieß es. Brasiliens größte Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo titelt:“Com estimulo oficial, floresta vira capim. Motor de desmatamento, pecuaria explode na Amazonia e torna Brasil maior exportador mundial de carne, diz novo estudo.“ Rios Qualitätszeitung O Globo zitiert den Ex-Minister und Diplomaten Rubens Ricupero:“Mancomunado com destruidores da floresta. Segundo ex-ministro, governo brasileiro nao tem vontade politica para combater o desmatamento na Amazonia“

Hintergrund:

Brasiliens Bischof Erwin Kräutler über Lulas Umweltpolitik: Profitgier zerstört Amazonien **

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”Wirtschaftsentwicklung bedeutet Kahlschlag, Brandrodungen, Mord

Der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler hat Geldgier und das Streben nach raschem Profit für die nach wie vor ungehinderte Zerstörung der Amazonas-Urwälder verantwortlich gemacht. Die zahlreichen Warnungen der brasilianischen Kirche vor den Folgen dieses Umweltverbrechens hätten unglücklicherweise nicht die erhoffte Wirkung, erklärte Kräutler gegenüber der Presse. Wirtschaftliche Entwicklung Amazoniens sei gleichbedeutend mit Kahlschlag, Brandrodungen und Mord. Großgrundbesitzer hätten schlichtweg befohlen, Riesenflächen abzuholzen, um damit wirtschaftliche Aktivität zu demonstrieren und somit gewaltige ”Entwicklungskredite einheimsen zu können.

Kräutler, der das Amazonas-Bistum Altamira leitet, wies auf jüngste Regierungsangaben, wonach allein im vergangenen November und Dezember rund zweitausend Quadratkilometer Urwald abgeholzt worden seien. Brasilia habe eingeräumt, daß die zerstörte Fläche noch weit größer sein könne. ”Tropenwald in solchen Dimensionen zu vernichten, ist ein Verbrechen. Die Regierung lasse all dies zu, sei aber sehr besorgt darum, ihre ”Initiativen gegen Abholzung und Brandrodungen weltweit bekannt zu machen. Man gebe sich allergrößte Mühe, das ”Image Brasiliens im Ausland zu verteidigen, meinte Bischof Kräutler ironisch. Staatsangestellte, die sich ernsthaft für den Umweltschutz einsetzten, seien indessen von Ermordung bedroht. Kräutler nannte als Beispiel den Leiter der staatlichen Umweltbehörde IBAMA am Bischofssitz in Altamira, Roberto Scarpari. Als dieser kurz in Rio de Janeiro weilte, sollte auf Scarpari ein als Raubmord getarntes Attentat verübt werden, was die Polizei indessen im letzten Moment habe verhindern können. Die Liquidierung von Scarpari in Rio hätte schwerlich den Verdacht auf die Auftraggeber gelenkt, betonte Kräutler. Der IBAMA-Leiter sei bereits längere Zeit im Visier von Holzfirmen Amazoniens, die ihn regelrecht haßten. Scarpari habe für die Überwachung eines Gebietes von der Größe europäischer Länder nur wenige Beamte zur Verfügung. Das brasilianische Umweltministerium sei lediglich eine Schein-Institution, de facto unfähig und uneffizient. Die Zerstörung Amazoniens, so Kräutler, trage stark zum Klimawandel bei.  

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 In Brasilien wird seit den neunziger Jahren ein sogenannten ”Pilotprojekt der G-8-Staaten zum Schutze der tropischen Regenwälder realisiert – Hauptfinanzier ist Deutschland, also der deutsche Steuerzahler. Die Fakten zeigen, wozu dieses ”Pilotprojekt tatsächlich dient. Brasilianische Umweltexperten betonen seit langem, daß das sogenannte Schutzprojekt völlig uneffizient sei und in Wahrheit der Gegenseite nütze. Der ebenfalls vom Steuerzahler finanzierte Propagandarummel um das ”Pilotprojekt ist enorm.

Hintergrund:

