http://www.marcelofreixo50.com.br/arquivos/multimidia/Freixo-Caetano-Bounce.mp3
Die Partei PSOL wurde 2004 von früheren Mitgliedern der Arbeiterpartei Lulas gegründet, die diese aus Unzufriedenheit mit der völligen Abweichung vom offiziell propagierten Kurs verlassen hatten.
Ausriß, Qualitätszeitung Folha de Sao Paulo. “Jetzt verkauft Lula seine Seele dem Teufel wegen Maluf.”
Padre Haroldo(PSOL) und Libyen – Brasiliens Andersdenker: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/31/brasiliens-andersdenker-und-die-libyen-intervention-katholischer-befreiungstheologischer-priester-haroldo-coelho-mit-protest-in-fusballstadion-von-fortaleza-kadafi-martyrer/
Ausriß, Rio-Lokalzeitung, Scheiterhaufen-Opfer, 7.11.2012. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
Marcelo Freixo und ThyssenKrupp: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/25/marcelo-freixo-deutschland-und-die-paramilitarischen-milizen-brasiliens-thyssenkrupp-baustelle-bei-rio-de-janeiro-sandra-quintela/
ThyssenKrupp – Desaster in der WM-und Olympia-Stadt Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/03/thyssenkrupp-in-rio-de-janeiro-mit-dem-fus-im-schlamm-brasiliens-fuhrende-wirtschaftszeitschrift-exame-macht-sich-mit-atzender-ironie-uber-die-hochbezahlten-top-entscheider-des-konzerns/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Tags: Exil, Marcelo Freixo, Rio de Janeiro
Wie Freixo kurz vor seinem Abflug ins zeitweilige Exil Europa gegenüber der Presse erklärte, terrorisiere Rio de Janeiros Mafia Tausende von Menschen, foltere Journalisten, habe die Richterin Patricia Acioli ermordet. Von Rios paramilitärischen Milizen hatte Freixo zahlreiche Morddrohungen erhalten, so daß er sich zur Ausreise entschloß, von Amnesty International unterstützt wird.
Brasiliens Scheiterhaufen:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
Scheiterhaufen-Theaterstück in Deutschland, Österreich, der Schweiz offenbar noch nicht aufgeführt:
In europäischen Analysen ist häufig von einer energischen Kriminalitätsbekämpfung im Vorfeld von Fußball-WM und olympischen Spielen die Rede – in Brasilien selbst wird dies wie üblich völlig anders gesehen.
Tim Cahill, Amnesty International zur Presse: “Die Lage von Freixo ist besorgniserregend” – gegenüber den paramilitärischen Milizen gebe es Zustimmung oder Unterlassung seitens der Autoritäten.
Zeitungsfoto aus Rio, Ausriß: Ermordeter in Favela neben Ziege.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/18/rio-de-janeiros-strand-realitaten-beispiel-arpoador/
Zeitungsausriß NZZ.
Ausriß.
“É uma situação de total insegurança e muito grave, porque nada mais fiz do que cumprir a minha função como parlamentar. Então, quem cumpre a sua função pública, ser ameaçado de morte por isso é muito grave. E a gente está falando do principal crime organizado no Rio de Janeiro: a milícia hoje é o mal maior que tem no Rio. Então, evidentemente, precisa ser enfrentado. E é inadmissível que depois de matarem uma juíza, ameacem matar um parlamentar. E quantas outras pessoas mais virão antes de eles serem detidos? É muito importante que se busque deter o poder econômico e territorial desses grupos. Só as prisões não vão resolver”, defendeu Freixo na ocasião.
http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
Katholischer Priester Haroldo Coelho, aus derselben Partei wie der Abgeordnete Marcelo Freixo, mit Protest gegen die Ermordung von Gaddafi.
Amnesty Journal 2009:
KOPF UNTER WASSER
Gravierende Menschenrechtsverletzungen offiziell abzustreiten oder zu vertuschen, kommt heutzutage bei der internationalen Gemeinschaft schlecht an. Das weiß auch die brasilianische Regierung und geht deshalb seit langem einen anderen Weg: Mit erstaunlicher, entwaffnender Offenheit wird in- wie ausländischen Kritikern bestätigt, dass sie völlig im Recht seien. Man sehe die Dinge ganz genau so und habe bereits wirksame Schritte, etwa zur Abschaffung der Folter, eingeleitet. Doch auf die Worte folgen meist keine Taten.
Menschenrechtsaktivisten wie der österreichische Pfarrer Günther Zgubic, der die bischöfliche Gefangenenseelsorge in Brasilien leitet, vermissen seit Jahren deutliche Worte von deutscher Seite. Schließlich ist Lateinamerikas größte Demokratie ein wichtiger strategischer Partner von Deutschland, und die Regierung in Berlin spricht gerne von den “gemeinsamen Werten”, die beide Staaten verbinden würden. Mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, hat jetzt zum ersten Mal endlich ein hochrangiger deutscher Politiker in der Hauptstadt Brasilia die Probleme offen angesprochen.
Zgubic erinnert immer wieder an die wohlklingenden Versprechungen, die Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei seinem Amtsantritt 2003 verkündet hat: “Er hat öffentlich erklärt, dass er Folter und andere grausame, unmenschliche Praktiken nicht mehr duldet.” Leere Worte aus Brasilia, denn nach Informationen von Zgubic existiert die Folter in allen Varianten, um Geständnisse zu erzwingen: “Es werden Elektroschocks eingesetzt, man presst den Kopf unter Wasser. Auf allen Polizeiwachen Brasiliens werden Häftlinge gefoltert”, meint Zgubic.
Nun sieht er sich überraschend durch Nooke bestätigt. “Stehen Menschenrechtsprobleme wie die unsägliche Folterpraxis beim Staatspräsidenten ganz oben auf der Prioritätenliste? Wieso wird nicht stärker kritisiert, dass die Regierung alle internationalen Verpflichtungen eingeht, ohne sie dann auch konsequent umzusetzen? Wir merken, dass sich Brasilien beim Thema Menschenrechte von Europa entfernt”, erklärte Nooke kürzlich. Brasilien dürfe im Menschenrechtsbereich nicht abdriften.
Doch vielleicht ist dies längst passiert. Paulo Vannuchi, Leiter des Staatssekretariats für Menschenrechte in Brasilia, hatte in der Zeitung “Folha de São Paulo” betont, dass das brasilianische Strafgesetz die Todesstrafe zwar nicht vorsehe, dennoch aber täglich außergerichtliche Exekutionen stattfinden würden. Gemeinsame Werte? Pedro Ferreira, Anwalt bei der bischöflichen Gefangenenseelsorge, findet es bedrohlich, dass selbst nach offiziellen Angaben derzeit über 126.000 Häftlinge trotz verbüßter Strafe illegal weiter festgehalten werden.
Ehemalige Gegner der Diktatur (1964 bis 1985) weisen zudem auf die fatalen Folgen der nicht bewältigten Gewaltherrschaft hin. Nicht einmal die Öffnung der Geheimarchive aus der Zeit der Diktatur sei unter Lula veranlasst worden, kritisiert Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert aus São Paulo. Die Straflosigkeit inspiriert seiner Meinung nach jene Staatsfunktionäre, die heute im Polizeiapparat und im Gefängnissystem “Folter und Ausrottung” betrieben. Mit leeren Worte kann man an diesen Zuständen wohl kaum etwas ändern.
Von Klaus Hart.
Der Autor ist Journalist und lebt in São Paulo.
Amnesty International 2010:
Im gesamten Land gab es anhaltende Berichte über den exzessiven Einsatz von Gewalt, außergerichtliche Hinrichtungen und Folterungen durch Polizeikräfte. Bewohner von Favelas (Elendsvierteln) oder armen Gemeinden, die häufig von bewaffneten Banden kontrolliert wurden, waren Opfer von militärisch durchgeführten Razzien der Polizei. Die Polizisten an vorderster Front waren ebenfalls großer Gefahr ausgesetzt, und viele kamen im Dienst ums Leben.
