Die Sprachregelungen des Kalten Krieges – wer deutsch war und wer nicht. ”Als beste deutsche Läuferin belegte Sigrid Smuda(München) den 18. Platz.”
Angela Merkel – Irakkrieg: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/21/schatzungsweise-15-millionen-iraker-sind-durch-den-krieg-ums-leben-gekommen-ippnw-2013/
“Merkel verteidigt Irakkrieg”: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/16/ukraine-2014-und-nato-mobilmachung-an-ruslands-grenze-zeitdokument-merkel-verteidigt-irak-kriegfaz-rd15-millionen-kriegstote/
Schuldige des unter Lügenvorwänden von NATO-Staaten begonnenen Irakkriegs – rd. 1,5 Millionen Tote – immer noch nicht in Den Haag abgeurteilt. http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/25/ukraine-2014-keinerlei-strafe-fur-die-schuldigen-der-volkerrechtswidrigen-aggression-gegen-den-irak-rd-15-millionen-kriegstote-keinerlei-sanktionen-gegen-die-beteiligten-nato-staaten-keine-wiede/
SPD-Politiker Andreas von Bülow:” In den Industriestaaten, deren Bevölkerung die Komplexität der Lebensverhältnisse kaum noch durchschaut, lassen sich mit dem Instrumentarium der manipulierten Demokratie inzwischen Ergebnisse erreichen, die denen einer Diktatur in nichts nachstehen. Mit dem fernsehträchtigen Kandidaten im Schaufenster, einer wirtschaftlich und finanziell manipulierten Presse in der Hinterhand und dem geschickten Einsatz von Brot und Spielen, heute tititainment genannt, können die phantastischsten Kombinationen erreicht werden.”
Schaubühne-Regisseur Thomas Ostermeier: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/16/schaubuhne-regisseur-thomas-ostermeier-in-rio-de-janeiro-oktober-2013-wahrend-der-strasenprotesteam-schlimmsten-ist-das-die-politik-zu-etwas-verfaultem-geworden-isto-globo/
Kriegstote nach dem Anschluß von 1990 – rd. 1,5 Millionen allein im Irak: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/21/schatzungsweise-15-millionen-iraker-sind-durch-den-krieg-ums-leben-gekommen-ippnw-2013/
Anschluß 1990 – erstmals Wehrmachts-und SS-Verherrlichung auch im Osten Deutschlands – entsprechende Literatur sogar erstmals in ostdeutschen Supermärkten als Massenartikel:
Auffällig ist, daß in sehr vielen westdeutschen Publikationen, die u.a. selbst in den deutschen, darunter erstmals auch ostdeutschen Supermärkten massiv verkauft werden, das Vorgehen von SS und Wehrmacht im Eroberungskrieg gegen Moskau als durchweg ethisch und hochmoralisch, ehrenhaft gewürdigt wird. SS und Wehrmachtssoldaten, ist häufig zu lesen, hätten das Leben für ihr deutsches Vaterland eingesetzt, ihr Vaterland verteidigt. Die Motivation der deutschen Wehrmachtsangehörigen sei Patriotismus, Vaterlandsliebe gewesen. Da derartige westdeutsche Publikationen nicht auf dem Verbotsindex stehen, reflektieren sie die Weltanschauung von Autoritäten und Machteliten.
Wie heute in Deutschlands großen Buchgeschäften, darunter erstmals auch den ostdeutschen, in entsprechenden Werken die Aktivitäten der Wehrmacht im Angriffskrieg interpretiert werden:
Ausriß:”…tapfer und treu, wie deutsche Soldaten seit Jahrhunderten für Volk und Vaterland ihr Leben hingegeben haben.” Buch nach dem Anschluß 1990 nun auch angeboten in den größten Buchhandlungen Ostdeutschlands, von westdeutschem Verlag herausgegeben. Ein Buch dieses Inhalts zu DDR-Zeiten in DDR-Buchhandlungen – was wären die Reaktionen gewesen? Wer kämpfte dafür, daß derartige Bücher nach Mauerfall und Anschluß 1990 nun auch in Ostdeutschland überall angeboten werden? Aufschlußreich ist, daß in Ostdeutschland einstige sog. Bürgerrechtler an solcher Literatur auch im Jahre 2014 keinerlei Anstoß nehmen – Parteien, Institutionen, NGO sowieso nicht.
