Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Rio de Janeiros Militär-Zirkus: Politik feiert „Sieg“ gegen nicht vorhandene Feinde der Slumregion „Complexo do Alemao“(Lula war dort 2008, 2009 und Okt. 2010), Banditenkommandos reichlich Zeit zum Rückzug gelassen – wie bei UNO-Umweltgipfel 1992 am Zuckerhut. Touristeninfos. Über 25000 Gewalt-Tote in Rio seit 2007, laut NGO. „Der Drogenhandel wird nicht zurückgehen.“(Folha de Sao Paulo)Karneval und Scheiterhaufen. Banditen erschießen Armee-Major. Amy Winehouse – Brot und Spiele. Rasche Banditenrückkehr.

In den wenigen kritischen Medienkommentaren der Qualitätszeitungen wird daran erinnert, daß Rio angesichts der bevorstehenden Fußball-WM und der olympischen Spiele Kompetenz demonstrieren mußte, um Milliardeninvestitionen zu erhalten. Der Bilder-Regen von den siegreich vorrückenden, vorstürmenden Truppen sei vor allem für die internationalen Medien gedacht – angesichts ernster Zweifel, ob Rio überhaupt fähig sei, die beiden Sportereignisse zu organisieren. Sehr vieles von den jüngsten Ereignissen in Rio de Janeiro sei bisher noch unklar bzw. nur sehr schlecht aufgeklärt und analysiert. Es gebe Zweifel und Mißtrauen, auf den sich bei der Suche nach Wahrheit jener Journalismus konzentrieren sollte, der Rios Gouverneur Sergio Cabral nicht verpflichtet sei.  Cabral gehört zur Partei PMDB, wichtigster Bündnispartner von Staatschef Lula.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/01/rio-de-janeiro-schweine-fressen-getotete-auf-banditen-verliesen-slums-in-panzerwagen-bestochener-polizisten-massiver-raub-durch-beamte-und-soldaten-laut-berichten-der-folha-de-sao-paulo/

Amy Winehouse – Brot und Spiele: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/10/amy-winehouse-viel-tamtam-um-konzerte-in-rio/

Rasche Banditenrückkehr in „Complexo do Alemao“: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/11/schwerbewaffnete-drogenbanditen-kehren-in-complexo-do-alemao-zuruck-raumt-brasilianisches-militar-ein-morde-an-slumbewohnern-trotz-militaraufsicht-gemeinsame-banditen-und-militarprasenz-in/

http://pt.wikipedia.org/wiki/Complexo_do_Alem%C3%A3o

Lula nennt die jüngsten Militäroperationen einen vollen Erfolg – viele Brasilianer fragen sich, warum Lula dann angesichts der behaupteten Schwere des Gewalt-und Terrorproblems einen derartigen Militäreinsatz nicht bereits am Anfang seiner Amtszeit vor acht Jahren verfügte.  Just im Oktober 2010 war Lula im Slum „Complexo do Alemao“, zuvor 2008 sowie 2009 mit seiner Frau, Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff und Gouverneur Cabral: http://g1.globo.com/Noticias/Politica/0,,MUL1175992-5601,00-NO+RIO+LULA+INAUGURA+OBRAS+NO+COMPLEXO+DO+ALEMAO.html

In Hurra-Medien ist jetzt von „Rückeroberung wichtiger Territorien“ Rio de Janeiros die Rede – das hieße mit anderen Worten, Lula und seine gewählte Nachfolgerin hatten bereits offiziell solche Territorien vor der „Rückeroberung“ besucht. Rios Polizei war regelmäßig im „Complexo do Alemao“.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/30/rio-de-janeiro-2008-besetzt-die-polizei-die-slumregion-complexo-do-alemao-ahnliche-bilder-wie-heute-regelmasig-polizeieinsatze-lula-mehrmals-vor-ort/

Banditen erschossen Armee-Major – bisher ranghöchstes Opfer bei jüngsten Zusammenstößen am Zuckerhut: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/29/rio-de-janeiro-armee-major-von-banditen-erschossen-in-slumregion/

„Wo sind die Waffen und die Banditen?“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/30/rio-de-janeiro-wo-sind-die-waffen-und-die-banditen-fragt-qualitatszeitung-o-globo-ruckzug-mit-guerrilhataktik-offenbar-wie-immer-gelungen-gute-geschaftsbedingungen-derzeit-im-mega-slum-ro/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/27/rio-de-janeiro-und-tropa-da-midia-kommentarkritik-an-medien-triumphgeschrei-bei-derzeitigen-kriegshandlungen-am-zuckerhut/

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Medien und Siegesmeldungen.