Einige Bundesstaaten führten eigenständige Projekte zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit ein, die unterschiedliche Erfolge verzeichneten. Die Befriedungseinheiten der Polizei (Unidades de Policiamento Pacificadores) in Rio de Janeiro und der Lebenspakt (Pacto Pela Vida) in Pernambuco nahmen jeweils für sich in Anspruch, die Kriminalitätsrate reduziert und mehr Sicherheit in sozialen Randgebieten geschaffen zu haben. Diese Initiativen wurden von einigen Bereichen der Gesellschaft als mögliche Alternative zu vorherigen repressiven und missbräuchlichen Polizeipraktiken begrüßt, auch wenn sich einige Bewohner von Gebieten, in denen diese Projekte durchgeführt wurden, über Diskriminierung beklagten. Außerhalb der Reichweite der Projekte begingen Polizeikräfte auch weiterhin umfassende Verstöße.
Die Behörden fuhren fort, von der Polizei begangene Tötungen unter Tod nach “Widerstand gegen die Staatsgewalt” zu erfassen, obwohl sie damit den Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen sowie dem dritten nationalen Programm zur Förderung der Menschenrechte zuwiderhandelten. Hunderte von Tötungen wurden nicht angemessen untersucht, und nur in Ausnahmefällen kam es zu strafrechtlichen Maßnahmen. Nach einer Untersuchung des ans Ministerium für Öffentliche Sicherheit von Rio de Janeiro angegliederten Instituts für öffentliche Sicherheit wurden zwischen Januar 1998 und September 2009 im Bundesstaat Rio de Janeiro 10216 Personen bei Vorfällen getötet, die als Tod nach “Widerstand gegen die Staatsgewalt” registriert wurden. In Rio de Janeiro wurden 2009 insgesamt 1048 Menschen, die vermeintlichen “Widerstand gegen die Staatsgewalt” geleistet hatten, getötet. In São Paulo lag diese Zahl bei 543 Personen, was im Vergleich zu 2008 eine Zunahme von 36% darstellte, während Tötungen durch die Militärpolizei um 41% zugenommen hatten.
In São Paulo ließ die Regierung des Bundesstaats weitere massive Einsätze mit erhöhter Sicherheitskräftepräsenz in Favelas durchführen. Dabei wurden die Viertel für einen Zeitraum von 90 Tagen mit militärischem Vorgehen besetzt, bevor die Polizei wieder abrückte. Bewohner der Gemeinde Paraisópolis in São Paulo berichteten über Folterungen, exzessiven Einsatz von Gewalt, Einschüchterungsversuche, willkürliche und missbräuchliche Durchsuchungen, Erpressung und Diebstahl durch Polizeibeamte bei einem dieser Einsätze im Februar.
Im Oktober kamen in Rio de Janeiro drei Polizeibeamte ums Leben, als ein Polizeihubschrauber bei einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Drogenbanden abgeschossen wurde. Bandenmitglieder begannen, Busse anzuzünden und Anwohner aus ihren Häusern zu vertreiben, um die Polizei von ihrem Angriff auf eine rivalisierende Bande abzulenken. Dabei kam es zum Abschuss des Hubschraubers. Die Polizei führte eine Reihe von Einsätzen durch, die von einem ranghöheren Beamten als “Vergeltung” bezeichnet und bei denen mehr als 40 Personen getötet wurden. Darunter befanden sich eine 24-jährige Frau, die mit ihrem elf Monate alten Baby im Arm von einer verirrten Kugel getroffen wurde, sowie ein 15-jähriger Junge, der Berichten zufolge von der Polizei erschossen wurde, als er den Müll nach draußen brachte.
Bewohner der Favelas Acari und Maré in Rio berichteten, dass Schulkinder auf dem Heimweg von der Schule regelmäßig durch gewalttätige Polizeieinsätze gefährdet wurden, so dass Schulen schließen mussten. Des Weiteren gab es Meldungen über Folter, Einschüchterungsversuche, illegale und willkürliche Durchsuchungen, Erpressung und Diebstahl. Die Polizei soll in Maré zudem ein gepanzertes Fahrzeug, einen sogenannten caveirão (Riesenschädel), an Drogenhändler vermietet haben, die in Gebietsstreitigkeiten verwickelt waren.
Die Verbreitung von Milizen – bewaffnete paramilitärische Gruppen, die größtenteils aus Polizei- und Ordnungskräften außer Dienst bestehen – war so hoch, dass sie einer wissenschaftlichen Studie zufolge mehr Favelas von Rio de Janeiro unter ihrer Kontrolle hatten als die Drogenbanden. Die Milizen, die ihre Macht in den Vierteln zur Erzielung politischer und ökonomischer Vorteile missbrauchten, gefährdeten das Leben Tausender Bewohner und auch die Institutionen des Staats. Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamte und ein Abgeordneter des Bundesstaats wurden von den Milizen wiederholt mit dem Tod bedroht. Die staatlichen Behörden führten eine Reihe von Einsätzen gegen die Milizen durch, wobei es zu einigen Festnahmen kam. Der Vorsitzende des für die Untersuchung der Milizenaktivitäten zuständigen parlamentarischen Ausschusses kritisierte jedoch weiterhin das Versagen sowohl der städtischen Behörden als auch der Bundesbehörden bei der Umsetzung der Empfehlungen des Ausschusses zur Bekämpfung der weiteren Zunahme der Milizen.
Nach wie vor waren Häftlinge grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen ausgesetzt. Folter wurde als gängige Verhörmethode zur Bestrafung, Kontrolle, Erniedrigung und Erpressung eingesetzt. Auch die Überbelegung der Haftanstalten blieb ein ernsthaftes Problem. Die Kontrolle der Hafteinrichtungen durch Banden führte zu einer hohen Gewalttätigkeit unter den Häftlingen. Das Fehlen unabhängiger Kontrollinstanzen sowie ein hohes Maß an Korruption sorgten für eine weitere Verfestigung der Gewaltprobleme im Straf- und Jugendstrafvollzug. Ende 2009 waren noch keine Maßnahmen für die Umsetzung des Fakultativprotokolls zum UN-Übereinkommen gegen Folter eingesetzt worden.
Einige der härtesten Haftbedingungen wurden auch weiterhin aus dem Bundesstaat Espírito Santo gemeldet. Es lagen Berichte über Folterungen sowie extreme Überfüllung und den Einsatz von Schiffscontainern (”Mikrowellen” genannt) als Zellen vor. Weiteren Berichten zufolge kam es zu Verstümmelungen von Häftlingen durch Mitgefangene. Auf massiven Druck durch lokale Menschenrechtsgruppen und nationale und bundesstaatliche Kontrollorgane wurden einige Bauprojekte im Justizvollzug eingeleitet. Im März wurde ein widerrechtliches Verbot von Kontrollbesuchen in Gefängnissen aufgehoben.
Im Dezember verabschiedete der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte nach Hinweisen auf Folterungen und versuchten Mord im Gefängnis Urso Branco im Bundesstaat Rondônia eine neue Resolution – die siebte seit 2002 -, in der die brasilianische Regierung aufgefordert wurde, die Sicherheit der dort einsitzenden Gefangenen zu gewährleisten. Eine Entscheidung über eine Petition, in der der Generalstaatsanwalt im Oktober 2008 das Eingreifen der Bundesbehörden gefordert hatte, war Ende 2009 noch vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.
Endstation Carandiru01.04.2006 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Endstation Carandiru Ein brasilianisches Gericht spricht den Offizier frei, der das größte efängnismassaker in der Geschichte des Landes zu verantworten hat. Von Klaus Hart Ein Gericht in der brasilianischen Wirtschaftsmetropole São Paulo hat im Februar eine mehrfach lebenslängliche Gefängnisst …
Menschenrechtler besorgt über Terror von rechts01.11.2000 | Amnesty Journal Artikel | Brasilien Menschenrechtler besorgt über Terror von rechts Der brasilianische Schriftsteller Joao Silvèrio Trevisan, 56, Pionier und intellektueller Kopf der nationalen Schwulenbewegung, hat die Regierung von Präsident Fernando Cardoso aufgefordert, rigoros gegen rechtsextreme Gruppen vorzugehen, um die derzeiti …
Kolumne: Kopf unter Wasser04.06.2009 | Amnesty Journal Artikel | Kolumne zum Thema “Folter in Brasilien”.
