Brasiliens einstige führende Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“ analysiert angesichts der Tatsache der seit vielen Jahren immer engeren politischen, wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit zwischen Rußland und China völlig bizarr-grotesk, daß Putin sein Treffen mit Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff sowie die BRICS-Konferenz in Fortaleza nutzen werde, um dem Image der Isolierung entgegenzuwirken. Noch vor einigen Jahren, bevor Brasiliens Medien von der Wirtschaftskrise miterfaßt wurden, zahlreiche hochqualifizierte Mitarbeiter entlassen wurden, waren Zeitungen wie „O Estado de Sao Paulo“ eine gute, interessante Informationsquelle. Inzwischen wird immer öfter die Linie nordamerikanischer Zeitungen und Kommentare übernommen.
„Diario do Nordeste“:
“Sobrou para a Polícia a responsabilidade de delimitar os territórios criminais. Mas antes disso, são territórios de ausência do Estado em suas diversas formas. Se for selecionar as áreas que mais sofrem com falta de saneamento, com instituições educacionais e, portanto, pessoas sem escolaridade, estará separando a área com maior índice criminal e isso não é coincidência”, explica Eunice Satin, coordenadora no programa Juventude Viva, cooperação da Secretaria Nacional da Juventude com a Secretaria Nacional de Políticas de Promoção da Igualdade Racial. O programa atua com jovens que moram nas periferias do País.
Boeings que caem
“É preciso dar os nomes desses corpos. Ninguém é só um número. Todos os meses morrem no Brasil o equivalente a dois Boeings lotados apenas de jovens negros”, afirma Eunice. “Assim como duas pessoas que têm afinidades mas moram em lados opostos do planeta encurtam essa distância justamente porque são afins, o vizinho que mora do outro lado da rua pode estar quase tão distante quanto as pessoas que moram na Síria”, afirma a psicanalista Silvana Freitas.
Na sua avaliação, a sensação de não pertencimento aos problemas primeiro faz com que eles se tornem menores. “Uma pessoa se torna um número, esse número é englobado na estatística, só ganhando valor quando totalizado, e daí pouca diferença faz se morreu na periferia A ou B e a polícia disse que morreu porque era traficante. Enquanto tudo for tão reduzido a isso, a violência só vai aumentar. E a cobrança diminui quando alguém reconhecido pela sociedade é vítima direta dessa violência. Apareceram muitas pessoas dizendo que a violência aumentou, só porque está mais próxima”.
O parente de Francisco Breno, vítima de homicídio neste ano, diz que se cada rua onde mora tivesse o nome de morador assassinado, “ia faltar rua para tanta placa”. “A pessoa morre, a Polícia diz que tinha envolvimento com o tráfico. Muitas vezes nem tem nome fichado na Polícia, mas dizem que é envolvido com tráfico. Eu não sou, mas meus amigos são. Na minha rua tem boca de fumo, mas também falta muita coisa. Para chegar em casa, preciso passar em frente da boca. Se morro ali e caio, vão dizer que é um a menos”.http://www.hart-brasilientexte.de/2014/07/14/brasilien-geldfusball-wm-2014-und-endspiel-proteste-mindestens-elf-journalisten-bei-strasenprotest-in-rio-de-janeiro-durch-polizeieinsatz-verletzt-laut-landesmedien-erwartungsgemas-keinerlei-prot/
Laut Landesmedien wurden von der Militärpolizei in Rio am Endspielsonntag mindestens 11 in-und ausländische Journalisten attackiert, die das gewaltsame Vorgehen gegen rund 400 Systemkritiker dokumentieren wollten. Menschenrechtsaktivisten riefen:”Diktatur! Nao adianta me reprimir – esse governo vai cair”. Ein Kameramann erlitt durch Polizeiknüppelschläge einen Armbruch, wurde ins Hospital gebracht. Der kanadische Journalist Jason O`hara wurde von einer ganzen Gruppe von Militärpolizisten zusammengeschlagen, hieß es. Er rief den Beamten zu: “Ihr habt meine Kamera geraubt!” Worauf er laut Landesmedien die ironische Antwort erhielt:”Warum gehst du nicht zurück nach Kanada?”
Nicht zufällig berichtete der gesteuerte deutsche Mainstream über diese Seit der WM 2014 nicht bzw. nur extrem oberflächlich, was Bände spricht.