Angesichts der Erfahrungen mit solchen Militäreinsätzen seit dem UNO-Umweltgipfel von 1992 in Rio de Janeiro sei empfehlenswert, besser keine größeren Hoffnungen zu hegen.  Brasiliens Banditenkommandos, zu denen guttrainierte Elitesoldaten gehören, hatten bei den vorangegangenen Militäroperationen ebenso reagiert wie dieses Mal – und stets später die Macht im Parallelstaat der Slums fast problemlos wieder übernommen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/06/10/paulo-sergio-pinheiro-uno-sonderberichterstatter-menschenrechtsexperte-der-mehrheit-der-brasilianer-werden-deren-rechte-verweigert-in-allen-brasilianischen-polizeiwachen-wird-gefoltert-jeder-we/

 „Die wirklich großen Gangster, die eigentlichen Bosse, wohnen nicht in Slums, sondern in den Nobelvierteln Rios, bleiben ungestört, unangetastet.” Yvonne Bezerra de Mello, Sozialarbeiterin, Künstlerin, weltweit bekannte Slum-Expertin    http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/22/brasiliens-kindersoldaten-junge-kinder-mit-waffen-die-einfach-anderre-kinder-erschossen-haben-die-sie-gerade-mal-schief-angeschaut-habenlesermail/#more-141

Zu den zahlreichen Geschäftsfeldern des laut brasilianischen Experten eng mit der Politik liierten organisierten Verbrechens gehört neben Banküberfällen, Frachtraub, Autodiebstahl, Wegelagerei, Auftragsmorden, Waffen-und Munitionshandel, Wirtschaftsinvestitionen u.a. auch der Drogenhandel. Rio de Janeiros Präfekt Eduardo Paes hatte mit enormem Propagandaaufwand der Stadt seit mehreren Jahren einen sogenannten “Choque de ordem”, Ordnungs-Schock verordnet – die Lage in Rio spricht Bände über die Resultate.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/29/rio-de-janeiro-medienfotos-von-der-militaroperation-im-slum-complexo-do-alemao-was-fehlt/

Wie starb der mehrfach preisgekrönte TV-Reporter Tim Lopes? Laut Polizeibericht entdeckten ihn Banditen in der Favela Vila Cruzeiro von Rio de Janeiro – Tim Lopes wurde zuerst gefoltert, dann rammten ihm die Gangster einen Spieß in den Brustkorb, hackten seine Füße ab und verbrannten ihn lebendig in Autoreifen – siehe Szene aus ”Tropa de Elite”.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/13/carla-rocha-mutige-investigative-journalistin-recherchieren-unter-lebensgefahr-gesichter-brasiliens/

Touristeninfos: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/03/09/das-menschenrecht-auf-personliche-sicherheit-unter-lula-die-deutsche-botschaft-in-brasilia-informiert/

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Lula und Dilma Rousseff – offizielle Besucher von Slum-Territorien, die nach amtlicher Lesart erst jetzt „zurückerobert“ wurden.

Folter unter der Lula-Rousseff-Regierung: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/12/die-folter-in-polizeiwachen-hat-in-ganz-brasilien-stark-zugenommen-gefangenenpriester-valdir-joao-silveira-die-anti-folter-konvention-wird-nicht-eingehalten-was-tut-denn-die-uno-damit-die-k/

Hintergrund von 2007:

Neue Terrorwelle in Rio de Janeiro – übliche Regierungsversprechen

In Rio de Janeiro, dem nach Sao Paulo zweitwichtigsten Wirtschaftsstandort Brasiliens, dauert die Ende Dezember 2006 gestartete Terrorserie der hochgerüsteten Banditenmilizen an. Gemäß den wie üblich stark geschönten amtlichen Angaben sind bisher neunzehn Menschen getötet worden, darunter Polizisten, Busreisende und Gangster. Auch im benachbarten Teilstaate Espirito Santo gibt es Terroranschläge.

