Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Schweizer Homosexuellen-Netzwerk zu Mord-Rekord bei Schwulen in Brasilien. „Alle 26 Stunden ein Mord an einem LGBT“. Homosexualität, Sotschi 2014 und Brasilien. Steinigen, Lynchen, Scheiterhaufen in Brasilien.

http://www.gay.ch/family/brasilienlgbts.html

Auffällig ist, daß sich selbst homosexuelle Politiker Mitteleuropas bei Brasilienbesuchen nicht zur gravierenden Situation der brasilianischen Schwulen äußern wollen. Gleiches gilt für Politiker sogenannter progressiver mitteleuropäischer Parteien, die vorgeben, sich für die Sache von diskriminierten Minderheiten einzusetzen.  

Wie Barack Obama den Tropenstaat Brasilien bewertet: “Brasilien ist eine beispielhafte Demokratie. Dieses Land ist nicht länger das Land der Zukunft – die Menschen in Brasilien sollten wissen, daß die Zukunft gekommen ist, sie ist hier, jetzt”.

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/21/human-rights-watch-prangert-folter-und-gefangnishorror-im-fusball-wm-land-brasilien-an/

Per Google-Suche hat man heutzutage rasch heraus, welche Parteien/Politschauspieler keinerlei Presseerklärung zum Mord-Rekord bei Homosexuellen Brasiliens veröffentlichten, sich auch bei Brasilienbesuchen nicht positionierten. (Glaubwürdigkeit)

 http://www.amnesty.de/journal/2009/juni/kolumne-kopf-unter-wasser

Ausriß:

sábado, 22 de junho de 2013

HOMOSSEXUAL MASSACRADO A TIROS NA BAHIA

 http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/04/brasilien-homosexueller-in-city-des-wm-spielorts-sao-paulo-totgeschlagen-weiterer-schwuler-beinahe-totgetreten-offentliche-diskussion-daruber-nur-in-brasilien-land-mit-weltweit-meisten-morden-an-s/

Ausriß, gesteinigter Heterosexueller, der von den Tätern für einen Homosexuellen gehalten wurde:

Jovem heterossexual é assassinado é mais uma vítima da homofobia no Brasil

Recentemente na cidade de Camaçari, dois irmãos gêmeos foram agredidos enquanto saiam de uma festa junina. Os irmãos foram confundidos com homossexuais, um deles agredido até a morte, com várias pedradas. Em entrevista a TV Bahia, o jovem falou sobre a perda do seu irmão: „A gente foi agredido por chute, murro, soco. Aí eu perguntei o que foi. ‚É duas mulherzinhas‘. Chamavam agente de ‚mulherzinhas‘. Eu acho que é a homofobia que está surgindo no mundo aí, que homem não pode sair abraçado com outro homem, pai não pode abraçar um filho. Quero que a Justiça vá até o fim. Meu irmão era minha alma gêmea. Trabalhava junto, a gente saía, a gente se divertia junto. Foi uma perda muito grande. Éuma dor que eu nunca vou superar“.

Ausriß, gesteinigter Homosexueller – bereits seit 2008 keinerlei Positionierung von einschlägigen Politschauspielern zum fehlenden Schutz für Schwule in Lateinamerikas größter Demokratie…

Homosexualität, Sotschi 2014 und Brasilien:  http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/30/homosexualitat-sotschi-und-brasilien-mitteleuropaische-politschauspieler-schweigen-nach-wie-vor-zu-mord-rekord-an-homosexuellen-im-land-der-fusball-wm-2014/

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Ausriß: Zu Tode gesteinigter Homosexueller in Brasilien, laut Landesmedien. (Stands in Ihrem Lieblingsmedium?)

Fußball-WM 2014 und Morde an Homosexuellen:  http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/18/brasilien-land-der-fusball-wm-2014-ist-der-staat-mit-den-weltweit-meisten-morden-an-schwulen-laut-nationaler-homosexuellenbewegung-dennoch-redet-mitteleuropas-gesteuerter-mainstream-derzeit-nur-di/

Uganda – Brasilien:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/28/uganda-welt-schlagzeilen-wegen-mord-an-homosexuellem-fast-totales-mainstream-desinteresse-an-fuhrungsrolle-brasiliens-bei-schwulen-morden-folter-unter-lula-rousseff/

Steinigen, Lynchen, Scheiterhaufen:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/

Folter:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/12/brasiliens-gravierende-menschenrechtsverletzungen-unter-lula-rousseff-staatschefin-raumt-an-harvard-universitat-ein-das-in-brasiliens-polizeiwachen-gefoltert-wird-ich-kann-nichts-dagegen-tun-p/

 http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/22/brasiliens-alltagliche-blutbader-sechs-jugendliche-in-belem-mit-genickschus-polizeimunition-ermordet-todesschwadronen-in-der-grosten-demokratie-lateinamerikas/

Unchristliche neoliberale Herzenskälte – Resultate:  http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/04/mitteleuropaische-ausenminister-schweigen-weiter-zu-15-millionen-getoteten-in-dem-unter-einem-lugenvorwand-begonnenen-irakkrieg-keinerlei-druck-auf-die-verantwortlichen-des-irakkriegs-keinerlei-bes/

„Wir leben in einem grauenhaften Land, das die Leute schlecht behandelt“:

 http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/07/brasiliens-ungelostes-misereproblem-velendeter-2013-in-der-city-von-sao-paulo-reichste-stadt-lateinamerikas/

Deutsche Unternehmen an Bau umstrittener Fußball-WM-Stadien beteiligt:  http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/09/fusball-wm-2014-in-brasilien-deutsche-unternehmen-an-bau-umstrittener-fusballstadien-beteiligt-systemkritikerproteste-richten-sich-ua-gegen-hohe-baukosten-angesichts-gravierender-sozialer-probleme/

Die Macht des organisierten Verbrechens:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/19/brasiliens-organisiertes-verbrechen-hat-doppelt-soviel-waffen-wie-die-landespolizei-laut-genfer-institut-und-ngo-viva-rio/

Brasiliens Schwulenszene boomt – doch fast täglich werden Homosexuelle ermordet/Hintergrundtext
Die Schwulenpolitik des Tropenlandes bleibt weiter höchst widersprüchlich: Zwar startete die Lula-Regierung eine Kampagne gegen Homosexuellen-Feindlichkeit, doch werden nach wie vor selbst laut Amnesty International so viele Gays ermordet wie in keinem anderen Land. In Großstädten wie Sao Paulo und Rio de Janeiro geht die Hatz auf Homosexuelle ungehindert weiter.

