http://plattformbelomonte.blogspot.com/
Schlagzeilen dieser Art werden von interessierter Seite immer wieder lanciert, heißt es in der Umweltszene – dabei war es brasilianischen Regierungen bisher im allerbesten Falle gelungen, das Tempo der Abholzung zu verlangsamen. Ein Stopp wurde indessen noch nie erreicht. Entsprechend groß ist in Brasilien die Heiterkeit unter Umweltexperten über das krampfhafte Bemühen der wohlstrukturierten Brasilien-Lobby, irgendwie noch den positiven Dreh zu finden, zugunsten des Landesimages.“Brasilien will Abholzung stoppen“ – solche und ähnliche Schlagzeilen erschienen immer wieder – siehe Internet-Suche. Brasiliens Qualitätsmedien kämen nicht im Traume darauf, von der Regierung energische Maßnahmen gegen die Urwaldvernichtung zu erwarten. Gerade jetzt wird von den völlig anders arbeitenden brasilianischen Medien systematisch enthüllt, wie entgegen den Regierungsversprechen just unter Einschaltung staatlicher Behörden die illegale kommerzielle Abholzung organisiert wird. Hinweis auch auf den Stand des Umweltbewußtseins in Brasilien, die Effizienz der Rousseff-Regierung. Dem kritischen Leser bleibt in diesem Kontext unbenommen, zu beurteilen, welche Medien er für glaubwürdig hält und welche daher nicht.
In meinungsbildenden deutschen Analysen wird die brasilianische Regierung ausdrücklich als “progressiv” eingestuft.
http://www.zeit.de/2007/24/Brasilien-Arpa
„Brasilien will Abholzung stoppen“(2008) http://www.tropenwaldnetzwerk-brasilien.de/reaktionen-auf-amazonien-entwaldung
„Brasilien will die Entwaldung stoppen“(2009): http://www.boell.de/oekologie/klima/klima-energie-6150.html
Von den europäischen Medien vielgelobtes Pilotprojekt und Bewertung durch brasilianische Experten – bis heute keine Aufklärung: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/das-ergebnis-war-bedeutungslos-fabio-feldmann-judischer-umweltexperte-brasiliens-zum-g-7-pilotprojekt-zum-schutz-der-brasilianischen-regenwalder-hauptfinanzier-deutschland/
Brasiliens Befreiungstheologe Frei Betto zu den Folgen des „Biosprit-Booms“ – auch deutsche Firmen, Banken, Spekulanten sind an Brasiliens Ethanolbranche stark beteiligt:
„Wegen immer mehr Zuckerrohrplantagen wurden riesige Urwaldgebiete Amazoniens abgeholzt, was das ökologische Gleichgewicht, die Ökosysteme in Nord-und Südamerika schädigte, sich auf die ganze Welt negativ auswirkt. Denn Amazoniens Tropenwald ist der größte des Planeten. Und die Regenfälle, ob im Süden Floridas oder Argentiniens, hängen von der Verdunstung in Amazonien ab.“
Unter Staatschef Lula hat die Branche einen Boom erlebt, wuchs in seinen acht Amtsjahren der Anteil ausländischer Multis von fünf auf über 35 Prozent.
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/wissenschaft/1247712/
Hintergrundtext von 2003:
Rasante Urwaldvernichtung auch unter Staatschef Lula
Über 25000 Quadratkilometer letztes Jahr – ebensoviel für 2003 erwartet – Greenpeace und andere Umweltverbände stark enttäuscht von neuer Regierung
Letztes Jahr feierte die Mitte-Rechts-Regierung von Staatschef und FU-Berlin-Ehrendoktor Fernando Henrique Cardoso enorme Erfolge beim Schutz Amazoniens. Allein die Zahl der Brandrodungen, hieß es in ganzseitigen Zeitungsanzeigen, habe man um sage und schreibe 86 Prozent gesenkt. Auch europäische Medien übernahmen kritiklos, was sich inzwischen als reine Regierungspropaganda herausstellte – denn genau das Gegenteil war richtig. Doch auch die neue Mitte-Rechts-Regierung von Cardoso-Nachfolger Luis Inacio „Lula“ da Silva räumt jetzt ein, daß in ihrem ersten Amtsjahr die Amazonasvernichtung ebenso rasant weitergehen wird.
Deutschland ist Hauptfinanzier des EU-Pilotprojekts zum Schutze der brasilianischen Regenwälder – Trittin, Fischer, Schröder loben es bei jeder Gelegenheit. Wie effizient es ist, zeigen die letzen Jahre: 2002 wurde soviel Amazonasurwald zerstört wie seit 1995 nicht mehr – über 25000 Quadratkilometer – das entspricht der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns. Eine Steigerung um vierzig Prozent gegenüber 2001 – wie das zuständige staatliche Institut INPE jetzt weiter mitteilte. Der Tropenwald wird illegal gefällt, größtenteils aber durch Brandrodungen in Asche verwandelt. Eine stupide, archaische Methode von Großfarmern, aber auch Kleinbauern, um Acker-und Weideland zu gewinnen. In den bis zu fünfzig Kilometer langen Flammenwänden, verbrennen ungezählte Tiere lebendig – Brasiliens Liste vom Aussterben bedrohter Arten wird deshalb auffällig rasch immer länger.