Brasilias neue „Maßnahmen” gegen Amazonasvernichtung: Scharfe Kritik von Umweltschützern
Widersprüchliche Informationspolitik über Amazonien ein Fall für Medienexperten
Medien: Lula-Regierung spielt der Öffentlichkeit Theater vor
Das neue Maßnahmenpaket der brasilianischen Regierung gegen die zunehmende Regenwaldvernichtung ist von nationalen Umweltexperten und den Qualitätsmedien scharf kritisiert worden. Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva wurde vorgeworfen, vergangenen September vor der UNO die Unwahrheit über die gravierende Lage in Amazonien gesagt zu haben. Lula, so hieß es in ersten Analysen, habe vor dem Weltforum einen Rückgang der Abholzungsraten gefeiert, obwohl seine Regierung bereits über einen starken Anstieg der Urwaldzerstörung bestens informiert gewesen sei. Auf dem UNO-Klimagipfel vom Dezember in Bali habe die brasilianische Delegation entgegen den Tatsachen sogar weitere Rückgänge angekündigt. Auch die neuesten Gegenmaßnahmen Brasilias würden ebensowenig realisiert wie die in den Vorjahren verkündeten Schritte. Fachleute von Greenpeace sowie renommierten brasilianischen Umweltorganisationen erklärten, das Maßnahmenpaket komme viel zu spät und wiederhole Kontrollvorschriften früherer Schutzpläne, die indessen nie verwirklicht worden seien. So existiere sogar seit langem ein Gesetz, das staatliche Kredite an Farmbesitzer verbiete, die Urwald vernichteten, um Anbauflächen für Soja oder Zuckerrohr bzw. Weideflächen für Rinder zu schaffen. Das Gesetz werde jedoch schon seit 2002 nicht eingehalten. Daß sich die Regierung von den neuen Rekordraten der Abholzung überrascht zeige, sei scheinheilig. Die Qualitätszeitung ”Folha de Sao Paulo: ”Beeindruckend, welches Theater die Regierung spielt, um so zu tun, als sei sie empört über ein Verbrechen, dessen erklärter Mittäter sie selbst ist.Der für Amazonien zuständige Greenpeace-Experte Paulo Adario betonte, Brasilia sei seit dem Mai vergangenen Jahres vor einer rapiden Zunahme der Regenwaldvernichtung gewarnt worden. Die brasilianischen Medien hatten über diese Zunahme ausführlich berichtet, große Vor-Ort-Reportagen veröffentlicht. Die einer Wunderheilersekte angehörende Umweltministerin Marina Silva hatte indessen wiederholt vor der Presse einen solchen Anstieg bestritten. Die Lage sei keineswegs außer Kontrolle geraten. 2007 werde die Abholzungsrate weiter zurückgehen. Entsprechende Positivmeldungen wurden kurioserweise auch in Medien Europas durchgeschaltet. Marina Silva hatte im April 2007 den UNO-Umweltpreis „Champions of the Earth” erhalten “ begründet wurde dies vor allem mit ihren Taten zum Schutze Amazoniens. In Marina Silvas erster Amtsperiode unter Lula waren gemäß WWF-Angaben rund 85000 Quadratkilometer Urwald vernichtet worden “ ein Rekord, denn dies sei mehr als unter jeder Vorgängerregierung.
Wie die Qualitätszeitung ”O Globo in Rio jetzt betonte, hatte die Regierung noch zum Jahresende 2007 offizielle Resultate über einen Abholzungsrückgang veröffentlicht. Erst danach habe Umweltministerin Silva die von den Umweltorganisationen nachgewiesene Zunahme der Vernichtungsraten eingeräumt. Silva hatte stets bekräftigt, 2007 würden etwa 9600 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt – jetzt wird mit rund 15000 Quadratkilometern gerechnet. Seit den achtziger Jahren hatten brasilianische Umweltexperten immer wieder erklärt, daß Regierungsangaben über den Zustand von Umwelt und Natur sehr häufig falsch bzw. geschönt seien.
Das Pilotprojekt der G-8-Staaten zum Schutze der Amazonas-Regenwälder, hauptsächlich von Deutschland finanziert, sei völlig ineffizient. Die Vernichtungs-Fakten zeigten, daß die Gelder gar nicht für wirksame Schutzaufgaben verwendet würden.
Franziskanerbischof Luiz Flavio Cappio, der letztes Jahr einen 24-tägigen Hungerstreik gegen ein umstrittenes Flußumleitungsprojekt geführt hatte, warf der Lula-Regierung völlige Unsensibilität gegenüber der Natur sowie eine umweltfeindliche Politik vor. Brasiliens Natur werde nicht geschützt, sondern mißhandelt. Wie bei der vom Militär begonnenen Umleitung des Rio Sao Francisco sehe man in der Natur lediglich eine Quelle des Profits. Die Schöpfung müsse im Interesse des Volkes, künftiger Generationen erhalten werden. Umweltzerstörung komme Brasilien seit langem sehr teuer zu stehen und bewirke einen spürbaren Klimawandel. Wegen ausbleibender Regenfälle blieben die Staubecken wichtiger Wasserkraftwerke leer, sodaß erneut eine Stromrationierung drohe.

Nichts kapiert?

