Eine Bewohnerin des heftig umkämpften „Morro dos Macacos“ sagte gegenüber der bischöflichen Favela-Pastoral, daß über dem Slum derzeit sehr viele große Aasgeier kreisten. „Das ist für uns ein Zeichen, daß viele Tote weder gefunden noch weggeschafft wurden.“ Rio de Janeiros Lokalpresse hat immer wieder Fotos von Slum-Leichen gedruckt, die gerade von Aasgeiern aufgefressen wurden.
Kriegs-TV-Video aus Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/17/krieg-auf-dem-morro-dos-macacos-von-rio-de-janeiro-youtube-anklicken-bope-im-einsatz/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/26/rio-de-janeiro-favela-vidigal-gesichter-brasiliens/
Brüderlichkeitskampagne 2009: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/07/brasiliens-kirche-startet-kampagne-gegen-ausufernde-gewaltkriminalitat-und-gewaltkultur-vorschlag-von-der-gefangenenseelsorge-des-osterreichischen-priesters-gunther-zgubic/#more-678
Hintergrund
Brasiliens Gefängnissituation 2009: Über 126000 Häftlinge trotz verbüßter Strafe weiter hinter Gittern/bischöfliche Gefangenenseelsorge protestiert in Brüderlichkeitskampagne
Zu den Gründen für Revolten in Brasiliens Haftanstalten zählen nicht nur Folter und totale Überfüllung, sondern auch die Tatsache, daß zahlreiche Gefangene trotz verbüßter Strafe teils noch jahrelang eingesperrt bleiben. Wie der vom Präsidenten des Obersten Bundesgerichts, Gilmar Mendes, geleitete Nationalrat für Justiz(CNJ) mitteilte, werden derzeit über 126000 Häftlinge illegal festgehalten. Laut Mendes liege das schlichtweg daran, daß niemand sich um die Häftlingsunterlagen kümmere.
 Fabiane Sampaio in Sao Paulo versucht, Drogen in ein Gefängnis zu schmuggeln, wird geschnappt und zu einer drakonischen Strafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Nach einem Jahr und neun Monaten Haft entscheidet ein Berufungsrichter, daß die 23-jährige Mutter einer kleinen Tochter genug gestraft ist und freigelassen wird.  ”Das war im August letzten Jahres “ doch rausgelassen haben sie mich erst im Januar. Ich war also fünf Monate zu lange im Gefängnis. Weil die Anstaltsbürokratie einen einfach vergißt. Und je mehr man protestiert, umso mehr lassen sie deinen Fall beiseite. Als ich drin war, konnte ich nicht ein einziges Mal mit dem Gefängnisanwalt sprechen. Als ich mal einen Arzt brauchte, hat man den auch nicht gerufen.”Eigentlich frei sein zu können, zur Familie zurückzukehren “ stattdessen aber auf völlig unbestimmte Zeit, ohne irgendeine Information, weiter in einer überfüllten Zelle aushalten zu müssen, geht auf die Psyche:”Ja, ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich bin richtig wild geworden, habe revoltiert. Denn da drin ist es ja furchtbar dreckig, du lebst mit Ratten, mit großen Kakerlaken. Und ich war ja noch gut dran “ da gab es Frauen, die waren nach zwei, drei Jahren immer noch nicht verurteilt, und könnten ja unschuldig sein. Als eine von uns ein Kind gekriegt hat, haben die ihr nicht mal einen Arzt geholt “ die hat auf dem Betonboden der Zelle entbunden, alles war voller Blut. Und jetzt kriege ich keine Arbeit, gibt mir niemand eine Chance, weil ich ja im Knast war.” Wenigstens sonnabends und sonntags kann sie Werbung an Verkehrsampeln verteilen “ das bringt pro Wochenende umgerechnet 13 Euro.Pedro Ferreira ist Anwalt der bischöflichen Gefangenenseelsorge, der Pastoral Carceraria, hat Fabiana Sampaio in der Haft betreut, für ihre Entlassung gekämpft. ”Das große Problem ist der Justizapparat. Wenige Richter und Anwälte sollen sich um Tausende von Prozessen kümmern “ im Teilstaat Sao Paulo sind gerade einmal 30 öffentliche Verteidiger für 160000 Gefangene zuständig. Richter und Staatsanwälte müßten laut Gesetz regelmäßig die Gefängnisse inspizieren “ doch nur sehr wenige gehen tatsächlich hinein. Und dann passiert das eben “ Häftlinge werden vergessen, sind viel länger hinter Gittern als vorgeschrieben. Und so bleiben die Gefängnisse eben weiter völlig überfüllt.” Bis 2010, so Pastoralanwalt Ferreira, sollen im Teilstaat Sao Paulo 49 weitere Haftanstalten errichtet werden, die dem Steuerzahler enorme Kosten aufbürden. Würde man stattdessen mehr öffentliche Verteidiger einstellen und Gefangene fristgemäß entlassen, brauchte man nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Anstalten zu bauen. Zudem werden in Brasilien immer noch viele Menschen wegen Bagatelldelikten, etwa dem Diebstahl von Lebensmitteln im Supermarkt, gleich mehrere Jahre eingesperrt.”Die Gefängnisse werden daher zu Fabriken des Hasses und der Brutalität “ zu Universitäten des Verbrechens. Das erzeugt immer schädlichere soziale Wirkungen. Höhere Strafen produzieren immer mehr Schwerkriminelle. An die siebzig Prozent der brasilianischen Häftlinge sind Wiederholungstäter. Denn es fehlt Resozialisierung, Reintegration. Welche Hilfe gibt der Staat den Freigelassenen? Wenig oder fast nichts!”Aus Sicht der Gefangenenseelsorge ist ein völliges Umdenken in Justiz und Polizei, im gesamten Staatsapparat nötig. Zudem müßte die ganze Gesellschaft endlich tiefgründig über öffentliche Sicherheit, die zunehmende Gewaltkriminalität diskutieren. Nicht zufällig hat Brasiliens Bischofskonferenz die diesjährige Brüderlichkeitskampagne just diesem Thema gewidmet.”Wir hoffen sehr auf diese Kampagne und haben landesweit, bis hinauf in die Regierung, Debatten gestartet. Wir kämpfen für die Humanisierung der Gefängnisse, damit die Gewalt zurückgeht.”
2013 startet Deutschlandjahr in Brasilien: http://www.alemanha-e-brasil.org/de
Ausriß, Rio-Lokalzeitung, Scheiterhaufen-Opfer, 7.11.2012. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
« „Goethe, der Brasilien so liebte.“ – Slumbewohner flüchten aus Angst vor neuen Gefechten. Gespannte Lage in Rio de Janeiro. „Noite de medo.“ Trailer von „Tropa de Elite“. Slum-Seelsorge Rio de Janeiros, Brüderlichkeitskampagne der katholischen Kirche. Österreichischer Priester Günther Zgubic. »
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