Soja-Viehfutter-Exporte nach Europa kosten Amazonasurwald
„Die neuen Zahlen machen uns traurig, sind ein Absurdum“, sagt Greenpeace-Tropenwaldexperte Gustavo Vieira im Interview. „Hauptgrund ist, daß die Landwirtschaft, die Viehzucht geradezu invasionsartig nach Amazonien vordringen. Sehr viel Urwald wird vernichtet, um wegen der großen internationalen Nachfrage mehr Soja anzubauen, das als Viehfutter zunehmend auch nach Deutschland exportiert wird. Jedes Jahr neue Soja-Ernterekorde auf Kosten des Amazonasurwalds. Dabei ist der doch viel wertvoller, solange er noch steht – denn der Boden dieser Region ist ja nur wenig fruchtbar, kann von der Landwirtschaft garnicht hochproduktiv genutzt werden – eine sinnvolle, nachhaltige Waldbewirtschaftung wäre viel produktiver.“
Doch die existiert bisher nur punktuell – Holz wird nach wie vor illegal ausgeführt, vor allem jenes, das von den neuen Sojaflächen stammt. Geschlagen zu niedrigsten Kosten, von extrem schlecht bezahlten Arbeitskräften, in Schwarzarbeit, ohne Sozialabgaben.
“Leider ist man in Europa immer noch an brasilianischem Edelholz zu Niedrigstpreisen interessiert, illegal gefällt. Die erzielten Gewinne sind exorbitant, bleiben aber eben nicht bei uns, nützen nicht der Amazonasregion. Doch wenigstens dort, wo Greenpeace präsent ist, etwa mit dem Expeditionsschiff `Amazon Guardian `, wird kein Edelholz geschlagen oder abtransportiert. Denn wir filmen, fotografieren, dokumentieren den illegalen Einschlag, erstatten Anzeige.“
Greenpeace macht vor, daß auch im riesigen Amazonasgebiet Brasiliens strenge Umweltgesetze durchaus angewendet werden könnten; anders, als von den Regierenden immer behauptet, effiziente Kontrollen möglich wären – trotz unterentwickelter Strukturen, fehlenden Personals. Man könnte durchaus härter, energischer vorgehen, beispielsweise die Streitkräfte einsetzen, fordern auch andere Umweltorganisationen, die echten politischen Willen vermissen. Denn nicht nur die Regenwälder sind unmittelbar bedroht, sondern auch die, die ihn schützen wollen.
“Die Situation ist sehr komplex, und die Regierung eigentlich noch garnicht in Amazonien präsent. Alle sozialen Probleme Brasiliens sind in dieser riesigen Region hundertfach größer. Auf unsere Aktivisten dort sind Kopfgelder ausgesetzt. Paulo Adario, der die Amazonaskampagne von Greenpeace leitet, hat ständig Bodyguards, trägt eine schußsichere Weste, wegen der vielen Morddrohungen von Holzfirmen. Der brasilianische Staat ist nicht präsent, schützt uns nicht – es gibt keine Polizei, an die wir uns wenden könnten.“
Neue Umweltministerin Marina Silva bisher eine Pleite
Derzeit hofft Greenpeace zwar auf die neue Umweltministerin Marina Silva, ist jedoch wie die gesamte brasilianische Umweltbewegung bisher von der neuen Lula-Regierung stark enttäuscht. Zwar wurde versprochen, umgerechnet mehr als sechs Millionen Euro für zusätzliche Überwachungsmaßnahmen in Amazonien bereitzustellen – doch andererseits räumte Ministerin Marina Silva, die ebenso wie Sozialministerin Benedita da Silva einer Wunderheiler-Sektenkirche angehört, bereits ein, daß auch 2003 soviel Urwald zerstört werde wie im Vorjahr, der Vernichtungsprozeß vorerst so rasant weitergehe. Marina Silva nutzt bisher die gleichen Ausflüchte wie ihre Amtsvorgänger, bittet ebenso wie diese um Geduld angesichts der „Megaprobleme“.
“Die Lula-Regierung hat im Umweltbereich einige interessante Absichten“, so Greenpeace-Experte Gustavo Vieira – doch gibt es größenwahnsinnige Pläne, in Amazonien gigantische Staudämme wie jenen von Belo Monte zu errichten. Dort würde immens viel Urwald überflutet und damit vernichtet, würden die Waldbewohner geschädigt. Und deshalb sind wir gegen Belo Monte, haben mit der Regierung heftigen Streit. Diese Erfahrung, die wir in Amazonien haben, hat die Regierung nicht.“
–Ein Viertel der gesamten Amazonasvernichtung unter Lula-Amtsvorgänger Cardoso—
Staatschef Lulas neoliberaler Amtsvorgänger Fernando Henrique Cardoso ging, wie von Brasiliens Umweltverbänden vorhergesagt, als bisheriger Rekordhalter bei der Amazonasvernichtung in die Geschichte ein. Wie Vieiras Greenpeace-Kollege Paulo Adario jetzt noch einmal betonte, geschah ein Viertel(!) der gesamten bisherigen Amazonas-Entwaldung in den acht Amtsjahren Cardosos, weit mehr als beispielsweise in den Jahrzehnten der Militärdiktatur. Damit wurden auch die Menschenrechtsprobleme Amazoniens gravierender – da auch Lebensraum von Indianern vernichtete wurde. Bezeichnend, daß Rot-Grün Cardosos Politik immer über den grünen Klee lobte, auf politischen Druck zugunsten Amazoniens verzichtete. Und natürlich hielt auch die FU Berlin – deren Studentenorganisationen – zu ihrem großartigen Ehrendoktor.
« Brasilien: Belo Monte und der Indianerprotest in Sao Paulo 2011: Scharfe Kritik an Präsidentin Dilma Rousseff. “ Belo Monte de merda!“ Fotoserie. Indios vom Stamm der Kalapalo im „Parque Indígena do Xingù“. http://plattformbelomonte.blogspot.com/ – Brasiliens „Patrimoniogate“ um Superminister Antonio Palocci: Mitregierer Lula schaltet sich in aktive Verteidigung des angeschlagenen Palocci ein, melden Landesmedien. Millionär Lula. Über 30 Millionen hungernde Brasilianer, laut Frei Betto. »
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