Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Jaime Aroxa – Gesichter Brasiliens.

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Brasilien: Jaime Aroxa

Tanzidol, Choreograph, Tanzlehrer für lateinamerikanische Rhythmen(2005)

http://www.jaimearoxa.com.br/

http://www.jaimearoxasp.com.br/

http://pt.wikipedia.org/wiki/Jaime_Ar%C3%B4xa

Niemand in dem Tropenland tanzt diese Rhythmen besser, charmanter und sinnlicher als dieser Lockenkopf Jaime Aroxa aus Rio, der deshalb zum Nationalidol der Paartänzer wurde. Immer mehr Deutsche nutzen einen Brasilienurlaub, um bei ihm Stunden zu nehmen. Aroxas Philosophie:”Mir gehts vor allem um Erziehung der Gefühle, nicht ums Eintrichtern möglichst raffinierter, spektakulärer Samba-oder Boleroschritte. Tanzen soll ein lustvoller, sensibler Dialog zwischen Dama und Cavalheiro sein, ist wie eine ganz besondere Sprache, nur für zwei.” Aroxa graust, wie schwer man sich in der Ersten Welt mit sinnlichem Körperkontakt tut, in den Diskotheken, Welt der Nichttänzer, zu monoton-aggressiver Lautsprechermusik auch noch alleine herumhopst.

