Unter dem rechtsgerichteten Bürgermeister Cesar Maia(DEM) erlitt Rio de Janeiro einen grauenhaften Absturz in allgemeine Dekadenz – Nachfolger Eduardo Paes(PMDB) schien mit einem Programm namens „Choque de Ordem“ entschlossen zu sein, die arg malträtierte, verkommene, verwahrloste Stadt für Bewohner und Touristen wieder attraktiver zu machen. Leider ein Trugschluß, wie die grauenhafte Sicherheitslage, der Abschuß des 2. Polizeihubschraubers durch Banditenkommandos im Oktober 2009 zeigen.2011 ist indessen deutlich, daß zumindest in den für Touristen gedachten Strandstadtteilen der Südzone Oberflächenverschönerung betrieben wurde, beispielsweise der Arpoador-Felsen nicht mehr wie Jahrzehnte zuvor penetrant nach Scheiße stinkt.
Noch kein „Choque de Ordem“ nahe Brasiliens schönstem Cafe „Confeitaria Colombo“ – illegale, gewalttätige Parkwächter stellen Fußgängerzonen rücksichtslos mit Autos zu. Präfekt Paes noch nicht aufgefallen?
Nach nur einem Monat Paes-Amtszeit wurde  geradezu Sensationelles erreicht: Cesar Maia und dessen Mannschaft hatten sogar zugelassen, daß jedermann in der Strandzone der Copacabana seine Notdurft verrichten konnte, absurdeste Seuchen-und Hygieneprobleme entstanden waren. So war üblich, daß u.a. bei Strand-Konzerten tausende Männer in langer Reihe vor aller Augen auf den Copacabana-Sand pinkelten – Hinweis auf die „Liebe“ der Cariocas zu ihrer Stadt sowie zur Hygiene. Alle paar Schritte daher selbst auf der Promenade der Avenida Atlantica Geruch von Scheiße und Urin in der Nase, überall Müll – unter Präfekt Paes jetzt vorbei. Dank seiner offenbar neu instruierten Munizipalgarde sind auch die Horden von Gelegenheitsverbrechern an Copacabana und Ipanema verschwunden – die ganze Strandzone Rios macht einen ungewohnt aufgeräumten, vergleichsweise zivilisierten Eindruck. Immer wieder stehen indessen einzelne Gelegenheitsverbrecher am Strand unschlüssig vor sich sonnenden „Gringos“, die unter Cesar Maia skrupellos ausgeraubt worden wären – jetzt ziehen diese Typen frustriert weiter, weil sie genau wissen, nach einem Strandraub spätestens oben auf der Promenade von Munizipalgarde festgenommen zu werden. Selbst am Strand von Ipanema war es für fast jeden Mittelschichtler üblich, seinen gesamten Müll des Badetags auf dem Sand liegenzulassen – spätnachmittags ein entsetzlicher Anblick. Paes bringt den Cariocas per Anzeigenkampagne bei, von solchen üblen Verhaltensweisen zu lassen, was bisher jedenfalls zu klappen scheint. „Choque de Ordem“ auch in der Altstadt, darunter dem kulturell-gastronomisch immer interessanteren Ausgehviertel Lapa – u.a. parken weit weniger Autos als früher die Gehsteige zu. Vielleicht hatte Paes vor einigen Jahren jenes Interview mit einem Sozial-und Wirtschaftsexperten aus Japan gelesen, der vom brasilianischen Reporter gefragt wurde, was Brasilien wohl zur Lösung seiner vielen schwierigen, komplexen Probleme tun könnte. Auf die ellenlange Interviewerfrage antwortete der japanische Experte knapp mit lediglich zwei Worten:“Gesetze einhalten.“ Präfekt Paes scheint derzeit nichts anderes vorzuhaben, indessen bereit zu sein, im Gegensatz zu Cesar Maia & Co. Lösungen aus der Ersten Welt zu kopieren. Womöglich gibt es daher für Rio de Janeiro wieder etwas Hoffnung. „Há uma cultura da desordem na cidade“, sagt Paes.
Gesetzes-und Regelverletzungen bemerkt der Besucher dennoch weiter auf Schritt und Tritt. Immer noch werden in der City frech von ambulanten illegalen Parkwächtern viele Fußwege brutal zugeparkt. Und in der Rua Carioca darf eine Diskothek weiter problemlos die Lärmbestimmungen mißachten, schlichtweg ungezählten Bewohnern und Hotelgästen der Gegend den gesamten Nachtschlaf rauben. Hotelbesitzer erklärten, die Disco-Bosse hätten beste Beziehungen zur Polizei(die nicht dem Bürgermeister, sondern dem Gouverneur Sergio Cabral untersteht) und zu bestimmten Autoritäten – im Interesse der Hotelgäste sei da trotz zahlreicher Beschwerden leider nichts zu machen. „Sie wissen doch, wie es in Rio läuft..!“
Unter Präfekt Cesar Maia wurden auch auf dem Copacabana-Strand allen Ernstes entsetzlich laut knatternde Motorpumpen installiert. Ausländer suchen sich einen Platz weit entfernt – wer würde schon gerne direkt neben einem stinkende Abgase ausstoßenden Motorrad ein Sonnenbad nehmen? Bis jetzt hat es Präfekt Paes noch nicht geschafft, dieses Absurdum zu beseitigen.
Laut Presseberichten schaut man derzeit offenbar auch kriminellen Touristen mehr auf die Finger. So wurde laut „O Dia“ der Franzose Ismail Kebbech festgenommen, der in einem Geschäft Ipanemas gleich sechs Geldbörsen gestohlen hatte.
« Stadtkrieg in Rio: 5 Polizisten in 24 Stunden erschossen. Banditen feuern mit Mpis auf vollbesetzten Bus. – „Bons da cama“ – Neues aus Brasiliens belebender Stundenhotel-Kultur.(Inzwischen gehen mit Brasiliens abstürzender erotischer Kultur auch die Motels mangels Sex-Nachfrage ein, werden seit 2011 oft in Hotels umgewandelt.) »
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