Sogar in Strandvierteln der Mittel-und Oberschicht, wie Ipanema und Leblon, lauern Gruppen von bis zu fünfzehn jungen Männern den Schwulen an ihren Treffpunkten auf, schlagen sie brutal zusammen, bewerfen sie mit Steinen, traktieren sie mit Stöcken und Eisenstangen. Beim letzten Karneval häuften sich solche Übergriffe derart, daß Homosexuelle in Rio dem Volksfest fast ausnahmslos fernblieben. Denn die Polizei unternimmt gewöhnlich nichts. Gemäß einer neuen UNESCO-Studie erklären sehr viele Jugendliche geradezu mit Stolz, gegen Homosexuelle zu sein – und auch der neue Staatschef Luis Inacio Lula da Silva ist dafür bekannt, sie mit den üblichen machistischen Schimpfwörtern zu verspotten.
“Bei Morden an Schwulen liegt Brasilien weiterhin an der Spitze“, sagt in der nordostbrasilianischen Millionenstadt Salvador da Bahia der schwarze Schwulenaktivist Oseas, „durchschnittlich jeden zweiten Tag wird einer umgebracht, keine andere Minderheit wird so abgewertet, so diskriminiert. Wir leben noch in einer heterosexistischen Gesellschaft, Änderungen sind nur auf sehr lange Frist vorstellbar.“
Im Teilstaat Bahia, mehr als doppelt so groß wie Deutschland, stellen die dunkelhäutigen Sklavennachfahren über achtzig Prozent der Bevölkerung – schwer zu übersehen, daß gerade hier, wie im gesamten Nordosten, der Machismus sehr ausgeprägt ist. Oseas schmerzt, eben auch von Schwarzen sehr schlecht behandelt zu werden: “Ich bin Negro und Gay – für die schwarzen Heteros verrate ich meine eigene Rasse, werde als Bedrohung des Männlichkeitsideals angesehen – in Bahia ist es für Schwule sehr schwierig.“ Nach außen vermittle Brasilien den Eindruck, tolerant und sexuell freizügig zu sein. Doch das sei eine Lüge.
Die brasilianische Homosexuellenbewegung stützt sich bei ihrer Mordstatistik auf Presseveröffentlichungen. Doch die wirkliche Zahl der Tötungen, so heißt es, sei vermutlich sogar dreimal so hoch, da viele Verbrechen als gewöhnliche Morde registriert würden, viele Untaten überhaupt nicht. Zu den Opfern zählten jedes Jahr auch Europäer, darunter Deutsche.
–politisches Asyl für brasilianische Schwule—
Brasilianische Homosexuelle haben die letzten Jahre sogar politisches Asyl in Australien, Kanada und in den USA erhalten. Amnesty International nennt die Situation paradox, da die brasilianische Lesben-und Schwulenbewegung andererseits zunehmend selbstbewußter an die Öffentlichkeit trete, jedes Jahr in Sao Paulo eine der weltweit größten Christopher-Street-Day-Paraden veranstalte.
Milton Cunha ist in Rio de Janeiro Psychologe, Kolumnist, moderiert im brasilianischen Kultur-und Bildungskanal TV Educativa wöchentlich zwei populäre Sendungen, gehört ebenfalls zum Movimento Gay. Den offiziellen Erklärungen Brasilias gegen die Diskriminierung sexueller Minderheiten begegnet er mit unverhohlener Skepsis: “Werden Homosexuelle ermordet, gibt es keine Ermittlungen, hat die Polizei keinerlei Willen, die Täter zu fassen. Und sollten wir uns ins Kriminellenmilieu begeben, um auf eigene Faust zu ermitteln, würde man uns umbringen. Und so bleibt alles nur bei schönen Worten, geschehen weiterhin furchtbare Dinge, bleibt alles beim Alten. Ich sehe in diesem Land sehr viel Widersprüchliches, eine tägliche Kollision zwischen Ultraarchaischem und Ultramodernem, bin aber als Brasilianer darüber nicht einmal mehr erschrocken, habe wie jedermann zwangsläufig gelernt, damit zu leben.“
Nicht zufällig liegt Kuba auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung auf dem 52. Platz, mit Deutschland, den USA, Argentinien, Chile und Uruguay in der Gruppe jener Staaten mit hohem Entwicklungsgrad – Brasilien, gezeichnet auch von Folter, Todesschwadronen und sogar Sklavenarbeit, jedoch nur auf dem 72. Platz, unter den Ländern mit mittlerem Entwicklungsgrad.
Auf der traditionell besonders buntschillernden, täuschenden Erscheinungsebene gibt es offenbar kaum Grund zur Kritik, Brasilien wird immer mehr zu einem bevorzugten Urlaubsziel für Homosexuelle, gilt als das größte bisexuelle Land der Welt. Troca-troca, erwähnt sogar in einem berühmten Samba von Chico Buarque, ist homosexueller Verkehr, gewöhnlich die erste geschlechtliche Erfahrung der heranwachsenden Jungen; so gut wie jeder weiß, wie es geht. Fußballstar Pelè wurde von einer Zeitschrift gefragt, wie sein „erstes Mal“ war. Er antwortete freimütig:“Mit einem Schwulen – unser ganzes Team hat ihn penetriert, damals in Bauru.