Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

„Die Brasilianer jubeln jetzt für Holland, nicht für Uruguay“, sagen City-Zeitungshändler von Sao Paulo, die den ganzen Tag mit der Kundschaft über Fußball reden. Grenz-Streitereien mit Uruguay…

Andere Befragte in den City-Geschäftshäusern, in Banken, Chefetagen, betonten ebenfalls, daß die meisten Brasilianer sich einen Sieg Hollands wünschen, keineswegs für Uruguay seien.  Auch Brasiliens Sportpresse sieht Holland als voraussichtlichen Sieger der Partie  – und, wie es heißt, seien die Brasilianer aus Mentalitätsgründen nun einmal nicht gerne auf der Seite des Verliererteams. Man spüre zudem eine enorme Apathie unter Brasilianern in Bezug auf die WM 2010 – viele verhielten sich jetzt neutral, seien weder Fans von Uruguay noch von Holland. Natürlich gebe es auch Sympathisanten der Uruguay-Mannschaft, doch seien diese nicht gerade feurig-engagiert. Deutschland habe viele Fans, Spanien erstaunlicherweise viel weniger.  Brasilianische Sportreporter machten sich seit dem WM-Start über ausländische Kommentare lustig, wonach die Südamerikaner die Weltmeisterschaftsspiele dominieren würden.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/06/brasilien-schaut-dem-sieg-der-hollander-gegen-uruguay-zu/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/05/scheiterhaufen-in-sao-paulo-mindestens-15-menschen-in-der-megacity-seit-jahresbeginn-lebendig-verbrannt-laut-landesmedien-fogo-para-matar-rivais/

Daß es ein Gefühl südamerikanischer Einheit gebe, weshalb man jetzt in allen Anrainerländern für Uruguay juble – über solche politisch korrekten Thesen wird hier offen gelacht. Eine solche Einheit gebe es nicht, dies sei lediglich ein Hirngespinst von Intellektuellen, sagen auch Soziologen. Schließlich waren sogar viele Brasilianer Gegner der eigenen Mannschaft, jubelten seit WM-Beginn meist für europäische Teams, wie Deutschland oder Holland.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/03/robinho-schreit-den-hollandischen-spieler-van-bommel-an-der-es-vorzieht-auf-diese-demonstration-der-ungehorigkeit-des-brasilianischen-spielers-nicht-zu-reagieren-berichten-brasiliens-sportmedien/

Laut Landesmedien existieren an der Grenze zwischen Uruguay und Brasilien viele Streitereien und Rivalitäten, griff während der WM-Spiele von Uruguay bzw. Brasilien sogar die Polizei beider Länder ein. Für Uruguay könne man jetzt nicht jubeln, wurden Brasilianer zitiert. Falls Uruguay gewinne, habe man vier unangenehme Jahre vor sich. Wie es hieß, warfen Uruguayer an der Grenze während der WM 2010 Steine auf Polizisten und Autos Brasiliens, wurde daraufhin  mit Straßensperren der Zugang für Autos aus Uruguay blockiert. Nicht wenige Brasilianer empfinden Uruguayer überheblich, hochnäsig. Bezeichnend war zudem der eigentlich befremdliche Freudentaumel beim deutschen Sieg über das argentinische Team – gegen den großen Erzrivalen Argentinien, der in Brasilien immer wieder beschuldigt wird, dunkelhäutige Brasilianer, und selbst dunkelhäutige Fußballspieler rassistisch zu behandeln. Laut Landesmedien wurde einmal sogar ein argentinischer Spieler sogar festgenommen, weil er den Brasilianer Grafite beleidigt habe. Selbst in  der argentinischen Sportpresse,  heißt es, wurden die Brasilianer als „Affen“ tituliert. Derartige Rivalitäten nähmen zu, ist zu lesen. Der beträchtlich hohe Grad von Ausländerfeindlichkeit in Südamerika ist bekannt. Auffällig, daß auch Tage nach der Argentinien-Niederlage die hämische Freude in Brasilien nicht nachläßt, man Argentinien weiter mit sexuellen Anspielungen verspottet.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/05/die-deutsche-festung-wurde-zu-einer-panzerdivision-wenn-sie-den-ball-hatte-brasiliens-schriftsteller-verissimo-in-landesmedien-uber-das-wm-spiel-gegen-argentinien/