Der deutsche Umweltjournalist Norbert Suchanek 2007 über Marina Silva:
Nichts getan und doch geehrt
(Wer nichts tut, wird Champion of the Earth)
Brasiliens Umweltministerin Marina Silva wird am 19. April, am signifikanten ”Tag des Indios in Lateinamerika, den Umweltpreis des Umweltprogramms der Vereinten Nationen(UNEP) zusammen mit Ex-Vizepräsident Al Gore und fünf weiteren Preisträgern in Singapur erhalten. Doch womit hat Marina Silva die UNEP-Auszeichnung ”Champio of the Earth verdient? Dafür, daß sie still gehalten hat, als Präsident Luis Inacio Lula da Silva und seine Fortschrittskollegen beschlossen, Brasiliens größten im Lande entspringenden Fluß, den Rio Sao Francisco teilweise umzuleiten? Dafür, daß sie sich nicht rührte, als der Ausbau des Atomenergiesektors inclusive Weiterbau des umstrittenen Kraftwerks Angra 3 im Süden Rio de Janeiros ”klammheimlich beschlossen wurde?

Dafür, dass sie zusammen mit dem Betreiber der Atomkraftwerke Angra 1, Angra 2 und bald auch Angra 3, Eletronuclear, eine Strasse im Regenwaldnationalpark von Bocaina asphaltieren lässt? Dafuer, dass der gefährliche, die Umwelt und Minenarbeiter mit radioaktiven Substanzen belastende Uranbergbau in Bahia ausgeweitet wurde? Dafür, dass sie die Legalisierung des illegalen Gen-Soja-Abaus abnickte?
Dafür, dass es noch immer ”Stand der Technik in Brasilien ist, Abwässer faktisch ungeklärt in den Boden, in Flüsse, Lagunen oder direkt ins Meer zu pumpen? Dafür, dass sie der Abholzung des Cerrados wie des Amazonasregenwaldes durch Rinderzuechter und Strassenbau seit Jahren effektiv tatenlos zusieht, dass sie der rücksichtslosen Ausweitung der Soja- und Zuckerohrplantagen unter anderem für die Produktion von sogenannten Biotreibstoffen nichts entgegenzusetzen hatte? Oder dafür, dass sie aber auch gar nichts gegen die Zerstörung von Tausenden von Hektaren Mangrovenwald für die exportorientierte Garnelenzucht unternommen hat?
Dafür, dass die Regierung Lula nun weitere gigantische Wasserkraftwerke auf Kosten der Ureinwohner und traditionellen Flussbevölkerungen in Amazonien am Rio Madeira und im Xingu-Gebiet (Belo Monte) durchsetzt, die vergangene brasilianische Regierungen aufgrund internationaler Proteste haben in den Schubladen verschwinden lassen?
”Ihre Exzellenz Frau Marina Silva wurde als Preisträgerin 2007 ausgesucht, weil sie sich „unermüdlich” für den Schutz des Amazonasregenwaldes einsetze und geichzeitig die Perspektiven der von den natürlichen Ressourcen abhängigen Menschen berücksichtige, so die UNEP-Pressemitteilung. Ihr Engagement als brasilianische Umweltministerin für den Schutz des artenreichen Amazonasgebietes, seit 2003, sei bemerkenswert. Und der Rückgang der Abholzungsrate Amazoniens um schätzungsweise mehr als 50 Prozent während der vergangenen zwei Jahre sei zweifellos mit ihrer politischen Arbeit verknüpft.
Der in Brasilien geborene deutsche Wirtschaftswissenschaftler, Harvard Business School-Absolvent und neue UNEP-Chef, Achim Steiner, scheint bei der Wahl Marina Silvas als „Champion of the Earth” vom in der Tropensonne des Karnevals von Rio glänzenden, künstlich gereinigten Sandstrand der Copacabana geblendet gewesen zu sein.
Die Abholzungsrate Amazoniens – die übrigens nur einen Teil Brasiliens betrachtet und die Vernichtungsrate wichtiger Waldökosysteme wie den Cerrado oder die Mangrovenwälder und Restinga-Gebiete, die Caatinga, die Galleriewälder und die atlantischen Regenwälder vollkommen außer acht lässt – gleicht seit mindestens 15 Jahren einer Fieberkurve, mehr abhängig vom Wetter, von starken oder schwachen Regenperioden oder Boersenkursen als von heutigen brasilianischen Politikern. Es gilt die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten.
Laut offiziellen Daten beispielsweise führten die ersten vier Jahre der Regierung Lula unter Mithilfe von Marina Silva zu einer Amazonasabholzung von insgesamt 84.000 Quadratkilometern. So viel schafften der Vorgänger, Fernando Henrique Cardoso und sein Umweltministerium nicht. Laut WWF – der finanzstarken, von Banken wie von Konzernen gestützten Naturschutzorganisation, die nicht unbedingt zu den Kritikern Marina Silvas gehört – verlor Amazonien hingegen „nur” 77.000 Quadratkilometer Regenwald während der ersten vier Regierungsjahre Cardosos und „lediglich” weitere 74.700 Quadratkilometer während der zweiten Amtsperiode “ was für den damaligen UNEP-Chef, Klaus Töpfer, keinesfalls ein Grund für einen Preis an Fernando Henrique Cardosos Umweltministerium war.
Das einzige nennenswerte, was Marina Silva in den vergangenen Jahren seit ihrer Amtsübernahme zu Wege brachte, war die Ausweitung der Naturschutz- und Nationalparkgebiete. Doch dies ging in der Regel zu Lasten der traditionellen Wald- und Flussbewohner Amazoniens, den Caboclos und Ribeirinhos, sowie zu Lasten der Kontaktierten wie noch nicht kontaktierten indigenen Völker. Denn per Definition der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind Nationalparks Gebiete ohne Menschen, wo Ureinwohner nicht mehr leben und auch nicht mehr jagen oder Pflanzen sammeln dürfen. Was allerdings durchaus im Sinne des neuen UNEP-Chefs sein könnte, schließlich war er vor seinem Umzug nach Nairobi in der Schweiz zu Hause und Generaldirektor der IUCN, die seit Jahrzehnten so gut wie nichts anderes im „Kopf” hat, als die „Dritte Welt” in zwei Teile zu teilen: In menschenleere, nur für zahlende Naturtouristen und ausgesuchte Naturwissenschaftler geöffnete Nationalparks sowie in Wirtschaftszonen mit Agrarsteppen, Industrieparks und Slums für den ärmeren oder ungebildeteren „Rest” der Welt.

