Die TV-Schlußdebatte hinterließ bei vielen Brasilianern sogar den Eindruck eines abgekarteten Spiels, von Vorabsprachen: Lulas aussichtsreiche Wunschkandidatin Dilma Rousseff wurde überaus auffällig geschont – die Gegenkandidaten unternahmen nicht den geringsten Versuch, ihr Stimmen abzujagen, sie tiefgründig zu kritisieren, gar mit treffenden Argumenten zu attackieren. Der jüngste Regierungsskandal(Erenicegate) um Lulas und Rousseffs enge Vertraute Erenice Guerra – nach Presseenthüllungen notgedrungen aus dem Ministeramt gefeuert – wurde nicht einmal erwähnt, ebensowenig andere gravierende Korruptionsfälle oder gar der gigantische Mensalao-Skandal um Parteien-und Stimmenkauf. Offener Meinungsstreit, gar Emotionen und Dramatik, wurden vermieden. In der wichtigsten, häufig wahlentscheidenden Debatte verzichtete sogar der katholische Menschenrechtsaktivist Plinio Sampaio(PSOL) auf üblicherweise brillant vorgebrachte brisante Kritik an der gravierenden Menschenrechtslage Brasiliens, die er u.a. als Hauptankläger eines internationalen Tribunals so detailliert wie kaum ein anderer kennt. Sampaio verlor, was vielen seiner brasilianischen Anhänger die Laune verdarb, kein einziges Wort über von UNO und Amnesty International belegte alltägliche Folter, Todesschwadronen, außergerichtliche Exekutionen, Sklavenarbeit, Rechtlosigkeit der Slumbewohner unter dem Diktat hochgerüsteter Banditenkommandos. Dilma Rousseff wurde unwidersprochen und immer wieder Gelegenheit für leicht widerlegbare Regierungspropaganda gegeben. Jedermann rechnete mit geforderten Klarstellungen zu Rousseffs Positionsänderung in der Abtreibungsfrage – derzeit in der Öffentlichkeit heftig diskutiert – doch jegliche Frage zu diesem Thema wurde von den „Gegenkandidaten“ unterlassen. Die Rolle von Marina Silva als PT-Umweltministerin der Regierung Lula-Rousseff bei der Naturzerstörung in Brasilien kam natürlich auch nicht zur Sprache. Entsprechend titelten die großen Zeitungen: „Dilma e Serra evitam confronto direto…Sem embate, encontro só causa tedio…Confuso, Plinio perde folego em debate mais importante…Como foi possivel a Dilma entrar e sair do debate na Globo sem ouvir o nome de Erenice?…Termina a campanha mais personalista, despolitizada e burra em um quarto de seculo de democracia.“ Was war da los, wird man es jemals erfahren?
« Leitmedien „Die Zeit“ und „Spiegel“ über bevorstehende Präsidentschafts-Pflichtwahlen in Brasilien. „Die Armut ist seit 2002 offiziellen Zahlen zufolge um rund 43 Prozent gesunken.“ – Brasilien: „Wir wissen, daß es großen Stimmenkauf im Norden und Nordosten gab – gefährliche politische Manipulation.“ Emeritierter katholischer Bischof Emilio Pignoli zu Pflichtwahlen – anklicken. »
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