Papst Benedikt der XVI. erhebt die Prälatur Óbidos zum Bistum
Die katholische Kirche Brasiliens hat ein neues Bistum. Papst Benedikt XVI. hat an diesem Mittwoch (09.11.) die Erhebung der Prälatur von Óbidos, im Bundesstaat Pará, zum Bistum und die Nominierung ihres ersten Bischofs Dom Frei Bernardo Johannes Bahlmann, OFM, verkündet. Die Bekanntmachung wurde in der Zeitung “L’Osservatore Romano” und auf der Homepage des Vatikans veröffentlicht. Laut Dom Bernardo wird das Fest der Erhebung in Anwesenheit des apostolischen Nuntius von Brasilien, Dom Lorenzo Baldisseri, am 21./22. Januar nächsten Jahres in Óbidos, dem Sitz des neuen Bistums, stattfinden. Bei dieser Gelegenheit wird der Nuntius die Fazenda da Esperança und das Jugendzentrum São Francisco, in dem das Projekt ‘Kultur für den Frieden’ angesiedelt ist, einweihen.
http://www.obidos.com.br/noticias/jan09/2801a.htm
Brasiliens katholische Kirche, die den Adveniat-Gottesdienst am 27. November in einer Favela Sao Paulos vorbereitet, ist beeindruckt über die Propagandahörigkeit deutscher Journalisten. “Immer wieder werden wir gefragt: Wenn Brasilien so gut dasteht, es dem Land so gut geht, es wegen Lula heute so entwickelt ist – warum dann noch überhaupt diese internationale Hilfe wie von Adveniat, diese Bitten um Spenden?” Für Brasiliens katholische Kirche erscheint unverständlich, daß im angeblich so aufgeklärten, gut informierten Deutschland ein so niedriger Informationsstand selbst bei Journalisten über die Lage in dem Tropenland existiert. Kirchliche Angaben über Massenelend und das fortdauernde Hungerproblem, die rasch wachsenden Slums, werden offenbar garnicht mehr zur Kenntnis genommen.
Laut Befreiungstheologe Frei Betto, der Regierungsberater des Anti-Hunger-Programms war, leben derzeit noch über 30 Millionen Brasilianer in extremer Armut, also betroffen von Elend und Hunger.
Franziskaner: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1421022/
Franziskanerbischof Johannes Bahlmann beim Website-Interview in Sao Paulo – vorm Franziskanerkloster.
Franziskaner-Kardinal Aloisio Lorscheider beim Exklusivinterview in Fortaleza: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/16/der-deutschstammige-kardinal-aloisio-lorscheider-uber-politische-herrschaftsmethoden-in-der-brasilianischen-demokratie/
Hintergrund:
„Amazonien braucht eine Kultur des Lebens!“(2009)
Franziskaner Johannes Bahlmann aus NRW neuer Bischof in Óbidos am Rio Amazonas
„Da wollte ich schon aus Abenteuerlust immer hin!“
http://www.domradio.de/aktuell/37525/die-fruechte-des-hungerstreiks.html
Im nordrhein-westfälischen Visbek bei Vechta ist er aufgewachsen, arbeitet auf dem Bauernhof, liebt das Landleben. Als Franziskaner dann große Veränderungen: Bahlmann wird Ordensoberer von Rio de Janeiro und der Megacity Sao Paulo – zählt zu den intelligentesten, kritischsten Köpfen der lateinamerikanischen Wirtschaftsmetropole mit ihren über zwanzig Millionen Einwohnern. Heere von Obdachlosen, über 2000 Slums, Stadtkrieg, Todesschwadronen, unsägliche Kontraste zwischen Arm und Reich – und zahlreiche Franziskaner-Projekte immer an den Brennpunkten, bei den gesellschaftlich Ausgeschlossenen. Jetzt auf einmal Superlative ganz anderer Art: Bahlmann macht einen Sprung von über 3500 Kilometern bis in die grade mal 46000 Einwohner zählende Stadt Óbidos direkt am Rio Amazonas, führt künftig eine Urwald-Prälatur mehr als halb so groß wie Deutschland. Ab sofort nennt er sich „Dom Frei Bernardo“ – beim Blick von der Kirche auf den Riesenfluß richtet er gleich eine Einladung an engagierte, unkonventionelle Christen: „Kommt nach Óbidos, besucht mich hier, laßt uns gemeinsam Amazonien schützen, die Schöpfung bewahren!“ Ein Gespräch mit dem Bischof:
Als mäßig informierter Mitteleuropäer, den Kopf voller Amazonienklischees, könnte man sagen, der Bahlmann hats gut getroffen, raus aus dem abgasverseuchten Betonmeer Sao Paulos, rein in üppige, paradiesische Urwald-Natur?
