Befreiungstheologisch orientierte Repräsentanten der katholischen Kirche und ihrer Sozialpastoralen haben teils starke Enttäuschung über das Wahlergebnis geäußert. U.a. in Website-Interviews hieß es, die politische Realität Brasiliens werde keinen Deut verändert, ein weiteres Mal sei indessen das System der Ausbeutung konsolidiert worden. „Die Abhängigkeit der Politiker vom Kapital, das massiv in die Wahl ihrer Privilegierten investierte, wurde erneut deutlich.“
Besonders schwerwiegend und schädlich seien die Resultate im Teilstaat Sao Paulo – dort werde nunmehr die PSDB-Politik fortgesetzt, zu der Privatisierungen u.a. im öffentlichen Dienst gehörten, was die Qualität entsprechender Leistungen, ob in Gesundheitswesen oder Bildung, stark verschlechtert habe.
In den Stellungnahmen wurden auch soziokulturelle Faktoren, Mentalität analysiert. „Die Bevölkerung des Teilstaats Sao Paulo, besonders in der Stadt Sao Paulo selbst ist im Durchschnitt konservativ bis rechts, kultiviert enorme Vorurteile, hat eine Manie der Überheblichkeit. Politisch sind die Leute hier Halbanalphabeten. Bei aller Kritik an der Arbeiterpartei richtet sich gegen diese Partei eine regelrechte Phobie. Werte, Einstellungen, Ideen der privilegierten Mittelschicht werden durch die Medien auch an die einfache Bevölkerung übermittelt.“ Die Bewohner des Teilstaats besäßen einen sehr mittelmäßigen Politisierungsgrad, schauten stark darauf, welche Politiker ihnen Vorteile, Privilegien verschaffen könnten. „Die Leute hier sind von Natur aus konservativ.“
Aecio Neves(PSDB), der in der Stichwahl auf Staatschefin Dilma Rousseff trifft, wird als „Picareta“(unehrlich) eingestuft, politisch als rechts bis rechtsextrem. Aecio Neves unterscheide sich in diesem Sinne nicht von anderen PSDB-Politikern wie Fernando Henrique Cardoso, Mario Covas, José Serra oder Geraldo Alckmin.
„Es steht außer Zweifel, daß die brasilianischen Eliten drei Präsidentschaftskandidaten ins Rennen schickten – mit jedem dieser drei betrachten sich die Eliten als Gewinner und hatten die Wahlkampf-Investitionen entsprechend aufgeteilt. Die drei Kandidaten verfolgen eine sehr ähnliche Linie, sind die Garantie für die weitere Durchsetzung der seit dem Militärputsch verfolgten Wirtschaftspolitik. Das brasilianische Finanzkapital steht indessen mehr auf der Seite von Rousseff – denn nie zuvor hat dieses Finanzkapital soviel Gewinn gemacht wie unter Lula und Dilma Rousseff. Lula hat das sogar öffentlich eingeräumt – alle in der Arbeiterpartei wissen es. Daß die Präsidentschaftskandidaten in der Wahlkampagne gegeneinander kämpften, war lediglich politisches Spiel. „
“Die Wirtschaft blüht, und im Land herrscht Vollbeschäftigung.” Frankfurter Allgemeine Zeitung, Juni 2013
„Marina Silvas Absturz war vorhersehbar. Anfangs kam ihr zugute, daß das brasilianische Volk beträchtlich entpolitisiert ist, emotional, nicht rational reagiert. Doch Marina Silva hat weder die nötige gesellschaftliche Basis noch genügend Aktivisten für den Wahlkampf – ihre Mängel und Defizite wurden rasch offensichtlich. Silva ist dem Agrobusiness verbunden, zeigte sich schwach gegenüber der evangelikalen Sektenfraktion im Nationalkongreß – das wog schwer. Und deshalb war sicher, daß Aecio Neves in die Stichwahl kommt. Die PSDB hat schließlich weit mehr politische Wurzeln, eine eigene Geschichte.“
Noch am Tage vor den Wahlen war im gesteuerten deutschen Mainstream entgegen der Faktenlage der Eindruck erweckt worden, Marina Silva käme in die Stichwahl.