Ganz normales Vorgehen : Ein Fall von Folter beschäftigt die brasilianische Öffentlichkeit01.05.2001 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Ganz normales Vorgehen Ein Fall von Folter beschäftigt die brasilianische Öffentlichkeit. Er markiert jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Der Fall schien klar: Der 23-jährige Bauarbeiter Alexandre de Oliveira aus Bom Jardim de Minas, einem Ort etwa 200 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt, hatte s …
Sklavenarbeit nimmt wieder zu01.02.2002 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN SKLAVENARBEIT NIMMT WIEDER ZU Erst im Jahre 1888 hat Brasilien die Sklaverei offiziell abgeschafft, doch es gibt sie bis heute. Vor allem im Norden und Nordosten wird sie von etlichen Großgrundbesitzern in modifizierter Form weitergeführt. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Morde an Landgewerkschaftern …
Kein Ende des Mordens in Sicht01.04.1997 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Kein Ende des Mordens in Sicht In Brasilien sind auch zehn Jahre nach Ende der Diktatur Todesschwadronen aktiv. Die Opfer sind Kinder, Jugendliche, Arme, Menschenrechtler oder politische Gegner – die Gewalt nimmt zu. An einem Februarnachmittag geschieht in Rio de Janeiro wieder einmal das, was …
Folter bleibt alltäglich01.11.2001 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Folter bleibt alltäglich In Brasilien hat die Regierung eine Kampagne gegen die Folter gestartet. Menschenrechtler sind eher skeptisch, was den Erfolg betrifft. Denn auch das Anti-Folter-Gesetz von 1997 hat bisher nicht die gewünschte Wirkung gehabt. Der Dreißig-Sekunden-TV-Spot ist gut gemacht, drasti …
Sicherheitskräfte treiben Menschenrechtler in Exil01.10.2000 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Sicherheitskräfte treiben Menschenrechtler ins Exil Der brasilianische Staatschef Cardoso ist stolz auf seine Menschenrechtspolitik. Doch engagierte Menschenrechtler und verfolgte Homosexuelle fliehen ins Ausland und erhalten dort politisches Asyl. Wer sich in Brasilien für die Rechte von Minderh …
Brasilien: Schießen mit “Wildwest-Zulage”01.02.1998 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Schießen mit “Wildwest-Zulage” Die Militärpolizei Brasiliens ist heute gewalttätiger als während der Diktatur. Massaker an Häftlingen, Straßenkindern und Landlosen häufen sich. Menschenrechtler protestieren gegen eine “Wildwest-Zulage”, die Ermordungen belohnt und zum Töten Unschuldiger anreizt. …
Geld oder Gewehre: Mit Hilfe einer Kampagne versucht die Regierung Waffen abzukaufen01.09.2004 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Brasilianisches Roulette In kaum einem anderen Land der Welt sterben so viele Einwohner durch Schusswaffen wie in Brasilien. Jetzt versucht die Regierung, die privaten Revolver und Gewehre einzusammeln. Was soll ich noch mit den Schießeisen – in meinem Alter“, sagt die 89-jährige Zulmira de Oli …
Die “Hölle auf Erden”01.12.1996 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN Die “Hölle auf Erden” Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkünde …
Staat im Staate01.10.2002 | Amnesty Journal Artikel | BRASILIEN STAAT IM STAATE In Brasilien haben sich einflussreiche Verbrechersyndikate entwickelt, die vor allem in den Favelas, den Elendsvierteln der Großstädte das soziale Leben kontrollieren. In den über achthundert Favelas von Rio de Janeiro häufen sich Szenen wie diese: Mehrere Dutzend schwer bewaff …
Ungesühnte Gewaltexzesse01.09.1999 | Amnesty Journal Artikel | Brasilien Ungesühnte Gewaltexzesse In den Armenvierteln der brasilianischen Großstädte gehört der Terror zum Alltag. Bewaffnete Banden, Paramilitärs und die Polizei treiben hier ihr Unwesen. Der Staat schaut zu. Rio de Janeiro, Ende Juli 1999: In Sichtweite des Rathauses und einer Polizeikaserne, ganz in …
Nachrichten01.11.2000 | Amnesty Journal Artikel | NACHRICHTEN Brasilien Menschenrechtler besorgt über Terror von rechts Der brasilianische Schriftsteller Joao Silvèrio Trevisan, 56, Pionier und intellektueller Kopf der nationalen Schwulenbewegung, hat die Regierung von Präsident Fernando Cardoso aufgefordert, rigoros gegen rechtsextreme Gruppen vorzugehen, …
Nachrichten01.06.1999 | Amnesty Journal Artikel | Nachrichten Brasilien/Deutschland Keine Schelte für Präsident Cardoso Menschenrechtler hatten sich vor dem Deutschland-Besuch des brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso gefragt, was diesmal wohl anders sein würde. Kam Cardoso zu Bundeskanzler Kohl an den Rhein, schlugen ihm Freundlichkeiten und …
Nachrichten01.06.1998 | Amnesty Journal Artikel | NACHRICHTEN Brasilien Ein Folterer macht Karriere Ricardo Fayad ist heute Brigadegeneral – während der Diktatur von 1964 bis 1985 hatte er sich als ausgebildeter Mediziner an Folterungen politischer Gefangener beteiligt. In einer Kaserne in Rio de Janeiro bestimmte er die Methoden: Celia Manes erhielt im …
„Die Lula-Regierung war bei den Menschenrechten eine Enttäuschung“(2009)
Tim Cahill, Brasilienexperte von Amnesty International, über fortdauernde Folter, Todesschwadronen, paramilitärische Milizen und Sklavenarbeit in Lateinamerikas größter Demokratie.
Paraisopolis heißt Paradies-Stadt – doch paradiesisch ist hier garnichts. Der Slum zählt zu den über 2000 in der reichsten südamerikanischen Megacity und grenzt an ein Viertel der Wohlhabenden – nicht wenige davon blicken von ihren luxuriösen Penthouse-Appartements direkt auf das unüberschaubare Gassenlabyrinth, wo auf engstem Raum in Holz-und Backsteinkaten rund 100000 Menschen in Moder, Abwässer-und Müllgestank hausen. Dabei gibt es an der fernen Peripherie weit grauenhaftere Slums. Auch für die Kirche ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten, daß der von bewaffneten Gangstern gemanagte Drogenhandel in Paraisopolis nur dank der reichen Großkunden von nebenan so lukrativ funktioniert. Der junge schwarze Slumpriester Luciano Borges Basilio nimmt kein Blatt vor den Mund:“Das organisierte Verbrechen ist besser organisiert als die Polizei – oft sogar viel besser, während die Polizei desorganisiert ist.“ In Brasilien werden täglich mehrere Beamte ermordet. „Ein Polizeioffizier erhielt 2009 hier in Paraisopolis einen Bauchschuß – die Beamten haben ja auch Familie und sind unter Streß und Hochspannung, wenn sie in einen Slum hineinmüssen. Aber Willkür rechtfertigt das nicht.“ Anstatt jener kleinen Minderheit von Kriminellen das Handwerk zu legen, verletzt die Polizei bei Razzien permanent Grundrechte der völlig unschuldigen Bewohnermehrheit, was weder die Kirche noch Amnesty International hinnimmt. Tim Cahill ist wiederholt vor Ort, spricht mit Zeugen. Sie berichten von Folterungen, ungerechtfertigtem Schußwaffengebrauch: Bei der Verfolgung von Gangstern, die in das Gassengewirr und Menschengewimmel des Slums flüchten, wird ein neunmonatiges Baby in den Arm geschossen, eine Sechzehnjährige an den Brüsten verwundet.
