Während Brasilia aus Mitteleuropa seit dem Amtsantritt der Lula-Rousseff-Regierung von 2003 viel Lob für die Umweltpolitik bekam, machten Brasiliens Qualitätsmedien, vor allem des Globo-Medienkonzerns, sowie Umwelt-NGO eine ganz andere Rechnung auf, wiesen eine beständige Regenwaldvernichtung, mit den entsprechenden Folgen für das Landes-und Weltklima, nach. O Globo berichtet Mitte November 2013 von starker illegaler Abholzung in Amazonien, von einem „Fest der Motorsägen“. Auch von Alibi-NGO, dem mitteleuropäischen Mainstream war Präsidentin Rousseff seit ihrem Amtsantritt als fähige, hochkompetente, effiziente Regierungschefin(„Frauenpower“) eingestuft worden, die sehr erfolgreich sei. Dies weist u.a. auf bestimmte Bewertungskriterien in Mitteleuropa, die sich von denen der brasilianischen Medien sehr stark unterscheiden.
Verheerend wirkt sich nach wie vor die hausgemachte Dürrekatastrophe des Nordostens aus.
Doing Business 2014: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/13/global-player-wirtschaftsmacht-brasilien-auf-doing-business-index-der-weltbank-2013-nur-platz-116-lahme-wirtschaft-erschwert-geschafte/
Deutscher Sojaimport und Abholzung Amazoniens: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/11/brasiliens-vielgelobter-umweltschutz-2013-fotoserie-aus-amazonien-warum-brasilia-aus-deutschland-von-interessierter-seite-soviel-lob-erhalt/
Verfolgung, Ermordung von Abholzungsgegnern: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/24/erneut-zwei-abholzungsgegner-amazoniens-ermordet-fall-mit-der-liquidierung-der-nordamerikanischen-umweltaktivistin-dorothy-stang-von-2005-verglichen-morde-wiederum-im-amazonas-teilstaat-para/
Katholische Kirche und Umweltschutz: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/13/amazonia-an-ecocide-foreseen/
Dürrekatastrophe 2013: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/25/brasilien-hausgemacht-durrekatastrophe-bewirkt-im-nordosten-groses-viehsterben-sogar-die-bienen-verlassen-die-region/
Ausriß 2012.
Problem Überbevölkerung – seit langem mit gravierenden Folgen auch in Brasilien: https://www.change.org/de/Petitionen/weltweite-geburtenregelungen-verbindlich-einf%C3%BChren-introduce-obligatory-worldwide-birth-controls?share_id=wIPaKNSzQK&utm_campaign=mailto_link&utm_medium=email&utm_source=share_petition
Menschenrechte, Gewaltkultur: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/12/brasilien-tourismuspleiten-wie-sogar-der-einst-zauberhafte-nordostliche-strandort-jericoacoara-kaputtgemacht-wurde-larm-mull-absurder-auto-und-motorradverkehr-disco-hiphop-gedrohn-die-ganze-nach/
Brasiliens Bildungsqualität: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/02/brasiliens-bildungsqualitat-nur-platz-88-in-ranking-des-weltwirtschaftsforums-2013-qualitat-des-bildungssystems-platz-105-grundschulen-qualitat-platz-109-qualitat-des-mathematik-und-wissenscha/
Die Macht der Berichterstattungsvorschriften: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/14/frankfurter-buchmesse-2013-gastland-brasilien-die-macht-der-berichterstattungsvorschriften-systemkritische-autoren-geschickt-ausgebremst-gravierende-menschenrechtsprobleme-systematische-folter/
Dr. Fabio Olmos beim Website-Interview in Sao Paulo.
Das Pilotprojekt zum Schutz der Regenwälder, Millionen deutscher Steuergelder – wie brasilianische Experten die Resultate einschätzen: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/07/pilotprojekt-der-g-7-staaten-zum-schutz-der-brasilianischen-regenwalder-zahlt-zu-den-grosten-fehlschlagen-und-umwelt-betrugereien-dr-fabio-olmos-biologe-und-umweltexperte-uno-berater-deutschl/
Der Energiewende-Bluff, viele bekannte Gesichter aus der Pilotprojekt-Zeit unter den politisch Verantwortlichen: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/11/der-energiewende-bluff-kuriose-positionen-des-bund-zu-offshore-windkraftwerken-hohes-kollisionsrisiko-langst-bekannt/
Bienensterben in Deutschland – strenge Bestrafung der Schuldigen nicht in Sicht, Herstellung früheren Bienenreichtums nicht beabsichtigt: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/03/bienensterben-bewust-von-agrargift-mafia-in-kauf-genommen-uralt-beobachtungen-der-naturfreunde-bestatigt/
Was stimmt denn nun? Bis heute wird das Tropenland von europäischen Öko-Parteien, Umweltorganisationen wie Germanwatch sowie vielen Medien heftig gelobt, weil es den Strombedarf zu etwa 80 Prozent aus Wasserkraftwerken decke. Das sei sehr klima- und umweltfreundlich, es gebe keinerlei schädliche Emissionen, der Strom sei sauber. Beim Klimaschutz habe Brasilien die Nase vorn, hieß es in Kopenhagen. Doch dann kommt so ein schnauzbärtiger Öko-Ami wie Philip Fearnside daher, der als Biologe auch noch für ein brasilianisches Regierungsinstitut arbeitet, und sagt bereits seit 1995, alles Mumpitz – das Gegenteil sei richtig.
