Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: Slum in Sao Paulo. Auch wegen der meist grauenhaften hygienischen Verhältnisse für Lepra, TBC, Denguefieber etc. in den brasilianischen Elendsvierteln gute Ausbreitungsbedingungen. In Sao Paulo jährlich etwa 6000 neue Leprafälle registriert – Dunkelziffer hoch.

 „Die Favela ist ein Zukunftsmodell“ – deutscher Architekt Ranier Hehl: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/05/19/brasilien-die-favela-ist-ein-zukunftsmodell-so-unglaublich-es-scheint-ranier-hehl-deutscher-architekt-und-urbanist-professor-an-der-tu-berlin-in-der-brasilianischen-zeitung-o-globo/

„In Brasilien gibt es mehr Leprakranke als in ganz Afrika“. Westfälische Nachrichten 2017

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http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/10/lepra-kranke-in-leprakolonie-bei-sao-paulo/

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Hausen  an stinkender Kloake – in Lateinamerikas reichster Stadt Sao Paulo. “Ich lebe hier schon 14 Jahre so in dieser Kate.”(Mutter von vier Kindern)

Deutscher Wirtschaftsminister Rainer Brüderle(FDP) 2010: „Brasilien hat praktisch keinen Rückschlag erlitten durch die Weltwirtschaftskrise. Die Einbrüche an den Finanzmärkten hat das Land glänzend überstanden.“

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/07/brasiliens-boom-und-die-slumhutten/

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Lepröser vor Supermarkt in Sao Paulo.

“Wirtschaftsmacht der Zukunft”:

http://www.welt.de/dieweltbewegen/article13665169/Brasilien-ist-die-Wirtschaftsmacht-der-Zukunft.html

“Wirtschaftswunder unterm Zuckerhut”:  http://www.welt.de/debatte/kolumnen/article13638342/Wirtschaftswunder-unterm-Zuckerhut.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/08/brasiliens-favela-menschenrechtsaktivisten-eliana-takeko-kanashiro-de-araujo-prasidentin-der-associacao-futuro-melhor-sao-paulo/

Hintergrund:  Ein öffentliches Hospital an Sao Paulos Peripherie, umgeben von Elendshütten und Katen. Die junge Ärztin Maria Paim diagnostiziert dort geradezu serienweise Lepra, startet deshalb aus eigener Initiative Aufklärungskampagnen, macht sich damit bei Kollegen und Vorgesetzten unbeliebt. ”Unser öffentliches Gesundheitswesen ist sehr schlecht, gegen die Lepra müßte viel mehr getan werden. Schließlich sind Millionen von Brasilianern betroffen. Wir haben mehr Fälle von Lepra als von Aids in Brasilien “ nur werden die Leprafälle eben nicht korrekt registriert. All das ist eine Schande. Ich meine, die Lepra wird in Brasilien nie ausgerottet. Andernfalls müßte man ja die Slums beseitigen, die Lebensbedingungen der Armen und Verelendeten durchgreifend verbessern. Doch unsere Autoritäten wollen sich diesem sozialen Problem nicht stellen, das ist ihnen unbequem, lästig. Man denkt “ sollen diese Leprakranken doch ruhig in den Slumsvor die Hunde gehen, sterben “ denn dort sind sie ja eingesperrt. Menschen, die dringend behandelt werden müßten, werden aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Es gibt so viele arbeitslose Mediziner, die man zur Leprabekämpfung einsetzen könnte!” Nach Ansicht der Ärztin fehlt schlichtweg politischer Wille, die Lepra auszurotten, fehlt es an Forschung sowie an Aufklärung schon in den Schulen. Probleme machen zudem die Sekten, aber auch das organisierte Verbrechen, das die Slums beherrscht. „Lepra betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche, selbst die Religion. Denn wir haben Infizierte, die sich nicht behandeln lassen, weil sie glauben, Lepra sei eine Strafe Gottes, die man eben aushalten müsse. Und in den Gangsterkommandos der Slums gibt es viele Banditen mit Lepra, die einer Therapie fernbleiben, weil sie nicht gesehen werden wollen. Auch dadurch wird die  Krankheit weiter übertragen. Ich arbeite in einer sehr gewalttätigen Stadtregion “ in meinem Hospital wurden bereits fünf Raubüberfälle auf Ärzte verübt, wurde ein Kollege sogar entführt. Bei der Leprabekämpfung läuft wirklich alles falsch.” Rosane Vieira ist Krankenpflegerin und Aktivistin des Lepraopferverbandes MORHAN “ zum wöchentlichen Treffen ihrer Gruppe in Sao Paulo kommen auch viele Leprageschädigte. ”Nur durch gesellschaftlichen Druck wird sich die Lage ändern. Der Staat tut alles, um die Leprabekämpfung zu stören, zu erschweren. Man will möglichst niedrige Krankenzahlen. Ist der Bazillus bei den Infizierten nach kurzer Zeit abgetötet, fliegen sie aus der offiziellen Leprastatistik. Doch genau dann beginnen erst die schweren Gesundheitsprobleme. Wer mit offenen Wunden, mit deformierten Händen und Beinen zu einem Gesundheitsposten geht, wird dort nicht als Kranker registriert.”