Journal: Bewohner berichten, daß Elektroschocks zu den gängigsten polizeilichen Foltermethoden in Paraisopolis gehören. Die Beamten behandeln uns wie Tiere, lautet ein Vorwurf.
Cahill: Die brasilianische Regierung hat zwar die Anti-Folter-Konvention unterzeichnet, doch wie wir hier vor Ort sehen, fehlt jeglicher politischer Wille, Folterer zu bestrafen. Bei Folter-Anzeigen wird gewöhnlich garnicht ermittelt. Die Polizei ist landesweit zunehmend in kriminelle Aktivitäten verwickelt, bildet Todesschwadronen und paramilitärische Milizen. Und ein beträchtlicher Teil der Brasilianer, vor allem jene in den Slums, wird wie Wegwerf-Bevölkerung behandelt. Paraisopolis ist dafür ein Beispiel. Es fehlt die Verantwortung des Staates für diese Menschen. Öffentliche Sicherheit muß für alle Brasilianer garantiert werden – die armen Schichten darf man nicht einfach davon ausschließen.“
Journal: „Öffentliche Sicherheit“ ist in Brasilien vor allem Aufgabe der Militärpolizei – Relikt der Militärdiktatur. Weil Diktaturverbrecher, Folterer von einst nicht bestraft werden, fördert dies heutige Polizeigewalt und ermuntert die Folterer zum Weitermachen, argumentieren selbst frühere politische Gefangene.
Cahill: Das ist in der Tat ein zentraler Punkt – Straffreiheit in Bezug auf Vergangenes stärkt die heutige Politik der Straflosigkeit. Das wird weithin akzeptiert. Ich war in vielen Polizeiwachen und Gefängnissen Brasiliens, habe hohe Amtsträger des Sicherheitsapparats getroffen. Da fand ich immer Leute mit ganz direkter Beziehung zu den Diktaturverbrechen. Das Ausmaß der Gewalt, die alltäglichen Menschenrechtsverletzungen im heutigen Brasilien sind Erbe der Diktaturvergangenheit. Amnesty macht Druck auf Brasilia, auf Staatschef Lula, die Diktaturverbrechen zu bestrafen und die Geheimarchive des Militärregimes endlich zu öffnen. Brasilien ist bei der Vergangenheitsbewältigung deutlich hinter den anderen lateinamerikanischen Staaten zurück. Das ist gravierend.
Journal: Die Lula-Regierung hatte der UNO, den Menschenrechtsorganisationen 2003, zu Beginn der ersten Amtszeit versprochen, die eigenen Gesetze und internationalen Abkommen einzuhalten. Doch nach wie vor werden in Brasilien sogar Menschen auf Scheiterhaufen lebendig verbrannt. Hielt Brasilia denn Wort?
Cahill: Die Lula-Regierung war eine Enttäuschung. Es gab große Versprechen, Pläne und Projekte, sogar einen konstruktiven Diskurs – doch die Probleme sind tief verwurzelt geblieben. Es wird weiter gefoltert und exekutiert, die Lage in den Gefängnissen ist nach wie vor grauenhaft, und es gibt sogar weiterhin Todesschwadronen und Sklavenarbeit. Es fehlt der Regierung ganz klar politischer Wille. Echte Reformen werden durch wirtschaftliche und politische Interessen verhindert. Die paramilitärischen Milizen haben Macht, üben wirtschaftliche Kontrolle aus – daraus wird politische Macht, eine reale Bedrohung im heutigen Brasilien.“
Journal: In der Olympia-Stadt Rio de Janeiro hat der Staat mehrere Hangslums besetzt, gemäß überschwenglichen europäischen Presseberichten die Verbrecherkommandos vertrieben und die Lage der Bewohner deutlich verbessert. Sind das nicht gute Beispiele, die auf positive Änderungen hindeuten?
Cahill: Es handelt sich bei diesen Slums lediglich um Inseln, während im großen Rest der Stadt sich an der staatlichen Politik, an Diskriminierung und Polizeigewalt kein Deut ändert. Für uns heißt dies, vor Ort noch intensiver zu recherchieren und Menschenrechtsverletzungen permanent anzuprangern. Die Situation Brasiliens ist sehr komplex.
Journal: Hochrangige Staatsvertreter geißeln die Lage gelegentlich drastisch, was auf manchen entwaffnend wirkt. Laut Gilmar Mendes, Präsident des Obersten Gerichts, ähnelt Brasiliens Gefängnissystem nazistischen Konzentrationslagern. Und Paulo Vannuchi, Brasiliens Menschenrechtsminister, räumt ein, daß tagtäglich außergerichtliche Exekutionen und Blutbäder von Polizisten sowie Todesschwadronen verübt würden. Gravierende Menschenrechtsverletzungen seien Routine, alltäglich und allgemein verbreitet.
Tim Cahill: Dies zählt zu den unglaublichen Dingen in Brasilien – Teile der Autoritäten erkennen diese Tatsachen offen und klar an – aber tun so, als seien sie dafür nicht verantwortlich. Denn das Gefängnissystem wird eben einfach nicht reformiert, trotz der häufigen Versprechen. Das große Problem Brasiliens ist heute, daß der offizielle Diskurs nichts mit der politischen Praxis zu tun hat. Wenn die Regierung in Brasilia weltweit mehr Anerkennung und Respekt will, muß sie sich für die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung einsetzen, besonders der Unterprivilegierten. Was falsch läuft, haben wir bei unseren Recherchen in der Sao-Paulo-Favela Paraisopolis, bei den Gesprächen mit Tatzeugen deutlich ermittelt: Der Staat marginalisiert diese Menschen – und das seit Jahrzehnten. Innerhalb des Staatsapparats herrscht Einverständnis, die Polizeistrukturen nicht zu kontrollieren. Angesichts extremer Kriminalität läßt man den Sicherheitskräften die Freiheit, Menschenrechte einfach zu verletzen. Wichtig ist, beide Seiten zu sehen.
http://www.ila-web.de/brasilientexte/inhalt.htm
Tags: Lula, Lula in Berlin, Menschenrechte in Brasilien, Scheiterhaufen, Tropa de Elite 2
“In nur einer Woche 3 Millionen Zuschauer”.
“Mit Tropa de Elite 2 klagt Padilha die Politik und die Politiker an.” Kritiker Luiz Zanin Oricchio in “O Estado de Sao Paulo”.
In der deutschen Parteipropaganda wird die brasilianische Regierung als progressiv eingestuft.
Laut Medienberichten sehen sich viele Eltern bereits mit elfjährigen Kindern den Film an, obwohl er erst ab 16 zugelassen ist. Ein Vater in Sao Paulo wurde zitiert:”Der Film ist etwas gewaltgeprägt – aber wir erleben das doch im Alltag. Es ist gut, daß meine Elfjährige dazulernt.”
Verbrennen von Journalistin und Fotograf im Film – Bandit mit verkohltem Menschenkopf. Der TV-Reporter Tim Lopes wurde in der Olympia-Stadt Rio de Janeiro tatsächlich lebendig verbrannt – der hauptbeteiligte Killer ist auf freiem Fuß, wurde im Fernsehen bewaffnet beim Drogenhandel gezeigt.
