Das Menschenrechts-Staatssekretariat der brasilianische Regierung hat den diesjährigen Menschenrechtspreis dem französischen Dominikaner-Anwalt Xavier Plassat zugesprochen, der in Brasilien die bischöflichen Aktionen gegen fortdauernde Sklavenarbeit leitet. Plassat sagte, bei dem Menschenrechts-Staatssekretariat handele es sich um ein vergleichsweise progressives Gremium innerhalb der Regierung,  deren gesamte Politik dazu im Widerspruch stehe. Der Preis, so Plassat,  erfülle ihn und sein sechsköpfiges Team zwar mit großer Freude, ändere indessen nichts an seiner scharfen Kritik an der Lula-Regierung.
Vor allem bei der Produktion von Agrotreibstoff aus Zuckerrohr sei Sklavenarbeit nach wie vor häufig, ohne daß das Wirtschafts-und Landwirtschaftsministerium entsprechend eingriffen. Die Lula-Regierung fördere das exportorientierte Agrobusiness, ohne auf Menschenrechtskriterien zu achten. Der Stopp der Agrarreform durch Brasilia bedeute, daß ungezählte Landbewohner keinerlei Aussicht auf humanere Arbeitsbedingungen hätten. Plassat forderte erneut die Konfiszierung von Großfarmen, die Sklavenarbeiter ausbeuteten. Ein entsprechendes Gesetz liege dem Nationalkongreß seit Jahren vor, werde jedoch nicht verabschiedet. Es sei eine alte Forderung der brasilianischen Bischofskonferenz, derartiges Farmland an die Landlosenbewegung zu verteilen. Das offizielle Versprechen der Regierung, die Sklavenarbeit bis 2006 auszutilgen, sei gebrochen worden.
Plassat äußerte sich auch zu den Arbeitsbedingungen seiner Arbeitsgruppe. Da zunehmend weniger Spenden eingingen, sei die materielle Situation aller „katastrophal“.Â
Laut Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation(IAO) in Genf werden in Lateinamerikas größter Demokratie bis zu 45000 Menschen ähnlich wie Sklaven gehalten.
Hintergrund:
Tags: Amazonas, Brasilien, deutsche Investoren, Ethanol, Sklavenarbeit, Umweltschutz, Zuckerrohr
Laut Angaben des ”Handelsblatts steigen derzeit immer mehr deutsche Unternehmen in die hoch lukrative Ethanolerzeugung des Tropenlandes ein. So werde der börsennotierte Hamburger Konzern ”Conergy AG gemeinsam mit einem alteingesessenen brasilianischen Zucker-und Alkoholkonzern zwei Ethanolfabriken für rund 200 Millionen Dollar errichten.
Die Hälfte der Investitionssumme stamme von der Conergy AG. Von 2009 an solle die brasilianische Tochter nach Wunsch der Conergy-Führung entscheidend zum Konzernumsatz beitragen, hieß es weiter. Gemäß anderen Wirtschaftsblättern haben derzeit auch die deutschen Zucker-und Ethanol-Konzerne Südzucker und Nordzucker Investitionsinteressen in Brasilien. Bereits von 2006 bis 2007 hatten ausländische Investoren, darunter deutsche, ihren Anteil an der Zucker-und Ethanolproduktion Brasiliens von 5,7 auf über 12 Prozent erhöht. Inzwischen dürfte der Prozentsatz weit höher liegen, da u.a. der britische Mineralölkonzern BP 2008 die Hälfte eines Joint Venture zwischen den brasilianischen Konzernen Santelisa Vale und Grupo Maeda gekauft hatte und durch diese Beteiligung im brasilianischen Teilstaat Goias Ethanol herstellen wird. Die Investitionen wurden mit über einer halben Milliarde Euro angegeben. Französische Konzerne kauften bereits reihenweise brasilianische Ethanolfabrikena auf; europäische Großbanken, auch aus der Schweiz und Frankreich, sind ebenfalls längst in der brasilianischen Ethanolbranche tätig. Multinationale Unternehmen aus den USA, darunter Bunge, kaufen seit Jahren immer mehr brasilianische Ethanolfabriken sowie zugehörige Zuckerrohrplantagen auf. Bill Gates und Google sind ebenfalls dabei, ins Ethanolgeschäft des Tropenlandes einzusteigen. Gemäß brasilianischen Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlern erhöhen sich wegen der ausländischen Investitionen derzeit die brasilianischen Bodenpreise geradezu explosionsartig. Laut ”Handelsblatt entfallen derzeit rund die Hälfte der Ethanolexporte Brasiliens auf die USA und 28 Prozent auf Europa. Der Zeitung zufolge wiederholt der brasilianische Ethanol-Branchenverband kurioserweise ungerührt Argumente, die seit Jahren laut Experten-und Presseberichten als komplett widerlegt gelten: ”Es wird in Brasilien kein Zuckerrohr im Amazonas angebaut.