“tapfer und treu…”: Deutsche Soldaten im Aggressionskrieg gegen die Sowjetunion(Judenvernichtung).
Ausriß.
“Jeder dritte deutsche Gefallene in Afghanistan aus den neuen Ländern.” Thüringer Allgemeine, Juni 2012
Ostdeutsche Soldaten vor Abflug nach Afghanistan
“Folha de Sao Paulo” mit “Debatte” über 25 Jahre nach dem Mauerfall: Leerer deutscher offizieller Diskurs, realitätsfern, ohne Faktenbasis, abgehoben, extrem verallgemeinernd. Nichts über tatsächliche Gründe des Mauerbaus, über brutale Deindustrialisierung Ostdeutschlands nach 1990, über Zerschlagung gewachsener soziokultureller Strukturen, Entvölkerungspolitik. Kuriose Reflektiererei über Deutschlands große Rolle im heutigen Europa – dem brasilianischen Publikum enthält man natürlich auch die Analysen von Peter Scholl-Latour vor: ”Europa hat ja gar keine Außenpolitik. Europa vollzieht ja im Moment eine Unterwerfungspolitik gegenüber den USA, die es unter Helmut Kohl so nicht gegeben hätte und unter Schröder sowieso nicht. Ich weiß auch nicht, was Frau Merkel da vorhat, die dauernd als Predigerin von Demokratie und Freiheiten auftritt.” Natürlich wird auch nicht daran erinnert, daß der US-Geheimdienst NSA selbst Angela Merkel abhört – was den Stand der Beziehungen zwischen Berlin und Washington symbolisiert.
Enge Beziehungen zu rechtsgerichteten Regimes haben lange Tradition – die nazistisch-antisemitisch orientierte Folterdiktatur Brasiliens: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/
„Willy Brandt ist ein Vorbild für heutige Generationen. Seine Art Politik zu machen und sein besonderer Einsatz für Freiheit und Demokratie haben ihn zu einer politischen Symbolfigur weit über die Grenzen unseres Landes hinaus gemacht.“ Das unterstreicht Thüringens SPD-Landesvorsitzender Christoph Matschie aus Anlass des 100. Geburtstages von Willy Brandt. (SPD-Website)
Foltertechnologie:
Bundesstiftung 2014:“Acht von zehn in den alten( 80 Prozent) wie in den neuen Ländern(81 Prozent) halten es für wichtig, daß die Geschichte der DDR auch weiterhin gründlich aufgearbeitet wird. ..Allerdings wirft man in den neuen Bundesländern der Aufarbeitung der DDR-Geschichte vor, die Lebenswelt der Menschen in der DDR bisher zu sehr ausgeklammert zu haben(59%).“
„Von den Juden und ihren Lügen“: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/07/17/von-den-juden-und-ihren-lugen1543-martin-luther-und-die-antisemitismus-diskussion/
(Erich Kästner: “Ich könnte euch verschiedenes erzählen, was nicht in euern Lesebüchern steht. Geschichten, welche im Geschichtsbuch fehlen, sind immer die, um die sich alles dreht”.)
Jetzt, wo das Entschuldigen bei Papst und PDS so gut in Gang gekommen ist, das Stasi-Thema den Leuten aus dem Halse hängt, wäre eigentlich mal der BND dran, Abbitte für kapitale Sünden zu tun. Der Anlaß könnte nicht passender sein – noch im Sommer zieht eine Pullacher Geheimdienst-Vorausabteilung ins Staatsratsgebäude in Berlin. Da könnte doch der jetzige Chef, oder Joseph Fischer, vor der Presse erklären – also das mit Moçambique ist uns wirklich peinlich, wir wollen so was auch nie, nie wieder tun. Deutschland, die USA und andere NATO-Staaten hatten immerhin mittels ihrer Geheimdienste – ganz vorne dabei der BND Moçambique mit Milliardenaufwand – in die größte Katastrophe seiner Geschichte gestürzt. Etwa zwei Millionen Schwarze wurden massakriert, ermordet, verhungerten. Belege, Beweise gibt’s überreichlich, Mischa Wolfs vielgescholtenes MfS kann mit Vergleichbarem nun wirklich nicht aufwarten. Weil dem Westen die in langen Kämpfen gegen die portugiesische Kolonialherrschaft errungene Unabhängigkeit nicht paßt, wird im benachbarten Südafrika mit BND-Hilfe die Terrororganisation Renamo aus dem Boden gestampft, hochgerüstet, guttrainiert und in Methoden unterwiesen wie zuvor die lateinamerikanischen Todesschwadronen.
