Im demokratisch regierten Rio de Janeiro sind im Ghetto „Complexo do Alemao“ laut Qualitätszeitung „O Globo“ mindestens vier Männer gleichzeitig auf einem Scheiterhaufen aus Autoreifen, der sogenannten „microondas“(Mikrowelle), lebendig verbrannt worden. Die Zeitung publizierte ein Foto, das die noch rauchenden Reste der Körper und der Reifen zeigte.
Bemerkenswert ist, wieviel Lob daher ein Gewalt-Gesellschaftsmodell diesen Zuschnitts von hochrangigen mitteleuropäischen Politikern, darunter aus Deutschland, seit Jahren erhält.
Die deutsch-brasilianischen Beziehungen sind politisch, wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich breit verankert. Sie basieren auf gemeinsamen Werten und übereinstimmenden Auffassungen zur globalen Ordnung. Brasilien ist das einzige Land in Lateinamerika, mit dem Deutschland durch eine „strategische Partnerschaft“ verbunden ist. (Auswärtiges Amt, Berlin)
Wem nützt die Banditendiktatur?
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/15/wem-nutzen-banditendiktatur-und-immer-mehr-no-go-areas/
Polizeieinheiten waren bei einem Einsatz auf die Hinrichtungsstelle gestoßen, die mitten zwischen tausenden Slumkaten liegt, von denen aus man das Geschehen beobachten konnte. Der Scheiterhaufengeruch verbreitet sich gewöhnlich über den gesamten Slum. Bei den Verbrannten soll es sich um Banditen handeln, die Opfer interner Rivalenkämpfe des organisierten Verbrechens wurden. Bei dem Polizeieinsatz wurde ein 32-jähriger Beamter von schwerbewaffneten Banditenkommandos durch eine Mpi-Salve in den Rücken ermordet, ein weiterer Polizist erlitt einen Kopfschuß und schwebt in Lebensgefahr. Vier andere Beamte wurden durch Schüsse leicht verwundet. Auf die Polizisten waren den Presseberichten zufolge über zwanzig Granaten abgefeuert bzw. geworfen worden. Scheiterhaufen sind in Lateinamerikas größter Demokratie, darunter in Rio de Janeiro seit vielen Jahren üblich, auch unter Lula – im Berlinale-Sieger „Tropa de Elite“ war erstmals eine Microondas-Verbrennungsszene gezeigt worden. Auch der Landlosenführer Gilmar Maura spricht angesichts solcher landesweiten Zustände von „Barbarie social“. In Deutschland wird Brasilien häufig offenbar deswegen als „stabile moderne Demokratie“ definiert. Der brasilianische Musiker und Poet Marcelo Yuka aus Rio de Janeiro hatte in seinem Song „Gente de lá“ die Scheiterhaufen und das Normendiktat der Gangstersyndikate thematisiert, die nicht selten selbst Bürgerrechtler lebendig verbrennen. Im Refrain heißt es immer wieder „Mas há um cheiro de pneu queimado no ar“ (Aber es ist doch Geruch brennender Autoreifen in der Luft…) Marcelo Yuka arbeitet auch mit Mano Chao, Marisa Monte und Führern der Landlosenbewegung MST zusammen. In Ländern wie Deutschland manifestiert sich nur höchst selten Mitgefühl für die Menschen in brasilianischen Slums, die derartige gravierende Menschenrechtsverletzungen erleiden.
Französischer Regisseur Antoine Robin: Rio de Janeiro ist in zwei Welten geteilt.
Robin, der Polizeiaktionen filmte, sagte gegenüber der Presse: „Eine der beiden Welten kann durch Strände und Sonne repräsentiert werden. Die andere ist in den Slums. Dort ist das Leben nichts wert.“ Robin sagte, die Einsätze der Sondereinheit „BOPE“ – zu sehen im Berlinale-Sieger „Tropa de Elite – nicht bewerten zu wollen. „Aus meiner Sicht wird die in meinem Dokumentarfilm gezeigte Gewalt durch die Banditenkommandos der Slums bewirkt, nicht durch die Polizisten. Die Männer des BOPE sind Professionelle des Krieges. Deren Arbeit ist sehr schwierig, aber jemand muß sie tun.“
Video über Polizeieinsatz zeigt kurz Scheiterhaufen-Reste: http://g1.globo.com/Noticias/Rio/0,,MUL764442-5606,00-POLICIAL+BALEADO+NA+CABECA+ESTA+EM+CTI.html
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/17/lynchland-brasilien-meiste-opfer-lebendig-verbrannt/
CD thematisiert Scheiterhaufen: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/ewelten/1651902/
Gewaltkultur in Großbritannien: http://www.freitag.de/2008/39/08390301.php
« Brasilien: Arbeitereinkommen unter Lula weiterhin niedriger als 1997, unter Amtsvorgänger Cardoso, besagt neue Studie. – „Leben Brasiliens Frauen gut?“, wird Formel-Eins-Weltmeister Emerson Fittipaldi gefragt. „Ja – alle haben eine Hausangestellte.“ »
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