Attackiert werden wiederum Polizeiposten und -wachen, Bankfilialen und Geschäfte. Der Handel schließt vorsorglich in den am meisten bedrohten Stadtregionen auch wegen Banditendrohungen die Läden, Behörden geben ihren Angestellten arbeitsfrei. Dem Vernehmen nach wurden die neuesten Terrorattacken von Banditenchefs im Slum Mangueira vereinbart und geplant, der gleichzeitig Sitz der traditionsreichsten Sambaschule Brasiliens ist. Von Mangueira aus starteten danach Kommandos zu den Anschlägen in die verschiedensten Stadtteile. Rio de Janeiro, mit rund achthundert Slums, hat eine etwas höhere Bevölkerungszahl als Kuba, weshalb sich zahlreiche soziokulturelle sowie die Menschenrechte betreffende Vergleiche aufdrängen. Gemäß neuesten Studien gelten 3,1 Millionen Bewohner Rios als arm oder verelendet, hausen größtenteils in dem von Banditenmilizen neofeudal beherrschten Parallelstaat der Slums. Anders als in Kuba ist das lebendige Verbrennen Mißliebiger durch Banditen üblich. Den Autoritäten sind diese Zustände seit Jahrzehnten detailliert bekannt. Rios couragierte Chefinspektorin Marina Maggessi, inzwischen zur Kongreßabgeordneten gewählt, hatte erklärt:”Diese Banditenbosse sind Tyrannen “ sie verbrennen Mernschen lebendig, verstümmeln und zerstückeln Slumbewohner, begehen Greueltaten jeder Art, dominieren die Slums mit aller Brutalität.” Ein Großteil der jüngsten Terroranschläge geschieht am Slumkonglomerat „Complexo da Marè”. Vor rund zwei Jahren hatte der jetzige Präsident von Staatschef Lulas Arbeiterpartei(PT), Ricardo Berzoini, in seiner damaligen Funktion als Arbeitsminister gemeinsam mit Kulturminister Gilberto Gil diesen Slum besucht. Laut Presseberichten ließen sich beide von den dortigen gefürchteten Gangsterbossen die Visite genehmigen, fuhren, wie gefordert, ohne Bodyguards, Polizeibegleitung hinein, erkannten damit gemäß Politikwissenschaftlern die neuofeudale Diktatur der Banditenmilizen offiziell an. Paulo Sergio Pinheiro, Experte für Gewaltfragen an der Bundesuniversität von Sao Paulo:”All dies ist ein Skandal “ geschähe derartiges in Berlin, Paris oder London, würde das im Parlament debattiert, würde die Regierung gestürzt.”
–Banditenmilizen und NGO”
Insider haben immer wieder angeprangert, daß nicht wenige brasilianische NGOs, die teils von europäischen Spendern finanziert werden, mit Banditenmilizen in den Slums freiwillig oder erzwungen zusammenarbeiten. Diese NGOs stellen sogar Räume für Banditenfeste zur Verfügung, verstecken Waffen und Drogen, geben Geld für Banditenbeerdigungen. Nicht selten sitzt im NGO-Vorstand ein Vertreter der Banditen. Als in Rio aus dem Slum-Projektgebäude einer europäischen NGO ein Videogerät gestohlen wurde, drohten die sich einmischenden Gangster damit, solange Menschen zu erschießen, bis der Apparat wieder auftaucht. Das war erst nach dem achten Toten der Fall. Ein brasilianischer Projektmitarbeiter dort:”So viel Geld von naiven Spendern wird vergeudet, weil die Projekte in Banditengewalt sind!”
–„barbarische Terroranschläge””
Staatschef Lula hatte bisher ebenso wie seine Amtsvorgänger derartige Attentate stets als „Sicherheitsprobleme” charakterisiert “ jetzt sprach er erstmals von barbarischen Terroranschlägen. Auf der Stadtautobahn zum internationalen Flughafen stoppen Kommandos immer wieder Autos und rauben die Insassen, darunter auch ausländische Touristen, aus.
Gemäß Meinungsumfragen wird nach Auffassung der Rio-Bevölkerung über Gewalt, Verbrechen und Terror nur sehr reduziert berichtet. Dem Vernehmen nach geschieht dies, um dem Image des Landes nicht zu sehr zu schaden. Als ein Banditenkommando das große Reisebüro eines Europäers in Rio gestürmt und mit Maschinenpistolen wahllos auf die Angestellten gefeuert hatte, erreichte dieser durch persönliche Intervention bei den Medien, daß darüber bis heute nicht eine einzige Zeile veröffentlicht wurde
Der bevorstehende Karneval soll ein weiteres Mal von Spezialeinheiten der Armee beschützt werden. Deren Einsatz war erst zu den panamerikanischen Spielen geplant, die im Juli 2007 in Rio stattfinden.
Staatschef Luis Inacio Lula da Silva befürwortete schärfere Gesetze gegen das organisierte Verbrechen: ”Bei den jüngsten barbarischen Untaten handelt es sich um Terrorismus, um terroristische Praktiken, die mit aller Härte bekämpft werden müssen. Das war nicht mehr der gewöhnliche Banditismus, den wir alle hier kennen. Man kann jetzt aber nicht nur dem Staatschef oder dem Gouverneur von Rio de Janeiro die Schuld für das Geschehene geben “ nein, die ganze Gesellschaft muß dafür die Verantwortung übernehmen. Denn die Untaten sind das Resultat von Fehlern, die sich in der Gesellschaft seit langem anhäuften. Ich bin überzeugt “ hier zeigt sich ein Werteverlust, aber auch ein Verfall, eine Verwilderung unserer Gesellschaftsstrukturen. Wenn die Familien zerrüttet, verwildert sind, wenn Vater und Mutter sich nicht mehr verstehen, der Sohn nicht mit dem Vater, werden all diese Probleme schwerlich zu lösen sein, wird dies auch die Polizei nicht schaffen, gegen die Gewalt nichts ausrichten können. Die ehrlichen Arbeiter, die morgens aus dem Haus gehen, müssen sicher zur Familie zurückkehren können.”
–”Sehr perverse weiße Elite in Brasilien” – Problem Straflosigkeit–
Brasiliens Qualitätsmedien widersprachen Lulas Argumentation. Der Staatschef habe ein weiteres Mal so getan, als seien andere, und besonders seine Amtsvorgänger an der Lage schuld. Beim Amtsantritt vor vier Jahren habe Lula im Grunde genauso dahergeredet, in puncto öffentlicher Sicherheit viel versprochen, doch fast nichts realisiert, die Mittel für Verbrechensbekämpfung sogar stark gekürzt. Die Terroranschläge der Banditenmilizen Sao Paulos vom letzten Jahr würden derzeit von Lula nicht einmal erwähnt, hieß es in den Kommentarspalten.
Sao Paulos damaliger Gouverneur Claudio Lembo hatte erklärt:”Wir haben eine sehr üble Bourgeoisie, eine sehr perverse weiße Elite in Brasilien. Dies ist ein zynisches Land. Der nationale Zynismus tötet Brasilien. Dieses Land ist desintegriert und verlor seine bürgerlichen Werte. Die soziale Frage ist gravierend. ”
Roberto Busati, Präsident des brasilianischen Anwaltsverbands OAB, lehnt die von Lula befürworteten schärferen Gesetze ab: ”Wir brauchen keine härteren Gesetze “ nötig ist vielmehr, die Verbrecher überhaupt zu verurteilen. In diesem Land ist bereits zur Normalität geworden, daß sich immer wieder solche Attentate, solche Akte der Barbarei ereignen, die Bevölkerung in Schrecken versetzen. Doch die Täter werden einfach nicht bestraft. Das große Problem dieses Landes ist die Straflosigkeit “ sie ist wie ein Krebsgeschwür, das die Gesellschaft zersetzt und zerstört. Bei jenen, die jetzt einen Bus anzündeten, in dem acht Menschen lebendig verbrannten, handelt es sich um Berufsverbrecher, die schon seit langem hinter Schloß und Riegel sein müßten. Doch alle befinden sich weiter auf freiem Fuß. In diesem Land kommt es stets nur zu Behelfs-und Notlösungen “ doch man muß das Übel endlich einmal an der Wurzel packen. Das Verbrechen ist immer besser organisiert, die Polizei dagegen immer schlechter. Das organisierte Verbrechen beherrscht zunehmend den brasilianischen Staat.”
Busati erinnerte an die Ermordung der nordamerikanischen Amazonas-Missionarin Dorothy Stang von 2005 im extrem gewaltgeprägten Teilstaate Parà. Damals sei von der Regierung ebenfalls viel versprochen, doch nichts gehalten worden. „Heute redet niemand mehr von der Lage in Parà.” Lula hatte damals von scharfem Durchgreifen wie jetzt in Rio gesprochen. Die Medien reagierten mit Hohn und Spott, wiesen auf die zehntausenden Gewalt-Toten im „unerklärten Bürgerkrieg” des Tropenlandes. Lula, so hieß es, spule lediglich den „Kit Massacre” ab, für solche Fälle vorbereitete Propagandaanweisungen, die auch das Ausland beruhigen sollten.