Brasilien-Daten: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Wieso fiel der Gouverneurskandidat von Aecio Neves in Minas Gerais durch, siegte der Arbeiterpartei-Kandidat?
„Aecio Neves hat die Menschen in seinem Teilstaat solange angelogen, bis er damit nicht mehr durchkam. Und sichtbar wurde, daß jener Neves, der sich stets als der `gute Junge`präsentierte, auch nichts anderes war als ein karriereversessener Politiker, nur auf persönliche Vorteile aus wie andere. Der Fall des Baus eines öffentlichen Flughafens, mit Steuermitteln, auf der Neves-Fazenda, das kam bei sehr vielen der traditionell gesinnten Bewohner von Minas Gerais sehr schlecht an, war unethisch.“
Politikstil von Aecio Neves: „Neves ist ebenso wie Fernando Henrique oder Geraldo Alckmin jemand, der seine Ideen durchdrückt, sogar mit Gewalt, wie ein Traktor – nicht per Überzeugungsarbeit, Gespräche. Daher hatte man unter Gouverneur Neves in Minas Gerais ein regelrecht autoritäres System. Indessen ist es in der Arbeiterpartei Lulas keineswegs anders! Lula ist autoritär wie der Teufel! Er ist es in der Arbeiterpartei, war es zuvor in der Gewerkschaft – und in dessen Regierung sowieso. Was Lula will, drückt er durch! Marta Suplicy trieb es als Präfektin von Sao Paulo nicht anders – auch sie war autoritär. Man schaue nur auf den Fall des ermordeten PT-Politikers Celso Daniel – oder auf den Fall von Luiza Erundina, die sich den autoritären Normen der Arbeiterpartei nicht unterwarf, schließlich die Partei verließ.“
„Die Haltung der katholischen Kirche unter Papst Franziskus gibt uns viel Hoffnung – die Kirche dürfte sich die nächsten Jahre sehr positiv entwickeln. Aber leicht wird das nicht!“
Millionärsparlament, Einkommen, Verelendung 2014: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/10/07/brasilienwahlen-2014-lula-einkommen-millionarsparlament-und-wachsende-extreme-armut/
Laut Wahlexperten handelt es sich beim neugewählten Nationalkongreß um den konservativsten seit dem Militärputsch von 1964. Allein die evangelikalen Sekten schicken mindestens 40 Bischöfe und Pastoren ins Abgeordnetenhaus von Brasilia.
In den großen privaten tonangebenden Medien wird auch nach der Wahl deutlich, daß Journalisten und Kommentatoren nicht Klartext reden können/dürfen – schließlich sind die Anzeigenkunden aus der Geldelite auch jene, die die Wahlkampagnen der drei Präsidentschaftskandidaten finanzieren.
“Vom Umgang mit der Diktaturvergangenheit”: http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
Warum Lula in Ländern wie Deutschland viele Sympathisanten eines bestimmten politischen Spektrums hat – Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/
Das in Brasilien vielkommentierte Buch, bereits in der siebten Auflage, weckt vorhersehbar auch im deutschen Mainstream keinerlei Interesse, ist bislang ein Tabu.
Diktatoren-Sympathie für Lula: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/01/brasilien-2014-50-jahre-nach-dem-militarputsch-von-1964-historiker-erinnern-an-sympathie-der-folterdiktatur-fur-lula-militardiktator-golbery-uber-lula-%E2%80%9Cder-mann-der-brasiliens-linke-vern/
tags: brasilien – wirtschaft
“Auch Dilma hat sich, ganz im Sinne ihres Vorgängers, der Sozialpolitik verschrieben.” WeltTrends, Potsdam 2012
“Brasilien bietet Europa Finanzhilfen an”: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/01/brasilien-bietet-europa-finanzhilfen-an-handelsblatt-20092011-schon-uberwiesen/
“In den vergangenen Jahren hat Rio gemeinsam mit Brasilien ein Wirtschaftswunder hingelegt. Die Favelas sind saniert und weitgehend drogenfrei…” Der Spiegel, Juni 2013
“Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt”(WAZ).
