Die Entfernung des jüdischen OSESP-Dirigenten John Neschling durch die Teilstaatsregierung von Sao Paulo  hat unter den Musikliebhabern und Klassik-Experten Brasiliens erwartungsgemäß Empörung ausgelöst. In ersten Stellungnahmen werden Neschlings Leistungen, dessen Kompetenz und Sensibilität gewürdigt – angesichts im Lande dominierender kultureller Mittelmäßigkeit und Niveaulosigkeit. Im Internet wurde ein Manifest veröffentlicht, das die Rücknahme der Entlassung Neschlings fordert – in wenigen Stunden hatten weit über tausend Personen unterzeichnet.
http://www.wdk-koeln.de/kuenstler.php?Kuenstler_ID=129
 Brasiliens international angesehenster Pianist Nelson Freire sagte über Neschling:“Er verwandelte OSESP in ein Orchester der Ersten Welt. Ich hoffe, daß man diese Sache überdenkt und Neschling wiederkommt.“ Antonio Meneses, in Deutschland ausgebildeter Cellist, der mit Herbert von Karajan Platten aufnahm, erklärte sich ebenfalls über die fristlose Entlassung Neschlings schockiert und stellte dessen enorme Verdienste für Brasiliens gesamtes Musikleben heraus. Joao Sayad, eine der peinlichsten Figuren des brasilianischen Kulturbetriebs, Kulturstaatssekretär von Sao Paulos Gouverneur José Serra, publizierte in der Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ eine lange infantile „Rechtfertigung“ für Neschlings Rausschmiß, die die Staats-Blamage nur noch schlimmer macht.  Sayad, der im gleichen Gebäude wie Neschling amtiert und als besonders betonköpfiger Gegner des Dirigenten gilt, hielt es kurioserweise für wichtig, am Textende herauszustellen, Planungsminister ausgerechnet der Regierung des Diktaturaktivisten José Sarney gewesen zu sein und in Sao Paulo bisher nur Finanz-Posten bekleidet zu haben.
 Gouverneur Serra, rechts, und Kulturstaatssekretär Sayad
Der brasilianische Komponist Gilberto Mendes sagte laut Presseberichten, Neschlings Abgang bedeute das Ende einer Ära und den Beginn des Endes von OSESP. Internet-Foren äußern sich ähnlich. Neschling gehörte auch zu den wichtigsten Kritikern der Kulturpolitik Brasilias, darunter unter „Kulturminister“ Gilberto Gil.
John Neschlings soziokulturelles Umfeld in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/01/23/weltsozialforum-2009-und-menschenrechte-126000-unrechtmasig-in-brasilianischen-gefangnissen-festgehalten-raumt-staatlicher-justizrat-erstmals-ein/
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