Die Bilder könnten ja nicht gegensätzlicher sein: Hier grausig rauchende Schlote von Kohlekraftwerken, dort dagegen die Idylle von Stauseen, in denen fröhliche Kinder baden und Touristendampfer sowie Segelboote unterwegs sind. Aber so einer wie Fearnside will uns weismachen, richtig schlimm seien die Staudämme besonders in Amazonien, schlimmer als die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke. Der geplante Staudamm von Belo Monte am Rio Xingú gar werde eine regelrechte Treibhausgas-Fabrik. Komischerweise behaupten so etwas auch andere Wissenschaftler Brasiliens – aber man muss nach ihnen regelrecht suchen, weil in der öffentlichen Meinung die Wasserkraft-Bewunderer dominieren.
Dr. Sergio Pacca von der Bundesuniversität in Sao Paulo ist jedenfalls so ein Quertreiber, der Wasserkraftwerke auch als extrem klimafeindliche Methan-Schleudern kritisiert. Giftiges Methan entstehe im Staubecken – durch Zersetzung organischer Materie mittels Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff, bekommt man von Pacca zu hören. „Je höher die Temperatur, umso schneller läuft der Prozess ab. In tropischen Ländern vermehren sich die Mikroorganismen rascher und bilden entsprechend mehr Methangas als in den kühleren Ländern. Bei einem neuen Staubecken wird die dortige reiche Biomasse überflutet – Basis der Methanproduktion.“ Selbst wenn die teilweise noch vorhandenen Urwälder vorher abgeholzt worden seien, bleibe noch viel Wurzelwerk im Boden. Und das entstehende Methan, so Pacca, werde an die Atmosphäre abgegeben, trage sehr stark zum Treibhauseffekt bei.
Darauf muss man erstmal kommen, zumal das klimaschädliche Potenzial einer Tonne Methangas laut neueren Studien 34-mal größer als das einer Tonne Kohlendioxid ist, über das gewöhnlich immer geredet wird. „Selbst kleinere Mengen Methan müssen daher beim globalen Klimawandel wichtig genommen werden“, so Sergio Pacca. Es sei einfach nicht haltbar, Wasserkraftwerke mit anderen Energietechnologien zu vergleichen, ohne den Methan-Faktor zu berücksichtigen. Doch genau dies geschiehe.
Würden nicht Indianerstämme aus ihrem Lebensraum vertrieben, wäre Belo Monte eigentlich gar nicht so schlecht, ist auch in Deutschland zu hören – Brasilien wollw sich ja schließlich entwickeln, wirtschaftlich wachsen, habe ein Recht darauf. Leute wie Pacca oder gar Fearnside, der Amazoniens Stauwerke seit Jahrzehnten vor Ort am intensivsten beforscht, kommen mit ihren Einwänden da nie vor, was stutzig macht. In Brasilien wird Fearnside auch von Regierungsstellen kräftig beharkt, weil er Belo Monte ablehnt, das immerhin auch Ex-Präsident Lula und seine Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff unbedingt durchziehen wollen.
Fragt man den Biologen in der drückend heißen Amazonasmetropole Manaus, etwa 4.000 Kilometer nördlich von Sao Paulo, wie das eigentlich funktioniert – er als Ausländer am staatlichen Nationalinstitut für Amazonasstudien/INPE, aber in scharfer Gegnerschaft zu Brasilias gigantomanischen Wasserkraftprojekten – kommt als Antwort nur ein kurzes ironisches Lachen. Vielleicht kann man einem wie Fearnside schlecht an den Karren fahren – der Mann bekam den UN-Umweltpreis „Global 500“, dazu den brasilianischen Öko-Nationalpreis.Darüber hinaus gehört Fearnside zur Akademie der Wissenschaften Brasiliens und ist weltweit einer der führenden Experten für Klimaerwärmung. „Unter jenen, die die Erlaubnis für alle derzeit im Bau befindlichen Amazonas-Wasserkraftwerke erteilten, gibt es welche, die alles bestreiten, was ich sage. Ich zitiere sie natürlich ausführlich.“
Spricht man Fearnside auf das überschwängliche Kopenhagen-Lob für Brasilias Klimaschutzpolitik an, kommt noch so ein ironisches Lachen. „Zwar gibt es viele Studien wie die von mir über den Methan-Sachverhalt, doch wird in der Presse und in politischen Reden so oft wiederholt, dass diese Energie sauber sei, dass die Leute schließlich nur dies gehört haben und sich daher nicht weiter in die Sachlage vertiefen. Doch an den Fakten über die klimaschädlichen Emissionen ändert das nichts.“