Straflosigkeit betrifft auch die Lage im Straßenverkehr, bleibt es daher bei landesüblicher bewußter Fahrlässigkeit. In Deutschland gab es 2006 rund 5000 Verkehrstote, in Brasilien, mit einer nur etwa doppelt so großen Einwohnerzahl und deutlich weniger Fahrzeugen, jedoch über 60000(!!). Ende 2006 veröffentlichte die Qualitätszeitung ” O Globo” eine Artikelserie unter dem Titel “Illegal – na und?” An zwei wichtigen Kreuzungen des vor allem von Mittel-und Oberschichtlern bewohnten Strandstadtteils Barra da Tijuca zählten die Reporter tagsüber innerhalb von zwanzig Minuten insgesamt 123 Autos, die bei Rot über die Kreuzungen fuhren. Auf einem Foto waren die rote Ampel und direkt darunter zwei bewaffnete Rio-Sheriffs zu sehen, die sich an dem Verkehrsdelikt nicht störten. Ebenso wenig hinderte die Autofahrer die Präsenz der Sheriffs daran, bei Rot weiterzupreschen. Man stelle sich eine solche Situation in Berlin, Hamburg oder München vor. “Pech” haben Fußgänger, die bei Grün über die Straße wollen, aber dank solchen gewöhnlich tolerierten Fahrerverhaltens ihr Leben verlieren. Autofahrer aus Ländern dieses rücksichtslosen Fahrstils haben gewöhnlich große Eingewöhnungsprobleme in Ländern, die dies nicht dulden – und jene Staaten daher nicht selten als engstirnig, pingelig, eklig intolerant und bürokratisch-kalt einstufen. Die Zeitungen Rios veröffentlichen regelmäßig Fotos, die zahlreiche Einschüsse in Verkehrsschilder zeigen – diese als Zielscheiben, auch vom Auto aus, zu benutzen, ist weithin üblich.
–Berufskiller, Killerspiele, Killervideos”
In dem Drittweltland werden jährlich über fünfzigtausend Morde begangen, doch gemäß jüngsten Studien nicht einmal fünf Prozent dieser Verbrechen überhaupt aufgeklärt. In Rio de Janeiro lag laut Presseberichten die Rate letztes Jahr sogar nur bei 1,31 Prozent. Somit laufen anders als in Kuba hunderttausende Mörder frei herum, gehört zu den Eigenheiten Brasiliens, daß dort ein Großteil der Bewohner Mörder persönlich kennt und mit ihnen zwangsläufig Kontakt hat. Mörder bieten selbst Ausländern im Alltag immer wieder an, Mißliebige, Leute, mit denen es Probleme gibt, zu liquidieren. In Sao Paulo hatte eine Textilhändlerin einem Geschäftskunden zahlreiche Kleidungsstücke überlassen, die er nach deren Verkauf bezahlen sollte. Der Geschäftskunde verschwand indessen mit dem Geld, wollte nicht bezahlen “ ein recht häufig auftretender Fall in einem Land, das laut Schriftsteller und Kolumnist Joao Ubaldo Ribeiro von einer „Kultur der Unehrlichkeit und Scheinheiligkeit” gezeichnet ist. In einer der großen Sambaschulen Sao Paulos wurde der Textilhändlerin daraufhin angeboten, den Geschäftskunden gratis ausfindig zu machen und zu töten.
Killerspiele, Killervideos, weit sadistischer und auch sexistischer als die in Deutschland bekannten, sind seit Jahren bei Brasiliens Kindern und Jugendlichen hochpopulär, dienen bekanntermaßen den Banditenmilizen als direkte Anleitung zu perversesten Gewalttaten. Auch in Mittelschichtsfamilien der Großstädte finden zahlreiche Eltern nichts dabei, wenn ihre Kinder die Killerspiele ganz laut stellen, damit man nicht nur die Mpi-Salven, sondern auch die Einschüsse in die Köpfe ganz deutlich hört. Beinahe den ganzen Tag sich mit Massenmorden am Monitor zu beschäftigen, ist in Städten wie Rio und Sao Paulo für zahllose Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, völlig normal. Ein 26-jähriger Mann jetzt in Sao Paulo:”Zu den Weihnachtsfeiertagen habe ich wegen des neuen tollen Killerspiels meine Freundin weggeschickt “ das Game ist einfach geiler.”
Nach den jüngsten Brandanschlägen auf Busse Rios haben Fahrgäste erstmals kleine Feuerlöscher griffbereit dabei.
–Mitverantwortung von SI-Vize Brizola”
Zu den politisch Mitverantwortlichen für die Stärkung des organisierten Verbrechens von Brasilien zählt der inzwischen verstorbene Linkspopulist und Großgrundbesitzer Leonel Brizola, einst auch Vizepräsident der Sozialistischen Internationale “ nach eigenem Bekunden enger Freund Willy Brandts. Brizola wurde zwar von den Putschgenerälen des Jahres 1964 exiliert, unterhielt indessen nach seiner Rückkehr 1982 beste Beziehungen zum letzten Diktaturchef Joao Figueiredo und ging immer wieder Wahlbündnisse mit der Regimepartei PDS ein. Die Sozialistische Internationale störte sich offenbar nicht an diesen Details, als sie Brizolas linkspopulistische PDT(Partido Democratico Trabalhista) in ihre Reihen aufnahm und den Caudilho zu einem der SI-Vizes machte. Wie ein Filialleiter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung im Interview erläuterte, geschah die Aufnahme aus „pragmatischen Gründen”´, „man war froh, daß überhaupt eine Partei aus Lateinamerika, wie die PDT, zur Sozialistischen Internationale dazugehört und schaute nicht so genau hin, was diese tut.” Wie das führende brasilianische Nachrichtenmagazin „Veja” schrieb, übernahm Brizola wie kein anderer nationaler Politiker den Regierungsstil seines Vorgängers im Gouverneursamt von Rio, Chagas Freitas, der sich von Rios Unterwelt, darunter den Bossen der Slums und den Chefs des verbotenen Glücksspiels „Jogo de Bicho” unterstützen ließ. Konzessionen an die Banditenbosse seien üblich, hieß es, weil diese in den Slums von Rio traditionell darüber bestimmten, welche Kandidaten gewählt würden. Brizolas Idol und geistiger Ziehvater war Diktator Getulio Vargas, ein Hitlerverehrer und Judenhasser. Schriftsteller Stefan Zweig hatte sein PR-Buch „Brasilien “ ein Land der Zukunft” unter der Vargas-Diktatur geschrieben. Brasiliens Zweig-Biograph Alberto Dines aus Sao Paulo:”Stefan Zweig machte ein Geschäft mit der Vargas-Regierung “ er schrieb ein Buch zugunsten Brasiliens im Tausch gegen ein Dauervisum, erhielt es mit unglaublicher Leichtigkeit. Und wenn er ein Buch verfaßt, das günstig für das Land ist, wird er eben bestimmte Dinge nicht sagen.” Zweig, so hieß es, unterhielt enge Kontakte zu Diktator Vargas, an den mitten in Rio ein neues großes Memorial erinnert.
Zur Lage in der Zuckerhutstadt schreibt die Qualitätszeitung “O Globo”:”Rio glaubt seit langem nicht mehr an Rio. Die Landschaft ist zwar hübsch, aber häufig nutzlos. Gewalt, Dekadenz, Flucht von Fachkräften, Abwanderung von Unternehmen, Verdreckung der Strände – all dies hat jenen, die hier wohnen, das Vertrauen genommen. Chico Buarque sagte, daß es gelegentlich hochschlagende Empörung gebe, sich die Leute danach aber an die Dinge gewöhnten. Das allgemeine Gefühl ist, daß es morgen schlechter sein wird als heute.”
Brasiliens bester Liedermacher Chico Buarque aus Rio sagte zu den jüngsten Terroranschlägen:”Man fühlt sich jetzt nicht unsicherer als vorher – was jetzt passierte, war erwartet worden. Als es in Sao Paulo losging, verstanden die sensibleren Zeitgenossen, daß dies auch hier geschehen könnte. All dies hier ist keinerlei Überraschung. Wir sind diesen Dingen immer mehr unterworfen. Seit ich hier lebe, kenne ich viele verschiedene Rio de Janeiros. Viele Städte sind zu stark gewachsen, wurden schlechter.”
Chico Buarque zählt zu den hervorstechendsten Kuba-Sympathisanten Brasiliens, hat immer wieder den Kulturaustausch persönlich gefördert.
Ricardo Cro, Bewohnerpräsident eines Armenviertels von Rio, betonte jetzt:”Wie Schriftsteller Zuenir Ventura hervorhob, leben wir in einer geteilten Stadt. Diese Apartheid hier öffnet die Türen weit, damit Kriminelle, ob in Uniform oder nicht, Zivilisten oder Militärs die öffentliche Gewalt in den verschiedensten Sektoren ersetzen. Was diese Bevölkerung in den letzten Jahren, unter der Herrschaft der Verbrecherkommandos und jetzt, unter den neuen Milizen erleidet, ist unvorstellbar.” Auch Deutschlands Pseudo-Menschenrechtler, Pseudo-Drittweltbewegte selbst aus der Latino-Szene interessiert indessen just die konkrete Lage der Slumbewohner Rios, von Ausnahmen abgesehen, einen Dreck – vorgegebene Mainstream-Themen sind ihnen weit wichtiger. 

