Der Korruptionsskandal um Lulas und Dilma Rousseffs enge Vertraute, die Chefministerin des Zivilkabinetts, Erenice Guerra, hatte laut einer Datafolha-Umfrage der Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ bei Brasilianern, die ihre Wahlabsicht kurzfristig änderten, etwa dreimal soviel Gewicht als religiöse Themen. Diese Wähler sorgten dafür, daß Dilma Rousseff in die Stichwahl gegen José Serra muß. Rousseff hatte durchgesetzt, daß Erenice Guerra ihre Amtsnachfolgerin in der Regierung wird – und damit gemäß Landesmedien spezielle „Kompetenz“ bewiesen. Besonders schmerzhaft für Lula war die Niederlage seines Gouverneurs-Wunschkandidaten Aloisio Mercadante ausgerechnet im Arbeiter-Teilstaat Sao Paulo, der wichtigsten Industrieregion ganz Lateinamerikas – Lula hatte für Mercadante immense Wahlpropaganda betrieben – dennoch setzte sich der Gegenkandidat von José Serras PSDB, Geraldo Alckmin, durch.
Die andere Sicht: Hillary Clinton bezeichnete 2012 laut Landesmedien den Kampf von Dilma Rousseff gegen die Korruption sowie die Regierungstransparenz unter Rousseff als beispielhaft. Die Staatschefin habe damit entsprechende globale Standards und Normen geschaffen.
„der Freitag“ über Brasiliens Präsidentschaftswahlen: http://www.freitag.de/politik/1040-die-patin-des-lulismo
Kurios ist derzeit die Positionierung in Teilen der Unterschicht Brasiliens, gerade bei Frauen – gewöhnlich wird als Name des PT-Stichwahlkandidaten nicht Dilma Rousseff, sondern Lula genannt – man geht davon aus, daß in Wahrheit Lula den Laden weiterführt, Dilma Rousseff nur eine „Marionette“ sei. http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/12/lula-ist-autoritar-und-will-prasidentschaftskandidatin-dilma-rousseff-an-der-macht-um-weiter-im-land-bestimmen-zu-konnen-helio-bicudo-jurist-mitgrunder-der-arbeiterpartei-pt-kirchlicher-mensc/
Lula selbst hatte eingeräumt, in einer Rousseff-Regierung eine aktive Rolle spielen zu wollen. Viele Brasilianer sagen jetzt: „Ich wähle wieder Lula“ – oder: „Lula wähle ich nicht wieder.“
Zeitungsausriß. Dilma Rousseff mit enger Vertrauter Erenice Guerra, nach Journalistenenthüllungen von Lula notgedrungen gefeuert.
Leonardo Boff – klare Wahlaussage für Dilma Rousseff:
„Dilma Rousseff, como mulher, desperte para sua missão histórica única. Sua candidatura é providencial para o Brasil e para o equilíbrio da Mãe Terra. Que os eleitores, homens e mulheres, ao elegê-la Presidenta, se tornem artífices de um processo de regeneração e de um destino bom para todos.“Erenicegate: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/24/lula-raumt-schuld-der-entlassenen-ministerin-erenice-guerra-ein-sie-verlor-die-auserordentliche-chance-eine-grose-staatsfunktionarin-zu-sein/
„FAZ“ titelt zu Präsidentschaftswahlen „Marina, die Makellose“: „Denn so sehr sich Frau Rousseff während der heißen Phase des Wahlkampfes um ein weicheres Profil bemühte, so sehr musste sie mit dem Handicap kämpfen, eine Marionette Lulas zu sein. Als ihre Nachfolgerin im Amt des Kabinettschefs Mitte September unter dem Druck von Korruptionsvorwürfen ihr Amt aufgeben musste, fiel ein Schatten auch auf Frau Rousseff. Frau Guerra war lange Zeit eine ihrer engsten Mitarbeiterinnen.In der Person von Marina Silva stand indes nicht nur eine „Grüne“ zum ersten Mal im Wettbewerb mit den Exponenten der beiden gemäßigt linken Parteien. In Frau Silva konnten sich auch zum ersten Mal jene in die Millionen gehende Zahl der Brasilianer wiedererkennen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten von der katholischen Kirche abgewandt und einer der schnell wachsenden „Pfingstkirchen“ angeschlossen haben.