Fearnside nutzt gerne anschauliche Beispiele – wie den Hinweis auf das beim Öffnen einer Colaflasche zischend entweichende Gas. „Alles organische Material, Kohlenstoff im Boden, Bäume und Wasserpflanzen zersetzen sich auf dem Grund des Stausees – das Wasser dort ist also unter hohem Druck stark methanhaltig und gelangt schließlich in die Turbinen der Wasserkraftwerke, wo ebenfalls noch hohe Drücke herrschen. Aber danach gelangen die Wassermassen dann an die freie Atmosphäre. Die im Wasser gebundenen Gase, darunter Methan, zischen in Bläschen heraus – deshalb mein Vergleich mit der Colaflasche. Und die Sicherheitsabläufe der Stauseen wirken auf ähnliche Weise. So wird der Treibhauseffekt erheblich befördert. In Amazonien wirken Wasserkraftwerke im Endeffekt häufig schädlicher, negativer, als die zur Elektrizitätsgewinnung verbrannten fossilen Energieträger.“ Die bereits in Amazonien existierenden Wasserkraftwerke produzierten daher keineswegs saubere Energie, seien in Bezug auf den Klimaschutz keineswegs nützlich. Belo Monte treibe es auf die Spitze. „Vier Monate im Jahr kann man wegen tiefen Wasserstands keine einzige Turbine betreiben, da entsteht dann ein Schlammbecken von 3.500 Quadratkilometern, wo üppig Pflanzen wachsen, die später zu Methan zersetzt werden. Doch in amtlichen Umweltgutachten für Brasiliens Wasserkraftwerke wird stets nur der geringe Gasaustritt über die Wasseroberfläche berücksichtigt, nicht der über Turbinen und Sicherheitsabläufe.
Ebenfalls in Manaus forscht André Muggiati von Greenpeace und kann ebenso wenig Gründe für soviel deutsches Lob an Brasilias Klimaschutzpolitik entdecken. „Die Abholzung ist Hauptursache der Treibhausgase aus Brasilien. Das Land ist daher der viertgrößte Luftvergifter der Welt – nach Indonesien, China und den USA.“ Und für den brasilianischen Umweltexperten Dr. Fabio Olmos ist jene Germanwatch-Statistik, die Brasilien an vorderste Stelle rückt, eine „unehrliche Form, die Situation darzustellen. Es ist unverständlich, wieso jemand diese Germanwatch-Statistik überhaupt für bare Münze nimmt.“
Inzwischen haben Brasiliens Umweltschützer zusätzliche altbekannte Sorgen, weil seit dem Start der Rousseff-Regierung gleich eine ganze Serie systemkritischer Öko-Aktivisten ermordet worden ist – allein fünf im April bei Curitiba, drei im Juni in Amazonien. Auch ein Menschenrechtsanwalt wurde erschossen. Entsprechend stark ist das Klima der Einschüchterung und Angst. Brasiliens neue Menschenrechtsministerin Maria do Rosario räumte ein, dass auch in Amazonien Todesschwadronen aktiv sind, zu denen bekanntlich Staatsangestellte gehören. Laut Landgewerkschaftsangaben wurden in den letzten Jahren, also unter der Lula-Regierung, nach 17 derartigen Morden nicht einmal Ermittlungsverfahren durch die Bundespolizei eingeleitet.
Indessen erhält die Rousseff-Regierung – ebenso wie die Vorgängerregierung – aus Europa, darunter Deutschland, sehr viel Lob und wird ausdrücklich als modern und progressiv eingestuft. Das wird wohl mit dem neoliberalen Wertewandel zusammenhängen. Auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung rangiert Brasilien jedenfalls nur auf Platz 73, und die UNO-Bildungsstatistik verzeichnet das Tropenland gar erst an 93. Stelle. Aufschlussreich ist da, welche Länder bessere Plätze belegen: Iran (89), Saudi-Arabien (84), Botswana (81), Libyen (66), Bolivien (61), Bahrein (49), Argentinien (40) Kuba (16).
Gewimmel und Getümmel, Straßenmusik und Sektenprediger, schwüle Hitze von 38 Grad in der Millionenstadt Manaus am Rio Negro, mitten in Amazonien. Doch über die exotische Szenerie wabert ätzender, Krebs erzeugender Qualm. Er stammt von Brandrodungen rund um Manaus. “Es sieht aus wie dichter Nebel in der Stadt, ist aber Rauch von Urwaldfeuern Amazoniens”, regt sich eine Wetterexpertin in der brasilianischen Tagesschau auf. Besonders viele Feuer lodern auf der anderen Seite des breiten Rio Negro. Vom Hafen aus, in dem zahllose Aasgeier Essensreste, Fleisch- und Fischabfälle der Markthalle vertilgen, prescht man mit einem der vielen Bootstaxis über den Strom und hat dann jene berüchtigten Feuerwände direkt vor sich, spürt den Gluthauch. Das sind sie also, die “zerstörerischen Flammen der Dummheit”, von denen schon José Bonifacio, Freund des deutschen Naturforschers Alexander von Humboldt und ein Vorkämpfer der Unabhängigkeit Brasiliens, 1780 gesprochen hatte.