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/17/brasilien-geldfusball-wm-2014-spielort-fortaleza/
Fleischverkauf in Fortaleza bei Tropenhitze.
Reisewarnungen der deutschen Regierung, Menschenrecht auf persönliche Sicherheit in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/03/09/das-menschenrecht-auf-personliche-sicherheit-unter-lula-die-deutsche-botschaft-in-brasilia-informiert/
Joachim Gauck in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien
“Folter ohne Ende”: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/
Gauck, Timoschenko, Brasiliens Bürgerrechtler: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/25/das-timoschenko-video-wie-sich-joachim-gauck-und-guido-westerwelle-fur-timoschenko-einsetzten-fur-verfolgte-brasilianische-burgerrechtler-indessen-nicht/
“Die Welt”: http://www.welt.de/dieweltbewegen/article13665169/Brasilien-ist-die-Wirtschaftsmacht-der-Zukunft.html
“Mit wahnsinnigen Zahlen in allen Wirtschaftszweigen ist es bald eines der wichtigsten Länder der Welt.“
Fehlende öffentliche Sicherheit Hauptproblem für Bewohner der Megacity Sao Paulo – neue Studie: http://www1.folha.uol.com.br/cotidiano/2014/07/1484957-datafolha-traca-ranking-da-insatisfacao-dos-paulistanos.shtml
Neoliberale Methoden der Bevölkerungskontrolle und Paralysierung von Protestpotential: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/15/wem-nutzen-banditendiktatur-und-immer-mehr-no-go-areas/
Merkel und Gauck zum Endspiel: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/07/09/brasilien-geldfusball-wm-2014-angela-merkel-und-joachim-gauck-zum-endspiel-in-rio-de-janeiro-wie-sich-beide-zur-gravierenden-menschenrechtslage-in-brasilien-nicht-positionieren/
Warum Lula in Ländern wie Deutschland viele Sympathisanten eines bestimmten politischen Spektrums hat – Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/
Fußball-WM in Brasilien – Schokoladenseite und schmerzhafte Widersprüche
Katholische Kirche prangert staatliche Repression an
„Verheerende Szenarien“
Die TV-Bilder lassen scheinbar keinen Zweifel – ganz Brasilien im Fußballrausch, Tanzen und Feiern bis zum Morgengrauen. Die WM funktioniert viel besser als vorausgesagt, ist ein Riesenerfolg – und Straßenproteste gibt es kaum. Rio de Janeiro – einfach wunderbar, Fans hüpfen begeistert vor den TV-Kameras. Wer will wohl solchen Berichten widersprechen, um sofort als mieser Spielverderber abgestempelt zu werden? Doch der Schein trügt, heißt es im Volksmund – und beinahe jeder, vor allem Christen, wissen aus eigener Erfahrung: Mit der Wahrnehmungsfähigkeit ist das so eine Sache.
Stutzig macht lange vor dem Anpfiff, daß die Kirche des größten katholischen Landes nicht in verordnete WM-Euphorie einstimmt, den ausländischen Fans rät, ruhig auch kritisch hinter die tropisch-bunt-exotische Spiele-Kulisse zu schauen.
Oft nur Schritte von Stadien und Fanmeilen entfernt keine Spur von Fußball-Euphorie. Dafür etwa in Sao Paulo beunruhigende Sprechchöre:“Laßt die politischen Gefangenen frei!“
Überraschend viele Brasilianer, laut Umfragen immerhin sogar 23 Prozent der Männer, schauen sich die Spielübertragungen garnicht an. Die übergroße Mehrheit im Lande muß auch während der WM einen meist lebensgefährlichen und sehr stressig-chaotischen Alltag bewältigen. Just während der Stadionspiele protestiert die nationale Bewegung wohnungsloser Arbeiter/MTST lautstark vor dem Stadtparlament Sao Paulos gegen Wohnungselend. Lateinamerikas reichste Großstadt hat immerhin über 2600 Slums, ständig entstehen neue. Und auch auf der noblen Flaniermeile Avenida Paulista der Banken, Geschäftshäuser, Shopping Center und Restaurants wird täglich protestiert. Dazu gehört viel Mut und Courage – öffentliche, private Firmen feuern Protestierer immer häufiger fristlos. Mitten in der WM ein grotesk-bizarrer Anblick zum Fürchten. Rund 200 Demonstranten, unter ihnen katholische Menschenrechtsaktivisten, der landesweit bekannte Menschenrechtspriester Julio Lancelotti, werden von über 700 teils sogar mit Maschinenpistolen bewaffneten Militärpolizisten in Robocop-Uniform, dazu Kavallerie eingekesselt. Und immer wieder Festnahmen auch in anderen Spielorten, gleich in der ersten WM-Woche über 170 – wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Tragens von Explosivstoffen, heißt es offiziell. Anwälte der Protestbewegung und auch der Kirche nennen das frei erfunden, stufen die Betroffenen als politische Gefangene ein.