Brasilien-Daten: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Das knallbunte Versionen-Karussell:
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/26/brasiliens-staatlich-kontrollierter-olko
Fußball-WM und kuriose Brasilien-Darstellung: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/11/brasilien-geldfusball-wm-2014-deutsche-medien-die-noch-unlangst-den-brutal-neoliberalen-kurs-der-lula-rousseff-bejubelt-hatten-uber-elendsviertel-kein-wort-verloren-machen-derzeit-auf-populistisc/
Die Wirtschafts-und Finanzkrise 2008/2009, Brasilien und die unterschiedlichen Einschätzungen im Tropenland und in Mitteleuropa. “Präsident Lula ist ein Meister der politischen Manipulierung.” Merval Pereira, Mitglied der brasilianischen Philosophen-Akademie, Kommentator. ”Nao é para vazar. Se vazar o que vou dizer, voces estao fodidos. Fiquei puto.” Wirtschaftskrise und Slum-Elend. **
tags: wirtschafts-und finanzkrise 2008/2009 in brasilien
Zu den vielen kuriosen, Brasilien betreffenden Einschätzungen zählen auch die Wertungen zur Wirtschafts-und Finanzkrise 2008/2009. Deutsche Unternehmer vor Ort, mit langjähriger Brasilienerfahrung betonen in der Rückschau, daß damals an den deutschen Firmensitzen die Auffassung verbreitet wurde, Brasilien komme am besten durch die Krise. Vergessen worden sei indessen, daß beispielsweise Brasiliens Außenhandel 2009 “total einbrach” – mit den entsprechenden weitreichenden Folgen. Viele mitteleuropäische Medien veröffentlichten Interpretationen zur Lage in Brasilien, die in interessantem Gegensatz zu den Bewertungen der brasilianischen Wirtschaftsmedien standen. Auch im deutschen Wirtschaftsmainstream waren die brasilianischen Bewertungen und Analysen absolut chancenlos.
“Die Wirtschaftskrise hat Brasilien kaum gespürt.” WAZ
“…das Land die globale Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 vergleichsweise unbeschadet überstanden hat.” BDI 2011
Laut der Getulio-Vargas-Stiftung vom Oktober 2009 hatte die Krise indessen von den sechs wichtigsten Wirtschaftszentren Brasiliens die Megacity Sao Paulo am stärksten getroffen – das Elend habe deutlich zugenommen, hieß es gemäß Landesmedien.
“Krise vorbei, Grund zum Feiern”:Bettelnde kranke alte Frau in der City Sao Paulos.
Schlagzeilen der großen brasilianischen Qualitätszeitungen Folha de Sao Paulo, O Estado de Sao Paulo, O Globo von 2008/2009 zur Krise:
-Indstrie hat schlechtestes Resulat seit Collor
- Auf Sao Paulo entfallen 44 % aller durch die Krise Entlassenen
-Teilstaat Sao Paulo eliminierte 285532 Stellen im Dezember 2008
- Industrie erlebt schwersten Absturz seit 1991 und Wirtschaftsexperten sehen Rezession im Land
Industrieproduktion stürzt ab
-Entlassungen betreffen ein Drittel aller Haushalt in Sao Paulo
- Stellenkürzungen waren “porretada”, sagte Präsident Lula
- Das Land büßte im Dezember 600000 Arbeitsstellen ein, gibt Lula zu
- Das Land verliert 797000 Stellen seit November
-Maschinenindustrie macht 39 % weniger Umsatz
- Aus der kleinen Welle wurde ein Tsunami
-Jene, die die Arbeitsstelle verloren, verringern die Nachfrage, was zu Produktionsrückgang führt – und zu weiteren Entlassungen
Tags: Brasilien, Finanzkrise, Lula, Rekord-Entlassungen
Brasiliens Staatspräsident Lula hat nach monatelangem Abstreiten erstmals gravierende Auswirkungen der internationalen Finanzkrise auf sein Land eingeräumt. Im Dezember 2008 wurden gemäß den gewöhnlich geschönten amtlichen Angaben 655000 fest Beschäftigte entlassen, was einen historischen Rekord bedeutet. Allein die Industrie von Sao Paulo feuerte über 100000. Wieviele Vertragslose ihre Arbeit verloren, ist noch nicht bekannt.