Brasiliens Intelligentsia erörtert seit Jahrzehnten fruchtlos in den Medien oder auf Konferenzen ausführlich, wie die vielfältigen Probleme des Tropenlandes gelöst werden könnten. Ein im Lande weilender japanischer Wirtschaftsexperte, der die Verhältnisse recht gut kennt, wurde im Zeitungsinterview gefragt, welche Lösungswege er als Ausländer sehe. Der Japaner antwortete mit nur zwei Worten: “Gesetze einhalten.” Brasilien hat in Bezug auf Menschenrechte oder auf den Umweltschutz hervorragend und sehr detailliert ausgearbeitete Gesetze.
–US-Soldaten von Irak-Aggression nach Rio–
Unterdessen nimmt laut Presseberichten die Zahl der US-Soldaten zu, die ihren “Feldurlaub” vom Krieg gegen den Irak in den Strandvierteln der Zuckerhutstadt verbringen, als sehr zahlungskräftige Gäste in den teuersten und schicksten Bars, Diskotheken, Bordellen und Restaurants sehr willkommen sind. Ein Teil der Frontsoldaten bekam den Flug von der US-Regierung bezahlt, die ein spezielles Erholungsprogramm für Soldaten unterhält, die im Irak, aber auch in Afghanistan, Kuwait oder Pakistan stationiert sind. Zitiert wird zudem die US-Reiseagentur “Tours Gone Wild” mit Sitz in Miami, bei der immer mehr Frontsoldaten buchen. Auf ihrer Website präsentiere sie Fotos von “heißen brasilianischen Frauen mit großen Brüsten” an Stränden oder in Nachtclubs. Zu den Militärs zählen Offiziere ebenso wie Kanoniere der Artillerie oder Scharfschützen. Als bevorzugter Strand der Soldaten gilt Ipanema.