Unweit von Manaus befinden sich im Regenwald zahlreiche Indianerdörfer. Ich hatte vermutet, daß sie dort sicher auf Brandrodungen verzichten. Ein Irrtum. Im Dorf der Cambéba-Indianer fackeln sie sogar illegal Wald auf Staatsland ab, um Ackerland zu schaffen. Unmittelbar neben dem Fußballplatz, der ebenfalls in den Wald hinein gebrannt wurde, sehe ich viel frische weiße Asche … Das Feuer zerstört den Mikroorganismus des Bodens, Nährstoffe werden zu Rauch. Nach etwa drei Jahren geben solche Flächen nichts mehr her, und dann – wird erneut Urwald abgefackelt.
Die 51jährige Uika, Häuptling des Dorfes, hat mit dem Brandroden kein Problem: “Alles, was wir zum Essen brauchen, ob Bananen oder Maniok, pflanzen wir auf unseren Feldern an. Dieses Jahr hatten wir Pech – die Überschwemmungen haben die Ernte zerstört, und wir mußten vieles kaufen. Jetzt legen wir gerade neue Felder an. Üblicherweise halten wir uns ja auch Schweine, aber weil wir hier auf diesen Flächen noch nicht legal wohnen, haben wir das lieber erst mal aufgeschoben. Wir sind katholisch, unser Schutzpatron ist der Heilige Thomas. Indianische Riten haben wir nicht mehr.”
Das Dorf wurde erst vor sechs Jahren direkt neben einer Siedlung von Nicht-Indios angelegt. Die Cambéba lebten zuvor zeitweise in der Metropole Manaus, auch Häuptling Uika. Man trägt normale städtische Kleidung, schaut brasilianisches Fernsehen und hat Handys – in manchen der aus Brettern gezimmerten Häuser stehen Gasherde. Heute wird von den Amazonas-Indios meist mit Gewehren gejagt, nur noch selten mit Pfeil und Bogen.
Doch die meisten Indianer halten es inzwischen für erstrebenswert, in Manaus zu wohnen. Dort montieren sie in den multinationalen Fabriken Motorräder, Fernseher oder Küchengeräte und integrieren sich so in das System der Produktion, des Gewinns und des Geldes. Viele geben die eigene Sprache, Kultur und Identität auf. “Es sind nur wenige, die in den Wald zurückkehren”, sagt Ana Delia von der katholischen Indianerseelsorge. “Die Hälfte der brasilianischen Indios wird in den Städten leben. Dort zerbricht dann die Clan-Struktur, und Jüngere suchen sich zunehmend Nicht-Indios als Partner, fühlen sich gerade vom Andersartigen angezogen.”
An einer lauten Straße in Manaus liegt hinter einem hohen Stahlgitterzaun das Amazonas-Forschungszentrum von “Greenpeace”. Da in der Region immer wieder Umweltaktivisten ermordet werden, muß sich auch Greenpeace schützen. Man muß durch eine Sicherheitsschleuse, wird überprüft und fotografiert. Greenpeace-Experte André Muggiati zur Brandrodung: “Ideal wäre, Landwirtschaft wie in Europa zu betreiben: ohne Feuer. Natürlich ginge das auch in Amazonien. Aber hier in Brasilien ist Brandrodung nun einmal Teil der Volkskultur. Die Asche soll den Boden düngen – doch in Wahrheit wird er immer unfruchtbarer. Und der Rauch verstärkt den Treibhauseffekt, hier in Brasilien ist Abholzung die Hauptverursacherin von Treibhausgasen.“
Mit dem Boot geht es den Rio Negro hinauf, dorthin, wo Vieh meist für den Export gezüchtet wird. Überraschend: Auf enormen Weideflächen sieht man nur ganz verstreut relativ wenige Rinder, aber viele verkohlte Baumstümpfe, die an die Brandrodungen erinnern. „Ja, die Viehzucht wird nur sehr uneffizient betrieben”, erläutert André Muggiati. „In Amazonien kommt auf einen Hektar Weidefläche statistisch nicht mal ein Rind. Auf 10 000 Hektar stehen also höchstens 10 000 Tiere – das ist doch Wahnsinn. 70 Millionen Rinder weiden derzeit in Amazonien – und 80 Prozent der abgeholzten Flächen werden für diese Art von Viehzucht genutzt.
Damit Brasilien zum größten Rindfleischexporteur der Welt werden konnte, hat die Regierung das Wachstum und die internationale Expansion der Viehindustrie auch noch mit staatlichen Entwicklungsgeldern subventioniert und ist an diesen Firmen beteiligt. Die Partnerschaft führt zu noch mehr Urwaldzerstörung und Sklavenarbeit. Denn Sklavenarbeiter werden vor allem zum Abholzen eingesetzt.”