Kloake-Slum in Sao Paulo – laut europäischen Deutungen kaum Krisenauswirkungen in Brasilien.
“Südamerikas Vorzeigestaat gehört ohne Zweifel zu den grossen Globalisierungsgewinnern und ist gestärkt aus der Weltfinanzkrise von 2008 hervorgegangen.” Der Spiegel 2012
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/30/baden-wurttemberg-exportiert-mehr-als-ganz-brasilien/
Die Krise, so Lula, sei ohne Beispiel und treffe alle Staaten. Aus einer vertraulichen Sitzung Lulas mit Bankchefs sickerten diese Äußerungen durch:”Nao é para vazar. Se vazar o que vou dizer, voces estao fodidos. Mas eu fiquei muito assustado com a quantidade de demissoes em dezembro. Fiquei puto.”Nach gescheiterten Verhandlungen mit der Unternehmerseite über Entlassungsstopps verhandeln die nationalen Gewerkschaften jetzt mit der Regierung, wollen unter anderem ein Abgehen von der wachstumshemmenden Hochzinspolitik.In Lateinamerikas führender Wirtschaftsregion, dem brasilianischen Teilstaat Sao Paulo, ist vergangenen Dezember die Industrieproduktion gegenüber November um 13,5 Prozent zurückgegangen. Ein beträchtlicher Teil der Unternehmen hat weitere Entlassungen angekündigt. Staatschef Lulas Arbeitsminister Carlos Lupi ließ deshalb erstmals von bisherigem Optimismus und verkündete öffentlich, das erste Vierteljahr werde wohl furchtbar. Im gewerkschaftsnahen, auf Arbeitsmarktstudien spezialisierten Forschungsinstitut DIEESE in Sao Paulo herrscht deshalb jetzt Hochbetrieb wie selten. DIEESE-Chef Ademir Figueiredo warnt indessen vor Schwarzmalerei und Katastrophenstimmung. ”Unser Problem ist derzeit, die Dimension, die Auswirkung der weltweiten Krise hier in Brasilien festzustellen. Der Export, doch auch der Binnenmarkt haben große Schwierigkeiten. Sofern die Regierung angemessen handelt, kann Brasilien einer Rezession entgehen, würde ich zumindest eine lange Rezessionsphase ausschließen. Wir sind immer noch ein armes Land – mit enormer sozialer Ungleichheit. Wir brauchten deshalb eigentlich ein jährliches Wirtschaftswachstum von sieben Prozent. Brasilien war im Begriff, deutliche wirtschaftliche Fortschritte zu erreichen. Doch jetzt wurde dieser Prozeß gestoppt “ und das ist eine Tragödie.”Zahlreiche westliche Länder haben auf die Finanzkrise mit deutlichen Zinssenkungen reagiert – Â Brasiliens Wirtschaftskommentatoren und selbst Arbeitsminister Lupi kritisieren daher, daß die Regierung dennoch an ihrer wachstumshemmenden Hochzinspolitik festhält. DIEESE-Chef Figueiredo sieht es genauso:”Brasilien hat die höchsten Leitzinsen der Welt – über 13 Prozent “ und stellt sich damit als einziges Land gegen den internationalen Trend. Unsere Banken investieren ihre knappen Gelder deshalb jetzt lieber in Schuldentitel der Regierung, die sicheren Gewinn versprechen, anstatt Geld mit Risiko zu verleihen. Und das bedeutet: Brasiliens Privatunternehmen bekommen derzeit nur schwerlich Kredite und sagen: Auch deshalb müssen wir jetzt entlassen! Brasiliens Rekordzinsen, so heißt es immer offiziell zur Begründung, dienten der Inflationsbekämpfung. Doch die Teuerungsrate geht ja zurück. Die Hochzinspolitik hat natürlich soziale Kosten. Denn je höhere Zinsen die Regierung zahlt, umso weniger Mittel hat sie beispielsweise für Sozialprogramme. In unserer Gesellschaft gibt es einen scharfen Disput um die Einkommen, die Interessen der Anleger gehen vor, nicht die Interessen der Produzierenden, der Arbeiter.”