“ Viele bleiben dabei, sagen Frau oder Freundin nichts davon, benutzen später gar Straßen-Transvestiten, „Travestis“, die für einen beträchtlichen Teil der einheimischen Männer seit vielen Jahrzehnten zur sexuellen Kultur einfach dazugehören. Über achttausend Travestis gibts allein in Rio, etwa ebensoviele in Sao Paulo, weit weniger in Salvador da Bahia, werden von Ausländern oft zunächst für besonders aufreizende Frauen gehalten, reproduzieren indessen das machistische Mann-Frau-Schema bis zum Exzeß. Die einschlägigen Experten nennen den brasilianischen Mann eminent bisexuell, der die Sexualität genitalisiert, auf den Penis reduziert, als ob andere Ausdrucksformen nicht existieren. Lebten zwei Männer ihr Schwulsein aus, sehe sich der Aktive nicht als „Bicha“, das sei der Passive, der deshalb auch noch verachtet werde. Lateinamerikas Kultur stuft häufig den aktiven Bisexuellen als dollen Macho ein; in Kolumbien wird er regelrecht glorifiziert, tolerieren Frauen seinen Verkehr mit Schwulen, in Brasilien nicht. „Mit einem anderen Mann Sex zu machen, zugeben, daß man dann eben schwul ist – das ist schmerzhaft“, sagt der renommierte Sexualwissenschaftler Marcos Ribeiro.“Mit einem Travesti hat man weniger Konflikte – der ist eine Frau mit Penis, und das ist komfortabler für die Psyche.“
Tausende brasilianische Travestis bieten sich inzwischen am Bois du Bologne in Paris oder in Rom, selbst in Deutschland feil.
Die katholische Kirche des Tropenlandes akzeptiert Homosexuelle – die rasch wachsenden Sektenkirchen wollen sie „umdrehen“ von ihrer Sünde „befreien, reinigen“, ganz nach US-Vorbild: Pedro Santana steht jahrelang als Strich-Transvestit auf dem Uni-Campus von Sao Paulo, aufreizend, täschchenschwenkend, mit Silikonbusen, bekannt als „Sandra Le Baron“, hat Dozenten und Studenten als Kunden. Pedro ließ sich „behandeln“, ist heute Pastor, predigt in der Kirche „Wunder Jesu“ mitten in der trubeligen City, ist verheiratet, hat drei Kinder, nennt sich „geheilt“ verurteilt Homosexualismo als „Dämonenwerk“. Fast in jeder Ausgabe stellt die auflagenstarke Sektenzeitung „Folha Universal „“konvertierte“ Gays vor, ruft die Schwulenszene auf, deren Beispiel zu folgen. Mit minimalstem Erfolg. Schließlich stehen selbst in Brasilia sogar Regierungsangestellte und Politiker auf Travestis.
Doch gar nicht gut für deren Ruf – immer wieder überfallen welche gar in Gruppen sogar ausländische Touristen an der Copacabana.
Kein Zweifel, auch schwule Österreicher und Deutsche mögen Brasilien, beschreiben es als „Paradies“, empfinden vor allem Rio de Janeiro kommunikativer, heißer als jeden vergleichbaren Ort des Erdballs. „Bichas“ kennt jeder brasilianische Hetero selbst in der Provinz persönlich, hat fast jeder reichlich im Bekanntenkreis, von Bisexuellen ganz zu schweigen. Stundenhotels nur für Gays sowie Partneragenturen haben Konjunktur – regelmäßig sah ich, wie alternative Frauen ganz offiziell einen schwulen Carioca ehelichten, dies mit ihm in einem Copacabana-Restaurant groß feierten – damit er künftig völlig legal bei seinem deutschen, österreichischen Partner wohnen kann. Aus Miami importierte Gay-Classics verkaufen sich erstmals in Rio und Sao Paulo ebensogut wie Homo-Literatur und die erst Mitte der Neunziger gegründete Schwulen-Illustrierte „Sui Generis“, für Leute mit Niveau – und Geld. Editor Nelson Feitosa erläutert:“Gays verdienen normalerweise gut, haben ihr ganzes Einkommen zum Konsumieren, da sie ja weder für eine Ehefrau noch für die Privatschule der Kinder zahlen müssen. Tun sich zwei Schwule zusammen, ist das für sie finanziell noch vorteilhafter.“ Feitosas Sicht verrät einiges, denn er bezieht sich nur auf Schwule der Mittel-und Oberschicht, die in der achtgrößten Wirtschaftsnation gerade rund zwanzig Prozent der Bevölkerung ausmacht, ihre Kids tatsächlich fast ausschließlich in Privatschulen schickt, während für den Rest der über einhundertachtzig Millionen Brasilianer nur die katastrophal schlechte öffentliche Schule bleibt. Besserbetuchte Gays haben natürlich mehr von der boomenden Schwulenszene, die aus der Unterschicht trifft dagegen die Kehrseite weit brutaler.
–intellektueller Schwulen-Führer Luis Mott aus Bahia—
Salvador de Bahias Bürgermeister schaut vom Schreibtisch auf die pittoresken Hafenkais, an denen Jahrhunderte zuvor portugiesische Segelschiffe mit verbannten Homosexuellen anlegten. Die Grupo Gay de Bahia(GGB) ist die älteste und rührigste Schwulenvereinigung nicht nur Brasiliens, sondern ganz Lateinamerikas. GGB-Präsident Luiz Mott, Uni-Dozent, machte seinen Anthropologie-Doktor an der Sorbonne, ist intellektueller Kopf der brasilianischen Homos, nennt sofort auch die Schattenseiten:“Schwule siehst du überall, weit mehr als in den anderen Latino-Staaten, viele sind Stars auch im Karneval – andererseits werden Homos und Bisexuelle serienweise ermordet, unsere Statistik ist sehr unvollständig.“