Schon 1978 überschreiten die Renamo-Killer die Grenze, zwangsrekrutieren auch zehntausende Kinder, die auch Nachbarn und Verwandte überfallen und ermorden müssen. „Mein Vater wurde bei unserem Abschlußtest als lebendiges Ziel benutzt, berichtet ein traumatisierter Kindersoldat. Rot-Kreuz-Mitarbeitern wurden von Renamo-Terroristen bei lebendigem Leib die Augen herausgerissen. Selbst das US-State-Department bringt schließlich die Renamo-Methoden auf den Punkt: „Erschlagen, Ersticken, Verhungernlassen, lebendig verbrennen, Ertränken, Exekutieren mit Äxten und Messern.“ Fast jedes sechste Mädchen, so Amnesty International, wird vergewaltigt, ungezählte werden auf den Renamo-Basen jahrelang sexuell mißhandelt. In der Ortschaft Massinga, heißt es im Jahresbericht für 1989, hätten Renamo-Rebellen sieben Männern die Hoden abgeschnitten, drei Frauen vergewaltigt und getötet, fünfzig weitere Bewohner entführt. Terror, der an Ruanda erinnert, …
Auch die DDR-Entwicklungshelfer, darunter Eisenbahn-Reparatur-Kolonnen, werden unter Feuer genommen und, wann immer möglich, massakriert: Im Dezember 1984 überfallen Renamo-Killer im Norden Moçambiques einen vollbesetzten Bus, ermorden sieben Landwirtschaftsexperten der DDR, deren Kollegen aus Italien, Schweden, Portugal und Jugoslawien sowie zwei ausländische Priester gleich mit, Moçambiquaner sowieso. Die DDR und andere Länder ziehen notgedrungen ihre Fachkräfte ab, die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Landes wird weitgehend vernichtet – wie von der Renamo und ihren Hintermännern beabsichtigt. Der Ex-Bundeswehroffizier Erich Schmidt-Eenbohm beschreibt in seinem Buch Der BND – die unheimliche Macht im Staate, erschienen 1993 im angesehenen Econ-Verlag, eine makabre Szene: Im September 1991 drückt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei einem Abendessen in Bonn dem moçambiquanischen Präsidenten Joaquim Alberto Chissano „Anteilnahme am Schicksal Moçambiques“ aus. „Diese Worte“, so Schmidt-Eenbohm, „galten dem Staatsoberhaupt eines Landes, dessen staatliche Existenz durch die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenwirken mit der CIA und der Republik Südafrika gezielt zunichtegemacht werden sollte“. Die deutsche Hilfe für die Terroristen habe bereits Mitte der siebziger Jahre begonnen, als Renamo-Leute in einer Augsburger Polizeischule trainiert wurden. Zu diesem Zeitpunkt war Richard von Weizsäcker noch Vize-Chef der CDU-CSU-Bundestagsfraktion.
Auch der Frankfurter TV-Journalist Jürgen Roth schildert in einem Buch die Westdeutsche Renamo-Hilfe ausführlich ebenso wie die der CIA: „1988 fuhren die Verbrecher aus Moçambique – wieder einmal – in die Bayrische Staatskanzlei zu Franz-Josef Strauß. Alles ging top-secret vor sich, zu anrüchig waren die Repräsentanten der Renamo.“
Die Kommandanten der Killertruppen tagen öfters auch in Kiel, treffen laut Roth dort sogar mit dem ehemaligen NATO-Generalsekretär Bernard Rogers, oder dem Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Oberstleutnant a. D. Kurt Würzbach, zusammen. Der Steuerzahler darf diese „Seminare“ auch noch fördern.
Roth zitiert den übergelaufenen Renamo-Westeuropa-Sprecher Paulo Oliveira: „Bei einer Sache, von der ich weiß, waren etwa eine Million Dollar im Spiel, die vom BND bereitgestellt worden waren, um Waffen zu kaufen.“ Wolfgang Richter, ab 1989 BND-Agent in Südamerika, wird als zuständiger Mann für logistische und finanzielle Hilfe genannt. Laut Schmidt-Eenbohm begann die Destabilisierung Moçambiques bereits unter Bundeskanzler Helmut Schmidt, wurde unter Kohl weiter forciert – vier BND-Präsidenten waren beteiligt: Gerhard Wessel, Klaus Kinkel, Eberhard Blum, Hans-Georg Wieck.