Im Zuge einer Agrarreform hat die Regierung Lula in nur sieben Jahren etwa 2,2 Millionen Menschen nach Amazonien transferiert, die zu dieser Region gar keine Beziehung haben und nun ebenfalls abholzen. Für Greenpeace und die Kirche ist auch das mit ein Grund, das derzeitige nationale Entwicklungsmodell abzulehnen. Der brasilianische Umweltexperte Roberto Smeraldi: „Achtzig Prozent des Bodens für Neuansiedlungen liegt in Amazonien. Jene, die man dorthin schickt, sind arme, verelendete Städter des Südens. Anstatt ihnen Arbeitsplätze zu schaffen, ihnen sozialpolitisch zu helfen, will man sich dieser Leute entledigen, will sie loswerden – und katapultiert sie dorthin, wo der Boden ganz billig ist. Wieder einmal werden Probleme Rest-Brasiliens auf Kosten von Amazonien gelöst.” Rio de Janeiro ist von Manaus über 4000 Kilometer entfernt.
Jetzt in der Erntezeit brennen sie wieder bis zum Horizont – die riesigen Zuckerrohrplantagen des Tropenlandes. Fliegt man über das Flammenmeer, vergisst man’s nie wieder. Nossa Senhora – der ätzende Qualm steigt ja höher als die Maschine! Unten kriegt man Angstzustände, wenn der Bus plötzlich von dichtem Rauch eingehüllt wird, an beiden Straßenseiten Flammen züngeln, Gluthitze eindringt, der Fahrer flucht, weil er nichts mehr sieht. Während der gefürchteten „Queimadas da cana“ häufen sich tödliche Verkehrsunfälle, explodieren gar Tanklaster. „Niemals hatte ich soviel Angst um die Kinder, meine Frau und mich wie im PKW in einer solchen Feuerzone – ich dachte, jetzt sind wir alle geliefert“, sagt Mario Mantovani, Präsident der Umweltstiftung „SOS Mata Atlantica“, in Sao Paulo. „Und dabei kam ich grade von einem Umweltschutzkongress, hielt einen Vortrag über den Wahnsinn der Treibstoffproduktion aus Zuckerrohr!“ Deutsche Multis, deutsche Zuckerunternehmen, deutsche Banken und Spekulanten sind seit Jahren in die Ethanol- und Zuckerbranche Brasiliens groß eingestiegen, mischen heftig mit, tragen entsprechende Mitverantwortung. Unter Staatschef Lula hat die Branche einen Boom erlebt, wuchs in seinen acht Amtsjahren der Anteil ausländischer Multis von fünf auf über 35 Prozent. In der Megacity wirbt die „Industria Sucroalcooleira“ gerne mit Großfotos des grünen, wogenden Meers aus Zuckerrohr, Cana. Das wirkt auf viele direkt sympathisch, wie die so schön gelben, doch extrem umweltschädlichen, massiv mit gefährlichsten Agrargiften besprühten Rapsfelder in Deutschland. Abgefackelt werden seit der Kolonialzeit kurz vorm Ernten die störenden, unnützen Zuckerrohr-Seitenblätter. Brasilianische Wissenschaftler nennen die Flächenbrände „pervers“ und ein Umweltverbrechen – Mario Mantovani machen sie Naturschutzgebiete kaputt. Auch jetzt, 2011, sind wieder reichlich Schutzzonen draufgegangen, weil das Feuer außer Kontrolle gerät, sich in Wälder hineinfrisst. Und immer werden sogar Plantagenarbeiter von den Flammen eingekreist und verbrennen lebendig – ebenso wie Unmengen an theoretisch streng geschützten Tieren. „Alle denkbaren Vorteile des Ethanoltreibstoffs werden allein durch das Abfackeln aufgehoben. Man braucht sich nur den Ausstoß an klimaschädlichem Dioxin und Kohlenmonoxid anzuschauen. Die Gesundheitsposten in Städten bei Sao Paulo sind voll von Leuten, die wegen der Plantagenbrände Sauerstoff-Behandlungen machen müssen, schwere Atemprobleme haben. Unser Staat dürfte diese Ethanolunternehmen nicht auch noch finanzieren, sogar über die Entwicklungsbank! Es gibt kein Umweltbewusstsein in Brasilien. Die Kultur des Landes ist Zerstörung.“ Mantovani klassifiziert Brasilien als viertgrößten Erzeuger klimaschädlicher Gase – wegen der Brandrodungen im Regenwald und dieser Plantagenbrände. „Doch der heutige Weltmarkt will garnicht wissen, ob das Zuckerrohr von Sklavenarbeitern geerntet wurde und ob man die Plantagen abgebrannt hat.“