Leider wahr – in Brasilien werden ungezählte Gewaltopfer gar nicht registriert – und sei es, um die Bilanzen zu schönen. Mott ist Weißer – Nachfahren afrikanischer Sklaven gründeten 1995 ihre eigene „Grupo Gay Negro da Bahia“, gingen prompt mit einem Afrikaner hart ins Gericht: Als ihnen zu Ohren kam, daß ausgerechnet Zimbabwes Präsident Robert Mugabe Schwule als „niedere Tiere, schlimmer als Hunde und Schweine“ deklariert habe, Festnahmen verfügte, protestierten sie mit Erklärungen rund um den Erdball und an Mugabe selbst. Uni-Prof Mott, der fünf Jahre verheiratet war und zwei erwachsene Töchter hat, macht zu schaffen, daß immer mehr Gays und Lesben Opfer des in Brasiliens Nordosten besonders eingewurzelten Machismus werden, die „Homofobia“ zunimmt, organisierte Neonazis in Sao Paulo gezielt Schwule zusammenschlagen und sogar ermorden. Was selbst in Österreich Politiker protestieren läßt. Noch vor wenigen Jahren drucke eine große Zeitung Bahias regelmäßig folgende Anzeige:“Halte Salvador sauber – töte jeden Tag einen Homo!“Die Mörder, oft Strichjungen mit Raubabsichten, argumentieren vor Gericht, sich lediglich verteidigt zu haben – der Schwule habe sie zwingen wollen, beim Analverkehr den passiven Teil zu spielen. „Das reicht fast ausnahmslos zum Freispruch“, beklagt Mott, „ein Viertel der Täter sind Polizisten.“ Angegriffene gehen nicht zur Polizei, „weil wir auf den Wachen stets als Schuldige, nicht Opfer behandelt werden, mit Demütigungen rechnen müssen.“ Mott, politisch hyperaktiv, gibt erst in Bahia, dann in Belo Horizonte, Recife, Curitiba einen „Überlebensführer“, das „Manual de Sobrevivencia Homosexual“ heraus. Bei Attacken und Provokationen auf der Straße, empfiehlt er, ja nicht ängstlich klein beizugeben, sondern den Angreifer zunächst anzuschreien, ihn danach, sofern die eigenen körperlichen Kräfte ausreichen, ebenfalls zu attackieren, erst zu fliehen, wenn keine andere Wahl bleibt. Inzwischen lernen Gay-Gruppen geschlossen Kampfsportarten. „In Brasilien sind mindestens vierzehn Todesschwadronen hinter Homosexuellen her, jedes Jahr trifft es auch Europäer, darunter Deutsche!“
In Bahias archaischem Nachbarteilstaat Alagoas gibt sich ein Abgeordneter im Radio als bisexuell zu erkennen – sofort danach wird er entführt, gefoltert, kastriert, der Kopf mit den ausgestochenen Augen und abgeschnittenen Ohren wird in einen Fluß geworfen. Von London aus prangert Amnesty-International-Expertin Fiona Macaulay seit Jahren die hohen Mordraten an:“Die Straffreiheit erschreckt ebenso wie das Ausmaß der Gewalt. Viele Fälle werden gar nicht untersucht, die Regierung bleibt untätig.“
1997 erschießt ein 26-jähriger Ex-Soldat in der Nordost-Stadt Santo Antonio de Potengi an einem einzigen Tage nach detailliertem Plan fünfzehn Männer, die angeblich ausgestreut hatten, er sei homosexuell. Der verheiratete Macho wollte in der von Blutrache geprägten Region seine Ehre „wiederherstellen“, wurde indessen vor dem Begehen weiterer zehn Morde von einem Polizisten zur Strecke gebracht. Der Fall erregte keineswegs größeres Aufsehen, zeigte indessen laut Joao Trevisan, auch in Deutschland und Österreich verlegter Schriftsteller, wie groß das Vorurteil gegen Homosexuelle im scheinbar liberalen Brasilien noch ist.
–Studie über Schwulen-Feindlichkeit— Homosexuelle und Aids–
Eine seriöse Untersuchung spricht Bände: Sechsunddreißig Prozent der Brasilianer würden einem Schwulen selbst dann keine Arbeit geben, wenn er der bestqualifizierte Bewerber wäre; jeder Fünfte würde sich von einem homosexuellen Kollegen bewußt fernhalten, sechsundfünfzig Prozent würden ihr Verhalten ändern. Rund die Hälfte stimmte unter keinen Umständen für einen homosexuellen Kandidaten und wechselte auch sofort zu einem anderen Arzt, falls die homosexuelle Präferenz des bisherigen entdeckt würde. Neunundsiebzig Prozent, im Nordosten sogar siebenundachtzig Prozent, würden nicht akzeptieren, wenn ihr Sohn mit einem Schwulen ausginge. Über sechzig Prozent geben den Gays die Schuld an der weltweiten Aids-Ausbreitung. Scheinheiliger, widersprüchlicher gehts nimmer – von „typisch brasilianischer Doppelmoral“ reden dann auch die Travestis, ihre Hauptkunden sind schließlich verheiratete Familienväter, die gewöhnlich „Camisinhas“ ablehnen. Deshalb stieg die Aidsrate in scheinbar heterosexuellen Partnerschaften so stark an, wie Brasiliens Experten überrascht feststellten. Sieben von zehn Frauen mit Aids werden von ihren Männern angesteckt, gehören keineswegs zu einer Risikogruppe, sechsundsiebzig Prozent sind Mütter, weit über der Hälfte aller betroffenen Frauen geht erst ein Licht auf, nachdem der Ehepartner deutliche Krankheitssymptome zeigt. „Die meisten dieser Männer infizierten sich bei homosexuellem Verkehr“, betont David Uip aus Sao Paulo, einer von Brasiliens führenden Aids-Forschern. Zweitausend wird bekannt, daß auch unter den Schwulen San Franciscos die Immunschwächekrankheit wieder stark zunimmt. Laut Kollege Caio Rosenthal hat HIV unter den Armen Brasiliens das gleiche Profil wie in Afrika und einigen Karibikstaaten, treffe besonders schwerwiegend die Frau:“Sie ist Zielscheibe des Mannes, der fremdgeht, Drogen nimmt, bisexuell ist.