Das BND-Engagement wurde auch literarisch verarbeitet – der Berliner Schriftsteller Hartmut Mechtel läßt im Roman Das Netz der Schatten (Argument-Verlag Hamburg, 1996) einen westdeutschen Agenten aus der Schule plaudern: „Wir haben ihnen Geld geschickt, Waffen, sogar Söldner. Wenn sie ungestört tagen wollten, haben wir ihnen Quartiere besorgt, hier in Deutschland. Und wir haben ihnen Berater zur Seite gestellt. Ich war einer davon. Ich habe gesehen, worum es wirklich ging. Klar, wenn sie Regierungstruppen trafen, haben sie auch auf die geschossen. Aber das kam selten vor. Meist überfielen sie Dörfer und haben Zivilisten umgelegt. Bauern, ihre Frauen und Kinder. Das war eine so blutrünstige Bande, daß ich es nicht aushielt. Ob sie wirklich eine Million Menschen umgebracht haben, weiß ich nicht. Vielleicht waren es mehr, vielleicht auch bloß die Hälfte. Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, daß wir sie unterstützt haben.“
In einem Dossier über Renamo-Förderer stehen Unternehmen, reichlich US-Senatoren wie Jesse Helms und Robert Dole, selbstredend die deutsche Rechte inklusive BND, Verfassungsschutz und Konrad-Adenauer-Stiftung, Gerhard Löwenthal, Hans Graf Huyn und Hartmut Perschau. (http://www.geocities.com/TheTropics/3206/dossier.htm)
Folgt man den genannten Argumenten, wäre neben der Entschuldigung eigentlich auch reichlich Wiedergutmachung an Moçambique fällig. Vielleicht merkt das, just beim BND-Einzug ins Staatsratsgebäude, ja doch noch irgendjemand in Parteien oder Menschenrechtsorganisationen.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages aus: „Das Blättchen“, Nr. 16/01, 6. August 2001 telegraph 101
Westlicher Zynismus um Mocambique:
Erst massakrieren, dann „helfen“
Klaus Hart
Schön, dass Deutschland, die USA und andere NATO-Staaten dem verarmten Mocambique in der jüngsten Überschwemmungskatastrophe beistanden, Hubschrauber und Helfer schickten, sich die Aktion womöglich ein paar Millionen kosten ließen. Der Grüne Joseph Fischer flog medienwirksam hin. Nur – dieselben Länder stürzten Mocambique zuvor mit Milliardenaufwand in die größte Katastrophe seiner Geschichte – etwa zwei Millionen Schwarze wurden massakriert, ermordet, verhungerten. Soweit bekannt, hat sich Außenminister Fischer dafür vor Ort in Maputo nicht entschuldigt.
Deutschlands sogenannte Qualitätsmedien wissen, was sich gehört, halten zu Gnaden. Als die Mocambique-Hilfe seitenweise ausgeschlachtet wurde, musste den Lesern zwangsläufig ein bisschen Hintergrund über die jüngere Geschichte des betroffenen Landes, eines der ärmsten der Welt, vermittelt werden. Nach der Unabhängigkeit von 1975, hieß es fast Unisono in den Blättern, in TV und Radio, sei die Frelimo – Regierung durch die Renamo in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt worden, die Rebellen habe Südafrika unterstützt. Und das war’s schon. Das wirklich Interessante, nämlich die deutsche Beteiligung am sogenannten Bürgerkrieg, wurde ausnahmslos verschwiegen. Weil dem Westen die in langen Kämpfen gegen die portugiesische Kolonialherrschaft errungene Unabhängigkeit nicht passt, wird im benachbarten Südafrika die Terrororganisation Renamo aus dem Boden gestampft, hochgerüstet, gut trainiert und in Methoden unterwiesen wie zuvor die lateinamerikanischen Todesschwadronen.