Lula laut Presse mit mutmaßlichem Chef paramilitärischer Milizen auf Kundgebungsbühne in Rio: http://g1.globo.com/Noticias/Politica/0,,MUL319661-5601,00-SUPOSTO+CHEFE+DE+MILICIA+SOBE+AO+PALANQUE+DE+LULA+NO+RJ.html
Rio-Gouverneur Cabral und Milizen: http://veja.abril.com.br/blog/reinaldo/geral/video-mostra-cabral-ao-lado-de-lideres-de-milicia-no-rio/
Paulo Lins(City of God) über Lage in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/20/paulo-lins-gesichter-brasiliens/
Spezialeinheit BOPE auf “Morro dos Macacos”: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/19/erfolgsfilm-tropa-de-elite-2-und-ubersturzte-reaktionen-3-monate-vor-lulas-abtreten-besetzt-spezialeinheit-scheiterhaufen-hinrichtungsstatte-in-rio-slum/
Lulas Pressekonferenz in Berlin: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/03/pressekonferenz-mit-lula-in-berlin-keine-einzige-frage-zu-gravierenden-von-amnesty-international-kritisierten-menschenrechtsverletzungen-wie-folter-scheiterhaufen-todesschwadronen-sklavenarbeit/
Neoliberaler Waffen-Rap aus Rio – Zeitgeist pur: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/01/hit-der-fusball-wm-in-sudafrika-rap-das-armas-aus-rio-de-janeiro-musik-des-berlinale-gewinners-tropa-de-elite-anklicken-zeitgeist/
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1624771/
Richard Cragun und die Erfahrungen mit der Präfektur von Rio de Janeiro:
Tags: Ballet Contemporaneo, Brasilien, DeAnima, John Neschling, Richard Cragun(1944-2012), Rio de Janeiro, Roberto de Oliveira
Cragun beim Website-Interview in seinem Haus in Santa Teresa.
Nach Angaben seines langjährigen Partners Roberto de Oliveira verlor Cragun als Folge des Schlaganfalls etwa 14 Prozent des Gehirns. Dies führte u.a. zu Gedächtnisproblemen.
Laut “O Globo” war Cragun zuletzt mit der früheren Ballett-Tänzerin und Tanzlehrerin Rosalia Verlangieri verheiratet, nannte seine finanzielle Situation “fürchterlich” und lebte seit 2010 im Rio-Stadtteil Botafogo in einer Zwei-Zimmer-Mietwohnung. “Ich wohne mitten in Kisten, es ist alles eingepackt.” Cragun mußte während seiner Zeit in Rio de Janeiro u.a. wegen nicht eingehaltener Finanzierungszusagen immer wieder aus eigener Tasche beitragen.
Da könnte sich die Frage aufdrängen, warum Bekannte, Freunde, Ex-Kollegen aus dem Stuttgarter Umfeld nicht die Initiative ergriffen und den gesundheitlich angeschlagenen Cragun aus dieser mißlichen Lage befreiten, ihn beispielsweise nach Deutschland zurückholten.
“Cragun pensa em incluir a historia de sua bisexualidade numa autobiografia.”
Hintergrund von 2004:
„Wir beide sind eigentlich verrückt, so etwas hier zu machen.”
Die Stuttgarter Ballettlegende Richard Cragun – neuer Start am Zuckerhut mit dem brasilianischen Choreographen Ricardo de Oliveira.
Morgens um zehn in der chaotischen, entsetzlich lauten City von Rio de Janeiro, das wunderschöne Theatro Municipal, der alten Oper von Paris nachempfunden, wie ein Fels in der Brandung, verkehrsumtost – überragt von häßlich funktionalen Zweckbauten. Drinnen im Theatro die andere Welt des Richard Cragun, Idealist, wie er im Buche steht.
Der Korrepetitor greift in die Tasten, vor hohen Spiegeln proben Tänzerinnen, Tänzer – ein Augenschmaus – die Ballettmeister – alles Russen, seit Cragun hier das Zepter übernahm. Er hätte in Europa, in Deutschland bleiben können – warum gerade Brasilien?
”Da ist zuerst die große Beziehung durch Marcia Haydee, die berühmte brasilianische Ballerina, mit der ich verheiratet war sechzehn Jahre lang und auch in Stuttgart vierunddreißig Jahre mit ihr zusammen getanzt habe. Und durch diese Beziehung habe ich Brasilien kennengelernt. Und eines Tages sage ich mir, wenn ich aufhöre zu tanzen, möchte ich nach Brasilien ziehen und und hier irgendetwas anfangen. Ich habe so viele, viele gute Jahre gehabt, durch London, Stuttgart, ich habe sehr hart gearbeitet, es war eine goldene Zeit. Diese ganzen Probleme hier – das ist wie die andere Seite des Mondes. Ich muß auch das kennenlernen, um ein lebenserfahrener Mensch zu werden. Ich muß lernen, nicht nachzulassen, hier kein Selbstmitleid zu haben – nur sagen, vorwärts, Cragun, vorwärts. Die hier wissen nicht, was sie tun. Man muß einfach sagen, okay, ich bin hier, euch zu helfen!”
Richard Cragun – einst gefeierter Stargast in Rio de Janeiro – seit zwei Jahren auf einmal Direktor dieses einzigen klassischen Balletts von Brasilien, des wichtigsten von ganz Lateinamerika. Ballettdirektor in einem Land der Dritten Welt, mit den entsetzlichsten Sozialkontrasten – Nobelviertel der Weißen neben Slums, Schwarzenghettos. Dazu der unerklärte Bürgerkrieg mit rund 55000 Gewaltopfern jährlich, mehr Getöteten pro Jahr als im Irakkrieg. Der Start in Rio wie böses Erwachen?
”Tolle Überraschung!”
Cragun meint es ernst und ironisch zugleich. ”Das brasilianische Volk hat ein außerordentliches Gefühl für Musik, Rhythmus, Tanz und Humor. Das sind wirklich Elemente, die man unbedingt braucht für eine Tanzkarriere. Was sie nicht haben, ist genügend klassisches Ballett. Die haben zwar verschiedene Schulen, aber die sind die letzten Jahre sehr heruntergekommen. Das System, die Ausbildung eines Tänzers sind sehr zurückgeblieben die letzten Jahre – wie wohl überall in der Welt. Die große Epoche des Tanzes reichte von den 60er Jahren bis spätestens in die 80er Jahre, schon in den 90ern ging es bergab – ziemlich stark.”
Der Dirigent und Komponist John Neschling wechselte 1997 von Deutschland nach Sao Paulo, übernahm das heruntergewirtschaftete Sinfonieorchester der Metropole, initiierte eine regelrechte lateinamerikanische Klassik-Kulturrevolution – durch Neschlings zähe Anstrengungen hat Brasilien, hat Lateinamerika erstmals in der Geschichte ein Orchester von internationalem Niveau, dessen CDs auch in deutschen Plattenläden stehen. Richard Cragun versucht das gleiche mit seinem Ballett in Rio, hat heute sehr ähnliche Probleme wie Neschling damals.
”Es ist wahnsinnig kompliziert. Viele Leute fragen mich, Cragun, warum bleiben sie hier, machen sie das immer noch. Vorauszuplanen ist leider nicht die Methode in Brasilien. In Deutschland planen wir manchmal zwei, drei, vier Jahre voraus, weiß man, was in Berlin und Stuttgart dann läuft. Wir versuchen hier, für mein nächstes Programm diesen Oktober einen Sponsor zu finden. Zu finden! Wir haben noch keinen Sponsoren. Und durch diesen Sponsoren wird das finanziert.”
Die Gagen der Tänzer wenigstens werden pünktlich vom Bundesstaat Rio bezahlt – umgerechnet zwischen achthundert und 1700 Euro – doch dem Ballettdirektor selbst – und sogar ausländischen Solisten, Choreographen bleibt man den Lohn monatelang schuldig. Wird deren Idealismus schamlos ausgebeutet?
”Ich soll eine feste Summe bekommen, aber zwei Monate schon wird mir nichts gezahlt. Und das ist viel, wirklich sehr viel. Ich kann das nicht mehr erlauben , daß die Versprechungen machen für Künstler des Auslands. Neulich, ich habe das erlebt, daß die erst fünf Monate nach der Premiere bezahlt haben. Was glauben sie, was ich für E-Mails bekommen habe aus Deutschland! Cragun, sie haben uns angelogen! Ich sage Kinder, Kinder, das ist Brasilien. Deshalb bin ich wütend geworden, habe gesagt, ich will aufhören hier.”
Und – kaum zu glauben, weil die Kulturbürokratie den Ballettdirektor einfach übergeht, fehlen den Tänzern immer wieder sogar die Schuhe.