NGO „Rio da Paz“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/20/rio-de-janeiro-und-gewalt-25000-menschen-getotet-seit-2007-laut-ngo-rio-de-paz-menschenrechtsbilanz-der-lula-regierung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/

Boomende Crackbranche unter Lula: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/20/crack-jugendpolitik-unter-lula-und-jose-serra-dunkelhautige-kinder-und-jugendliche-sind-crack-hauptkonsumenten/

Karneval und Scheiterhaufen in Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/08/brasilianischer-therapeut-jorge-forbesrio-karneval-eher-ein-fest-kollektiver-entfremdung-oberflachlichkeit-und-scheinheiligkeit/#more-43
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/25/banditenorganisationen-in-rio-de-janeiro-wer-herrscht-wo-stadtkarten-anklicken-satellitenfotos-nutzen/

„Tropa de Elite 2″ und offizielle Siegespropaganda: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/08/tropa-de-elite-2-noch-dokumentarischer-als-der-berlinale-gewinner-landeskunde-pur-uber-das-heutige-brasilien/

Die Wirtschaftszeitschrift “Brasil Economico” zitiert einen Regierungsfunktionär Brasilias zum Ziel der Auslandspropaganda:”Unsere Priorität ist, das Image Brasiliens als einer großen, sozial, politisch und wirtschaftlich stabilen Demokratie zu positionieren.”

Hubschrauberabschüsse in Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/17/polizeihubschrauber-explodiert-bei-slum-einsatz-in-rio-morro-dos-macacos/

