Brasiliens Medien kommentieren ironisch den jüngsten Beschluß der Lula-Regierung, auf die Welle von schlechten Nachrichten aus dem Sozial-, Wirtschafts-, Umwelt- und Menschenrechtsbereich mit einer weiteren Propagandakampagne zu antworten.
Während einer Kabinettssitzung wurden gemäß Presseberichten alle Minister auf einheitliche Sprachregelungen verpflichtet. O Globo schrieb über die Kabinettssitzung: „A principal decisao: fazer uma campanha publicitaria.“ Wie üblich werden solche Propagandakampagnen auch in europäische Medien durchgeschaltet. Angesichts der jüngsten negativen Zahlen über Regenwaldvernichtung wurde wegen der UNO-Klimakonferenz von Poznan bereits eine weitere Absichtserklärung verkündet, die dem Muster der unzähligen Vorgänger-Erklärungen der letzten Jahrzehnte folgt und wiederum einen deutlichen Rodungsstopp verspricht.
Anders als u.a. in deutschsprachigen Ländern wird in Brasilien vom Steuerzahler finanzierte Regierungspropaganda massiv im öffentlichen Raum, selbst entlang der Straßen oder in den Verkehrsmitteln, installiert. Regelmäßig wird der Regierung dann von Medien vorgeworfen, angesichts von Misere und Hunger ausgerechnet für Propaganda enorme Summen zu verschleudern.
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Im Wahlkampf der größten Demokratie Lateinamerikas wird mit allen schmutzigen Tricks gearbeitet, gibt es reichlich Stimmenkauf – und achtete Neopopulist Lula auf wohlgestalteten Personenkult.
Als er vor den Vereinten Nationen in New York spricht, fallen die üblichen Phrasen, lassen viele der Anwesenden die Ohrhörer auf dem Tisch liegen, wollen die Übersetzung aus dem Portugiesischen gar nicht mitverfolgen. Lula bekommt den üblichen schwachen, diskreten „diplomatischen” Beifall. Zwei Tage später verwendet Lula seine UNO-Ansprache in der abendlichen, auf allen TV-Sendern durchgeschalteten Wahlpropaganda. Aufmerksame Zuschauer kommen ins Stutzen. Denn statt schwachen, diskreten „diplomatischen” Beifalls erntet Lula auf einmal tosenden Applaus, erheben sich die Anwesenden, darunter Staatschefs, Außenminister und Diplomaten, sogar von den Plätzen, jubeln ihm stehend zu. Was war da passiert? Journalisten von Brasiliens Qualitätszeitungen gehen natürlich der Sache nach: An jenem Septembertag nimmt UNO-Generalsekretär Kofi Annan seinen Abschied. Lula redet als erster, Kofi Annan als letzter und erhält von den Anwesenden stehend langanhaltenden Applaus. Lulas Leute fälschen, manipulieren daraufhin den Wahlspot vom 21. September, hängen die Stelle mit dem Applaus für Kofi Annan hinter Lulas UNO-Rede. Lulas Wahlkampfmanager wußten natürlich, daß die Sache rauskommt. Na und? Vorhersehbar beschrieben zwei, drei Qualitätszeitungen den alten PR-Trick, zitierten Oppositionspolitiker, die von „großem Betrug”, Verletzung der Wahlgesetze sprachen. Senator Sergio Guerra von der Sozialdemokratischen Partei/PSDB:”Sicherlich ist das hier eine der lächerlichsten Lügen. Lula will sich mit allen Mitteln als großer Staatsmann herausstellen.” Rio de Janeiros Präfekt Cesar Maia:”Der Fall ist gravierend, weil er in einem Moment geschieht, in dem Betrügereien zur Regel werden, nicht mehr die Ausnahme sind.”
Man muß sich nur einmal vorstellen, derartiges wäre im Wahlkampf Deutschlands passiert, Angela Merkel beispielsweise hätte Kofi-Annan-Beifall für eigenen ausgegeben. Ganz Deutschland hätte schallend gelacht, Angela Merkel hätte sich der Lächerlichkeit preisgegeben. Natürlich macht derartiges kein deutscher Politiker. Doch wir sind in Brasilien “ auf zwei dürre Artikel und einen Kommentar der Qualitätspresse keinerlei Reaktion der Öffentlichkeit. Aus den im Internet verfügbaren TV-Wahlspots von Lula wurde die Stelle mit dem Kofi-Annan-Beifall nachträglich rausgeschnitten, Problem gelöst. Wählermanipulation wird in Brasilien auch dadurch erleichtert, daß aufgrund des absichtlich niedrig gehaltenen Bildungsniveaus drei Viertel der Erwachsenen nicht in der Lage sind, einen simplen Zeitungs-oder-Buchtext zu lesen und zu verstehen. Gemäß Umfragen hat das Gros der Pflichtwähler gar nicht begriffen, um was es bei den zahlreichen Korruptionsskandalen um Lula und dessen Regierung eigentlich ging.
« Geächtete Streubomben: Lula-Regierung tritt Osloer Abkommen nicht bei. – „Stolz, ein Brasilianer zu sein“ – große Wandaufschrift einer brasilianischen Supermarktkette in Fortaleza.(Und wenn nun deutsche, österreichische, schweizerische Supermärkte dieser Anregung folgen?) »
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