“ Erfahren die Frauen das HIV-Testergebnis, kriegen sie höllische Wut, und Lust, den Partner auf irgendeine Weise für den Vertrauensbruch zu bestrafen. „Vor lauter Haß habe ich auf ihn eingeschlagen, danach zweimal Selbstmordversuche unternommen“, sagt Jaqueline Normandia in Belo Horizonte. Die Männer unternehmen gewöhnlich alles, damit niemand etwas erfährt, haben Angst, die Freunde könnten denken, man sei schwul. Brasiliens Frauen tun das Gegenteil, informieren Familien , Verwandte, sagen den eigenen Kindern die ganze Wahrheit, nennen den Schuldigen. Verlassen ihn jedoch bis zu seinem Tode, trotz abgrundtiefen Hasses, meist nicht, pflegen ihn bis zuletzt. „Jetzt ist er tot“, klagt eine Dreißigjährige aus Rio,“ich möchte mich verlieben, habe soviel Lust, mit jemandem zu schlafen – aber wer will eine Frau mit Aids, und sovielen Kindern?“ Valeria Piassa Polizzi, aus einer Unternehmerfamilie Sao Paulos, infiziert sich beim allerersten Mal, mit fünfzehn, veröffentlicht mit sechsundzwanzig ihre Autobiographie, spricht Tabus offen an:“Hier in Brasilien gibt es so viel Scheinheiligkeit. Da Homosexualität nicht akzeptiert wird, existiert eine Unmenge von Bisexuellen. . Beim Heiraten denken die Leute, ewige Treue sei inbegriffen. Nur geht der Mann mit anderen fremd, und die Frau auch. Und beide tun so, als wäre alles okay.“
In Rio lebt ein Manager, dessen Partner an Aids stirbt – er ist zwar sicher, HIV-positiv zu sein, vermeidet jedoch den Test, zu dem ihm Freunde, auch Heteros überreden wollen. Lieber schläft er weiter mit neuen Partnern ungeschützt, verdrängt das Risiko nach Kräften.
Die Annahme, daß effiziente Kampagnen zur Aidsprävention erwünschte Verhaltensänderungen bewirken und die Ansteckungsraten erheblich senken würden, hat sich erwartungsgemäß, ebenso wie in Afrika, auch im Drittweltland Brasilien weitgehend als falsch erwiesen. Neue Studien zeigen, daß zahllose Männer und Frauen trotz der bestens bekannten Risiken weiterhin extrem fahrlässig handeln – ein als Serial Killer beschriebener Typus legt es sogar bewußt darauf an, andere mit dem HIV-Virus zu infizieren, „aus Rache und Empörung“. Maria Ines de Carvalho leitet in Rio die Betreuungsklinik der Erzdiözese für Aids-Kranke, nennt ein übliches Argument:“Jemand übertrug den Virus auf mich und sagte mir nichts. Warum soll ich jetzt solidarisch mit den anderen sein? Warum soll ich mit Sex aufhören, wo ich doch sowieso sterben muß?“ Einige, so die Direktorin,“ haben das typische Verhalten eines Serial Killers. Das ist zwar kriminell, aber in Brasilien schwerlich zu beweisen.“ Infizierte Mädchen vom Straßenstrich würden für die Arbeit in Nobel-Nachtclubs aufgepeppt – „gutbetuchte Brasilianer, besonders aber ausländische Touristen verzichten auf Präservative, weil sie meinen, mit einer Frau aus der Mittelschicht zu schlafen, die auf Hygiene und Gesundheit achtet.“ In den total überfüllten Gefängnissen hat einer von sechs Insassen Aids – Padre Geraldo Mauzeroll von der Gefangenenseelsorge Sao Paulos beschreibt mir, was mit jenen passiert, die wegen Vergewaltigung, bewiesen oder nicht, eingeliefert und in eine Massenzelle gesteckt werden. Ritualhaft werden sie von zwanzig und mehr Männern penetriert. „Das ist Gesetz in den Kerkern, so verbreitet sich Aids sehr schnell.“ Renato Russo, schwuler Rockstar, erinnert sich an die wilden Siebziger:“In einer Nacht hatte man mit dreißig Typen Verkehr, sehr eigenartig. Aber heute passen alle, die ich kenne, auf. Ohne Camisinha gehe ich nicht aus dem Haus.“ Sein großer schwuler legendärer Rock-Kollege Cazuza, nach dem in Rio ein Platz benannt ist, starb an Aids, Russo dann schließlich auch. US-Anthropologe Richard Parker forscht seit 1982 in Rio, die in den USA und Europa übliche Differenzierung zwischen Homos und Heteros, meint er, funktioniert in Brasilien nicht. „Hier pflegt man eine Vielzahl sexueller Praktiken, ohne sich deshalb einer bestimmten Kategorie zuzuordnen.“ Der Gipfel sei eigentlich Sex mit Travestis:“Selbst wenn der Kunde den passiven Part spielt, hält er sich nicht für homosexuell, hat den Eindruck, mit einer Frau zu schlafen.“ Transvestiten, Hits im Karneval, in der Kultur-und Unterhaltungsbranche, gehören zu Brasiliens Alltag, werden dennoch auch serienweise ermordet, regelmäßig, wie in Rio und Sao Paulo geschehen, aus vorbeifahrenden Autos mit Maschinenpistolen erschossen. 