Hintergrundtext

Köpfen, vierteilen, lebendíg verbrennenLuxus und Elend von RioReinaldo Guarany, Stadtguerrilhero im Ruhestand, weiß, wie man mit Maschinenpistolen umgeht. 1970, wãhrend der Militärdiktatur, richtet er eine in Rio auf die Bewachertruppe des deutschen Botschafters Ehrenfried von Holleben.  Setzt sie mit einigen Feuerstõßen außerGefecht, reißt den verdatterten Dlplomaten aus seiner Luxuskarosse, packt ihn mit Hilfe eines Companheiro in eine nach Chloroform duftende Holzkiste. Die Entführung gelingt, von Holleben kommt frei, nachdem 40 Gegner der Foítergeneräle aus den Verließen geholt und nach Algerien ausgeflogen worden sind.  Deutsche, belgische oder nordamerikanische Maschinenpistolen, die Guarany seinerzeit vom chilenischen Exil aus für die Guerrilla in Argentinien, Uruguay und Brasiiien importierte, faßt der inzwischen úber 50-jährige heute nicht mehr an,sieht sie indessen alleTage, nurSchritte von seinem Hãuschen entfernt, auf sich gerichtet. Wir fahren eine enge steile Straße des malerisch wirkenden Bergstadtteils Santa Teresa hinunter – an der ersten Biegung blinkt bereits eine verchromte MPi. In fünfzehn langen Minuten, bis ein verkeilter LKW endlich weiterkommt, brauchte der nur mit Shorts bekleidete 12-jährige nur einmal durchzuziehen, und alle im Auto wären hinüber.  Guarany wird nicht ein bißchen mulmig: ,,Noch vor zwei Jahren habe ich hier viele Jungs Murmeln spielen sehen, die mir heute mit MPis begegnen – sie wurden Soldados des organisierten Verbrechens, prahlen damit herum, rühmen die Banditenchefs ais ihre Helden!“Die Zeiten haben sich geändert – seit 1985 ist Brasilien wieder eine Demokratie, und Entführungen von Geldleuten, nicht mehr Diplomaten und Politikern, wurden in Rio so hãufig, daß sich kaum noch jemand darüber aufregt und die Medien längst nicht mehr alle Fälle registrieren. Der illegale Besitz von eingeschmuggelten Mpi stieg enorm.  ,,Wáren wir damals nur fünfzehn Minuten bewaffnet in Santa Teresa auf der Straße geblieben“, so Guarany bitter-humorig, ,,hätten die sicher sogar ein Kriegsschiff hierher in die Berge geschickt.“Einen Steinwurf von Guaranys Häuschen entfernt,beginnt das pompöse Anwesen einer der reichsten Familien Brasiliens, die ein Bataillon von Hausbediensteten beschäftigt.  Schaut deralsRomanschreiber.Fachbuchautor, Ghostwriter, Úbersetzer, Rechtsexperte, Betriebswirt und auch noch erfolgreicher Bildermaler vielbeschàftigte Ex-Guerrilheiro dagegen von seinem Balkon die Santa-Teresa-Berge hinunter, sieht er nur Slums, Favelas, die wie sämtliche rund 800 Rios in Feudalmanier grausam wie im Mittelalter von Herren úber Leben und Tod regiert werden.  Manche lassen sich sogar die Füße küssen, haben mit Dutzenden von Geliebten Dutzende von Kindern, erhalten Heldenbegräbnisse. Banditenchefs mit Namen wie Rambo oder Robocop und Minireichen wie Ratolândia(Rattenland) oder Buraco Quente (Heißes Loch) dinieren in den besten Restaurants, kaufen in den teuersten Boutiquen der Mittel- und Oberschichtsviertel Ipanema, Leblon oder Barra, benutzen nicht selten sogar Computer, Laptop und Internet, haben indessen keine Hemmungen, Mißliebige, vom Normendiktat abweichende Slumbewohner zu kastrieren, zu köpfen, zu vierteilen, aufzuspießen oder sogar lebendig zu verbrennen.lm Slum Vidigal, der direkt an das Sheraton-Hotel grenzt, ließ Banditenboß Giovani zwei 14-jährige Màdchen von seinen meist minderjährigen Soldados aus ihren Baracken holen und auf die wichtigste Favela-Straße, die Avenida Presidente João Goulart bringen.  Dort wurden ihnen vor allen Leuten die Füße durchschossen.  Sie hatten gewagt, einem anderen, mit Giovani verwandten Mädchen eine Ohrfeige zu verpassen, weil es mit dem neuen Freund einer der beiden ausgegangen war.  Ein Bewohner kommentíerte: „Die beiden baten, bei der Liebe Gottes, nicht zu schießen, aber das half nichts. Hier ist es so. Wer sich nicht an die Regeln hält, hat die Strafe sicher.“ Zu den Regeln gehört das „Lei do Silencio“, Gesetz des Schweigens: Zu niemandem ein Wort über Favela-Vorgänge!Zuvor verdächtigt Gringo, ein anderer Neofeudalist von Vidigal – den Bewohner Boca Mole, für die Polizei zu spionieren. Zeugen sehen, wie dem Mann mit einer Zange die Zunge herausgerissen und mit einem Messer die Ohren abgeschnitten werden. Zunge und Ohren werden auf öffentlichem Platz fúr jedermann sichtbar an einem Pfahl angenagelt.Nebenan in Ipanema, stimuliert derartiges keinen aus derreichlich vertretenen intellektuellen Elite mit den Sorbonne-und Harvard-Diplomen zu tieferem Nachdenken, Reflektieren oder gar zu einer Aktion. Staatschef FernandoHenrique Cardoso, Soziologe, und seine Frau Ruth, Anthropologin, úbergehen das Thema schließlich auch mit Schweigen. Die Boys und Girls from Ipanema, viele davon Uni-Studenten, mucksen sich gleich gar nicht. Sie haben Wichtigeres, Hehreres im Auge – für das Recht auf freien Marihuana-Konsum am vielbesungenen, weltbekannten Strand wurde mit allen politischen Mitteln, darunter Demos, Pfeifkonzerte, Flugblattaktionen und sogar Rund-Tisch-Gesprãche mit Politikern und Intellektuellen heftig gekämpft, die Presse war voll davon. Daß Marihuana (und die anderen ebenso rege verbrauchten Modedrogen wie Kokain und Crack) nur von moralisch-ethisch einwandfreien Lichtgestalten wie Giovani, Gringo und dessen Anhang zu haben ist, die freundschaftliche Beziehungen zu den immer unentbehrlicheren, sozial zusehends aufgewerteten Dienstleistern vom nahen Hügel als Kehrseite, Nebenprodukt das Terrorregime in den Slums haben, fällt dabei glatt unter den Tisch. Charles Fábio Vidal, 18, wollte in der an einem Steilhang úber Ipanema gelegenen Favela ‚Morro do Cantagalo‘ kein Soldado an den von Studenten, Alternativen und Jungunternehmern frequentierten Drogendepots sein – zur Strafe durchschossen ihm die Banditen seines Slums die Hände mit einem Revolver. Wer die Rekrutierung ablehnt, kann sogar getòtet werden. In einem Slum der Nordzone wurden nicht weniger ais 21 Jugendlichen nach Folterungen die Hánde mit Schüssen perforiert Alba Zaluar, Brasiliens führende Gewaltexpertin, eine Art einsame Ruferin in der Wüste, sieht in den rasch wachsenden Slums eíneneue tyrannische Kultur feudalistisch-machistiscner Werte inzwischen fest installiert. Von den Autoritäten werde dies hingenommen.Ex-Guerrilheiro Guarany geht noch einen Schritt weiter – spricht von einer „Komplizenschaft des Staates“ mit den Drogengangstern dês organísierten Verbrechens. Diese sind übrigens verrúckt nach importierten Brutalo-Filmen, holen sich aus ihnen womõglich Anregungen: Ein Geistlicher sieht, wie in einem Slum Rios mit einem abgehackten Kopf Fußball gespielt wird. Eine Rechtsanwältin kennt einen Zeugen, der ihr berichtete, wie inmitten von Freiluft-Discos Jugendliche lebendig  verbrannt wurden. Derartiges tat auch der 1995 von Rivalen erschossene Gangsterboß Nem Maluco: Ais die Eltern einer Jugendlichen nicht einverstanden waren, daß er ihre Tochter zur Geliebten machte, befahl er Kumpanen, ein großes Loch zu schaufeln.  Die Eltern wurden gezwungen, sích hineinzulegen.Nem Maluco úberschüttete sie mit Spiritus, ließ sie ver-brennen. Der Geruch verkohlten Fleisches zog úber dieFavela – doch jedermann blieb aus Angst passiv in seinerHútte. Ein Mädchen wollte sich nicht hingeben – derGangsterboß einer anderen Favela schlitzte sie daraufhinvon unten bis oben mit einem Messer auf. Leichen sollenoft zwecks Abschreckung ím Gassenlabyrinth liegenbleiben- jedermann jeden Alters muß mit ansehen, wieGeier und freilaufende Schweine diesen die Gedärme meterlang herauszerren, die Toten schlíeßlích ganz oder  teílweíse auffressen.Die Liste von nahezu unvorstellbaren Untaten läßt sich beliebig verlângern. Jurandir Freire Costa, Therapeut und Direktor des Instituts für Sozialmedizin an der Universitát von Rio, hat eine Erklärung fúr das Desinteresse der Bessergestellten Rios, Sao Paulos, Salvadors oder Fortalezas am Los der Slumbewohner: Die Mittel- und Oberschicht spricht diesen den Gleichheitsgrundsatz ab, definiert sie quasi ais Nicht-Menschen, reagiert daher mit extremer Indifferenz und Akzeptanz auf jede Art von Gewalt gegen diesen Bevölkerungsteil. Daß Slumbewohner kaum ein Minimum an Menschenrechten genießen, ist somit irrelevant. Menschenrechtssamba anklicken: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/24/der-irak-ist-hier-menschenrechtssamba-von-jorge-aragao-erneut-recht-aktuell-in-der-olympia-stadt-rio-de-janeiro/