Brasiliens Lepra-KZs – späte Wiedergutmachung für die Opfer

”Man hat uns wie Versuchsratten traktiert, uns keine Medikamente gegeben, erinnert sich Sebastiao dos Santos, heute über siebzig, von Lepra gezeichnet. ”Wer wie ich gegen die Zustände, gegen die Autoritäten aufbegehrte, wurde für geistesgestört erklärt und in die psychiatrische Anstalt dieser Leprakolonie gesperrt, bricht es aus ihm heraus. ”Ich war dort jahrelang, es war schrecklich.

Die ”Vila Padre Bento nahe der Megacity Sao Paulo ist nach einem katholischen Priester benannt, der sich dort um 1800 als erster aufopferungsvoll den Leprakranken widmete, aus eigener Tasche sogar ein Hospital errichtete und bis zu seinem Tode unterhielt. Danach wurde die ”Vila Padre Bento jedoch vom Staat in eines der vielen brasilianischen Lager für Aussätzige umgewandelt, pferchte die Seuchenpolizei etwa 5000 Menschen hinein. ”Ich war damals verheiratet, durfte meine Frau, meine Kinder aber nie sehen, so Sebastiao dos Santos. Abscheu, Verachtung, Vorurteile gegen Lepröse waren enorm – nur zu oft brachen die Angehörigen jeglichen Kontakt zu den Kranken ab. Viele heirateten in der Kolonie erneut, deren Kinder wurden sofort zur Adoption freigegeben. ”Hier drinnen gab es kein Pflegepersonal – wir mußten uns gegenseitig betreuen, sogar unsere Toten selber begraben. Ärzte blieben auf Distanz, Polizisten und Gefängniswärter waren böse und brutal, mitleidlos. Der mittelalterlich wirkende Kerker steht immer noch – Wagner Marques war dort mehrfach inhaftiert: ”Ich konnte fliehen, wurde in Sao Paulo wegen meines Anstaltshemds erkannt, geschlagen, schon als Dreizehnjähriger über 120 Tage in den Koloniekerker gesperrt.

Jetzt werden die Überlebenden aller Aussätzigen-Kolonien eine geringe Wiedergutmachung erhalten. Denn 1959 hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO allen Staaten empfohlen, Leprakranke nicht länger gewaltsam von der Außenwelt, von ihren Mitmenschen zu isolieren. Denn es gab inzwischen hochwirksame Medikamente, die den Leprabazillus in wenigen Tagen abtöteten. Für ein Wegsperren der von Lepra Betroffenen fehlten daher jegliche Argumente. Länder wie Brasilien und selbst Japan behielten indessen gegen die WHO-Empfehlung noch Jahrzehnte die grausame Praxis bei, beraubten Hunderttausende ihrer grundlegenden Menschenrechte. Nach Japan hat sich nun auch der brasilianische Staat zu einer Opferentschädigung entschlossen. ”Dafür haben wir jahrelang gekämpft, sagt Artur de Sousa, Präsident des brasilianischen Lepraopfer-Verbandes MORHAN. ”2005 holten wir sogar die UNO-Menschenrechtskommission in die Leprakolonien, setzten die Regierung in Brasilia unter öffentlichen Druck.

Die ”Vila Padre Bento macht einen deprimierenden Eindruck, Krankengebäude und Wohnhäuser wirken heruntergekommen. Im armseligen Versammlungsraum hocken über einhundert Lepraopfer auf Bänken und können kaum glauben, was ihnen MORHAN-Präsident Sousa da erklärt: ”Mit einer monatlichen Pension bittet der Staat um Verzeihung für all das, was er euch zugefügt hat. Ihr wurdet gejagt, auf Müllautos geworfen und in diese Konzentrationslager verschleppt, aller Bürgerrechte beraubt. Als 1986 in Brasilien die Zwangsisolierung endgültig aufgehoben wurde, habe man die Leprakolonien einfach sich selbst überlassen, seien manche zu Slums geworden. Dann spielt Sousa den Koloniebewohnern von Pirapitingui ein Video von der jüngsten Audienz bei Staatschef Lula vor. Der Verband, so Lula, habe die Regierung, die Politiker sensibilisiert. Ein Leprageschädigter im Rollstuhl: ”Diese Pension ist nur zu gerecht – denn man hat uns in wahre Konzentrationslager gesperrt, uns aus der Gesellschaft ausgestoßen!

Die Pension beträgt umgerechnet rund 300 Euro monatlich. ”Viele Betroffene müßten mehr erhalten, kritisiert Artur de Sousa. ”Doch mehr konnten wir bei der Regierung nicht erreichen. Die Wiedergutmachung bekommen maximal zwanzigtausend. ”Alle sind bereits sehr alt und werden von dem Geld kaum noch viel haben.

Im Mittelalter wütete die Lepra auch in Deutschland, wurden die Kranken in über 20000 Siechhäusern isoliert. Lediglich durch verbesserte Lebensbedingungen, mehr Hygiene und ohne jegliche Therapie konnte die Lepra bereits vor zweihundert Jahren endgültig ausgerottet werden. ”Erschreckend ist, daß in Brasilien die Lepra wieder zunimmt, sagt Sousa. ”2006 wurden 52000 neue Fälle registriert, bei hoher Dunkelziffer. Damit ist Brasilien laut Weltgesundheitsorganisation als zehnte Wirtschaftsnation auch das Land mit der höchsten Lepradichte.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/18/die-zeit-uber-brasilienneuer-global-playerder-brasilianische-boomrelativ-unbeschadet-durch-die-wirtschaftskrise-2008gefestigte-demokratie/

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, 10. Mai 2009 um 17:23 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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