Doch siehe da – Fernsehreportagen über die erschreckende Kehrseite der WM fehlen in Mitteleuropa. Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der deutschen Katholiken, kritisiert nicht zufällig, die soziale Lage Brasiliens sei praktisch kaum Thema, wegen massiver Polizei-und Militärpräsenz komme es kaum zu Protesten.
In der Tat – die allermeisten Medien lassen gravierende Menschenrechtsverletzungen, darunter systematische Folter, Todesschwadronen, die Verfolgung und Ermordung systemkritischer Journalisten, von Umweltaktivisten und Bürgerrechtlern unter den Tisch fallen. In keinem Land der Welt ist die Zahl der Morde höher, werden soviele Homosexuelle liquidiert wie in Brasilien.
Ist das schon wieder Miesmacherei, die man wenigstens während der WM mal vergessen sollte? Wer in Brasilien direkt betroffen ist, gar in absolutem Elend lebt, sieht das anders.
In einer ironischen brasilianischen Zeitungskarikatur ruft ein Fan dem nationalen Superstürmer Neymar zu:“Du mußt heute gewinnen!“ Worauf Neymar unter Anspielung auf seine Maxi-Honorare zurückgibt:“Ich gewinne immer!“
Neymar „verdient“ normalerweise monatlich umgerechnet rund 3 Millionen Euro, hat einen „Stundenlohn“ von über 4000 Euro – im WM-Jahr indessen als Werbeträger für Unterhosen, Autos, Kosmetik ein Mehrfaches. Brasiliens Brutto-Arbeitereinkommen liegt offiziell bei durchschnittlich rund 590 Euro, der Mindestlohn bei 240 Euro. Den kriegt aber nur ein Bruchteil der Berechtigten.
Aber heißt es nicht auch in WM-Jubelberichten, Millionen Brasilianer seien die letzten Jahre dank staatlicher Hilfen der Armut entkommen, gar in die Mittelschicht aufgestiegen? Da rät die katholische Kirche, sich Bemessungsgrenzen und Preisniveau, bei vielen Produkten über dem deutschen, genauer anzuschauen. Denn mit nur 25 Euro „Monatseinkünften“ ist man schon angeblich der extremen Armut entkommen. Und das vielgelobte Anti-Hunger-Programm „Bolsa Familia“? Bedürftige Familien, meist kinderreich, kriegen monatlich im Durchschnitt umgerechnet 55 Euro, die in extremer Armut rund 80 Euro.
Laut Regierung erhalten derzeit rund 14 Millionen Familien diese „Bolsa Familia“ dies seien etwa 50 Millionen Menschen. Bei weitem nicht alle Anspruchsberechtigten, sagt die Kirche, spricht von Almosen.
Auch das Heer der obdachlosen Straßenbewohner bekommt keinerlei Zahlungen. Da hält sich WM-Begeisterung in sehr engen Grenzen.
Auch brasilianische Universitätsabsolventen verdienen nach mehreren Jahren als Angestellte in Privatunternehmen monatlich nur umgerechnet brutto zwischen 800 und 900 Euro.
Aber wer jubelte, kreischte, sang dann in den WM-Stadien?
Die katholische Kirche, darunter Franziskaner David Santos in Sao Paulo, der die Schwarzen-Bildungsorganisation EDUCAFRO leitet, weisen auf absurde Sozialkontraste, schmerzhaften Rassismus:“Über die Hälfte der rund 200 Millionen Brasilianer sind dunkelhäutig – doch in den Stadien sieht man nur Weiße!“ Die FIFA habe auf EDUCAFRO-Kritik geantwortet, Weiße, Schwarze, Indios und Migranten hätten die gleichen Möglichkeiten, an der WM teilzunehmen. Franziskaner Santos: „Davon kann keine Rede sein.“ Umfragen geben ihm Recht: In den Stadien sitzen fast durchweg Mittel-und Oberschichtler aus der absoluten Minderheit der Gutbetuchten. Die können nicht klagen, sehen Privilegien gewahrt, keinerlei Grund für Protest.