”Die Schuhe waren zu spät bestellt von der Verwaltung – warum, das Geld war noch nicht da. Die sagen manhamanhamanha. Es war zu spät, die Tänzer hatten keine Schuhe zur Vorbereitung, hat man also einige Vorstellungen abgesagt. Ich habe mich auf die Seite der Tänzer gestellt – die können doch nicht ohne Schuhe tanzen!”
Doch Ärger, Streit hat Cragun selbst mit einem Teil des Ensembles – bereits viel zu alt, weit über vierzig, doch unkündbar, mit Beamtenmentalität. Neueinstellungen fast unmöglich.
”Ich habe 91 Tänzer, und ich würde sagen, ungefähr 45, 48 kann ich einsetzen. Die anderen können nicht tanzen. Die kriegen ihr Geld, müssen ihr Training machen – und das ist alles. Was kann ein Ballettdirektor mit diesen Leuten tun? Die bleiben nicht aus Bösartigkeit, haben ja keinen anderen Job. Aber jedes Jahr, das die Company älter wird, und kein frisches Blut hinzukommt,geht es auf eine Katastrophe zu. Das ist der Tod jeder Company!”
Aus all diesen Gründen leere Häuser, böse Kritiken? Genau das Gegenteil, denn das Ensemble tanzt deutlich besser. Vor Cragun war Ballett nur ein Elitevergnügen, Eintrittskarten absolut unerschwinglich für die Masse jener, die Stundenlöhne um die fünfzig Cents umgerechnet bekommen. Cragun boxte durch, daß die Eintrittspreise halbiert werden – manche Vorstellungen kosten gar nur 28 Cents. Auch deshalb volle Häuser, viel mehr Vorstellungen, erstmals sogar sehr viele Slumbewohner in dem noblen Theater mit dem Schriftzug „Goethe” an der Vorderfront. Slumbewohner, Arme ohne Bildung, ohne eine Idee von der Kunst des Balletts. Cragun macht daher dasselbe wie Dirigent Neschling in Sao Paulo, spricht zum Publikum, ”…um denen beizubringen, um was es geht. Ein bißchen Kunsthistorie. Ich rede mit ihnen, lade ein paar auf die Bühne, damit sie einen Spitzenschuh anfassen können. Oder ich spreche mit der Tänzerin Ana Botafogo. Das ist enorm erfolgreich, man muß nur in die Gesichter schauen.”
Die zierliche Ana Botafogo – beste, auch populärste Solistin des Theatro Municipal. Sie betont vor allem den Qualitätssprung durch Cragun.
”Für uns ist er ein Geschenk – wenngleich er sehr viel fordert, sehr hohe Ansprüche an uns hat. Er will Technik u n d Seele, setzt besonders auf die Interpretation. Cragun gibt uns sehr viel Sicherheit, weil er ja selbst Tänzer war, und weiß, wie unser Leben ist, unser Alltag. Cragun hat einfach sehr gute Ideen. Durch ihn wurde unser Theatro Municipal auf einmal weltweit bekannt – alle Welt weiß, daß hier in diesem so fernen Brasilien derzeit etwas Wichtiges, Großes passiert. Cragun leidet sehr unter dieser Bürokratie, diesen Geldproblemen. Denn manchmal denkt er noch, er sei in Deutschland, wo doch im Vergleich zu hier alles funktioniert. Er muß verstehen, daß er jetzt in Brasilien ist.”
Immer wieder Übernahmen aus Stuttgart – darunter den Onegin, von John Cranko.
Und schon wirbt man Cragun Tänzer ab – etwa ans Royal Ballett in London. Das zählt für ihn ebenso wie Stuttgart, Leningrad, New York zu den A-Kompagnien, zur Weltspitze.
”Ich zähle unsere am Theatro Municipal zur B-Kategorie, die sind noch nicht auf dem A-Level, aber die machen gute Fortschritte, die sind sehr professionell. Neulich sagte einer: Die Staatsoper in Berlin ist gar nicht besser wie das hier. Das waren Ballettouristen aus Deutschland.”
Richard Cragun ärgert sich über den Rassismus in Brasilien – und attackiert ihn sogar im Theater. “Natürlich gibt es Rassismus – und manchmal ist er sogar sehr stark.” Erstmals in der Ballettgeschichte Brasiliens gibt er einem Schwarzen eine Hauptrolle – dem einzigen Nicht-Weißen in seinem Ensemble. Jener Bruno Rocha tanzt den Albrecht im Ballett Giselle, als Partner von Ana Botafogo.
”Es war ein Riesenerfolg – er war der erste Schwarze in der ganzen Geschichte von Brasilien und dem Theatro Municipal “ in fast hundert Jahren. Man fragte mich vorher, warum haben sie ausgerechnet einen Schwarzen da eingesetzt. Ich habe gesagt, ja, ist der schwarz – ich habe das nicht bemerkt. Der ist ein toller Tänzer, der ist elegant, der hat alle Fähigkeiten – daß der schwarz ist, oder grün oder blau, das ist mir egal. So habe ich darauf reagiert.”
Und Bruno Rocha?
”Damit wurde sozusagen ein Tabu gebrochen – denn nie hat ein Schwarzer hier eine Hauptrolle getanzt. Erst seit ich Solist hier bin, fühle ich mich gleich wie die anderen hier, glaube ich an mich.”
Nachmittags wechselt Cragun im Sauseschritt vom noblen City-Opernhaus ins arg heruntergekommene Hafenviertel, in einen dunklen früheren Lagerschuppen. Wieder intensive Proben, ein Korrepetitor.
Craguns zweiter Arbeitsplatz – abgewetzt, extrem simpel und provisorisch eingerichtet, Lärm der Hafenstraße dringt herein. Das DeAnima-Ballett für zeitgenössischen Tanz – vor zweieinhalb Jahren hat er es mit dem Brasilianer Roberto de Oliveira gegründet, zuvor Solotänzer und Hauschoreograph in Stuttgart. DeAnima hat sechzehn feste Bailarinos, Bailarinas – im angeschlossenen Sozialprojekt zusätzlich zweihundert Talente aus den Slums, zu 99 Prozent Schwarze. Sprach-und Informatikkurse, für die Zeit nach dem Tanzen. Probleme, weit komplizierter als im Theatro Municipal. Präfekt Cesar Maia hatte Cragun und Oliveira nach Rio eingeladen, DeAnima sollte die offizielle Tanzkompagnie der Zuckerhutstadt sein, finanziert von der Präfektur. Doch schon bald kommt kein einziger Centavo mehr.
„Für mich eine sehr große Enttäuschung – alles war von einem Tag auf den anderen futsch.”
Die Rettung kommt kurioserweise aus Deutschland.
”Das ist der Witz, und ich bin dermaßen froh und dankbar. Deutsche Sponsoren, die Firma Bosch. Wir haben auch von Siemens in Deutschland Geld bekommen. von der Birgit-Keil-Stiftung.”
Wenigstens schlossen sich zwei Stiftungen Rios an. Roberto de Oliveira – Star der Stuttgarter Bühne, hochgelobt von den deutschen, europäischen Ballettexperten. Doch hier werden der Choreograph und sein DeAnima-Ballett von der Tanzszene, den anderen freien Gruppen der Zehn-Millionen-Stadt extrem negativ empfangen, von den Medien, in denen die Gegner stark sind, mit furchtbaren Kritiken niedergemacht. Oliveira, DeAnima werden als lästige Konkurrenz behandelt, die nicht hochkommen soll. Craguns, Oliveiras Biographie zählt hier nur wenig.
”Wir beide sind eigentlich verrückt, so was hier zu machen. Manchmal denke ich, ach, ich packe jetzt meine Koffer und kehre zurück nach Europa. Ich denke das oft bis heute. Die Situation hier ist kompliziert, nicht so einfach, wie ich dachte. Die Atmosphäre in Brasilien ist sehr wenig kreativ heute. Selbst die Ballettkompagnie Grupo Corpo, die wichtigste von Brasilien, bringt nur alle zwei Jahre ein neues Stück heraus. Wir haben dagegen schon 28 Stücke im Repertoire, zweieinhalb Jahre nach der Gründung. Wir haben einfach die europäische Mentalität mitgebracht. In Stuttgart hatten wir jährlich drei Premieren, vier Wiederaufnahmen, dort produziert man viel, schafft man viel Neues. Ich glaube, Brasilien ist in vielen Dingen noch ganz am Anfang, man ist neidisch, engstirnig, kleinlich. Doch das Schlimmste haben wir hinter uns, jetzt stabilisieren wir DeAnima. Und stopfen unsern Gegnern den Mund – erst jetzt wird unsere Qualität langsam anerkannt. Jetzt sehen es die Leute!”