„Erschlagen, Ersticken, lebendig verbrennen“
Schon 1978 überschreiten die Renamo – Killer die Grenze, zwangsrekrutierten auch zehntausende Kinder, die sogar Nachbarn und Verwandte überfallen und ermorden müssen. „Mein Vater wurde bei unserem Abschlusstest als lebendiges Ziel benutzt“, berichtet ein traumatisierter Kindersoldat. Rot-Kreuz-Mitarbeitern wurden von Renamo – Terroristen bei lebendigem Leib die Augen herausgerissen. Natürlich mag die Renamo auch Journalisten nicht, die gegen ideologische Leitlinien verstoßen – sogar ein italienischer TV-Reporter wird bestialisch ermordet. Selbst das US – State – Department bringt schließlich die Renamo – Methoden auf den Punkt: “Erschlagen, Ersticken, Verhungernlassen, lebendig verbrennen, Ertränken, Exekutieren mit Äxten und Messern.“ Fast jedes sechste Mädchen, so Amnesty International, wird vergewaltigt, ungezählte werden auf den Renamo – Basen jahrelang sexuell misshandelt. In der Ortschaft Massinga, heißt es im Jahresbericht für 1989, hätten Renamo – Rebellen sieben Männern die Hoden abgeschnitten, drei Frauen vergewaltigt und getötet, fünfzig weitere Bewohner entführt. Terror, der an Ruanda erinnert, nur dass dort weit weniger umkommen. Die DDR leistete dem unabhängigen Mocambique von Anfang an Entwicklungshilfe, an die zwanzigtausend Mosambikaner studierten in der DDR, lernten einen Beruf, arbeiteten in Betrieben. Im Generalplan der Killerorganisation Renamo von 1984 steht nicht nur, die Wirtschaft Mocambiques zu zerstören, sondern auch: “Verhinderung der Aktivitäten von Ausländern. Sie stellen die größte Gefahr dar, weil sie die Wirtschaft wiederaufbauen helfen.“
Massaker an DDR-Experten
Also wurden auch die DDR-Entwicklungshelfer, darunter Eisenbahn-Reparaturkolonnen, unter Feuer genommen, und wann immer möglich, massakriert: Im Dezember 1984 überfallen Renamo – Killer im Norden Mocambiques einen Bus, ermorden gleich sieben Landwirtschaftsexperten der DDR. Doch die Terroristen haben es keineswegs nur auf Ostdeutsche abgesehen – schließlich arbeiten in dem Land sogar zahlreiche Chilenen wie Salvador Allendes Landwirtschaftsminister, die nach dem CIA-gestützten Pinochet-Militärputsch flüchten mussten. Also werden in dem Bus nicht nur DDR-Fachleute umgebracht, sondern auch die Kollegen aus Italien, Schweden, Portugal und Jugoslawien sowie zwei ausländische Priester gleich mit, Mosambikaner sowieso. Die DDR und andere Länder ziehen notgedrungen ihre Fachkräfte ab, die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Landes wird weitgehend vernichtet – wie von der Renamo und ihren Hintermännern beabsichtigt. Die sitzen auch in der alten BRD, wie der Ex-Bundeswehroffizier Erich Schmidt – Eenboom in seinem Buch „Der BND – die unheimliche Macht im Staate“ konstatiert, das bereits 1993 immerhin im angesehenen Econ-Verlag herauskommt. Eenbohm beschreibt eine makabre Szene: Im September 1991 drückt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei einem Abendessen in Bonn dem mosambikanischen Präsidenten Joaquim Alberto Chissano „Anteilnahme am Schicksal Mocambiques“ aus. „Diese Worte“, so Eenboom, „galten dem Staatsoberhaupt eines Landes, dessen staatliche Existenz durch die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenwirken mit der CIA und der Republik Südafrika gezielt zunichtegemacht werden sollte. Durch die Unterstützung der Terrororganisation Renamo sollte der sozialistische Staat Mocambique destabilisiert werden, um nicht als Modell für andere Staaten im südlichen Afrika dienen zu können.“ Anders, als die Lohnschreiber der deutschen Gazetten und Sender dienstbeflissen nachbeten, handelte es sich eben damals keineswegs um einen „Bürgerkrieg“. Eenbohm fügt an, dass die deutsche Hilfe für die Terroristen bereits Mitte der 70er Jahre begann, als Renamo – Leute in einer Augsburger Polizeischule trainiert wurden.
Von-Weizsäcker-Fans wissen: Zu diesem Zeitpunkt war der spätere Bundespräsident noch Vize-Chef der CDU-CSU-Bundestagsfraktion.