1998 läuft Bischof Mauro Morelli abends von seiner Kirche an der Rio-Peripherie zu Fuß nach Hause – nur Meter vor ihm liquidiert ein Unbekannter mit zehn Pistolenschüssen einen Strich-Travesti, verwundet einen zweiten schwer, geht weg, wird nie gefaßt. Morelli, der Anti-Hunger-Kampagnen initierte, Todesschwadronen, Polizeiterror, die Herrschaft des organisierten Verbrechens über die Slumbewohner auch im Ausland anprangerte, sucht erneut die Öffentlichkeit aufzurütteln:“Wir sind Gefangene in einem ungerechten, schlimmen Land – ich bin es müde, an den Straßenrändern Leichen zu sehen. Häufig hallen Schüsse neben der Kathedrale, doch auch neben jedem beliebigen Wohnhaus. Die Gewalt ist Resultat der krassen sozialen Ungerechtigkeit, der Konzentration von Reichtum und Misere, auch noch als Fortschritt verkauft.“ Morellis Appelle verhallen wie stets, Gewalt und Doppelmoral herrschen weiter. Wie bei den Streitkräften: In Rio wird ein hochdekorierter Oberstleutnant eines Elite-Regiments, verheiratet, drei Töchter, bei drastischem Sex im eigenen Auto mit einem Dreißigjährigen erwischt – und gefeuert; im Dienst piesackte er systematisch schwule Soldaten. Jeder Rekrut weiß, daß das eigentlich strikt Verbotene absolute Kasernen-und Flottennormalität ist. Gemäß einer Statistik des Oberkommandos liegt die Aids-Rate dort um das fünffache höher als in der Bevölkerung außerhalb der Militärquartiere. Die alljährlich für Radio und TV neu komponierten Anti-Aids-Songs der Regierungskampagnen klingen deshalb sehr anders als in Mitteleuropa:“Wenn du Drogen, Sauereien, Troca-troca magst, bist du dran – dann kriegt dich Aids!“
–Gay-Selbstkritik—
Auch Brasiliens Schwulenszene hält nichts von politischer Korrektheit, übt regelmäßig harte Gay-Selbstkritik, geißelt Risikosex. „Unsere Gesellschaft ist scheinheilig und lügnerisch“, sagt der Schwulenaktivist und Literat Silverio Trevisan, dessen Roman „Ana in Venedig“ über die Familie Mann sich im ganzen deutschsprachigen Raum gut verkauft. Und geißelt den eigenen Haufen:“Viele kämpfen nur für das Recht, Gymnastik-Akademien und Nachtbars zu frequentieren, kontinuierlich Sex zu haben. Soll das schon alles sein? So entstehen Feier-Ghettos und man ist dazu verurteilt, schnelle Resultate zu suchen.Wie sich die Leute in der Gay-Szene kennenlernen, ist doch wie im Fleischerladen – man sucht jemanden nicht etwa aus, weil er intelligent, interessant und sensibel ist, sondern nur, weil man ihn köstlich, appetitlich findet.“ Thomas-Mann-Experte Trevisan spricht von einem Narzissmus, der schlicht“zum Kotzen“sei:“Alles natürliche Konsequenz der kapitalistischen Gesellschaft – „Wert hat nur die Erscheinung.“ In seiner Sui-Generis-Kolumne konstatiert Trevisan „eine Annäherung an die alten machistischen Werte, jetzt festgemacht an maskulinen Signalen. In bestimmten Homo-Anzeigen dreht sich alles mehr um den Schwanz als um die Person.“Und dann wird seine Argumentation vollends schmerzhaft:“Erschreckend, daß nach Jahrzehnten der „Selbstbefreiung“weiterhin zwischen den Schwulen chronische emotionale Instabilität fortexistiert – ebenso wie die Tendenz zur Grausamkeit in den Beziehungen, zum schmutzigen Spiel mit Lügen, Fremdgehen und jeder Art von Gefühlsmanipulierung. Die Konsequenzen reichen von schlimmer Einsamkeit bis zu Selbstmorden. Leider wird uns nur gelegentlich bewußt, zu welcher Wildnis des Sadismus das homosexuelle Universum unserer Tage wurde. Trotz scheinbarer Enthemmung unsereres Erotismo anal leben wir mit denselben Makeln wie damals, als man uns als Sodomiten verurteilte.“
Bichas und Heteros in Brasilien amüsiert, daß ausgerechnet der auch in Deutschland und Österreich tourende Star der Musica Popular Brasileira, Caetano Veloso, nicht mehr zu seinen jedermann bekannten, zuvor recht offen deklarierten Neigungen steht. Der Sänger und Komponist legte sich ausgerechnet mit der New York Times an, die, von Aktivist Luiz Mott aus Bahia korrekt informiert, Gilberto Gils und Velosos „Bisexualidade Tropicalista“ erwähnt hatte. Er beschimpfte öffentlich den NYT-Korrespondenten als Kanaille, der das Unverständnis über Brasilien nur noch steigern wolle. Vergeblich, die ganze brasilianische Nation kicherte. Veloso hatte, wie ein Nachrichtenmagazin betonte, in den 70er Jahren seine sexuelle Option schließlich in alle vier Winde hinausposaunt.
–Morde an Homosexuellen in Jamaika–exrtrem schwulenfeindliche Reggae-Texte–