2007 wurden über tausend Sklavenarbeiter auf einer Ethanol-und Zuckerrohrfarm befreit, die just in Amazonien lag. Weiter hieß es vom Ethanol-Branchenverband, der Zuckerrohranbau nehme in Brasilien so geringe Flächen ein, daß überhaupt keine Rinderzucht verdrängt werde. Das erscheint angesichts der gegenteiligen Faktenlage wie ein schlechter Witz. Ein Hinweis darauf, mit welchen Methoden in der weltweiten Diskussion um Ethanol und die Nahrungsmittelkrise gearbeitet wird.
Am 13. Mai kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Brasilien, um ein bilaterales Energieabkommen zu unterzeichnen.
 Der deutsche Umweltjournalist Norbert Suchanek zu den Konsequenzen und Hintergründen des Einstiegs von Wirtschaftsunternehmen der Ersten Welt in Brasiliens Ethanolbranche:
”Gabriel (und der sehr geschaetzte Jean Ziegler) haben sich leider von der brasilianischen Ethanol-Biodiesel-Lobby einwickeln lassen. Was aber auch schon im Vorfeld des Gabriel-Besuchs 100 Prozent klar war – Â sind es doch gerade auch deutsche Experten (GTZ), die Bioenergie in Brasilien mit eingefuehrt haben und sich weiter dafuer in Brasilien (unter dem Vorzeichen der Kleinbauernfoerderung) einsetzen.Ausserdem geht es effektiv um mehrere Milliarden US-Dollar, die von grossen Finanzfonds und Spekulanten wie George Soros in die brasilianische Bioenergieproduktion seit 2005 gepumpt wurden. Falls Deutschland, bzw. Europa auf brasilianisches Ethanol (und in der 2. Phase auf brasilianischen Biodiesel aus Soja und Palmoel) verzichtet haette, waeren diese Millliarden Dollar in den SAND gesetzt¦
Schlagzeilen der brasilianischen Qualitätszeitungen seit April 2007(!) zur Ethanolproblematik:
”Cana invade os pastos e expulsa os rebanhos
”Etanol na Floresta. Dados oficiais mostram que cana avanca na Amazonia apesar de governo federal negar
”Plantio de Cana avanca no Norte do pais
”Cana toma espaco de alimentos
”Governo libera cana na Amazonia em areas desmatadas
”Cana na Floresta cria mal-estar entre ministros
”Etanol – negocio para ricos e famosos
HIntergrund:
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Bei der Ethanol-Produktion aus Zuckerrohr werden in Brasilien nach Angaben des Umweltexperten der Bischofskonferenz, Roberto Malvezzi, keinerlei Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Jüngste Äußerungen des deutschen Umweltministers Sigmar Gabriel und seiner Amtskollegin Marina Silva in Brasilia, wonach derartige Kriterien eingehalten würden, seien daher falsch.