Renamo – Führung bei Strauß, Nato – Rogers, Kohls Afrika-Berater
Auch der Frankfurter TV-Journalist Jürgen Roth beschrieb die westdeutsche Renamo – Hilfe ausführlich ebenso wie die der CIA: “Im März 1983 versammelte sich sogar der gesamte Renamo – Nationalrat in Köln, und, der Höhepunkt, im April 1988 fuhren die Verbrecher aus Mozambique – wieder einmal – in die Bayrische Staatskanzlei zu Franz-Josef Strauß. Alles ging top-secret vor sich, zu anrüchig waren die Repräsentanten der Renamo.“ Mit von der Partie ist danach immer Helmut Kohls Afrika-Berater, der Kieler Professor für politische Wissenschaften, Uni-Vizepräsident Werner Kaltefleiter. In Kiel, wo im soziologischen Seminar der Uni BND-Anwerbungen bekannt wurden, tagen die Kommandanten der Killertruppen öfters, sprechen laut Roth dort sogar mit dem ehemaligen Nato-Generalsekretär Bernard Rogers, oder dem Staatsekretär im Bundesverteidigungsministerium, Oberstleutnant a.D. Kurt Würzbach. Der Steuerzahler darf diese „Seminare“ auch noch fördern. In der Schweiz gibt es Treffen mit Bankern und Multis. Natürlich ist auch der Hochadel wie immer dabei: „Kaltefleiter verfasste darüber hinaus ein Empfehlungsschreiben für die Renamo – Delegation, gerichtet an das CSU-Mitglied Hans Graf Huyn. Er bat Huyn um die Vermittlung von Kontakten zu weiteren wichtigen Bundestagsabgeordneten. Erfolgreich.“
BND finanziert Waffen für die Terroristen
Roth zitiert in seinem Buch „Die Mitternachtsregierung“ auch den Renamo – Westeuropa – Sprecher Paulo Oliveira, der nach seinem Überlaufen Auskunft über Waffenlieferungen an die Terrororganisation gab, die der BND finanziert und Südafrika geliefert hatte: “Bei einer Sache, von der ich weiß, waren etwa eine Million Dollar im Spiel, die vom BND bereitgestellt worden waren, um Waffen zu kaufen.“ Wolfgang Richter, ab 1989 BND-Agent in Südamerika, wird als zuständiger Mann für logistische und finanzielle Hilfe genannt. Besonders bemerkenswert, dass laut Eenbohm die De-stabilisierung Mocambiques bereits unter Bundeskanzler Helmut Schmidt begann, der bekanntlich die deutschen Atomverträge zum Verkauf von AKW und Nukleartechnologie mit den Foltergenerälen der Militärdiktatur Brasiliens schloss. Kanzler Kohl habe die Destabilisierung noch einmal forciert, an der vier BND-Präsidenten teilgenommen hätten: Gerhard Wessel, Klaus Kinkel, Eberhard Blum, Hans-Georg Wieck.
Solche Details hätte gewiss der Durchschnittsleser nicht nur aus den Hauptstadtmedien gerne vernommen, die, wohl wissend um die Brisanz, natürlich wie üblich kuschten. telegraph – Leser könnte eine Internet-Adresse interessieren, die auch die deutschen Renamo – Förderer auflistet. Anklickbar ist das leider portugiesisch abgefasste Dossier von Paulo Makwakwa. Der gehört zur Renamo – Spitze, steigt aber 1987 aus, nennt die Namen ausländischer Unterstützer: Unternehmen, reichlich US-Senatoren wie Jesse Helms und Robert Dole, selbstredend die deutsche Rechte inklusive BND, Verfassungsschutz und Konrad-Adenauer-Stiftung, Gerhard Löwenthal, Hans Graf Huyn und Hartmut Perschau. (http//:www.geocities.com/TheTropics/3206/dossier.htm)
Folgt man den genannten Argumenten, wäre wohl reichlich Wiedergutmachung an Mocambique fällig. In der Hauptstadt Maputo erinnert man sich offenbar noch sehr gut an die DDR-Hilfe. Beim Empfang für den Grünen Joseph Fischer bringt Außenminister Leonardo Santos einen Toast auch auf den lieben Kollegen, Außenminister Oskar Fischer aus. Der amtierte bis 1990 gegenüber dem Palast der Republik im inzwischen natürlich weggerissenen DDR-Ministerium.
Auch Angola wurde wie Mocambique 1975 unabhängig – und schon begann ebenfalls ein sogenannter Bürgerkrieg, der keiner ist, kostete bereits über eine halbe Million Menschen das Leben, hindert das extrem rohstoffreiche Land an der Entwicklung. Die Parallelen zu Mocambique sind überdeutlich.