Da ist was dran. Doch Amazonien heißt auch rechtsfreier Raum, mit einer Kultur des Todes. Als ich mich als ganz junger Franziskaner für Brasilien entschied, schwang Abenteuerlust mit, wollte ich was ganz Neues machen, sah ich mich als Missionar schon im Boot auf einem Urwaldfluß. Wenn ich meine von Mitstreitermangel geplagten Franziskanerbrüder Amazoniens besuchte, baten die mich dazubleiben, die Arbeit im Süden aufzugeben. Jetzt nehme ich alle Erfahrungen, alle Projekte in den Norden mit, wo ich vom Gefühl her immer schon hinwollte.
Amazonasbischof Erwin Kräutler aus Österreich ist jetzt beinahe ihr „Nachbar“ – er hat Attentate überstanden, wird derzeit wegen Morddrohungen rund um die Uhr von Polizei bewacht, protestiert gegen grauenhafte Sklavenarbeit, Terror gegen Indianer und Landlose, skrupellose Naturvernichtung. Nur in vier Prozent der Mordfälle Ihrer Region wird überhaupt ermittelt…
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Erwin Kräutler, brauche seine Erfahrungen. Was ist heute in Amazonien wichtig? Wir müssen eine Kultur des Lebens schaffen, die Kultur des Todes darf nicht weiter gefördert werden. Denn manchmal scheint es, als gewinne sie die Oberhand. Die katholische Kirche muß sich deshalb noch viel mehr engagieren, kann noch viel mehr tun. Mir geht es um soziale Strukturen, um Politik und Ökonomie – doch ganz oben auf der Werteskala steht der Mensch Amazoniens. Auch als Bischof will ich wie ein Franziskanermissionar als Seelsorger auf die Menschen zugehen, will sie ganz individuell wahrnehmen. Das zählt ja überall auf der Welt zu den großen Herausforderungen unserer Kirche. Und angesichts der immensen Dimensionen meiner Prälatur werde ich wie Bischof Kräutler die meiste Zeit unterwegs sein, Gemeinden, Siedlungen, Indiodörfer aufsuchen. Ja, ich will bei der Seelsorge neue Akzente setzen.
Sie sind als zähe und durchsetzungsfähig bekannt – welche Idee spukt Ihnen jetzt am meisten im Kopfe herum – taugen gar manche Sao-Paulo-Projekte für Amazonien?
Eine Idee hat mit meiner Einladung an engagierte Christen zu tun, mich in Óbidos zu besuchen: Ich möchte dort ein internationales Franziskanerkloster gründen, das auch allen Laien offen stehen soll, die im Geiste des Heiligen Franziskus leben und arbeiten möchten. Dieses Kloster soll auch ein Studienzentrum werden, wo Lösungsvorschläge für Amazonien entstehen. Angesichts der dramatischen Situation müssen wir Gegen-Interessen, einen Gegenpol schaffen. Denn die Berufung Amazoniens ist Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie. Wir müssen diese grüne Lunge der Welt schützen – oder sägen sprichwörtlich den Ast ab, auf dem wir sitzen. Soviele Klischeevorstellungen über Brasilien, über Amazonien sind in Europa noch so lebendig, selbst in den deutschen Kirchen! Jeder, der neu nach Óbidus kommt, wird es halten müssen, wie ich jetzt: Erst einmal als einfacher Franziskaner, in aller Bescheidenheit von den Menschen dort lernen, sich umsehen, den Blick auf das Dortige schärfen. Zehn Jahre habe ich gebraucht, um mich in dieser Weise in Brasilien einzugewöhnen – und erst dann auch Entscheidungen treffen zu können. Brasilien ist das Land mit der höchsten Lepradichte – in Sao Paulo habe ich die Lepraprojekte koordiniert, werde jetzt auch in Amazonien gegen diese mittelalterliche Krankheit weiterkämpfen. Auch in Amazonien herrscht Misere – ich finde mich bei der gleichen Schicht wieder, die sozial ausgeschlossen ist, mit schier unbeschreiblichen Alltagsproblemen kämpft.