Hauptbetroffene sind die Zuckerrohrarbeiter, die zudem über Haut und Atmung den krebserzeugenden Brandruß aufnehmen. Die Feuer zerstören die Bodenfruchtbarkeit und kontaminieren Oberflächen- und Grundwasser, vernichten zudem sämtliche natürlichen Feinde von Schädlingen, daher werden immer mehr Agrargifte eingesetzt. Brasilien ist wegen der Zuckerrohr-Monokulturen heute weltgrößter Verbraucher selbst solcher Gifte, die in der EU und in den USA längst verboten sind. Klar, ein Großteil kommt von deutschen Multis. Alles dummes Zeug, was Mantovani da erzählt – ginge es nach den auch in Deutschland überreichlich verbreiteten Argumenten zugunsten der brasilianischen Ethanolproduktion. Die wird als ökologisch und „Bio“ gerühmt. Bitte, es geht doch, so wie bei der Windkraft. „E 10 – mehr Bio im Benzin“, wirbt das Bundesumweltministerium: „Biokraftstoffe spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz und bei der Energieversorgung.“
Francisco Anselmo de Barros, genannt Francelmo, einer der wichtigsten, bekanntesten Umweltaktivisten Brasiliens, verbrannte sich 2005 selbst, um gegen die Ausweitung der „Biosprit“-Produktion zu protestieren. Doch das Tropenland bleibt weltweit führender Zuckerproduzent und -exporteur, zudem zweitwichtigster Hersteller von Ethanol. Zwischen 2009 und 2010 hat die EU ihre Zuckerkäufe in Brasilien verdreifacht – das Bundesumweltministerium rechnet mit großen Ethanol-Importen. Für Roberto Malvezzi, kirchlicher Umweltexperte wie Francelmo, ist „Biosprit“ jedenfalls kein sauberer Kraftstoff: „Um die Anbauflächen zu erweitern, vertreibt das exportorientierte Agrobusiness Indiostämme und Kleinbauern sogar durch Terror und Mord. Hinter moderner Fassade verstecken Großfirmen nur zu oft Sklavenarbeit.“ Nur durch solch abstoßendes Sozialdumping seien brasilianischer Zucker und Ethanol auf dem Weltmarkt so billig und wettbewerbsfähig.
Anfang 2011 passiert eine kuriose Panne, ist monatelang Ethanol an den Tankstellen häufig teurer als Benzin, dieses die landesweit beste und billigste Kraftstoffalternative. Denn der Wirkungsgrad von Benzin ist deutlich größer. Wegen der hohen Weltmarktpreise für Zucker stellten die Ethanolfabriken auf Zuckerproduktion um, provozierten eine „Biosprit“-Versorgungskrise, musste die Regierung große Ethanol-Mengen ausgerechnet aus den USA importieren. „Das ist so, als würde Saudi-Arabien Öl einführen“, spottete die Wirtschaftspresse. Universitätsprofessor Dr. Eduardo Moreira, Ethanolexperte aus Sao Paulo, rechnet mit solchen Krisen immer wieder. Ethanol könne Benzin nicht ersetzen – nicht einmal in Brasilien, sei nur eine Art Neben-Treibstoff: „Obwohl unsere Produktionsbedingungen extrem vorteilhaft sind, kann dieser Kraftstoff nicht einmal hier mit Benzin konkurrieren.“ An diesen Produktionsbedingungen sind in- und ausländische Teilhaber natürlich höchst interessiert, weil sich nur so hohe Profite erzielen lassen. Deutsche und österreichische Landwirte haben wiederholt vergeblich auf das brasilianische Sozialdumping hingewiesen und faire Spielregeln gefordert. „Durch diese gewissenlose Form der Produktion ist es der Landwirtschafts-Industrie Brasiliens möglich, die Preise am Weltmarkt zu unterbieten”, hieß es in einer Bauernzeitschrift. „Weder europäische Bauern noch solche aus den Entwicklungsländern können mithalten.” Wird Brasilien die gigantischen, durch die Zucker- und Ethanolproduktion verursachten Umweltschäden rückgängig machen, all die vernichteten Tierarten der Natur zurückgeben? Über politische Positionen dazu von deutscher Seite ist nichts bekannt.