Brasiliens Wunderheiler-Kirchen mobilisieren für die Fußball-WM

Zugpferd Kaká

Zahlreiche evangelikale Profispieler im WM-Team

„Auf zur WM im Südafrika, aber nicht wegen des Fußballs” “ unter diesem Motto mobilisieren Brasiliens evangelikale Sektenkirchen seit Monaten ihre Anhänger. Die Schlüsselrolle beim Missionieren, dem Anwerben von Gläubigen haben indessen acht hochpopuläre Profispieler der brasilianischen WM-Nationalmannschaft, die sogenannten Athleten von Christus. Zugpferd ist FIFA-Weltfußballer Kaká, der laut Sportpresse ein Tagessalär(!) von etwa 17000 Euro einstreicht, zudem als Werbemodel eines europäischen Textilkonzerns Millionen verdient, von ADIDAS gesponsert wird. „Gott hat mich nach einem schweren Unfall geheilt “ und Gott machte mich zum besten Fußballer der Erde”, predigt Kaká  im Tempel seiner evangelikalen Wunderheilerkirche „Renascer em Cristo” in Sao Paulo. „Alles im Leben habe ich durch Gott, durch Jesus Christus erreicht. Und diese Erfahrung will ich allen Menschen mitteilen “ alle sollen dem Weg von Jesus Christus folgen.”Brasiliens starke Sektenmedien, die sogar über den zweitgrößten nationalen TV-Sender verfügen, stellen tagtäglich heraus, was auf Kakás nagelneuen, in Holland gefertigten ADIDAS-WM-Schuhen gut lesbar steht: „Jesus in first place”. Vorrangmeldung im evangelikalen TV war zudem, daß bei der WM in Südafrika mit Kaká sozusagen ein Beinahe-Pastor übers Spielfeld saust, der dafür im  Renascer-Tempel bereits mit großem Pomp die rituellen Weihen erhielt:  „Fußballidol, schön, reich, berühmt “ und schon bald Pastor, jawohl Pastor seiner Kirche! Kaká wird nach der Fußballkarriere Geistlicher, belegt  schon Theologiekurse! Halleluja!”Ein Filmchen mit einem lachenden, zum Himmel blickenden Kaká “ im T-Shirt mit der Aufschrit „I belong to Jesus” wird sogar weltweit über die Sektenmedien verbreitet. Mannschaftskapitän Lucio und die anderen evangelikalen WM-Spieler wie Luisao und Felipe Melo stehen Kaká nicht nach.  „Wir wollen das Fieber für den Fußball in Fieber für Jesus Christus verwandeln!”Große Missionsorganisationen Brasiliens bereiten seit Monaten  Hunderte von jungen Leuten für den Einsatz bei der WM vor, für eine konzertierte Aktion mit Tausenden von evangelikalen Missionaren aus Afrika selbst und anderen Erdteilen. „Besonders haben wir dafür gebetet, daß sich Nordkorea für die WM klassifiziert, erklärt der frühere brasilianische Profisportler und heutiger Pastor Marcos Grava Vasconcelos. „Doch als wir wußten, daß Nordkoreas WM-Team sogar in derselben Stadt wie die brasilianische Mannschaft untergebracht ist, haben wir Gott gedankt, Gott gerühmt für die große Chance, allen anreisenden Nordkoreanern die Botschaft Jesu verkünden zu können.” Auf die Reaktion dieser gewöhnlich sehr zugeknöpften kommunistischen Asiaten darf man gespannt sein¦Generell soll in Schulen, Hospitälern und Parks, auf Plätzen und natürlich nahe der Stadien missioniert werden, dort, wo die Großleinwände stehen “ mit Tanz, Theaterstücken, natürlich viel Musik und Fußball selbst: Speziell trainierte Missionare, mit dem Image der großen Fußballnation Brasilien, sollen Südafrikanern und angereisten WM-Touristen in improvisierten Kursen zeigen, wie man richtig gegen einen Ball tritt. „Bete täglich für unser Missionsprojekt “ Gott schaut auf dich”, heißt es in einem Werbe-Video. „Drei Milliarden Menschen verfolgen die Fußball-WM in Südafrika “ eine große Möglichkeit, werde Freiwilliger. Soviele zerstörte Familien in Südafrika, soviel Aids “ und das Vorrücken des Islam!” Die FIFA, so steht im evangelikalen Infomaterial, fürchte die islamischen Länder zu vergrätzen, wenn bei den TV-Übertragungen auf einmal betende brasilianische Spieler zu sehen seien, die Jesus dankten -  also jene Evangelikalen um Kaká der „Athleten von Christus”, die damit bei früheren Weltmeisterschaften bereits für Aufsehen sorgten. Nicht nur die katholische Kirche Brasiliens, sondern auch kritische Qualitätsmedien des Tropenlandes betrachten jedoch mit Mißfallen, wie zwielichtige, gewinnorientierte Sektenkirchen weltberühmte Fußballprofis für ihre kommerziellen Zwecke einspannen. Jene Kirche von Kaká beispielsweise,  hat wegen Betrügereien und Steuerhinterziehung