Amazonien ist wegen der Rauschgiftproduktion, der vielen internationalen Drogenrouten berüchtigt – Kokain und Crack werden auch in den angrenzenden Staaten erzeugt und konsumiert. In Sao Paulo hatten Sie das Drogenelend direkt vor dem Franziskanerkloster – toleriert von den Autoritäten, zerstören sich Kinder gleich zu Hunderten das Gehirn, den Körper mit Crack. Vor Ihrem Bischofssitz schippern nicht nur deutsche Kreuzfahrtschiffe, sondern auch Drogenkuriere vorbei…
Der Drogen-Horror läßt mich auch in Amazonien nicht los. Was man tun kann – und muß, habe ich sozusagen von der Pike auf gelernt, beim Paderborner Franziskanerpriester Hans Stapel, in all seinen Sozialwerken. Ich war in Guaratinguetá nahe Sao Paulo bei der Gründung seiner ersten „Fazenda der Hoffnung“ für Drogensüchtige dabei – habe die ersten vier Jugendlichen, die aus der Droge rauswollten, mitbetreut. Tagsüber mit den Vieren Gemüse angebaut, abends dann Gespräche, Gedankenaustausch über das Wort Gottes. Hans Stapel und ich hätten nie zu träumen gewagt, daß die „Fazendas der Hoffnung“ geradezu einen Boom erleben, es weltweit schon sechzig gibt, drei sogar in Deutschland. Diese unschätzbaren Erfahrungen in der Drogen-Rehabilitation wende ich jetzt auch in meiner Urwald-Prälatur an.
http://www.domradio.de/aktuell/artikel_41073.html
http://www.katholisch.at/content/site/unsichtbar/brasilien/article/11883.html
http://www.katholische-kirche.de/2904.html
http://www.domradio.de/aktuell/37525/die-fruechte-des-hungerstreiks.html
http://www.domradio.de/aktuell/38862/was-will-diese-kirche-wirklich.html
http://www.katholisch.de/2885.html
http://www.kath.de/kasdbk/miteinan/mt020513.htm
http://www.domradio.de/aktuell/6263/brasiliens-institutionalisierter-rassismus.html
http://www.domradio.de/aktuell/3998/brasilien-proteste-gegen-regierungskorruption.html
http://www.domradio.de/aktuell/3608/gott-ist-ein-brasilianer-brasilien-trauert.html
http://www.domradio.de/aktuell/2891/brasilianische-sekten-verheissen-wohlstand.html
http://www.kath.ch/index.php?na=11,0,0,0,d,31063
http://www.livenet.de/index.php/D/article/53/3725/
http://www.livenet.de/index.php/D/article/187/26441/
Mit dem Glockengeläut der Kathedrale Sant’Ana und viel Feuerwerk haben die Gläubigen heute Morgen in Óbidos während der feierlichen Messe diese Nachricht aufgenommen. „Die Menschen hier sind sehr gläubig und haben sich sehr über die Ankündigung des Papstes gefreut. Ich bin sehr glücklich, mein Bistum führen zu dürfen und noch mehr darüber, Teil dieser Geschichte zu sein”, sagte Dom Bernardo, der 2009 zum Bischof von Óbidos ernannt wurde.
Laut Dom Bernardo, wollte man schon vor dreißig Jahren die Prälatur zum Bistum erheben. Schon damals gab es die dafür erforderlichen Strukturen. “Im Moment gibt es in Brasilien 13 Prälaturen”, erklärt der Franziskanerbischof und erinnert daran, dass die Prälatur bei ihrer Gründung dem Minderbrüderorden, bzw. der Franziskanerprovinz Santo Antônio mit dem Sitz in Recife (PE), anvertraut wurde. “Die Franziskaner waren schon in verschiedenen Gemeinden hier in der Region von Óbidos tätig und so wurde der Aufbau der Prälatur dem Franziskanerorden übergeben.”