Inzwischen wurden die Leitzinsen auf 12,75 Prozent gesenkt – die Realzinsen sind indessen weiter die höchsten des Erdballs. Â Experte Figueiredo weist auf zwei Besonderheiten des brasilianischen Arbeitsmarkts: Weil entsprechende Gesetze fehlten, könne willkürlich und massenhaft entlassen werden. Häufig sei zudem, Beschäftigte zu entlassen und dann zu weit niedrigeren Löhnen wieder einzustellen. Zudem arbeitet nur ein Teil der brasilianischen Beschäftigten mit festem Vertrag und entsprechenden Rechten – über die Hälfte ist jedoch im sogenannten informellen Sektor tätig, leistet nach europäischen Kriterien Schwarzarbeit. ”Dieser Sektor ist vom regulären Arbeitsmarkt abhängig. Wenn dort entlassen wird, verlieren im informellen Sektor die Leute ebenfalls ihre Jobs. Betroffen sind dann die Straßenverkäufer, aber auch Servicebetriebe und sogar kleine Industrien. Wieviele dort bisher wegen der Krise hinausgeflogen sind, läßt sich aber nur schwer ermitteln.”In Sao Paulo ist die multinationale, exportintensive Autoindustrie, von Volkswagen bis Ford und General Motors, konzentriert und steht derzeit im Kreuzfeuer der Kritik. ”Die Automultis schicken bereits große Kontingente ihrer Arbeiter auf die Straße. Diese Branche ist die letzten Jahre sehr stark gewachsen, machte hohe Gewinne. Deshalb sagen die Beschäftigen jetzt, wir wollen eine Arbeitsplatzgarantie. Die Regierung hat den Automultis in der jetzigen Krise bereits Vergünstigungen gewährt “ und Arbeitsminister Lupi sagt, solche Firmen dürften nicht entlassen. Sie tun es aber trotzdem. Die Gewerkschaften haben jetzt ihre Verhandlungen mit dem Industriellenverband von Sao Paulo gestoppt und wollen nun bei der Lula-Regierung auf ein Maßnahmenpaket gegen die Krise drängen. Denn wir kommen aus dieser Krise nur heraus, wenn Brasilia die Hochzinspolitik aufgibt und damit mehr Mittel etwa für den Wohnungsbau, für Straßen und dringend erforderliche Infrastrukturmaßnahmen freibekommt. Die Arbeitskosten in Brasilien sind im internationalen Vergleich immer noch sehr niedrig “ deshalb kommen soviele ausländische Firmen hierher, alle großen Autowerke Brasiliens sind Multis “ und haben in unserer Wirtschaft sehr großes Gewicht.”
Derzeit vergeht so gut wie kein Tag, an dem Brasiliens Medien nicht über neue Entlassungen berichten. Besonders betroffen von der Krise ist die Zucker-und Ethanol-Industrie – statt der 43 für 2009 geplanten neuen Fabriken sollen gemäß neuen Angaben nur 22 in Betrieb gehen. Schmerzhaft ist auch der Stopp anderer Industrieprojekte: So werden der brasilianischen Minenkonzern Vale und die chinesische Baosteel im Teilstaat Espirito Santo kein Stahlwerk mehr bauen, das beim Bau 15000 Menschen und nach der Fertigstellung 3000 Arbeiter fest beschäftigen sollte.
Laut europäischen Einschätzungen wirkte sich die Krise indessen in Brasilien kaum aus.
Im Dezember 2010 analysierte der Unternehmer Roberto Giannetti da Fonseca die besorgniserregende “verfrühte”Deindustrialisierung:
“O coeficiente de importação nada mais é do que a relação da importação de manufaturados sobre o consumo aparente doméstico de manufaturas (produção local – exportações + importações).
