„Ich spreche mit vielen Slumbewohnern – wir von Adveniat sind Anwalt der Verelendeten, Marginalisierten!“Engagiertes Lateinamerika-Hilfswerk bereitet 50-jähriges Jubiläum vor
Katholische Kirchen Rio de Janeiros im MG-Kugelhagel von Banditengefechten, himmelschreiendes Elend in einem Slum Sao Paulos, das Heer von zerlumpten und abgehungerten Obdachlosen in der brasilianischen Megacity – Bischof Overbeck muß gleich bei seiner ersten Lateinamerika-Reise aufwühlende Eindrücke, schockierende soziale Kontraste verkraften. http://www.dw-world.de/dw/article/0,,6259125,00.html
http://www.katholische-kirche.de/2904.html
Kardinal Odilo Scherer, deutschstämmiger Erzbischof Sao Paulos, zeigt ihm die Brennpunkte der außergewöhnlichen Diözese, streift mit dem Gast durchs Katen-Labyrinth des Taipas-Slums. Denn in dieser „Favela“ hat Adveniat viel vor. Am 27. November 2011 wird das Hilfswerk anläßlich seines 50-jährigen Bestehens hier mit einem vom ZDF live nach Deutschland übertragenen Gottesdienst die Adveniat-Jahresaktion starten und besondere Zeichen setzen. „Nirgendwo in Deutschland wird soviel deutsches Kapital erwirtschaftet wie in Sao Paulo“, erläutert Bischof Overbeck, denn hier haben VW, Siemens, Bosch, BASF und rund tausend weitere Firmen große Fabriken. „Ein Teil unseres Reichtums ist in lateinamerikanischer Wertschöpfung begründet. Wir haben daher auch eine moralische Pflicht, den Menschen hier zu helfen, aktive Solidarität zu üben.“ Der Essener weiß um Brasiliens gravierende Menschenrechtsverletzungen, um Folter, Todesschwadronen und sogar Scheiterhaufen selbst in Lateinamerikas reichster Metropole – mit weit über 2000 Slums. „In einer globalisierten Welt können wir in Deutschland nicht so tun, als ginge uns die Situation der Menschen in Lateinamerika nichts an. Zumal in allen großen Städten auch deutsche Firmen, Industrieunternehmen ansässig sind.“ Redet er bei seiner Reise, die ihn sogar tief nach Amazonien und in die kolumbianische Hauptstadt Bogota führt, mit den Regierenden vor Ort notfalls Tacheles? „Wir als Kirche müssen politisch Einfluß nehmen. Wir müssen die Politik auf die Gründe hinweisen, die zu diesen schlimmen Entwicklungen geführt haben. Und ich als neuer Adveniats-Vorsitzender will mit möglichst vielen Menschen der Elendsviertel sprechen, mehr über ihre Sorgen und Hoffnungen erfahren.“ Adveniat, so stellt Overbeck gegenüber der brasilianischen Presse in Sao Paulo klar, verstehe sich als Anwalt, der die Menschenrechte der Lateinamerikaner verteidige. „Adveniat ist eine in Deutschland gut vernehmbare Stimme für die Anliegen Lateinamerikas, besonders der Bedürftigsten in den Gemeinden.“ Die brasilianischen Journalisten notieren erstaunt, daß das Hilfswerk allein in ihrem Land derzeit rund 1000 Projekte realisiert, in Lateinamerika insgesamt 3000 – und daß dafür allein 2009 etwa 40 Millionen Euro deutsche Spendengelder flossen. Wer selbst entlegenste brasilianische Kirchengemeinden besucht, wird nur zu oft von den dortigen Geistlichen hören:“Ohne Adveniat wäre unsere Sozial-und Menschenrechtsarbeit unmöglich, hätten wir nicht einmal eine Kirche!