Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Gisele Bündchen, Brasilien, wegen makaber-dümmlicher Reizwäsche-Propaganda in öffentlicher Kritik. Regierung: „Propaganda verstärkt Stereotyp der brasilianischen Frau als Sexualobjekt ihres Mannes.“ Unangenehm instrumentalisierte Sinnlichkeit in Brasilien. Katholische Kirche und Sexualität.

Die Propaganda des Unterwäschefabrikanten „Hope“ empfiehlt Frauen, ihren Männern negative Nachrichten besser nur in Reizwäsche mitzuteilen. Beispiele werden von Gisele Bündchen geliefert:“Liebster, ich habe deine und meine Kreditkarte überzogen“ – „Liebster – ich habe dein Auto gerammt“, etc.

Daß nicht wenige Brasilianerinnen Sinnlichkeit auf unangenehme Weise instrumentalisieren, wird von Ausländern immer häufiger bemerkt – und als abstoßend empfunden.

Die meisten brasilianischen Frauen sind heute gemäß den neuesten Studien u.a. wegen Fehlernährung und mangelnder Bewegung dick bis fettleibig, wodurch sich nach landläufiger Ansicht Reizwäsche erübrigt.

http://www.youtube.com/watch?v=ysw5-49nNGg

Frauenministerin Iriny Lopes wollte den Stop der TV-Anzeigenkampagne erreichen – der nationale Rat für Ethik in der Werbung(Conar) hielt die TV-Propagande indessen für korrekt, stimmte der Verbreitung zu. Für Brasiliens dümmlich-brutalen Machismus ist dies ein bemerkenswerter Erfolg. Interessant, daß Argumente wie die von Iriny Lopes bereits nicht mehr greifen:“Nao queremos tratar os homens como bobos. Nem queremos que as mulheres utilizem o corpo para estabelecer um padrao de relacionamento com o companheiro, ou de forma geral.“

Sao Paulo, Mode, Erscheinungsebene, Klischees:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/27/brasilien-mode-sao-paulo-city-erscheinungsebene/


http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/25/das-mentale-niveau-der-brasilianischen-tv-zuschauer-liegt-bei-etwa-neun-jahren-ein-junger-franzose-liest-200-mal-mehr-als-ein-brasilianer-dramaturg-miguel-falabella-fusballstar-ronaldo/

Iriny Lopes wandte sich vor ihrem Ministeramt klar gegen Folter und andere Menschenrechtsverletzungen:

http://www.irinylopes.com.br/conteudo.php?id=6984

In brasilianischen Websites wird der Multimillionärin Bündchen schlichtweg Kultur abgesprochen – mit dieser TV-Werbung bediene sie zudem Vorstellungen, die sich ausländische Männer von der Funktion der „Sinnlichkeit“ brasilianischer Frauen machten –  dabei fällt das Schlüsselwort Prostitution.

“Schönheit und Fäulnis”. Neue Zürcher Zeitung/NZZ – Klaus Hart:https://www.nzz.ch/schoenheit_und_faeulnis-1.700750

Wie deutsche Medien die Sache „verstehen“:

http://www.mopo.de/promi—show/wirbel-in-brasilien-zu-sexy–werbe-clip-mit-gisele-gestoppt,5066870,10952106.html

„Bündchen ist doch nicht zu sexy fürs Fernsehen.“

gisellebundchen.jpg

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/11/gisele-bundchen-gisele-zeigt-warum-sie-sich-die-45-millionen-dollar-pro-jahr-wirklich-verdient-hat-die-selbst-von-der-uno-geforderten-leitbilder-der-neoliberalen-gesellschaft/

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Umstrittene brasilianische Reizwäschepropaganda – wegen Jesus-und Fremdgeh-Bezug. Ausriß.

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Nestle-Saftpropaganda.

http://www.metro.co.uk/lifestyle/876418-gisele-bundchen-gives-underwear-advice-as-she-launches-lingerie-range

Hintergrund Kirche und Sexualität:

In Brasilien, dem größten katholischen Land der Welt, hat sich der angesehene Bischof Amaury Castanho gegen eine absurd verantwortungslose, unethische, kommerzielle Sex-Verherrlichung gewandt – wie sie in Europa nicht anzutreffen sei.  Die Folgen für den Einzelnen, die Familie, die ganze Gesellschaft seien gravierend – schließlich begünstige der übersteigerte Sex-und Pornographie-Kult auch Vergewaltigungen, Pädophilie. Bischof Amaury Castanhos Stimme, seine Warnungen werden in Brasilien gehört – er zählt zu den Journalisten der Bischofskonferenz CNBB. Seine Diözese der Großstadt Jundiai liegt in Brasiliens politisch-wirtschaftlich führendem Teilstaat Sao Paulo – der Industrielokomotive ganz Lateinamerikas, mit weit über tausend deutschen Unternehmen, von VW bis BASF und Daimler-Benz.