É isso que se observa hoje em dia na economia brasileira. Vamos aos fatos e dados: segundo a Federação das Indústrias do Estado de São Paulo (Fiesp), o coeficiente de importação da indústria brasileira subiu de 16,9% no 2.º trimestre de 2009 para 22,7% no 3.º trimestre de 2010, portanto um salto espetacular em pouco mais de 12 meses. Estima-se que no final de 2010 poderá estar próximo de 25%. Outro fato a ser observado é a substituição de matérias-primas e máquinas locais por importadas, na indústria de transformação. Vejam só, os carros aqui produzidos continuam sendo Made in Brazil, mas seu conteúdo importado, em muitos casos, subiu mais de 50% nos últimos dois anos. Até o aço utilizado na indústria brasileira é crescentemente importado. O coeficiente de importação setorial subiu de 8,6% para incríveis 17,3% no mesmo período acima observado. Quantos industriais brasileiros nós conhecemos que, sem outra alternativa, reduziram suas linhas de produção ou mesmo fecharam suas fábricas no País e terceirizaram sua fabricação na China, tornando-se agora prósperos importadores e distribuidores de seus próprios produtos e marcas, em vez de permanecerem como industriais deficitários?
Se com estes fatos e dados não identificarmos o cerne e as causas do preocupante processo de desindustrialização precoce no Brasil, então estaremos cometendo um autoengano fatal, um quase suicídio econômico de nossa emergente nação.”
Wirtschaftskrise und Slum-Elend in Brasilien:
Wirtschaftslage 2013: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/28/brasilien-hohe-wachstumshemmende-leitzinsen-steigen-auf-10-fur-industrieellenverband-cni-bremst-dies-investitionen/
Brasilien – Daten, Statistiken: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/08/brasilien-kultur-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Das Buch zum Land – “Brasilien fürs Handgepäck”, Unionsverlag Zürich: http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2720
“Der Irak ist hier”: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/13/der-irak-ist-hier-menschenrechts-samba-von-jorge-aragao-aus-rio-de-janeiro-seit-jahren-hochaktuell-das-blutbad-vom-september-2012/
Neoliberaler Zeitgeist am Zuckerhut – der Waffen-Rap, anklicken(2013):http://www.youtube.com/watch?v=ZthNYozVwNM
Sklavenarbeit in Brasilien – weder Thema im Wahlkampf 2014 noch im deutschen Mainstream: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/15/bolivianer-bietet-in-sao-paulo-zwei-bolivianer-zum-verkauf-an-kann-nach-anzeigen-bei-der-polizei-fluchten-laut-landesmedien/
tags: brasilien-geldfußball-wm 2014
Während eines Protestgottesdienstes in Sao Paulos Kathedrale wurde dieser Zustand bereits vor der WM angeprangert, als “Schande” bezeichnet. Die WM-Trikots, die sogar an Zeitungskiosken verkauft werden, würden häufig von Sklavenarbeitern aus Bolivien in dunklen, stickigen, illegalen Hinterhoffabriken Sao Paulos genäht.
Selbst laut Regierungsangaben wurden 2013 erstmals über 1000 Sklavenarbeiter, darunter Bolivianer und Haitianer, in Städten Brasilien entdeckt.
Einkommen von Brasiliens Spieler Neymar: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/17/brasilien-geldfusball-wm-2014-neymar-hat-laut-landesmedien-monatliche-einnahmen-von-umgerechnet-rund-3-millionen-euro-im-jahr-der-wm-erhohe-sich-diese-summe-um-ein-mehrfaches/
Angela Merkel – WM-Besuch 2014 in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/16/deutsche-bundeskanzlerin-angela-merkel-reist-zur-wm-2014-nach-brasilien-trotz-gravierender-menschenrechtslage-bei-treffen-mit-staatschefin-dilma-rousseff-in-brasilia-waren-schwere-menschenrechtsve/
“In der Hölle hinter Gittern”: http://www.welt-sichten.org/artikel/221/der-hoelle-hinter-gittern
“Nie mehr Sklavenarbeit” – in der Kathedrale der drittgrößten Erzdiözese der Welt, Sao Paulo, protestieren Migranten aus Bolivien 2014 gegen grauenhafte Arbeitsbedingungen in den illegalen Hinterhof-Textilfabriken, in denen Sklavenarbeit ebenso gängig ist wie in anderen Landesteilen der größten Demokratie Lateinamerikas. EU, Berliner Regierung, gar FIFA haben gerade vor der Fußball-WM dagegen nie protestiert – was Bände spricht über Wertvorstellungen, unchristliche neoliberale Herzenskälte.