Die Prälatur Óbidos entstand auf Bitte von Dom João Floriano Loewenau durch Abtrennung von der Prälatur Santarém am 10. April 1957. Die drei Vorgängerbischöfe gehörten, wie Dom Bernardo, dem Franziskanerorden an. Hervorzuheben ist die große missionarische Arbeit von Dom Martin Lammers, der die Prälatur 33 Jahre geleitet hat. “Er hat viel in die Schulung der Laien und die unterschiedlichen pastoralen Tätigkeiten investiert, vor allem in die Katechesepastoral, die Sozialpastoral und die ‘Pastoral des Kirchgeldes”, ergänzt Dom Bernardo.
Die Prälatur befindet sich im Westen von Pará. Sie grenzt an Britisch Guyana, Surinam und die brasilianischen Bundesstaaten Roraima (RR) und Amazonas (AM). Die umliegenden Bistümer sind Santarém, Roraima (RR), Parintins (AM) und Itacoatiara (AM).
Dom Bernardo erläutert, dass die Prälatur eine Ausdehnung von 182.000 km² hat, etwa die Hälfte Deutschlands. Von den 250.000 Einwohnern bekennen sich 80 % zum katholischen Glauben. Es gibt 7 Landkreise, die jeweils einer Kirchengemeinde entsprechen – Óbidos, Alenquer, Curuá, Oriximiná, Terra Santa, Faro e Juruti. Diesen Pastoralbezirken sind etwa 600 Teilgemeinden zugeordnet. In diesem großen Territorium setzen sich 22 Priester (sechs inkardinierte Diözesanpriester, vier Fidei-Donum Priester aus Juiz de Fora und aus Deutschland, drei Franziskaner und neun Steyler Missionare) sowie 18 Franziskanerinnen aus drei Kongregationen: Missionsschwestern von der Unbeflecken Empfängnis von der Muttergottes (Münster), Franziskanerinnen von Maria Stern (Augsburg) und Franziskanerinnen von der Pastoralen Aktion (São Paulo), sowie acht Seminaristen für das große Werk der Evangelisation ein, entsprechend dem Leitspruch des neuen Bistums: “Ein missionarisches Bistum im Herzen Amazoniens”.
Über die franziskanischen Bischöfe hinaus, gibt es dank der Franziskaner und der Franziskanerinnen eine starke franziskanisch missionarische Präsenz in dieser Region.
Laut Dom Bernardo werden die Herausforderungen im Zuge des Bevölkerungswachstums größer. “Die Prälatur versucht den gegenwärtigen Nöten mit Mut und Entschiedenheit zu begegnen, indem sie konkrete Antworten gibt, bspw. die Schaffung des Projekts ‘Kultur für den Frieden’, um jungen Leute in Risikosituationen zu helfen, wie auch die Eröffnung einer Fazenda da Esperança zur Rekuperation von Drogenabhängigen” bemerkt der Franziskanerbischof.
Seit ihrer Gründung gibt es in der Prälatur ein breites pastorales Engagement. Zur Zeit wird an neuen Evangelisationsformen und -projekten in folgenden pastoralen Aufgabenfeldern gearbeitet: Berufungspastoral, Familienpastoral, Sozialpastoral, Pastoral der Kommunikation, Kinderpastoral und Jugendpastoral. Nach Bischof Bernanrdo besteht die große Herausforderung des neuen Bistums darin, Berufungen zu fördern, damit die Anzahl der heimischen Priester wächst.
« Brasiliens neueste Ölkatastrophe: In Chevron-Fördergebiet vor Teilstaat Rio de Janeiro tritt weiter Öl aus. Bereits über 163 Quadratkilometer Ölpest, hieß es. – Brasiliens Slum-Terror:“Unsere kleinen Iraks.“ Qualitätszeitung Folha de Sao Paulo. Blamabler Panzereinsatz direkt neben Rios Nobelvierteln. „O gato e o rato.“ „Feel Brazil. Go Bayao!“ Menschenrechtslage unter Lula-Rousseff, Demokratiebegriff und Slums. „Es wird immer noch viel gefoltert.“ Petra Pfaller. ThyssenKrupp in Rio de Janeiro. Adveniat. »
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