Bei Zuckerrrohr handele es sich um eine sehr umweltschädliche Monokultur. Immer mehr Regenwälder würden für zusätzliche Plantagen abgeholzt, auf denen man ungezählte Sklavenarbeiter grauenhaft ausbeute. Die brasilianische Regierung übe derzeit Druck auf die Europäische Union und auch auf die deutsche Regierung aus, Sklavenarbeit nicht in den Kriterienkatalog für Ethanolimporte aufzunehmen. Daß der von Brasilia geförderte Ethanol-Boom der Nahrungsmittelproduktion schade, sei längst nachgewiesen. Laut Malvezzi, der gerade von einer Misereor-Vortragsreise aus Deutschland zurückgekehrt war, wurde in den letzten Jahren die Anbaufläche des wichtigen Grundnahrungsmittels Reis um die Hälfte reduziert, damit mehr Zuckerrohr gepflanzt werden konnte. Bei schwarzen Bohnen, einem weiteren Grundnahrungsmittel der Brasilianer, seien die Relationen ähnlich. In Sao Paulo, Brasiliens größter Stadt, waren innerhalb der letzten zwölf Monate allein die Bohnenpreise um 168 Prozent erhöht worden, hatte man andere Lebensmittel, wie Fleisch, Milch oder Mehl ebenfalls stark verteuert. Der Zuckerrohr-Anbau für die Ethanolerzeugung zerstöre nicht nur Amazonien, sondern auch die wertvollen Savannenregionen und das Pantanal, tierreichstes Feuchtgebiet der Erde.  Im wasserarmen Nordosten, so Malvezzi, würden für die Herstellung von einem Liter Ethanol-Kraftstoff aus Zuckerrohr insgesamt 3600 Liter Wasser benötigt. Dies sei völlig inakzeptabel. Entgegen den Regierungsangaben werde Ethanol auch in Amazonien hergestellt. Wenn die brasilianische Umweltministerin Marina Silva erkläre, daß die Ethanolerzeugung nicht zu Lasten des Regenwaldes und der Nahrungsmittelproduktion gehe, sei just das Gegenteil richtig. Um die Anbauflächen zu erweitern, vertreibe das exportorientierte Agrobusiness Indiostämme und Kleinbauern sogar durch Terror und Mord. Den Verbrauchern in Ländern wie Deutschland sei dies gewöhnlich überhaupt nicht bekannt.
Umweltminister Gabriel hält sich derzeit im Amazonas-Teilstaate Pará auf, in dem 2005 die katholische Umweltaktivistin und Missionarin Dorothy Stang im Auftrage von Farmern und illegalen Holzunternehmern liquidiert worden war. Wenige Tage vor dem Eintreffen Gabriels in Pará war dort der Umweltaktivist Emival Barbosa Machado erschossen worden, der wiederholt illegale Rodungen und Holztransporte angeprangert und deshalb Morddrohungen erhalten hatte.
Ministerin Marina Silva, die einer Wunderheilersekte angehört und Verfechterin des fundamentalistischen Kreationismus ist, hatte gemäß offiziellen Angaben gegenüber Gabriel erklärt:Wir wenden bereits ökologisch und sozial korrekte Kriterien der Ethanolproduktion an. Es sei möglich, die Ethanolproduktion zu verdoppeln, ohne einen Baum zu fällen. Gemäß weiteren amtlichen Angaben wird Gabriel der zehntgrößten Wirtschaftsnation 30 Millionen Euros schenken, die für Schutzgebietsprogramme gedacht seien. Laut Gabriel werde damit das internationale Vertrauen in Brasiliens Waldschutz bekräftigt.
Der französische Menschenrechtsanwalt Xavier Plassat, der in Brasilien die Anti-Sklaverei-Aktionen der Bischofskonferenz leitet, hatte Staatschef Lula vorgeworfen, in Europa Desinformation über die Agrotreibstoff-Erzeugung in Amazonien zu betreiben. Die Zuckerrohr-Anbaugebiete, so Lula bei Europareisen wörtlich, seien von Amazonien sehr weit entfernt – denn dieser Landesteil eigne sich nicht für solche Kulturen. Dies, so Plassat, sei indessen die Unwahrheit. Besonders bedenklich sei, daß er all dies in Europa just an jenem Tage erklärte, als auf einer Zuckerrohrplantage mitten in Amazonien über eintausend Sklavenarbeiter befreit worden seien.
http://www.focus.de/politik/ausland/brasilien-auf-der-seite-der-maechtigen_aid_159132.html
« Lula-Regierung kauft Atom-U-Boote von Frankreich, meldet Landespresse. Atomabkommen mit Frankreich bei Sarkozy-Besuch kurz vor Weihnachten. „Submarino nuclear é prioridade da Defesa“. – Für Bossa-Nova-Fans: „Os Cariocas“, die neueste CD nebst Buch von Ruy Castro, aus der Folha-de-Sao-Paulo-Serie „50 Anos de Bossa Nova“. Exzellent! »
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