Demonstranten in der Ukraine und in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/26/brasilien-und-kiew-der-auffallig-unterschiedliche-umgang-mitteleuropaischer-politiker-parteien-und-medien-mit-demonstranten-die-vom-maidanharter-aktivster-kern-rechtsextrem-antisemitisch-neonaz/
“Gegen Sklavenarbeit und Menschenhandel” – Kathedrale von Sao Paulo 2014.
“Diese Wirtschaft (des Ausschlusses) tötet. Papst Franciscus”. “Land, Arbeit, eine andere Gesellschaft. Der Kampf geht weiter.”
Brasilien offizieller Mindestlohn beträgt derzeit umgerechnet rd. 233 Euro – müßte indessen laut Verfassungsdefinition bei umgerechnet 880 Euro liegen, um Grundbedürfnisse des Beschäftigten befriedigen zu können.
Joachim Gauck in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/
Brasiliens landesweit bekannter Menschenrechtspriester Julio Lancelotti, Leiter des Obdachlosenvikariats der Erzdiözese Sao Paulo. “Homeless folk, 1 st eliminated from the World Cup”.
Willy Brandt und Brasiliens Folterdiktatur: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/
Warum Lula in Ländern wie Deutschland viele Sympathisanten eines bestimmten politischen Spektrums hat – Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/
WM und Systemkritikerproteste: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/25/brasilien-geldfusball-wm-2014-und-systemkritikerproteste-rousseff-regierung-stationierte-spezialteams-in-12-spielorten-die-auf-protestorganisatoren-einwirken-verhandeln-laut-landesmedien/
Macht und Ohnmacht(?)
Brasilien – Daten, Statistiken: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/08/brasilien-kultur-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Das Buch zum Land – “Brasilien fürs Handgepäck”, Unionsverlag Zürich: http://www.unionsverlag.com/info/title.asp?title_id=2720
“Der Irak ist hier”: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/13/der-irak-ist-hier-menschenrechts-samba-von-jorge-aragao-aus-rio-de-janeiro-seit-jahren-hochaktuell-das-blutbad-vom-september-2012/
Neoliberaler Zeitgeist am Zuckerhut – der Waffen-Rap, anklicken(2013):http://www.youtube.com/watch?v=ZthNYozVwNM
Erfolgreiche Entpolitisierung auch in Deutschland: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/12/erfolgreiche-entpolitisierung-in-deutschland-qualitatsmedien-mit-immer-weniger-qualitat-die-meinungsvielfalt-und-der-qualitatsjournalismus-in-deutschland-sind-bedroht-stattdessen-trivialisieru/
« Brasilien-Wahlen 2014, Resultate: Sektenpartei PRB verdoppelt Abgeordnetenmandate in Brasilia auf 21, Kandidat Russomanno mit landesweit höchstem Votum(gefolgt von Humorist und Musikclown Tiririca). Ab 2015 insgesamt 28(!) Parteien im Nationalkongreß Brasiliens. Politische und soziokulturelle Besonderheiten der größten Demokratie Lateinamerikas. – Brasilienwahlen 2014, Resultate: Millionäre – rund die Hälfte der Abgeordneten im Nationalkongreß von Brasilia – wie bisher. Auch Lula längst Dollarmillionär, Teil des Establisments, der Eliten, laut Landesmedien. Zahl der Verelendeten stieg 2013 selbst laut offiziellen Zahlen um 422000 auf nunmehr 12,5 Millionen(„extreme Armut“), Dunkelziffer hoch. “Die Wirtschaft blüht, und im Land herrscht Vollbeschäftigung.” Frankfurter Allgemeine Zeitung, Juni 2013 »
Noch keine Kommentare
Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.