„Wer Ethanol tankt, kippt sich Blut in den Tank“, sagt Brasiliens katholischer Priester Tiago – „Biosprit ist Todessprit“, urteilt Befreiungstheologe Frei Betto. „Denn die Ethanolproduktion bringt zahllosen Armen und Hungernden der Erde den Tod.“ Zu den komplexen Auswirkungen des Biosprit-Booms gehören derzeit in Brasilien brutale Preissprünge bei Lebensmitteln. „Wenn man die Ackerflächen für Nahrungsmittel verkleinert, steigen deren Preise, sterben viele Menschen, die sich keine guten Grundnahrungsmittel leisten können. Unsere Regierung spricht von 16,2 Millionen hungernden Brasilianern in absolutem Elend – aus meiner Sicht sind es doppelt so viel!“, sagte er dem Blättchen. Hungernde, Unterernährte seien besonders anfällig für viele auch tödliche Krankheiten, vegetieren mit stark geschwächtem Immunsystem dahin, verlieren Initiative und Konzentrationsfähigkeit. „Wegen immer mehr Zuckerrohrplantagen wurden riesige Urwaldgebiete Amazoniens abgeholzt, das ökologische Gleichgewicht, die Ökosysteme in Nord- und Südamerika geschädigt, was sich auf die ganze Welt negativ auswirkt. Denn Amazoniens Tropenwald ist der größte des Planeten. Und die Regenfälle, ob im Süden Floridas oder Argentiniens, hängen von der Verdunstung in Amazonien ab.“
Die Förderung des Zuckerrohranbaus bewirke zudem Landvertreibung, starkes Slumwachstum, mehr Morde und Drogenhandel, mehr Kinderprostitution. „84 Prozent der Brasilianer leben bereits in den Städten“, so Frei Betto. „Die Menschen migrieren dorthin auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, was aber gravierende zerstörerische Konsequenzen hat, weil Risikozonen illegal mit Slums bebaut werden. Deshalb haben wir jedes Jahr Erdrutschkatastrophen mit vielen Toten. Ein Heer von Arbeitslosen zieht im Lande umher und verdingt sich bei der Zuckerrohrernte, haust den Rest der Zeit aber in Armenvierteln mit Drogen, Gewalt, Prostitution. Es fehlt eben dringlich eine Bodenverteilungsreform, um die Menschen auf dem Lande zu halten.“
In der südbrasilianischen Millionenstadt Porto Alegre, wo zweimal das Weltsozialforum stattfand, betonten jetzt auf ihrer »Kontinentalversammlung« die Guarani-Indianer Südamerikas, stets mitten in der Natur gelebt und sie immer respektiert zu haben. Andere Stämme Lateinamerikas unterstreichen ebenfalls die Harmonie zwischen Indio, Tier und Pflanze. Indianer, so liest man auch in Deutschland immer wieder, seien die reinsten Ökologen, geradezu geniale Naturschützer. Indianer agierten durchweg umweltfreundlich, entnähmen der Natur nur, was unbedingt nötig sei. Zerstörung der Natur durch Indianer – undenkbar, unmöglich.
Doch renommierte brasilianische Biologen und Umweltaktivisten sagen, es handele sich bei diesen Aussagen um Unsinn, um Dummheiten, sogar um Lügen. Was Indianer in ihren eigenen Reservaten und in den großen Schutzgebieten allein in den vergangenen zehn Jahren angerichtet hätten, zeige ein ganz anderes Bild.
Bereits ein Blick in die brasilianische Qualitätspresse fördert Verwirrendes bis Beunruhigendes zutage. Antonio Miquiles, Stammesführer der Saterè-Mauè in Amazonien erklärt, daß Indios seiner Region mit Dynamit fischten und deshalb die Fische auszusterben beginnen. Amazonasindianer, liest man weiter, benutzten zur Jagd nicht mehr Pfeil und Bogen noch gar Blasrohre, sondern moderne Gewehre und Maschinenpistolen. Früher traf man im Amazonasurwald häufig auf Primaten. Heute sind in weiten Teilen die größeren Arten bereits extrem selten geworden oder gar lokal ausgerottet.
Brasiliens Zeitungen berichten, daß sich der Konflikt zwischen Indianern und Umweltschützern ständig verschärfe, weil Indianerstämme die eigenen, zum Teil riesigen Reservate abholzen und dabei zu Komplizen von Holzunternehmen werden. Sie dringen systematisch in die Schutzgebiete für vom Aussterben bedrohten Arten ein, beuten diese Regionen kommerziell aus und zerstören sie systematisch. Mit Motorsägen roden Indianer sogar Urwald in einem Unesco-Welterbe-Schutzgebiet, dem Nationalpark »Monte Pascoal« in Bahia.
Wie steht Mario Mantovani, Präsident der angesehenen Umweltstiftung SOS Mata Atlantica in São Paulo, zu Auffassungen, nach denen den Indios als exzellenten Hütern des Regenwaldes jede zerstörerische, gar kommerzielle Nutzung der Natur völlig fremd sei? »Das ist natürlich eine idealisierte Sicht. Diese idyllische, vereinfachende Darstellung der Indios lassen wir lieber beiseite. Die Indianer handeln wie jeder andere Naturzerstörer auch. Und deren Fähigkeit zur Zerstörung, deren Druck auf die Natur wächst – je mehr sich der Staat zurückhält, untätig bleibt. Indioführer verursachen in der Natur ein Desaster.«
Vor allem Häuptlinge wurden durch illegalen Handel mit Edelhölzern, Edelsteinen und Rauschgift zu Millionären. Jeder kann es beobachten: Indianer bieten vom Aussterben bedrohte Tiere feil und beliefern Souvenie rläden und Souvenierfirmen mit den Federn selbst seltenster Vögel.