Wieder ein brasilianischer Umweltaktivist ermordet. Wieder totales Desinteresse in Europa? **

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Kurz vor dem Eintreffen des deutschen Umweltministers Sigmar Gabriel in Lateinamerikas größter Demokratie Brasilien ist im Amazonasteilstaat Parà erneut ein Umweltaktivist liquidiert worden. Der Kleinbauer Emival Barbosa Machado, 50, hatte mehrfach öffentlich kriminelle Aktivitäten von Holzfirmen, darunter den massenhaften Abtransport illegal gefällten Edelholzes,  und die provozierende Untätigkeit der staatlichen Umweltbehörde IBAMA angeprangert.

Gemäß seinen Angaben wurden sogar Bewohner einer im Rahmen der Agrarreform gegründeten Siedlung gezwungen, diesen Holzfirmen Edelholzstämme zuzuliefern. Ein Landarbeiter der Siedlung, der dagegen protestierte, sei von den Holzunternehmern ermordet worden. Selbst in TV-Interviews hatte Machado erklärt, daß man ihn wegen der Kritik an diesen Zuständen umbringen wolle. Als er jetzt in der Stadt  Tucurui sein Haus verließ, trafen ihn drei tödliche Schüsse. Politisch verantwortlich für die IBAMA und die herrschenden Zustände ist Brasiliens Umweltministerin Marina Silva, mit der Gabriel zusammentreffen  wird, sowie die Gouverneurin von Parà, die zur Arbeiterpartei von Staatschef Lula gehört. Gabriel will auch den Teilstaat Parà besuchen, in dem theoretisch ebenso wie in ganz Amazonien das größtenteils vom deutschen Steuerzahler finanzierte Pilotprojekt der G-8-Staaten  zum Schutze der Regenwälder  seit den neunziger Jahren effizient realisiert wird. De facto hat seit dem Start des Pilotprojekts die Vernichtung der Amazonaswälder Rekordraten erreicht.  Die von dem in Parà wirkenden Bischof Erwin Kräutler aus Österreich immer wieder angeprangerten Menschenrechtsverletzungen, darunter Großgrundbesitzer-Terror und Sklavenarbeit, sind bislang in Europa kaum beachtet worden. 2005 war in Kräutlers Bistum die nordamerikanische Umweltaktivistin und Missionarin Dorothy Stang von Pistoleiros im Auftrage von Farmern, illegalen Holzfirmen und regionalen Politikern erschossen worden. Die Marina Silva unterstehende IBAMA geriet jetzt zudem erneut in die Schlagzeilen, weil sie in Pará auch nicht gegen massive Abholzungen und Brandrodungen in Indianerreservaten vorging. Die Umweltverbrechen waren bereits Ende letzten Jahres durch Satellitenaufnahmen entdeckt worden. Brasiliens Medien berichten regelmäßig über Naturzerstörung durch Indianerstämme.

TV-Nachrichtenvideo über den Mord an Machado: http://g1.globo.com/Noticias/Brasil/0,,MUL427218-5598,00-AGRICULTOR+E+ASSASSINADO+APOS+DENUNCIAR+DESMATAMENTO+NO+PA.html

Dieser Beitrag wurde am Montag, 12. Mai 2008 um 16:43 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Naturschutz, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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