Als junge Frau hatte sich Frau Silva einer katholischen Frauenkongregation angeschlossen, später radikalisierte sie ihre politischen Positionen im Kontakt mit den von der Theologie der Befreiung inspirierten Basisgemeinschaften. 1997 ließ sie sich in der schon damals acht Millionen Mitglieder zählenden „Assembleia de Deus“ nochmals taufen. Eine „Glaubenserfahrung“ während eines neuerlichen, quälend langen Krankenlagers hatte sie den Weg in eine der größten „Pfingstkirchen“ gewiesen. Auf der Linie ihres christlichen Glaubens liegt indes bis heute nicht nur ihr Einsatz zugunsten des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Auch in Fragen des unmittelbaren Lebensschutzes wie der Aufrechterhaltung des weitgehenden Abtreibungsverbots vertritt Frau Silva Positionen, die mit einer „liberalen“ Agenda nur schwer zu vereinbaren sind.“
Fehlende Positionierung von Marina Silva zu Folter, Todesschwadronen, Scheiterhaufen…: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/
Marcelo Yuka: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Christian Russau über Wahlerfolg von Marcelo Freixo in Rio de Janeiro – „Vorlage“ für Figur im neuen Spielfilm „Tropa de Elite 2″ :
„Indessen kam es bei den Parlamentswahlen im Bundesstaat Rio de Janeiro zu einer faustdicken Überraschung. Der Abgeordnete Marcelo Freixo von der linken Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) konnte sein Ergebnis gegenüber dem Jahr 2006 mit über 177.000 Stimmen mehr als verfünfzehn-fachen. Beobachter werten dies als „starkes Votum“ der Bevölkerung Rios gegen die Umtriebe der berüchtigten Mafiamilizen. Freixo hatte als Vorsitzender der parlamenta-rischen Untersuchungskommission zu den Paramilitärs im Bundesstaat Rio de Janeiro maßgeblich dazu beigetragen, dass mehr und mehr enttarnte Milizionäre, unter ihnen auch ehemalige Landtagsabgeordnete, also Kollegen von Freixo, im Gefängnis landeten. Er stand 24 Stunden am Tag unter Bewachung schwerbewaffneter Sicherheitskräfte und konnte nicht den in Rio üblichen Straßenwahlkampf machen. Keine Wahlkampfreden vor Ort, kein Händeschütteln vor laufender Kamera, kein Plakatieren seines Wahlkampfes in der berüchtigten Westzone von Rio de Janeiro. Wenn jemand von Freixos WahlkampfhelferInnen in diese bevölkerungsreiche Zone Rios zum Plakatieren für Freixo ginge, „kriegt er eine Kugel“, so die unmissverständliche Aussage der Mafiamilizen der Region. Bis zum Wochenende zählte die Zivilpolizei vier im letzten Moment abgebrochene Attentatsversuche auf den Geschichts-lehrer. Abgebrochen wurde die Aktion laut Informationen der Polizei, weil die Attentäter Freixos vier Leibwächter bemerkten, die ihn rund um die Uhr bewachten.
Marcelo Freixo konnte nur per Internet Wahlkampf betreiben – und hoffen, dass das ausreichte, um ihm den Sprung ins Parlament erneut zu ermöglichen. Hätte er die notwendigen Stimmen, angesichts seiner stark eingeschränkten Möglichkeiten, nicht erhalten, so hätte er aus Brasilien fliehen müssen. Der Polizeibeamte Vinicius George, parlamentarischer Assistent und gleichzeitig Sicherheitskoordinator Freixos ist sich sicher: „Der Preis eines toten Abgeordneten ist sehr viel höher als der Preis eines Geschichtslehrers.“ Die Polizei hatte bereits Jahr 2008 Mordpläne der Milizen gegen Freixo und Vinicius aufgedeckt. (PK)“ (Aus Neue Rheinische Zeitung)
« Rousseff contra Serra in Brasilien: Lulas politische Partner Fernando Collor und José Sarney für Wunschkandidatin des Staatschefs. – Brasilien, Lula zur Abtreibung:“Ich sehe hier eine Bande über Abtreibung reden. Ich wette, nicht wenige von denen haben schon mindestens zwei oder drei Abtreibungen gemacht.“ »
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