Immer wieder stoßen Talente aus den mehr als 800 Rio-Slums hinzu.
”So unglaublich es klingt, von Richard Cragun hörte ich erstmals, kurz bevor ich hier als Fester anfing”, sagt Marcus Dias aus Brasilia. „Der hat keine Starallüren, der mag dieses Land, tanzt sogar Samba. DeAnima fordert viel, holt viele neue Choreographen, wie keine andere Ballettkompagnie hier – phantastisch für uns.”
”Hier werde ich nicht reich, aber eine Persönlichkeit”, urteilt der Schwarze Claudio Cardoso. „Viele meiner Freunde sind zu den Banditen gegangen, alle schon tot. Roberto und Richard zeigen uns hier Alternativen, andere Perspektiven.”
”Nur durch Roberto habe ich überhaupt entdeckt, daß ich Ballett mag, daß mir das liegt”, meint Thiago de Silva aus dem Slum Vila de Joao, „ich will Tänzer und Choreograph werden. Falls ich hier keine Anstellung kriege, versuche ichs eben im Ausland – dort schätzt man ja Kultur viel mehr als hier. Immer diese Schießereien in Vila de Joao finde ich furchtbar.”
Drei Schwarze, mühsam ausgebildet, wurden bereits für sehr gute Gagen nach Europa abgeworben, zwei davon sogar nach Deutschland – stets ein Verlust für uns, ein Jammer, wie Cragun beklagt.
Roberto zeigt auf zwei hochbegabte Jungen – deren Brüder sind Killer, die Mutter ist Prostituierte.
”Oft können wir mit Slumjugendlichen nicht arbeiten, weil die Gangsterkommandos es verbieten. Für ein Ballett im Theatro Municipal hatte ich für vierzig Leute Gratiskarten besorgt. Doch niemand kam! Die Gruppe war in ein Feuergefecht rivalisierender Banditenmilizen geraten, alle wären um ein Haar erschossen worden. Und sowas passiert hier viel! Unsere Jugendlichen leben wie in einem Parallelstaat, unter einer Parallelmacht! Deshalb ist unser Sozialprojekt so wichtig. Aber für all das braucht man viel Idealismus, Selbstvertrauen, Beharrlichkeit, unendlich viel Geduld…”
Mit der Zeit bemerkt Cragun, daß man am Opernhaus seinen Idealismus auf absurdeste Weise ausbeutet, Projekte sabotiert. Rio de Janeiros Opernhaus hatte das unverschämte Glück, einen der fünf besten, wichtigsten Tänzer des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts, als Ballettdirektor engagieren zu können – nutzte diese Chance indessen nicht, kein Einzelfall in Brasilien. Cragun kündigt: “Ich habe es einfach satt, es geht nicht mehr – angesichts von Inkompetenz und Fehlplanung in diesem Haus. Ich habe acht Ballette absagen müssen. Ich konnte nicht ein einziges Mal eine Produktion mit unterschriebenem Vertrag anfangen. Das alles bedeutet für den Ballettdirektor einen Streß, du glaubst es nicht.”
Als es um die Aufführung des Dornröschen-Balletts von Tschaikowsky geht, möchte die zuständige Kulturfunktionärin wissen, wer eigentlich die Musik geschrieben habe. “Und wieviel müssen wir dann Herrn Tschaikowsky für die Aufführungsrechte bezahlen?”, wird Cragun gefragt. Wie Neschling in Sao Paulo hat er auch Probleme mit brasilianischen Gewerkschaften, eine ganz besondere Sorte. “Es ist teilweise zum Weinen hier. Ein Tänzer ist immer wieder kurz vor einer Vorstellung besoffen. Er fehlt bei Proben, ruft aus Sao Paulo an, daß er nicht kommen könne, weil der Hund krank ist. Der Tänzer hat immerhin eine Hauptrolle!” Cragun will ihn entlassen, doch die Tänzergewerkschaft setzt per Anwalt durch, daß er bleibt, die wegen der Probenausfälle gestrichenen Gagen dennoch bekommt. Cragun steht da wie ein Hampelmann, ohne Autorität. “Das System blockiert sich selbst.”
Die mittelmäßige, provinzielle Tanzszene Rios macht weiter auch über die wichtigsten Medien gegen DeAnima mobil – Intrigen, absurd schlechte Kritiken, Verleumdungen. “Das ist eine Mafia, ein Komplott. Die wollten mich hier nicht haben, die wollten DeAnima nicht.” Typisch Brasilien – Cragun und Oliveira werden nicht als Bereicherung empfunden, sondern als lästige Gegner, Konkurrenten. Denn beide hätten Qualitätsmaßstäbe gesetzt, an denen alle Tanzkompagnien Brasiliens, Rios künftig gemessen würden. Oliveira sagt:”Die Atmosphäre in Brasilien ist sehr wenig kreativ, man ist neidisch, engstirnig, kleinlich, will keine Ausländer. Die Situation ist kompliziert, nicht so einfach, wie ich dachte. Ich denke oft, ach, ich packe meine Koffer und gehe zurück nach Europa.” Auch Cragun, inzwischen in Rio überfallen und ausgeraubt worden, ist skeptisch:”Die hier haben nicht die Klugheit, die Tanzszene attraktiv zu machen. Die Leute in Europa werden die hier einfach auslachen und sagen, das gibts doch nicht, das ist nicht diskutabel.”
Richard Cragun – gefeiert mit dem Stuttgarter Ballett in Sao Paulo. (Programmheft)
Brasiliens absichtlich zerstörte Paartanz-Kultur, Severino Araujo. “Bailes estao morrendo?”(Tanzzeitung “Dance”): http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/04/brasilien-severino-araujo-dirigent-des-seelenvollsten-dienstaltesten-ballorchesters-der-welt-mit-95-gestorben/
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Cragun
Richard Cragun – eine außergewöhnliche Persönlichkeit – sinnlich und hochsensibel.
Cragun sprach gegenüber O Globo auch über seine Bisexualität, die zur Trennung von Marcia Haydee geführt habe. Cragun habe ein Verhältnis mit dem Masseur des Stuttgarter Balletts gehabt – was die Trennung bewirkte. “Vier Monate tanzten wir nicht mehr zusammen. Bis sie sagte: Ricky, ich habe Sehnsucht, wieder mit dir zu tanzen. Laß es uns versuchen. Marcia ist meine beste Freundin und die Frau meines Lebens.”
Brasilien gilt als größtes bisexuelles Land der Welt.
