Das ganz offene Klauen von Sachspenden des In-und Auslands in der Katastrophenregion von Blumenau im südlichen Teilstaat Santa Catarina, bei dem sich viele der Täter sogar problemlos filmen ließen, hat sehr viele Brasilianer empört und perplex gemacht. Das brasilianische Fernsehen zeigte, wie freiwillige Helfer, Soldaten und nicht betroffene Mittelschichtler unter den Augen der Verantwortlichen in Depots der besonders von Erdrutschen heimgesuchten Stadt Blumenau systematisch hochwertige Kleidung, Schuhe und andere Gegenstände sowie Lebensmittelspenden aussuchten. Alles wurde dann in große Rucksäcke, Supermarktkarren sowie in den Kofferraum von Autos verstaut und ungehindert abtransportiert.
Spendenräuber ließen sich sogar beim Anprobieren von Sportschuhen und Textilien filmen. Mittelschichtsfrauen erläuterten skrupellos, mit welchen Hilfsgütern sie die eigenen Kinder beschenken wollten. Ein Soldat sagte: „Was mache ich mit diesen BHs hier? Einen kriegt meine Mutter, den anderen meine Freundin.“
„Was ist das für ein Land, in dem man Obdachlose bestiehlt“, titelt die Qualitätszeitung „O Globo“ und führt eine Leser-und Expertendiskussion über ethische Grenzen, Werte und Landesmentalität. Ethik-Uni-Professor Roberto Romano:“Seit 1500 ist brasilianische Tradition, aus allem Vorteil zu ziehen. “ Schlechte Beispiele, vorgegeben von Politikern, Richtern und Unternehmern, ließen das Gefühl entstehen, daß alles erlaubt sei. PUC-Psychologieprofessorin Ana Bock aus Sao Paulo fragt:“Wann brechen wir diesen Zyklus? Es besteht das Risiko, daß solches Verhalten zur Epidemie wird.“ Was soll man von einem Land des am meisten Gerissenen, des am meisten Gaunerhaften erwarten, wo man sich am besten steht, indem man auf andere tritt, hieß es weiter.
Zilda Arns, Präsidentin der bischöflichen Kinderpastoral, nannte sich beschämt angesichts der skandalösen Spendendiebstähle. Spenden kommen auch aus Ländern wie Deutschland. Befürchtet wird, daß der Spendenklau bei jenen schlecht ankommen wird, die regelmäßig nationale und internationale Hilfsaktionen unterstützen. Daß große Teile von Spendengeldern aus Europa für manche sogenannten NGO-Sozialprojekte in Brasilien immer wieder in privaten Taschen landen, für privaten Autokauf, für private Wohnungsrenovierungen etc. zweckentfremdet werden, ein beträchtlicher Teil der brasilianischen NGO unehrlich agiert, ist ein alter Hut, längst bekannt, wird zudem immer wieder in brasilianischen Medien ausführlich beschrieben. Immer wieder wurde zudem nachgewiesen, wie NGO-Sozialprojekte in Slums mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiten – der Berlinale-Sieger „Tropa de Elite“ zeigt dies erstmals exemplarisch.
Laut Zeitzeugen ist der Raub von Sachspenden aus Europa in Brasilien seit Jahrzehnten üblich. So ist aus Nordostteilstaaten wie Ceará bekannt, daß bei der Ankunft von Kleiderspenden aus europäischen Ländern wie Deutschland erst einmal Betuchte sich die besten Stücke aussuchen. „Erst sind immer die Dondocas aus der gehobenen Mittelschicht über die Spenden drübergegangen, für uns blieben dann nur noch die schlechten, teils zerrissenen Sachen“, schildert eine heute vierzigjährige ehemalige Slumbewohnerin des Nordostens Szenen aus ihrer Kindheit.
Aus einem Hintergrundtext über Rio-NGO:“Als aus einem Projektgebäude ein Videogerät gestohlen wurde, drohten die sich einmischenden Gangster damit, so lange Menschen zu erschießen, bis der Apparat wieder auftaucht. Dies war erst nach dem achten Toten der Fall.“
Brasilianer im In-und Ausland diskutieren häufig über teils bizarre Fälle von Fehlverhalten, Ethik und Moral: So hatte eine Südbrasilianerin ihren Freundinnen als Ziel der eigenen Lebensplanung erklärt, in eine Großstadt zu ziehen, sich als Hausangestellte in einer möglichst gutbetuchten Familie zu verdingen, sich dort von einem der Männer schwängern zu lassen, auf dem Klagewege eine möglichst hohe Alimentenzahlung zu erreichen und künftig davon gut zu leben. Die Südbrasilianerin setzte den Plan zügig um, ließ sich vom Sohn der betreffenden Familie schwängern, brauchte allerdings für den Erfolg der Klage etwa fünf Jahre. Denn während mehrerer Verfahren  gelang es der Familie, per Bestechung immer wieder den Vaterschaftstest fälschen zu lassen. Die Südbrasilianerin, ihrer Sache sicher, betrieb die Klage indessen ausdauernd bis zum Erfolg. „Jetzt habe ich für immer ausgesorgt.“ Brasilianer und Brasilianerinnen erklärten dazu, Kinder dürften nicht nur Mittel zum Zweck sein und wiesen auf den hohen Prozentsatz brasilianischer Kinder, die nicht geplant, keine Wunschkinder seien, sowie auf die hohe Rate von Kindesmißhandlungen durch Eltern.
Eine in einer deutschen Großstadt lebende Dunkelhäutige sagte im Interview, nicht wenige deutsche Männer „levavam tanto na cabeca“ von Brasilianerinnen, daß sie inzwischen deutliche Distanz wahrten. Die hohe Zahl brasilianischer Prostituierten in Deutschland schade zudem dem Ruf der brasilianischen Frauen. Eine in Deutschland tätige Prostituierte wies diese Auffassung scharf zurück. Brasilianische Sexarbeiterinnen stärkten vielmehr das positive Image von den sinnlichen, sexy Frauen Brasiliens.
http://www.estadao.com.br/cidades/not_cid294289,0.htm
Schönheitsdiktatur: http://www.bpb.de/themen/AG8OHL,0,Brasiliens_Widerspr%FCche.html
« Morsal O., Hamburg. Gewalt-und Machismus-Förderung in Deutschland. Ehrenmorde in Brasilien. Feminicidio, Infantizid. Frauenrechte in Demokratien. – Sarkozy schließt mit Lula Militärabkommen. Kauf von U-Booten, AKW-Kooperation, meldet „O Globo“. „Submarinos na bagagem de Nicolas Sarkozy.“ »
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