Laut brasilianischen Presseberichten ist das in Deutschland seit Jahrzehnten absurd sozialromantisch verklärte, von aggressivem Machismus geprägte Jamaika inzwischen zum homosexuellenfeindlichsten Land des Erdballs geworden. Dort sei die Mordrate an Schwulen am höchsten, gehörten Gewaltakte jeder Art zum Alltag. Gays und Lesben würden auf offener Straße häufig von Menschenmengen attackiert, u.a. mit Steinen beworfen, sogar verstümmelt und gelyncht. Genannt wird der Fall eines Vaters, der die Homosexualität seines Sohnes entdeckte und ihn daraufhin zum Lynchen freigab. Derartiges sei keineswegs ein Einzelfall. Menschenrechtler sehen in schwulenfeindlichen Reaggae-Texten den Hauptgrund für die Zunahme der Gewalttaten. Zitiert wird der sehr populäre Buju Banton, der in seinen Reggaes betont, daß man Homosexuelle mit Säure verätzen sollte – wie man es mit alten Autoreifen tue. „Elephant Man“, ein anderer populärer Reggae-Musiker, wird mit diesem Songtext zitiert:“Zwei Männer im Bett sind zwei Sodomiten, die man töten sollte“.
Alles keineswegs neue Phänomene in den sehr vielen extrem machistischen Ländern der Erde – indessen aus Gründen scheinheiliger politischer Korrektheit nur zu oft von deutschen Medien unterschlagen.
Der Jamaika-Experte Noe Noack schreibt dazu: „Batty Boys oder Chi Chi Men werden Homosexuelle in Jamaika genannt. Wie keine andere Personengruppe provozieren Schwule in Jamaica Aggressivität. Eine repräsentative Umfrage im Herbst 2003 ergab: 95 Prozent der jamaikanischen Bevölkerung sind gegen eine Aufhebung des gesetzlichen Verbots von homosexuellen Beziehungen.
Beim Thema Schwule, schlägt Dancehall-Reggae in nackte Teufelsaustreibung um. Warum? Und warum müssen einzelne Reggaekünstler wie Shabba Ranks, Bujub Banton , Beenie Man als Sündenböcke für eine Gesellschaft herhalten, für die Schwulenfeindlichkeit allgemeiner Konsens ist. Dancehall-Reggae und seine Lyrics sind Ausdruck dieses gesellschaftlichen Konsenses. Schwulenfeindliche Äußerungen werden nicht als radikal wahrgenommen, sondern eher als Ausdruck religiöser Rechtschaffenheit.
“Sodom and Gomorrah inna Babylon/It’s a big disgrace on the human race/Man a live wid man/Woman a live wid beast/God vex! God vex!”
King Sounds &The Israelites
“All Batty Men fi dead!”
Beenie Man hält nix von Batty Men, von Schwulen. Bis vor zwei Jahren War Mister Moses Davis der ungekrönte König der Dancehall, viermal hintereinander wurde er in Jamaika zum DJ des Jahres gewählt, dann gab es einen leichten Karriereknick und um aus der Talsohle wieder rauszukommen, hat Beenie Man sein Repertoire an schwulenfeindlichen Songs deutlich erweitert.
Beenie Man trat in Köln auf. Beim „Summerjam“, einem der größtem Reggae Dancehall Festivals in Europa. Wie immer haben seine Fans begeistert die Texte mitgesungen, die sie nur manchmal verstehen, aber oft auch nicht. Denn da würde es doch den einen oder anderen Dancehall-Fan etwas gruseln, wenn er wüsste, dass er gerade dazu aufruft, den Schwulen die Köpfe einzuschlagen.
Dass die jamaikanische Dancehall-Reggae-Szene traditionell und unverblümt schwulenfeindlich ist, das ist längst bekannt. Die meisten hat es aber bisher nicht weiter interessiert. Jetzt haben die Beenie-Man-Fans plötzlich richtig Angst bekommen, auf diversen Internet-Foren kann man das nachlesen.
Beenie Man wurde nämlich vor zwei Wochen am Londoner Flughafen von Scotland-Yard-Beamten empfangen. Die unterhielten sich ausführlich mit ihm über seine schwulenfeindlichen Texte und forderten ihn nachdrücklich auf, solche Texte in England nicht zu singen. Das Beenie-Man-Konzert in London wurde vom Veranstalter kurzfristig abgesagt.
Das war das allererste Mal, dass ein Reggae-Star wegen seiner Texte hochoffizielle Probleme bekommen hat: Es kommt anscheinend Bewegung in eine Geschichte, die lange totgeschwiegen wurde. Sicher auch, weil sich „Amnesty International“ seit einiger Zeit vehement gegen die Schwulenfeindlichkeit auf Jamaica einsetzt.
In London abgesagt in Köln Headliner beim „Summerjam“-Reggaefestival.Am 9. Juli spielen T.O.K: A Touch of Class, Jamaikas beliebteste BoygroupIm Münchner Backstage. Ihren größten Hit feierten T.O.K. vor zwei Jahren mit der schwulenfeindlichen Single „Chi Chi Man“, in der sie dazu auforderten alle Schwulen, alle „Chi Chi Men“ zu verbrennen.
“Rat-tat-tat,every Chi Chi Man dem haffi get flat/Chi chi Man fi dead an’ dat’s a fact!”
T.O.K.
David Rodigan der weiße Reggae-Selector, Reggae-Botschafter und BBC-Radio-Moderator verfolgt seit über 25Jahren die Diskussionen um schwulenfeindliche Texte im Reggae. Der 52-jährige, der mit einer Jamaikanerin verheiratet ist, pendelt ständig zwischen London, Jamaika und den USA.
David Rodigan: „Schwulenfeindliche Texte sind in jüngster Zeit schon fast zu einer Obsession in der Dancehall-Reggae-Kultur geworden. Mich ermüdet es, immer und immer wieder Reggae-DJ’s zu hören, die ihr Publikum auffordern: Hebt die Hand , wenn ihr wie ich glaubt ,Schwule gehören zum Teufel gejagt.“