“ Brasilien, 24-mal größer als Deutschland, zählt viele rasch wachsende Großstädte und Slums – die nationale Bischofskonferenz kommt mit dem Bau neuer Gotteshäuser kaum nach, bekäme vielerorts von den meist sehr armen Gemeindemitgliedern schwerlich die nötigen Spenden zusammen. Bischof Overbeck erinnert daran, daß der lateinische Begriff „Adveniat“ aus der Vater-unser-Bitte stammt und „Dein Reich komme“ heißt. Zwangsläufig drängen sich ihm Vergleiche zu Deutschland auf, wenn er von den komplizierten Seelsorge-Bedingungen der brasilianischen Geistlichen hört: Bereits seit einer Woche sind über der Olympiastadt Rio de Janeiro Leuchtspur-Salven aus MGs zu sehen, weil sich wieder einmal rivalisierende Banditenkommandos heftige Gefechte liefern. Zehntausende von Slumbewohnern sind in Panik, verbarrikadieren sich in ihren Hütten und Baracken – Schulen, Kindergärten, Kaufläden sind geschlossen, und natürlich auch Kirchen. Auf der Treppe eines Gotteshauses sind Banditen mit MGs in Stellung gegangen. Priester Pedro Nunes aus der Konfliktregion sagt bitter: „All die Slumbewohner hier sind Opfer eines zusammengebrochenen Rechtsstaats.“ Die Regierung mit ihren Sicherheitskräften läßt die Gläubigen wieder einmal im Stich. „In Deutschland braucht niemand Angst zu haben, wenn er nachts aus dem Haus geht“, kommentiert Bischof Overbeck die brasilianische Gewaltsituation. Umso wichtiger, gerade in einer brasilianischen Favela erstmals eine Adveniat-Jahresaktion zu starten, den Deutschen per ZDF-Übertragung die Gesichter ihrer brasilianischen Mitgläubigen zu zeigen. Sogar Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, wird an der Messe teilnehmen. Welche Rolle Gott im Alltag der Menschen des größten katholischen Landes spielt, ist Overbeck in der Favela Taipas von Sao Paulo schon nach kurzer Zeit aufgefallen: „Ich wünschte uns in Deutschland mehr vom starken religiösen Gefühl, das hier überall so präsent ist.“ Hedwig Knist aus der Diözese Mainz leitet in Sao Paulo seit Jahren die Obdachlosengemeinde, von Adveniat unterstützt – jene „Bewohner der Straße“, wie man in Brasilien sagt, haben sogar eine eigene Kirche, ein Gemeindezentrum. Das beeindruckt den deutschen Gast. „Von solchen Modellen, solchen Erfahrungen können wir in Deutschland lernen.“Mit Overbeck sind auch Bischof Felix Genn aus Münster und Prälat Bernd Klaschka, der Adveniat-Geschäftsführer, nach Brasilien gekommen, die sich auf ein Wiedersehen mit Franziskanerbischof Johannes Bahlmann, einem Münsterländer, im amazonensischen Obidos freuen. Bahlmann ist ebenso Adveniat-Projektpartner wie „Nachbar“-Bischof Erwin Kräutler in Altamira, dem jetzt der Alternative Nobelpreis zugesprochen wurde. „Er erhebt ganz in unserem Sinne eine prophetische Stimme – kämpft für die Rechte der indianischen Ureinwohner, für die Bewahrung der Schöpfung“, so Prälat Klaschka.
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http://www.domradio.de/aktuell/37525/die-fruechte-des-hungerstreiks.html
http://www.domradio.de/aktuell/38862/was-will-diese-kirche-wirklich.html
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http://www.domradio.de/aktuell/6263/brasiliens-institutionalisierter-rassismus.html
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http://www.livenet.de/index.php/D/article/53/3725/
http://www.livenet.de/index.php/D/article/187/26441/
« Brasiliens Streitkräfte und die Slum-Diktatur. Hintergrund von 2008, Morro da Providencia. Maria Rita Kehl. Regisseur José Padilha, „Tropa de Elite 2″: „Die Realität ist schlimmer als der Film“. – Rio de Janeiro: Nach Marineinfanterie auch Fallschirmjäger in Slums entsandt. Eine Woche Feuergefechte, doch nur oberflächliche Medienfotos, die die Dramatik der Lage in den Favelas nicht realistisch abbilden. Was ist da los? Offenbar bisher keine unabhängigen Beobachter vor Ort. »
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