Literatur: Jürgen Roth, Schmutzige Hände – Wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren, Bertelsmann, 1999
Hintergrund 2013:
Wie auch aus den Untersuchungen befragter Thüringer Artenexperten klar hervorgeht, begann nach dem Anschluß von 1990 nicht nur die überall sichtbare, statistisch gut belegte Entvölkerungspolitik mit ihren vorausgesagten wirtschaftlichen und soziokulturellen Folgen, sondern auch ein regelrechter Angriff auf die Artenvielfalt in Ostdeutschland. Gegenüber der Website nannten die Artenexperten 2013 zahlreiche besonders stark von Bestandsrückgang betroffene Arten, darunter Feldlerche, Feldsperling, Stieglitz, Buchfink, Star, Rabenvögel, Rebhuhn, Feldschwirl, Rotmilan, Goldammer, Gimpel, Mauersegler. “Man muß sich dagegen wehren, protestieren, in die Amtsstuben reingehen.” Auffällig sei der seit 1990 in Ostdeutschland in der Landschaft erreichte Nahrungsmangel für Vögel – weil die Vielfalt der Insektenarten ebenfalls massiv attackiert worden sei, nunmehr überall Insekten fehlten. “Die Rebhühner sind überwiegend verschwunden – für die ist es fast zu spät.” Durch die “Feinerschließung” des Waldes diene dieser nicht mehr als Fluchtmöglichkeit für viele Tiere, sei der Freizeitdruck auf den Wald enorm gestiegen. Artenfeindlich wirke sich auch die seit 1990 völlig veränderte forstliche Wirtschaftsweise aus, hieß es. Holzbestände würden das ganze Jahr über abgebaut, ungezählte alte Bäume, in denen sich Fledermausquartiere befinden, fielen dieser neuen Wirtschaftsweise zum Opfer.
Als bemerkenswert wird hervorgehoben, daß zu den Methoden der Naturvernichtung auch die Zerstörung der Feldraine zählt, obwohl diese gewöhnlich Gemeindebesitz seien, Landwirtschaftsbetriebe also gar kein Recht dazu hätten, “auf den Feldrainen alles Leben radikal zu zerstören”. “Es gibt heute Dörfer, die kaum noch Schwalben haben.””Die Goldammer war in Ostdeutschland überall ein absoluter Charaktervogel der Landschaft – wenn man heute noch eine antrifft, hat man Glück. In manchen Orten, Städten gibt es gar keine mehr.”Als sehr effiziente Artenvernichtungsmethode wird der nach 1990 sehr stark erhöhte Gifteinsatz in der Landschaft genannt. “Alle Kulturen werden heute während des Jahres mehrmals begiftet. Der Feldboden ist bei Getreide, Rüben oder Mais regelrecht totgespritzt, werden sämtliche Wildkräuter radikal vernichtet. Indessen binden sich an ein einziges Wildkraut 17 Insektenarten.” “Die Feldlerche war überall in Ostdeutschland anzutreffen – heute gibt es ostdeutsche Regionen, darunter in Thüringen, wo keine mehr existiert.”
Interessanterweise hatte noch 2001 das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in einer Pressemitteilung eingeräumt, daß die ostdeutsche Agrarlandschaft immer noch eine höhere Biotop-und Artenvielfalt als die westdeutsche besitze. In Bezug auf Westdeutschland war von “arten-und individuenarmen westdeutschen Verhältnissen” die Rede. Nunmehr sei indessen eine “Angleichung” Ostdeutschlands an dieses in Westdeutschland bereits erreichte niedrigere Artenvielfalt-Niveau zu beobachten. Natürlich wäre nach 1990 auch möglich gewesen, nach 1990 in Ostdeutschland den Ist-Stand der Arten-und Biotopvielfalt beizubehalten, den Ostdeutschen ihren Naturreichtum zu lassen. Wie die erreichten Resultate zeigen, war dies indessen nicht beabsichtigt. Nicht zufällig traf daher Dr. Michael Stubbe, Zoologe und international anerkannter Umweltexperte von der Universität Halle die Einschätzung:”Im Naturschutz brachte die Wende einen Rückfall in die Steinzeit.”
”Jedes Jahr bemerke ich, daß in der Natur weitere Arten fehlen – das ist verheerend”, sagt Dr. Michael Stubbe im Website-Exklusivinterview. „Für ganze Tiergruppen gibt es in Deutschland keinen einzigen Experten mehr.”