ThyssenKrupp in Rio: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/04/thyssenkrupp-in-rio-de-janeiro-hohe-geldstrafe-wegen-umweltvergiftung-durch-neues-stahlwerk/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/18/brasilien-kindsmord-am-amazonas-ard-weltspiegel-berichtet-erstmals-uber-infantizid-bei-brasilianischen-indianerstammen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/04/the-worlds-happiest-cities-forbes-rio-de-janeiro-top-of-our-list-good-humor-good-living-carnaval/

“Brasilien wird mit gutem Humor,  gutem Leben sowie mit Karneval  assoziiert”, schreibt Forbes. Der Karneval sei dabei sehr wichtig – es sei jenes klassische Bild,  das die Leute von Rio hätten, ein Image der Glückseligkeit, heißt es weiter. Rio sei ein Ort, wo jedermann gerne hinmöchte. Rios Bürgermeister Eduardo Paes sagte dazu:”Die Welt entdeckt, was wir längst wissen: Rio ist der beste Platz zum Leben und Arbeiten.”

Medienzirkus und Rocinha-Favela: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/30/rio-de-janeiro-medienzirkus-und-rocinha-slum-haufige-ersturmung-durch-polizei-drogenhandel-und-banditenprasenz-mit-kriegswaffen-wie-gehabt-in-diesen-tagen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/19/httpwwwrechtsanwalt-brasiliende-anwalte-infur-brasilien/

Dieser Beitrag wurde am Montag, 29. November 2010 um 13:17 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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