Aber diese Haltung ist halt Teil der jamaikanischen Kultur. In der islamischen Welt gibt es ja beispielsweise auch einige heftige Ansichten, was Frauen anziehen dürfen und was nicht, dass das Gesicht zu verhüllen ist. Und im Vergleich zu Europa ist die Kultur Jamaikas und der Westindies auch ganz anders.Jetzt kannst Du Dich aufs hohe Ross setzten und sagen, dass ist nicht zu akzeptieren. Aber um bestimmte Verhaltensmuster zu verstehen , musst Du erst einmal das Wesen dieser Kultur kennenlernen. Die schwulenfeindliche Haltung vieler Jamaikaner hat damit zu tun, dass sie ihnen in jungen Jahren eingetrichtert wird.“
Die jamaikanische Kultur soll also Schuld an den schwulenfeindlichen Texten sein. Wir haben Dr. Carolyn Cooper, Professorin für Cultural Studies an der „University of the West Indies“, Kingston, Jamaica gefragt.
Dr. Carolyn Cooper: „Die jamaikanischen DJ’s müssen begreifen, dass sie ihre schwulenfeindliche Haltung, die sie als Teil ihrer Kultur und von der Gesellschaft als akzeptiert begreifen, nicht exportieren können. Die Dancehall-DJs stecken in einem Dilemma: In Jamaika feiern sie gerade mit dieser Haltung große Erfolge, weil sie damit religiös-ideologische Werte vertreten. International funktioniert das natürlich nicht. In Zeiten der Globalisierung bleibt heute keine kontroverse Äußerung mehr verborgen. Die DJ’s, die im Ausland auftreten, müssen sich bewusst machen in welchem Zusammenhang ihre Kultur vermarktet und begünstigt wird.“
Was sind die Wurzeln der Schwulenfeindlichkeit in der jamaikanischen Kultur?“
Dr. Carolyn Cooper: „Dazu möchte ich einen neuen Begriff einführen, den Begriff der „Heterophobie“, die Angst vor der Differenz, vor dem Andersartigen , vor dem, was von der gesellschaftlichen Norm abweicht.
Diese Angst ist in Jamaika sehr ausgeprägt. Das hat damit zu tun, dass wir Jamaikaner auf sehr fundamentalistische Weise, mit der Bibel und dem alten Testament aufwachsen. Was da drin steht, wird wortwörtlich genommen und ist für viele Jamaikaner Gesetz. Und demnach gelten gewisse Sexualpraktiken und Homosexualität als verabscheuungswürdig. Eine Haltung, die in vielen westafrikanischen Gesellschaften verbreitet ist, woher unsere Vorfahren kamen.
Aber die jamaikanische Gesellschaft ist im Umbruch und Homosexuelle werden von vielen als Tatsache akzeptiert. Es gibt überproportional viele Homosexuelle in gehobenen Positionen. Die wagen es allerdings noch nicht, sich zu outen, obwohl sie es meiner Meinung nach könnten. Es gibt einerseits den gesellschaftlichen Konsens, dass Homosexualität abzulehnen ist. Diese Schwulenfeindlichkeit existiert aber ganz abstrakt, während Schwule und Lesben im Alltag als Tatsache zur Kenntnis genommen werden und ihnen auch niemand das Recht zu leben abspricht. Aber genau da beginnt das Problem mit den schwulenfeindlichen Texten von Dancehall-Reggae-DJs wie Beenie Man.
Die Menschen in Großbritannien, die ihn angegriffen haben, haben keine Ahnung von der jamaikanischen- und der Dancehall-Kultur. Beenie Man bringt mit diesen Texten zum Ausdruck , dass Homosexualität seiner Kultur fremd ist.
Ich weiß , ich bewege mich auf rutschigem Boden, aber ich sage: Auch wenn die Texte noch so brutal und hasserfüllt scheinen und zur Gewalt gegen Homosexuelle auffordern, so sind sie doch nur metaphorisch gemeint.
Die meisten Homosexuellen , die in Jamaika ermordet wurden, sind von Homosexuellen, von ihren Liebhabern ermordet worden, das ist eine Tatsache. Es gibt so gut wie keine Angriffe auf Schwule und Lesben in Jamaika. Unser Hauptproblem ist, dass wir allgemein in einer sehr gewalttätigen und brutalen Gesellschaft leben. Die Ursachen dafür liegen aber in der Sklavenzeit, als Europäer Westafrikaner brutal versklavt und nach Jamaika gebracht haben.
Unsere Gesellschaft ist mit brutalsten Mitteln errichtet worden. Es ist ein Wunder, dass wir uns überhaupt so human entwickelt haben, schließlich wurde uns das alte Testament mit seiner Feuer-und-Schwert-Metaphorik ja eins zu eins eingebläut.
Es ist kein Wunder, dass Texte der DJs und Sänger dies transportieren. Aber die jamaikanische Kultur und speziell die Dancehall-Kultur ist sehr komplex und manchmal auch paradox. So sind einige Manager von Dancehall-DJs schwul. Und es ist nicht ungewöhnlich, daß Schwule bei Reggae-Veranstaltungen zu schwulenfeindlichen Stücken singen und tanzen. Sie argumentieren damit, dass sie durch die Texte der DJs wenigstens, wenn auch negativ Beachtung finden und so gesellschaftlich nicht marginalisiert werden.“

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 04. Februar 2014 um 14:34 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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