”Die Studenten haben kaum noch Artenkenntnisvermittlung an Universitäten und Hochschulen. Bestimmungsübungen sind auf ein Minimum zusammengeschrumpft, ebenso Exkursionen. Früher gab es ein riesiges Angebot und zudem klare Richtlinien zur Teilnahme der Studenten an solchen Exkursionen in die Natur. Das ist alles zu einer Lappalie zusammengeschrumpft.”Heißt dies, daß immer weniger bemerkt wird, welche gravierenden Veränderungen sich in unserer Natur vollziehen?„Ja. In den Naturschutzverbänden sehen wir enorme Überalterung, junge Leute stoßen kaum noch hinzu. Das war unser großes Verdienst – daß wir fast jedes Jahr eine nationale, internationale Konferenz veranstaltet haben, um für die vielen ehrenamtlichen, freiwilligen Freizeitforscher die Weiterbildung zu ermöglichen, ihnen die Chance zu geben, Ergebnisse zu präsentieren und zu publizieren.
-Windkraftproblematik-
Nach wie vor beschäftigt uns die Windkraftproblematik, die Situation der Eulen und Greifvögel, die Fragmentierung der Landschaft, die Verkehrszerschneidung durch Straßen und Bahnstrecken. Ein besonderes Problem bilden Windkraftwerke im Harzvorland. Der Harz mit seinen Waldinseln stellt die wichtigsten Brutgebiete des Rotmilans, die jedoch jetzt von einem dichten Netz von Windkraftanlagen umstellt sind. Inzwischen stehen an fast allen für den Naturschutz sehr bedeutenden Waldinseln Windkraftwerke – sogar am Hakel, dem wichtigsten Waldgebiet. Es handelt sich schließlich um das Hauptverbreitungsgebiet dieser in Deutschland an erster Stelle zu schützenden Art. 60 Prozent der Rotmilanbruten entfallen auf Deutschland, konzentriert vor allem auf Sachsen-Anhalt. Doch die Lage ist verheerend. Zwischen den einzelnen Waldinseln gibt es Populationsaustausch, müssen die Rotmilane daher zwischen den Windkraftwerken hindurchfliegen. Zugunsten dieser Windanlagen werden getürkte Gutachten „erstellt”, wobei man unsere Erkenntnisse und Erfahrungen komplett fehlinterpretiert. Da heißt es dann, die Windkraftwerke hätten keinerlei negativen Einfluß auf die Bruten des Rotmilans. In Wahrheit erleidet die Art einen drastischen Niedergang, steht der Rotmilan bei den Windkraftopfern an allererster Stelle. Immerhin ein geschützer Vogel, für den Deutschland in Europa die höchste Verantwortung trägt. Das muß man sich einfach klarmachen! Wir Naturschützer haben für echten Artenschutz gekämpft, mit Resolutionen, persönlichen Eingaben. Indessen werden diese vom Tisch gefegt, kein Einwand wird akzeptiert. Ich haben der zuständigen Umweltministerin Sachsen-Anhalts die verheerende Situation des Rotmilan geschildert – ich kann mein Lebenswerk wegwerfen. Unser Expertenwissen ist präsent, wird in allen Fachbüchern Europas zitiert – doch die Windkraftindustrie macht, was sie will. Dabei hat Windkraft nach meiner Auffassung überhaupt keine Zukunft. Windkraft bedeutet den Tod für viele Arten, macht die Landschaften häßlich. Besonders bemerkenswert ist, daß gerade strenggeschützte Fledermäuse durch Windkraftwerken in großer Zahl getötet werden. Dies ist längst auch in den USA durch Fakten belegt. Im Zoologischen Institut der Universität Halle bekommen wir alle Totfunde aus Sachsen-Anhalt – eine niederschmetternde Situation. In Bezug auf Windkraftwerke ist das EU-Recht eindeutig: Wenn es eine Zustandsänderung geben würde, die erheblich in die Biodiversität eingreift, darf das Bauwerk nicht realisiert werden. Das trifft auf alle Windkraftwerke des Harzvorlandes zu. Dort dürfte kein einziges Windrad stehen – nicht eines! Alle sind gesetzwidrig. Weil überall dort Rotmilane im Aktionsraum und im Aktionsradius zu Hause sind. