„Wie die nationale Statistikbehörde jetzt mitteilte, wuchs die sechstgrößte Volkswirtschaft im vergangenen Jahr nur noch magere 2,7 Prozent, nach 7,5 Prozent im Jahr 2010. Und im Januar ist die Industrie des Landes um 2,1 Prozent geschrumpft gegenüber Dezember – das schlechteste Ergebnis seit der Krise 2008.
Die Industrie ist inzwischen der Bremsklotz der brasilianischen Konjunktur. Denn mit dem katastrophalen Jahresstart stagniert sie nun schon seit mehr als zwei Jahren. Hält die Schwäche an – und die Chance für eine kurzfristige Erholung im verbleibenden Rest des ersten Vierteljahrs ist eher gering –, dann könnte Brasiliens Industrie erstmals vier Quartale in Folge schrumpfen, befürchtet das Finanzinstitut Banco Itaú.“ Handelsblatt
Bislang war in den mitteleuropäischen Wirtschaftsmedien immer von rasantem Wachstum Brasiliens, von einer Boom-Wirtschaftslage die Rede, wurde u.a. auf der CeBIT 2012 in Hannover Brasiliens Wirtschaftssituation regelrecht bejubelt, obwohl die negativen Wirtschaftsdaten bereits jedermann, ob Politiker oder Wirtschaftsexperte, ausführlich vorlagen. Die Daten bestätigten schließlich nur die in Brasilien jedermann seit Anfang 2011 bekannte, u.a. von gravierender Deindustrialisierung gezeichnete Lage. Brasiliens Qualitätsmedien machen sich nach wie vor über Dilma Rousseffs Statements auf der CeBIT lustig, weisen auf jüngste OECD-Bewertungen zu Brasilien sowie Wachstumszahlen anderer Länder von 2011: Mexiko 3,9%, Südafrika 3,1 %, Indonesien 6,5 %, Südkorea 3,6 %.Während Rousseffs Regierungskurs in Mitteleuropa teils überschwenglich gelobt wird, stand dieser seit Beginn der Amtszeit 2011 unter starker Kritik der brasilianischen Gesellschaft – Rousseffs Wirtschaftsequipe wird sogar als „verwirrt“ und dillettantisch eingestuft.Welche hohen sozialen Kosten der jetzige Regierungskurs bewirkt, wird gewöhnlich im Ausland ausgeblendet.
Wie angesichts der „mageren 2,7 Prozent“(Handelsblatt) auf der CeBIT Brasiliens Wirtschaftssituation gefeiert wurde:
“Brasilien gilt insgesamt als eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.”(CeBIT-Pressemitteilung)
„Boom-Nation Brasilien“.
„Das Land durchläuft eine intensive Industrialisierung.“ Stuttgarter Nachrichten 2011
„Für 2011 und 2012 wird mit einem Wirtschaftswachstum von jeweils ca. 3,7 und 4% (2010: 7,5%) BIP-Anteil gerechnet.“ Auswärtiges Amt
„In der Welt des Wachstums“: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/23/gruner-ministerprasident-winfried-kretschmann-in-brasilien-2011/
Als Partnerland der CeBIT 2012 präsentiert sich Brasilien als wichtige ITK-Nation mit großen Wachtumspotenzialen und einer innovativen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
In der IT-Branche zeigt sich Brasilien als ebenso beweglicher wie schussgewaltiger Player. Die Hightech-Nation am Zuckerhut überzeugt vor allem durch Innovationskraft, Serviceorientierung und durch ein enormes Marktpotenzial: Für 2012 prognostiziert das Marktforschungsinstitut Eito dem ITK-Markt einen Anstieg um 6 % auf 92 Mrd. Euro. Brasilien gilt insgesamt als eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. (CeBIT)
“Mit wahnsinnigen Zahlen in allen Wirtschaftszweigen ist es bald eines der wichtigsten Länder der Welt.” (Die Welt)
Ausriß. Angeli-Karikatur der größten Qualitätszeitung “Folha de Sao Paulo” zur aktuellen Lage.
Gemäß mitteleuropäischen Analysen handelt es sich indessen um Boom, rasantes Wachstum. Wie die OECD weiter mitteilte, wächst Brasiliens Bruttoinlandsprodukt unter dem Durchschnitt der G-20-Länder – Brasiliens Wirtschaftsmedien sprechen in Bezug auf das schwache Wachstum 2011 von “Fiasko” – das Thema der Wirtschaftspolitik unter der Rousseff-Regierung wird seit der Bekanntgabe der offiziellen BIP-Daten in der Öffentlichkeit heftig diskutiert, wobei viele Unterschiede zu den in Mitteleuropa üblichen Bewertungen offensichtlich werden. So debattieren inzwischen sogar die brasilianischen Gewerkschaften bei Treffen mit der Regierung über den laut Industriellenverband FIESP “dramatischen Prozeß der Deindustrialisierung”, während Brasilien in Mitteleuropa gewöhnlich als stetig erstarkende Industrienation gefeiert wird. FIESP nennt als Konsequenz der Deindustrialisierung und des schwachen Wirtschaftswachstums, daß just die Industrie mit ihren qualifizierten Stellen und guten Löhnen nicht in der Lage ist, jene Masse junger Menschen zu absorbieren, die auf den Arbeitsmarkt drängt. 2011 seien unterm Strich keinerlei neue Stellen geschaffen worden. FIESP wirft der Rousseff-Regierung vor, bestenfalls mit ineffizienten Maßnahmen auf die Lage zu reagieren, während der Kurs Brasilias aus Europa höchstes Lob erhält.
Ausriß – Gewerkschaften diskutieren mit Dilma Rousseff wegen der fortschreitenden Deindustrialisierung.
Vergleich mit Argentinien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/01/brasiliens-wirtschaftsboom-nationale-experten-weisen-auf-deindustrialisierung-land-ist-dekadenter-produzent/
“Deindustrialisierung nur ein Mythos?”: http://brasilienaktuell.blogspot.com/2011/01/ist-die-deindustrialisierung-brasiliens.html
“Brasiliens Industrie geht den Bach runter”: http://www.ftd.de/politik/international/:schwellenlaender-brasiliens-industrie-geht-den-bach-runter/60104754.html
Wirtschaftswachstum 2011 entgegen Regierungsprognosen unter dem von Deutschland sowie der anderen BRIC-Staaten:
http://www.ftd.de/it-medien/it-telekommunikation/:cebit-2012-hannover-feiert-brasilien/70003398.html
« „Die Energiewende ist gescheitert“ FAZ – Brasiliens fehlende Fahrradwege: Belgischer Fahrradsportler bei Rio de Janeiro überfahren – tot. Zahlreiche Proteste. Rio+20. »
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