Der kommt auch von Kardinälen, Bischöfen des Tropenlandes, darunter dem aus Österreich stammenden Erwin Kräutler, der in Amazonien gegen den Bau des Megastaudamms „Belo Monte“ kämpft. Was sich in Brasilien abspielt, ist für Kräutler „Zivildiktatur“ – Lula und die jetzige Staatschefin Dilma Rousseff würden als Zerstörer des Regenwalds in die Geschichte eingehen: “Solange es für die Kinder nicht einmal anständige Schulbänke gibt, Kranke in Krankenhausfluren auf dem Boden liegen oder in langen Warteschlangen vor einem Gesundheitsamt tot umfallen, Arbeiter und Angestellte täglich stundenlang in Bussen wie in Sardinendosen eingepfercht zum Arbeitsplatz fahren müssen, ist es ein Skandal, Milliarden für Fußballstadien hinauszuschmeißen.”
Auch Walmor Oliveira de Azevedo, Erzbischof im WM-Spielort Belo Horizonte, spricht von “verheerenden, niederschmetternden Szenarien”:“Das Gesellschaftssystem hier ist ungerecht bis an die Wurzeln – Arme zu mißhandeln und auszugrenzen, ist eine Schande“. Wichtiger als der Weltmeistertitel wäre, die Konzentration von Reichtum und Geld in den Händen einer Minderheit abzuschaffen, die Epidemie der Korruption zu besiegen. Brasiliens Caritas: „Ein Großteil ist grauenhafter Realität“ ausgeliefert“. Die WM verliere jedesmal mehr von Schönheit und Sinn – zugunsten von „Geld und Spekulation, Ausbeutung sowie Mißachtung der Bürgerrechte gerade der ärmsten Schichten“.
Wirklich nur wenige kleinere Proteste während der WM? Laut Kirche und Sozialbewegungen ist nur zu oft bei Demonstrationsbeginn die Militärpolizei massiv zur Stelle und droht, jeden festzunehmen, der auch nur ein Protestplakat zeige. Fast alle geplanten Manifestationen seien verhindert worden – was Verfassungsrechte verletze. Hunderte von bekannten Menschenrechtsaktivisten habe die Militärpolizei landesweit zuhause „besucht“ – und bedroht, eingeschüchtert. In allen zwölf Spielorten hatte die Regierung zudem Spezialteams stationiert, die sich gezielt mit Protestorganisatoren befassen sollten.
In der Erzdiözese Sao Paulo, drittgrößte der Erde, wird Menschenrechtspriester Julio Lancelotti unbeabsichtigt Experte für zivilen Widerstand, kämpft für die Freilassung der politischen Gefangenen. „Der Staat will mit aller Macht Proteste verhindern, ein falsches Landesimage erzeugen – doch das gelingt nicht. Die Repression fällt jedermann auf. Nicht einmal während der Militärdiktatur wurde die Repressionsmacht des Staates so massiv betont, so gut sichtbar herausgestellt. Bischof Kräutler hat Recht – das ist hier eine Zivildiktatur!“
Lancelotti leitet das Obdachlosenvikariat der Erzdiözese – merkwürdig, von vielen Stellen der Megacity sind die Straßenbewohner verschwunden. „Kein Wunder, die werden bedroht: Besser für dich, du verschwindest von hier! Doch Militärpolizei geht auch mit Blendgranaten und Tränengas gegen Obdachlose vor – wir haben beim Innenministerium Anzeige erstattet.“
Brasiliens Protestbewegung hätte sich über mehr Solidarität aus Deutschland gefreut – doch die bleibt größtenteils aus.