Bischof Amaury Castanho gilt bei den Priestern seiner Diözese als Workoholic, als einer, der die Vorgänge, die Veränderungen in seiner Region, in Brasilien, überhaupt in der Welt besonders scharf beobachtet, analysiert, als gelernter Journalist beschreibt, auffällig engen Kontakt zu den Menschen von Jundiai hält, über deren Sorgen bestens im Bilde ist. Daß Castanho gerade das Thema Sex aufgreift, ist nicht zufällig – abgesehen von den Geistlichen, den Pädagogen, haben sehr viele Eltern und natürlich die Heranwachsenden damit ihre Probleme, wenden sich an ihn, erwarten klare Antworten. Und bekommen sie auch:

„Sex, Sexualität ist etwas Positives, Gutes, ein Wert – eine Gabe der Natur, eine Gabe Gottes – etwas Edles. Sex zielt auf die legitime Befriedigung der Lust, des Fortpflanzungstriebs. Doch Sex existiert aus christlicher Sicht eben nicht nur des Sexes wegen, wie es heute massiv propagiert wird. Ein Sex-Kult, die Suche nach Lust um der Lust willen – eine grenzenlose Ausbeutung des Erotischen, des Pornographischen – als Ware, zum Verhökern. Bier, Zigaretten, Autos werden in der Propaganda zusammen mit halbnackten Frauen angepriesen – die Massenmedien nutzen die Übersteigerung des Sex, der Pornographie zur Verkaufsförderung. Ich glaube, wir sind derzeit in einer Phase des Pansexualismus – die Geschichte bewegt sich in eine Richtung wie vor Christus, im römischen Imperium.  Wir sehen eine Umkehrung der Werte.“

Bischof Castanho bemerkt viel Pharisäertum, Scheinheiligkeit, Zynismus. Einerseits fördert die Gesellschaft diesen überdrehten Sex-und Pornographie-Kult – oder verhält sich zumindest passiv – beklagt dann aber lautstark den Zerfall der Verhaltensnormen, die Zerstörung der Familien, zunehmende auch sexuelle Gewalt gegen Mädchen, Frauen, dazu verfrühte Sexualität, ausufernde Kinderprostitution.

„Überall sieht man die Resultate – im Leben des Einzelnen und der Ehen, der Familien – und selbst im Leben der Kirche.“

Überall die Ersatzbefriedigung von Ersatzbedürfnissen – Bischof Castanho macht besonders das Fernsehen für die Situation, den Wertewandel verantwortlich.

„Unser TV ist technologisch hochmodern – aber was die Wertevermittlung betrifft, das denkbar schlechteste. Anders als in Europa sieht hier in Brasilien ein aufgewecktes Kind vorm Schlafengehen, zur besten Sendezeit Dinge, für die es psychisch noch nicht vorbereitet ist, noch ohne ohne kritisches Bewußtsein.“

Gelingt es Brasiliens Kirche, in irgendeiner Weise gegenzusteuern? Schließlich gibt es anders als in Deutschland sehr viele katholische Radiosender, katholisches Fernsehen.

„Wir wollen Orientierung geben, jungen Menschen, aber auch den Ehepaaren – uns geht es um den Respekt vor dem eigenen Körper – und gerade um die Aufwertung der menschlichen Sexualität. Doch in einem solchen gesellschaftlichen Ambiente ist das sehr, sehr schwierig.  Denn ein einziges abendliches Kapitel einer Fernsehserie von TV Globo, dem quotenstärksten Privatsender Brasiliens, macht nicht selten unsere jahrelange Bildungsarbeit etwa mit Jugendlichen zunichte, anulliert alles. Bildung zu vermitteln, ist heute weit schwieriger als vor fünfzig, hundert Jahren. Und eine so erotisierte, so geprägte Gesellschaft fördert letztlich eben Vergewaltigungen, Pädophilie.“

crackamor1.JPG

Crack und Kinderprostitution – Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/11/sex-in-brasilien-psychologe-flavio-gikovate-heute-werden-die-sexuellen-verhaltensnormen-von-der-porno-industrie-diktiert-und-ahneln-sportlichen-ubungen-sex-ist-mehr-der-aggressivitat-verpflichte/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/16/sexuelle-belastigungen-in-brasilien-in-anderen-landesteilen-ubliche-ubergriffe-nun-auch-massiert-in-sao-paulo-erstmals-anwalt-verhaftet/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/29/brasilien-wirtschaft-und-soziales-2011-kompakt-stark-verlangsamtes-wachstum-stagnierende-industrie-hohe-borsen-wertverluste-wichtiger-unternehmen-deindustrialisierung-weiter-hunger-und-massenele/

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 29. September 2011 um 14:30 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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