Mit welchem kulturellen Umfeld Richard Cragun konfrontiert war, das ihn tagtäglich auch psychisch stark belastete – Brasilien auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung nur Platz 84 – die entsetzliche Gewaltkultur von Rio de Janeiro, siehe Website-Fotoserie”Rio+20.Brasiliens Zeitungen, brasilianischer Fotojournalismus”. Für einen Idealisten wie Cragun war grauenhaft, in einer Scheiterhaufen-Stadt zu leben, die aus seinem früheren deutschen Lebensumfeld viel Lob, Hudel, Bewunderung erhielt. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Roberto de Oliveira in Website-Interviews: “Wir haben die europäische Mentalität mitgebracht. Dort produziert man viel, schafft man viel neu.Das hängt von einem kulturellen Apparat ab, der in Brasilien leider nicht existiert. Der Brasilianer ist sehr neidisch, sehr kleinlich, wenn es darum geht, die Arbeit, das Talent anderer anzuerkennen…Wir mußten unser Sozialprojekt schon dreimal stoppen, weil das Geld fehlte. Die Präfektur hat uns im Stich gelassen – das war das Problem. Der Präfekt ist leider eine Person mit dem denkbar schlechtesten Charakter, er lügt. Das schuf für uns eine sehr komplizierte Situation. Das Problem hier ist auch die Desinformation. In Brasilien wird die Kultur in Sao Paulo gemacht. Ich arbeite hier nur, weil ich an das glaube, was ich hier schaffe. Und das hat für mich keinen Preis. Unsere berufliche Vergangenheit interessiert hier nur sehr wenig. Tanzen – da überträgt ein Körper die Geheimnisse des anderen Körpers – das ist für mich etwas Spirituelles.”(Zitate aus langen Interviews)
http://www.maisde50.com.br/editoria_conteudo2.asp?conteudo_id=7088
Tags: Brasiliens Megacity Sao Paulo, Lula – Maluf, Obdachlose in Brasilien
Während man in Deutschland pro Tag nur relativ wenige Polizisten sieht, trifft man in Sao Paulo täglich gleich auf Hunderte von Beamten – das Polizeiaufgebot gerade in der City ist beeindruckend, die patrouillierenden Beamten halten Blickkontakt. Attentate auf eine Patrouille würden sofort von Kollegen gesehen, die auf der Stelle reagieren könnten. Unterdessen sind sogar Polizeiautos zu sehen, deren Insassen eine Hand mit dem umklammerten Revolver gleich aus dem Autofenster baumeln lassen, falls nötig, sofort feuern könnten.
Nach neuen Studien der Bundespolizei stammen 54,3 Prozent des nach Brasilien gelangenden Kokains aus Bolivien, 38, Prozent aus Peru und 7,5 Prozent aus Kolumbien. Das Kokain wird teilweise zu Crack verarbeitet.
Auswandern nach Brasilien – Italiener 2012 schon am Tage nach der Ankunft ermordet: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/24/brasiliens-gewaltkultur-unter-dilma-rousseff-aufsehen-um-in-sao-paulo-ermordeten-italienischen-bankfachmann-tomasso-lotto-der-in-brasilien-karriere-plante/#more-13228
zitiert nach “touristik aktuell:
Unter dem Motto „The world meets in Brazil. Come celebrate life“ hat Brasilien eine neue weltweite Werbekampagne vorgestellt. Der Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Sommerspiele 2016 präsentierte die 32 Millionen Euro teure Kampagne zu Beginn der Olympischen Spiele in London.
Das Motto der Kampagne sei eine Einladung an alle, sich von den vielen Facetten Brasiliens begeistern und anstecken zu lassen, so Flavio Dino, Präsident des brasilianischen Fremdenverkehrsamtes. „Brasilien ist Gastfreundschaft und menschliche Wärme. Brasilien ist eine Vielfalt an Geschmäckern und Farben“, wirbt Dino.
„Ich bin perplex, daß ausgerechnet Lula, ein bewundertes Symbol der ganzen brasilianischen Nation, zum Fototermin in die Villa von Paulo Maluf geht, der auf der Interpol-Fahndungsliste steht, der Korruption angeklagt ist“, sagt Brasiliens wichtigster Befreiungstheologe und Dominikaner Frei Betto, der sich bislang stets als persönlichen Freund Lulas bezeichnete. „Dieses Wahlbündnis schadet dem Ansehen der Arbeiterpartei – ich kenne viele, die jetzt ausgetreten sind. Auch die Geistlichen der katholischen Kirche sind derzeit empört – denn man erwartet von der Arbeiterpartei Lulas ja stets eine ethische Haltung, entsprechend den Prinzipien der Parteigründer.“
Auch angesehene Bischöfe haben Lulas Schulterschluß mit dem Diktaturaktivisten Maluf verurteilt. Nur wenige Brasilianer kennen indessen den Ex-Gewerkschaftschef Lula so genau wie der kirchliche Menschenrechtsaktivist Waldemar Rossi, der sogar zur Führungsspitze der Arbeiterpartei zählte und heute in der Erzdiözese Sao Paulo die Arbeiterseelsorge leitet. Während des Militärregimes war Rossi eingekerkert, wurde sadistisch gefoltert.
“Maluf ist in Brasilien geradezu der Inbegriff für Korruption, besonders in der Politik – massive Abzweigung öffentlicher Gelder ist durch zahlreiche Ermittlungsverfahren bewiesen worden. Doch Maluf kommt davon – denn Brasiliens Justiz ist ebenfalls korrupt – gerade in Sao Paulo. Während der Diktatur war Maluf Bündnispartner der Militärs, die ihn als Präfekt der Megacity und sogar als Gouverneur des gesamten Teilstaats Sao Paulo einsetzten. Maluf steht für brutale Repression gegen Regimegegner – er ließ durch seine Militärpolizei sogar die Katholische Universität Sao Paulos besetzen – der Gewerkschaftsführer Santo Dias da Silva wurde ermordet, Mitglied unserer Arbeiterseelsorge.“
Um so unverständlicher könnte manchen erscheinen, daß sich heute ausgerechnet Lula, der frühere Gewerkschaftspräsident, so demonstrativ mit Maluf verbündet, dessen Partei, der mitgliederstarke Partido Progressista, im übrigen längst zur Regierungsallianz der jetzigen Staatschefin Dilma Rouseff gehört. Zu den Besonderheiten der brasilianischen Politik zählt, daß Lulas Arbeiterpartei im Abgeordnetenhaus von Brasilia auf lediglich 15 Prozent der Sitze kommt und das Regierungslager aus immerhin 14 Parteien rechter bis linker Couleur besteht. Waldemar Rossi zeigt sich von dem Lula-Maluf-Wahlbündnis nicht überrascht.
“Lula gehörte in Wahrheit nie zur Linken, stand stets auf der Gegenseite, war immer ein Mann des Systems. Er wollte nur seinen persönlichen Aufstieg, persönlichen Machtzuwachs – und sagte als populistischer Führer, als ausgesprochenes Kommunikationstalent in sehr intelligenter Manier, was das Volk hören wollte. Lula arbeitete gegen große, wichtige Streiks, verriet eigene Genossen, um an die Macht zu kommen, paktierte stets mit korrupten Oligarchen der brasilianischen Politik. Auch in der Kirche glaubten viele Lula blind und wollten die Realitäten nicht sehen – sind jetzt erschüttert, enttäuscht. So unglaublich es scheint – in diesem Sinne hat uns Maluf mit dem Wahlbündnis im Grunde einen großen Dienst erwiesen.“
Aber steht denn Lulas Politik nicht für große soziale Verbesserungen, für erfolgreiche Armutsbekämpfung und mehr Demokratie in Brasilien? Waldemar Rossi macht die Gegenrechnung auf. Er nennt die derzeitige Wirtschaftsflaute, die Entlassung von rund 90000 Industriearbeitern Sao Paulos allein in den letzten Monaten das Ergebnis einer verfehlten Politik unter der Lula-Regierung.
“Es gibt weiter schreiende Ungerechtigkeit in diesem Land. Das Elend in Brasilien wurde leicht verringert, die Armut wächst weiter. Der durchschnittliche Lebensstandard sinkt stetig. Wegen der hohen Staatsverschuldung werden dem Haushalt enorme Mittel für den Schuldendienst entzogen, sinkt deshalb die Qualität des Bildungs-und Gesundheitswesens, fehlen Investitionen für eine nachhaltige Entwicklung des Landes.“
In der Tat liegt Brasilien auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung lediglich auf Platz 84 – weit abgeschlagen hinter Argentinien auf Platz 45 und Chile auf Platz 44. 2011 war Brasiliens Wirtschaftswachstum mit 2,7 Prozent geringer als das deutsche.
Virada Cultural 2012 und offene Crack-Szene – gleich neben den Bühnen. Polizisten laufen vorbei, greifen nicht ein.
Tags: Ney Matogrosso, Por debaixo dos pano”
http://www.youtube.com/watch?v=u3KUdgkrZ9g
Clip, Ausriß.
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