Nur zu oft heißt es hierzulande, die portugiesischen Kolonialisten hätten in Brasilien die grauenhaften Brandrodungen eingeführt, die bis heute landesweit – nicht nur in Amazonien – die Wälder und die Savannen dezimieren und den entsetzlichen Feuertod ungezählter Tiere bewirken. Marcos Sà Correia sieht es differenzierter, verweist auf seriöse Studien: »Die Indianer pflegten Urwald abzubrennen, um sich die Jagd zu erleichtern oder um Anbauflächen zu gewinnen. Schauen wir auf die Wüsten von New Mexico – bereits vor der Entdeckung waren sie von den Indianern durch Waldvernichtung geschaffen worden. Auch auf den Osterinseln wurde aller Wald durch Indios zerstört.« Große Regionen mit Savannenvegetation seien in Amazonien keineswegs natürlich entstanden, sondern durch Brandrodungen der Indianer, lange vor der Entdeckung des heutigen Brasilien durch die Portugiesen.
Bis heute, betonen selbst Behörden, trieben sich die Jäger immer noch das Wild mit Flammenwänden zu. Problematisch werde es, wenn das Feuer außer Kontrolle gerate und enorme Reservatsflächen zerstöre.
Der Biologe Fabio Olmos arbeitete bereits als Berater für das Umweltprogramm der UNO, aber auch für die Welternährungsorganisation FAO. »Analysieren wir die Fakten – ohne Vorurteile. Die Völker Polynesiens haben mindestens zweitausend Vogelarten ausgerottet – viel mehr als wir in der westlichen Industriekultur. Schauen wir in die Berichte der Entdecker Amerikas – da wird die Brandrodung ebenso beschrieben wie die unintelligente Jagd. In Nordamerika zum Beispiel haben die Indianer viel mehr Büffel getötet, viel mehr Tiere über Felsklippen in den Abgrund getrieben, als sie konsumieren konnten. Indianergruppen betreiben durchaus Artenvernichtung, agieren keineswegs umweltverträglich, führen wichtige Naturressourcen zum Kollaps und schaden sich damit selbst am meisten. Die These, daß Indios Selbstversorger seien, die Natur lediglich moderat ausbeuten, ist eine Lüge. Die sogenannten traditionellen Völker besitzen keine Philosophie der Naturbewahrung.«
Brasilien gehört zu den korruptesten Ländern des Erdballs, selbst die sogenannten regierungsunabhängigen Organisationen, die NGOs, sind wegen Korruption und anderen betrügerischen Machenschaften regelmäßig in den Schlagzeilen. Der berühmte Staatspark Intervales bei São Paulo war einst die Perle in der Krone des brasilianischen Atlantikwaldes, dessen bestgeschützte Region. Doch dann holten NGOs aus anderen brasilianischen Teilstaaten und sogar aus Paraguay Guarani-Indianer, transportierten sie mit Bussen in diesen Staatspark, pflanzten sie dort hinein. Und nun zerstören diese Indios das Schutzgebiet.
Jene NGOs leben davon, für Indios sogenannte nachhaltige Entwicklungsprojekte zu realisieren, sie bekommen dafür Gelder sogar aus dem Ausland, auch von Regierungen. Wie überall gibt es auch in dieser Szene Gauner, die schlicht und einfach Gelder abfassen wollen – per Umweltbetrug. Laut Olmos kommerzialisieren die Bewohner der Guarani-Dörfer in den Atlantikwäldern seltenste Orchideen und Bromelien, natürlich illegal, und schießen selbst im Staatspark Intervales mit ihren Jagdflinten seltene Tiere ab, verkaufen das Wildbret an Restaurants und Privatpersonen. Und schaffen damit in der Region auch soziale Spannungen: weil die Indios eben dürfen, was den Nicht-Indios laut Gesetz strengstens verboten ist. Zudem brachten die Guarani in die besetzten Naturschutzgebiete ihre Hunde mit, die dort ungehindert Wildtiere jagen.
Viele Brasilianer haben Indios als Vorfahren, sind Mischlinge. Wie gehen sie mit der Natur um? Elena Silveira aus dem nordöstlichen Teilstaat Cearà diskutierte in der Kindheit mit dem eigenen Vater, einem Indionachfahren, weil er illegal mit dem Gewehr den nahen Wald bis zum allerletzten Tier leerwilderte – und auch den nahen See komplett leerfischte, zum Schaden der eigenen Familie. »In Brasilien fehlt der Gedanke, für kommende Generationen die Natur zu bewahren. Man denkt, Hauptsache für mich reicht es. Morgen bin ich ohnehin nicht mehr auf der Welt. Und wenn es heißt, ein Tier stehe vor der Ausrottung, sagt man: ›Na und? Das ist doch egal.‹ Man denkt nur an heute.«
« Brasiliens Gewaltkultur – die alltäglichen bizarren Kriminalfälle: Banditen sprengen große Bankfiliale in die Luft, Bewohner lesen die Geldscheine auf. – Brasilien – Hitzewelle, extreme Schwüle: 50 Grad gefühlte Temperatur in Rio, in Sao Paulo 36 Grad im Schatten. Verelendete, Unterernährte, Obdachlose werden bei dieser Hitze häufig ohnmächtig, brechen zusammen, liegen auf den Fußwegen. Naturzerstörung, absurde Städte-Verdichtung hat Lokal-und Regionalklima deutlich verschlechtert, auch in Amazonien. »
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