Titelseite mit zahlreichen Fahndungsfotos.
http://pt.wikipedia.org/wiki/Massacre_no_Complexo_do_Alem%C3%A3o
Hintergrundtext
Rios Feudalstrukturen:
Gangsterbosse begehrt bei Mädchen und Frauen
Im Slum Acari von Rio de Janeiro war Jorge Luiz dos Santos sechs Jahre lang Herr über Leben und Tod,duldete keinen Widerspruch. Jetzt liegt er aufgebahrt am Sitz der Bewohnerassoziation – über zehntausend “Favelados“ ziehen mit tieftrauriger Miene, oder sogar heftig schluchzend, am Sarg vorbei.Úber ein Dutzend Banditen, darunter sein Nachfolger Viriato, halten Ehrenwache. Eine große Gruppe meist dunkelhäutiger Frauen weicht ebenfalls nicht von der Seite des 32-jährigen Toten, einige werden ohnmächtig. Auf dem Friedhof ‚Garten der Sehnsucht‘ bietet sich tags darauf beim aufwendigen Begräbnis fúr den als ,,Held, Idol, Vater, Robín Hood, Wohltäter und Meister“ verehrten Santos ein ähnliches Bild; weiße Tauben und Ballons steigen auf, über den Sarg werfen sich wieder viele tieferschütterte Frauen: In Acari hatte der Gangsterboß einen regelrechten Harém mit 29 Geliebten, die sämtlich voneinander wußten, ihre Situation problemlos akzeptierten. Kúrzlich gab Santos für alle seine Kinder ein Fest – es vyaren 32. Maria Lacerda, 18, beschreibt den Mann ihresLebens ais ,,schõnsten, charmantesten und sympathischten Der Welt“, von anderen kommt àhnlich begeistertes Lob. Für ganz Acari war der Banditenchef auch der grõßte Eroberer, Frauenheld – in den über 800 Favelas von Rio drängen sich bereits Minderjährige, viele Erst zwölf, geradezu danach,Geliebte oder gar ‚FirstLady‘, PRIMEIRA DAMA, eines Verbrecherkónigs zu werden. Denn dies bedeutet Status, Schutz und das Ende materieller Sorgen.Silvana dos Santos, 23, ist die einzige ‚offizielle’Witwe des Toten, mit dem sie zwei Söhne hat:,, Ich verstandJorge. Er konnte sich nie außerhalb des SIums vergnúgen, war hier wie gefangen. Deshalb hatte er auch andere Frauen. Aber mir Iieß er es an nichts fehlen – auch künftig Werde ich keine Probleme haben.“Elizabeth, 20, war drei Jahre „Primeira Dama“ von Orlando Jogador, Herrscher über den Slumhügel ‚Morro do Alemao (Berg des Deutschen). Ais ihn Rivalen erschossen, mußte sie aus Rio fliehen. Ihre Version zur Banditen-Attraktivitàt: ,,Der Typ geht bewaffnet, hat irrsinnig viel Geld, demonstriert seine Macht. Über den regnet es Frauen!“Doch nicht nur die Chefs des organisierten Verbrechens sind begehrt, sondem auch die ‚soldados': 14-, 15-, 16-jàhrige, im Gassenlabyrinth der Hangslums nur mit knappen Shorts bekleidet, das Goldkettchen am Hals, in der Hand die nordamerikanische AR-15-MPi oder sogar die hochmoderne Sig-Sauer des SchweizerischenBundesheeres, 700 Schuß pro Minute. Bei Freiluft-Discos im Slum tanzen sie mit der Waffe, geben Salven in den Himmel ab – das wirkt. Aka, 18, ist Vater von zwei Kindern, hat zwei Geliebte:,,Die Frauen mögen Abenteuer – und wir sind Abenteurer!“ Doch nicht immer ist Verfúhrung im Spiel, nur brutale Macht. Renata, 16, bekam vom lokalen Banditenchef knapp mitgeteilt, daí3 sie ab sofort die Primeira Dama sei. ,,Was sollte ich denn machen? Etwa nein sagen?“ Schließlich moçhte sie ihn – als er erschossen .wurde, bekam. Renata einen anderen zugeteilt. Nicht selten jedoch attackieren rivalisierende Verbrechersyndikate nicht nur die Bosse, sondem auch deren Geliebte: Vergangenes Jahr wurden zwei Zwölfjàhrige aus Rios Slum ‚Rocinha‘ tot aufgefunden – mit deutlichen Spuren von Folter und Vergewaltigung.Die Fälle geben einen Hinweis auf die inhumanen, perversen,machistischen Strukturen in den brasilianischenSlums. Laut Alba Zaluar, fuhrende Gewaltexpertin des Landes, Anthropologin, werden die ins organisierte Verbrechen verwickelten Frauen zu Opfern ,,einer modernen Tragõdie“; die sie ebenso wie ihre Kinder nur zu oft das Leben kostet.
« Rio de Janeiro – weiter Feuergefechte nach Slum – „Eroberungen“. Rio-Hits zur Lage…Biennale-Fotos. T-Shirt „Rio, we love you!“ ThyssenKrupp und Rios prima Klima. – Massenhafte Einkerkerung in Brasilien – mehrtägiges Seminar in Sao Paulos Rechtsfakultät mit Justiz-und Menschenrechtsexperten. „Politik der Apartheid, Kriminalisierung von Bevölkerungsgruppen, Gefängnisse als Terror-Zentren“. Brasiliens bischöfliche Gefangenenseelsorge diskutiert mit. »
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