ständig Probleme mit der Justiz. Kaká ist mit den beiden schwerreichen Sektengründern eng befreundet: Die selbsternannte Bischöfin Sonia und ihr Mann, der Ex-Werbemanager und heutige „Apostel” Estevan Hernandes, saßen bereits in den USA wegen Geldwäsche und Devisenschmuggel im Gefängnis. Kaká hat beide dennoch immer wieder öffentlich verteidigt und überweist nach eigenen Angaben zehn Prozent seines Salärs an „Renascer em Cristo”. Das sind immerhin jährlich mehrere Millionen Euro. Brasiliens Staatsanwalt Marcelo Mendroni nennt die Sektenführer eine „kriminelle Organisation”, die Dokumente fälsche, Geld wasche und sich unrechtmäßig Spenden aneigne. Der Staatsanwalt strengt deshalb ein Verhör von Kaká durch die italienische Justiz an “ doch alles verläuft im Sande. Denn Sonia und Estevan Hernandes verfügen laut Mendroni über ein Privatvermögen von 52 Millionen Euro, schalten deshalb stets die teuersten und gewieftesten Rechtsanwälte ein “ und sind zudem politisch einflußreich: Kaum aus dem US-Knast zurück, jetten beide zu Staatschef Lula nach Brasilia, der den alljährlich von „Renascer em Cristo” organisierten „Marsch für Jesus” an Fronleichnam per Unterschrift zum nationalen Feiertag deklariert. 2010 kommen allein in Sao Paulo zum Jesusmarsch zwei Millionen “ doch der mitmarschierende Apostel lehnt es ab, bohrende Journalistenfragen zu den derzeit gegen ihn laufenden Gerichtsprozessen zu beantworten. ”Für Lulas Wahlsieg von 2002 waren die evangelikalen Kirchen sehr wichtig – das gilt auch für die Präsidentschaftswahlen vom Oktober 2010”, sagt Soziologe Edin Sued Abumanssur von der Katholischen Universität Sao Paulos. Lulas Wunschkandidatin Dilma Rousseff hat in Brasilia bereits mit Bischof und Apostel inbrünstig gebetet. Und die von den Evangelikalen beherrschte „Republikanische Partei” stellt sogar Lulas Vize, einen Milliardär. Die Ermittlungen gegen Kaká werden als „religiöse Verfolgung”, Werk des Satans angeprangert “ das hat funktioniert. Engagierte katholische Katholiken Brasiliens nehmen mit einem Video namens „Scheinheiligkeit” jene Athleten um  Kaká ironisch aufs Korn: ”Früher wurden die Katholiken von den Evangelikalen als satanisch verunglimpft, weil sie sich TV-Sendungen anschauten und Sport trieben”, heißt es darin. „Damals verdienten die Athleten noch wenig. Doch als sie Großverdiener wurden, änderten die Evangelikalen völlig ihre Position. Und jetzt tun diese Athleten so, als seien wahre Christen nur die Evangelikalen. Die katholische Kirche hat stets den Sport gefördert. Doch heute wollen Evangelikale christliche katholische Symbole aus dem Sport entfernen. So ist es immer. Die katholische Kirche bahnt Wege “ und die Evangelikalen kommen hinterher und wollen zerstören.” Wunderheilungen werden von den Evangelikalen als großer Trumpf ihrer Kirchen propagiert “ mit Gottes Hilfe seien Bischöfe und Pastoren in der Lage, sogar Blinde, Gelähmte, Aids-und Krebskranke völlig zu kurieren. Indessen “ seit 2008 ärgert sich Kaká mit einer Knieverletzung herum, wird operiert, vor der WM stark geschont “ und ganz Brasilien hofft, daß er in Südafrika alle Spiele durchhält. Doch warum hat sich Kaká nicht einfach wunderheilen lassen? Das katholische Video dazu spöttisch: „Zwar machen sie Propaganda für Wunderheilungen in ihren Unternehmen, den Kirchen. Aber wenn ein evangelikaler Athlet sich verletzt, geht er nicht etwa zu seinem Pastor, damit der ihn heilt, sondern zum Arzt!”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/04/hohn-spott-has-fur-die-brasilianische-mannschaft-brasiliens-landesmedien-leserbriefe/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/30/welt-fusballer-ronaldo-von-ac-mailand-bizarrer-skandal-wegen-strich-transvestiten-in-rio-spieler-wurde-zur-nationalen-witzfigur/

Dieser Beitrag wurde am Montag, 05. Juli 2010 um 20:20 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Keine Kommentare

Noch keine Kommentare

Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.

    NEU: Fotoserie Gesichter Brasiliens

    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

    23' K23

interessante Links

Seiten

Ressorts

Suchen


RSS-Feeds

Verwaltung

 

© Klaus Hart – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)