Als gar eine öffentliche Protestversammlung massiv von Militärpolizei und Kavallerie eingekesselt wird, sich am Podium ein Filmteam der Polizei postiert und provozierend alle Teilnehmer registriert, platzt Lancelotti der Kragen, wendet er sich direkt an die Spezialeinheiten: „Ich bin Zeuge der brutalen Gewalt – und sehe jetzt erneut diese imperiale Armee, die uns den Krieg erklärt. Ich habe in diesen Tagen eine Jugend erlebt, die widersteht, die Übergriffe der Macht nicht akzeptiert. Wenn man die Gefangenen zu gefährlichen Individuen erklärt, dann sind wir alle hier es auch! Dann könnt ihr uns alle hier genauso gefangennehmen! Zeigt Courage, legt uns genauso Handschellen an wie jenen Gefangenen! Ich habe keine Furcht, bin in meinem Leben oft den Spezialeinheiten der Militärpolizei entgegengetreten. Ihr könnt nicht verhindern, daß ich euch zurufe – ihr seid niederträchtig!”
Aus Sicht brasilianischer Menschenrechtsaktivisten sendet der Staat diese Botschaft an Protestierwillige: Wir haben keine Skrupel, Menschen unter erfundenen Beschuldigungen einzusperren – jeder kann der nächste sein.
„Faschistisch“ nennt das Waldemar Rossi, der in der Erzdiözese die Arbeiterseelsorge leitet: “Brasilien ist nur angeblich demokratisch. Die Regierung ergriff zur WM alle repressiven Maßnahmen – – und investierte gleichzeitig immens in Medienpropaganda-Trommelfeuer, damit TV, Radio, Zeitungen eine WM-Euphorie stimulieren. Psychologisch sehr geschickt gemacht!“
Rossi wird einst just von dieser weiter existierenden Militärpolizei als Regimegegner während der Diktatur grauenhaft gefoltert. Nicht wenige Brasilianer erinnert daher diese WM an 1978, als man den World Cup in der blutigen, barbarischen Militärdiktatur Argentiniens stattfinden ließ.
Aber heißt es nicht, gerade in Rio habe sich das Gastgeberland Brasilien von seiner besten Seite gezeigt, herrsche überall fabelhafte, ansteckende Lebensfreude?
Auch da widerspricht die Kirche, sieht ihre Voraussagen bestätigt. In den allermeisten der über 1000 Elends-und Armenviertel weiter brutale Unterwerfung der Bewohner durch hochgerüstete Banditenkommandos des organisierten Verbrechens. So wird Protestpotential effizient paralysiert, wie eh und jeh.
Dazu fast täglich Schießereien, gar Feuergefechte zwischen Gangsterkommandos und der Polizei selbst in angeblich befriedeten Slums, genaue Opferzahlen werden nicht bekannt. Ein dreijähriger Junge wird erschossen, ein anderes Mal ein Achtjähriger. Nicht zufällig sind nur wenige Slumbewohner bei den Straßenprotesten.
Geistliche, doch auch ganz normale Brasilianer beobachten, daß entgegen den bunten Fernsehbildern der Enthusiasmus im Lande viel geringer ist als bei vorangegangenen WM. Kaum Feuerwerk – Viertel, Straßen, Häuser wenig geschmückt. Feste nach Siegen des Neymar-Teams verebben meist rasch. Ganze Firmenbelegschaften arbeiteten früher im Trikot der Nationalelf – zur WM 2014 kommt niemand auf diese Idee. Hinweis auf den Pessimismus wegen der sozialen und wirtschaftlichen Lage, hört man von allen Seiten.
Aber war nicht sogar das befürchtete Chaos auf den Flughäfen ausgeblieben? Genauer hinschauen, hatte die Kirche geraten: Wegen der unerwartet geringen Zahl in-und ausländischer Touristen an den Spielorten waren Inlandsflüge im Durchschnitt nicht einmal zu 40 Prozent besetzt, auch Hotels bei weitem nicht voll belegt – hatte die Verkehrsinfrastruktur viel weniger zu verkraften als sonst.
« Brasilien, Geldfußball-WM 2014 und Endspiel-Proteste: Mindestens elf Journalisten bei Straßenprotest in Rio de Janeiro durch Polizeieinsatz verletzt, laut Landesmedien. Erwartungsgemäß keinerlei Proteste hochrangiger Politiker Mitteleuropas gegen Repression während Copa, Rekord bei Morden an Homosexuellen in Brasilien etc. Deutsche Medien hielten sich bis zum letzten Tag strikt an Berichterstattungsvorschriften. – WM-Endspiel 2014 und Gewalt gegen deutsche Fans in Rio de Janeiro. „Militärpolizei schaute zu und griff nicht ein“. »
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