Wer dagegen aus „Jaiminhos” Universum kommt, lebt intensiver, liebt anders, genießt anders, hat einen anderen Gang. „Das Fernsehen überschüttet uns mit Gewalt und Terror, wir entmenschlichen uns, verwandeln uns, der Mensch wird Maschine. Doch Tanzen, als Paar, erleuchtet dich, hat etwas Spirituelles!” Für Brasiliens Machistas hat er nur böse Ironie: Je größer der Männlichkeitswahn, um so größer die Chance, mit einem offeneren, sensiblen Mann betrogen zu werden. Aber woran erkennt man eigentlich die wirklich guten Tänzer, Jaiminho? „Wenn die Dama im Dialog mit dem Cavalheiro fühlt, daß es eine Lust ist, Frau zu sein.” Doch Aroxa tritt auch im Fernsehen, in Shows und Theaterstücken auf, ist Choreograph sehr erfolgreicher moderner Ballette, schickt seine Tanzkompagnie für Auftritte auch nach Deutschland. Momentan macht er Zouk, Brasiliens schwierigsten Paartanz, die elegantere, sinnlichere Version von Lambada, in Rio populär. Im Amazonas-Teilstaate Parà und auch in Sao Paulo gibt es bereits eine eingeschworene Zouk-Gemeinde “ wie in Paris übrigens auch.  Stimmen LateinamerikasBericht in portugiesischer Originalsprache Die Welt muß wieder lernen, zusammen zu tanzen! In unseren Kursen wollen wir auch den Deutschen zeigen, wie wichtig Paartanzen ist. Du weißt doch “ in dieser gewalttätigen Welt von heute kannst du mit einem Samenkorn des Friedens, das du aussäst,  dabei mithelfen, die Lage, die Dinge zu verändern. Gewalt gibts nicht nur in Rio, sondern in der ganzen Welt. Und die menschliche Grausamkeit ähnelt wieder der aus der Zeit, als man noch in Höhlen hauste.  Kein Politiker wird die Probleme lösen. Deshalb brauchen wir etwas, das alle tun können. Und weiß du, was das Gewaltproblem lösen wird? Wenn alle beschließen, zu tanzen, zu singen, sich künstlerisch zu betätigen. Das wird eine große Mehrheit sein, die ein günstiges Ambiente schafft. Das wird eine Welle sein! Ich glaube daran. Du gehst doch auch zu den Bällen in Brasilien, du weißt es. Du hast noch nie einen Streit dort gesehen. Doch in allen Discos von Rio, wo diese elektronische Musik läuft,  gibt es jede Nacht Gewalttätigkeiten, werden die Leute aggressiv. Auf den Bällen unserer Salontänze gibt es das nie. In aller Welt müßte man eben wieder auf diese Weise das Leben feiern, durch Musik, durch den Kontakt mit der Frau, den Freunden. Durch eine körperliche Aktivität, die dich verbindet “ mit dem Animalischen in dir, mit deinen Instinkten, die du als Mann beherrscht, und mit Gott. Du erreichst Gott nicht über dein Herz, oder nur über ein Gebet, sondern nur über die Kunst. Der einzige Weg zu Gott ist die Kunst. Es gibt zwei wichtige Tage im Leben “ der deiner Geburt “ und der, an dem du Paartanzen lerntest! Das ist doch wie eine Neugeburt!Mein neuestes Tanzprojekt erzählt die Geschichte Brasiliens, von einem Volk, das so viel Grausames erlitten hat: Die Ausrottung von Millionen von Indianern, Millionen von Schwarzen, die Sklaverei, interne Kriege, die zügellose Ausbeutung der Natur, ihrer Reichtümer. Diese Geschichte wird den Kindern heute sehr simplifiziert vermittelt. Schwer zu erklären, wie es einem Volk mit dieser Geschichte, diesen Problemen gelingt, glücklich zu sein und eine so große kulturelle Vielfalt zu haben “ größer als in jedem anderen Land der Welt. In meinem Tanzprojekt zeige ich die Grausamkeiten, die Schmerzen, danach die Befreiung der Sklaven, die Unabhängigkeit. Daß wir glücklich sind, liegt auch daran, daß die verrücktesten, tanzbegeistertsten Europäer, große Vagabunden darunter, hierher kamen. Danach die Afrikaner, die einerseits litten, aber doch ihre Kultur mitbrachten, extrem reich an Klängen und Bewegung. Und dann unsere Indianer, die die Sexualität so leben und lieben, das Meer, die Götter, die Natur bewundern. Darunter Stämme von Kannnibalen! Alle leidenschaftlich in den verschiedensten Extremen! Jene Europäer, die hierher kamen, hatten sich von ihren Familien gelöst, waren auf neue Abenteuer aus, hinter Ländereien und Reichtümern her. Darunter Verrückte, Gauner, Verbannte “ wir erzählen das alle, zeigen den Stammbaum unserer Kultur. Zu ihm gehören der europäische Tanz aus dem Beginn des vorigen Jahrhunderts, Tänze und Bewegungen Afrikas sowie der hiesigen Sklavensiedlungen, die Tänze der Indianer. Und wir zeigen das Zusammenleben dieser Rassen. Die Armen haben sich immer sehr vermischt “ worauf die Reichen stets größtes Verlangen hatten, auch unter den Armen zu sein. Denn diese waren schon immer viel glücklicher als die Vermögenden. Diese Vermischung der Armen mit den Reichen, des Tanzes der Paläste mit dem Tanz der Straße brachte in Brasilien diese spontane Fröhlichkeit, dieses spontane Feuer hervor. Unsere Musik, unsere Klänge hier kommen aus der Mischung der Kulturen “ doch was hier ein bißchen stört, ist die nordamerikanische Kultur, da sie eben nicht diese ganz bestimmten ethnischen Elemente hat. Aber uns gelingt es, die brasilianische Kultur zu bewahren. Wir zeigen den Europäern, wie unsere große Sängerin und Tänzerin Carmen Miranda wirklich war “ und nicht, wie sie Hollywood immer darstellte. Wir zeigen den Frevo aus Recife, die Indianer, deren Gefühle.  Ich bin durch ganz Brasilien gefahren, habe für mein Spektakel von überall her Tanztalente geholt. Nicht die mit diesen wohltrainierten Profi-Körpern, sondern welche mit Seele und Kopf. Ich hätte wundervolle Zwei-Meter-Schwarze, starke Indios haben können “ wie aus dem Bilderbuch der Tropenklischees, um ein ein starkes, gesundes Brasilien zu zeigen. Aber genau das wollte ich nicht, wollte Brasilien zeigen, wie es wirklich ist, ohne die üblichen Klischees. Deshalb haben wir auch kleine Tänzer, ohne dieses Gardemaß,  solche, die im heutigen Showbusiness dieser Welt keinerlei Chance hätten, arme, ganz einfache Leute. Die aber auf der Bühne phantastisch, echt, authentisch sind, starke Emotionen vermitteln. Von den Normen des Showbusiness halten wir uns fern. Ich beklage, daß die brasilianische Regierung nicht Sponsor dieses Spektakels ist, mit dem wir falsche Vorstellungen über unser Land korrigieren, unsere Leidenschaft erklären könnten.  Wir Brasilianer haben ja den Ruf, nicht gerade korrekte Leute zu sein, etwa in Geschäften. Das mag daran liegen, daß wir einfach zu übersprudelnd sind. Man hat ja geradezu Angst vor unserer Lebenslust! Ich möchte mit diesem Projekt auch die Deutschen anregen, sich der Musik, dem Tanz hinzugeben, zu öffnen “ und nach Brasilien zu fahren, um dieses Land jenseits der gängigen Klischees kennenzulernen. Denn diese Mulatas, die in Deutschland kommerziell Samba tanzen, vermitteln ja kein wahrhaftes Bild von Brasilien. Los gehts, meine Tänzer, fangen wir an!

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/27/as-3-vidas-de-jaime-aroxa-interessantes-buch-uber-brasiliens-tanz-nationalidol/#more-777

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Dieser Beitrag wurde am Sonntag, 20. September 2009 um 02:58 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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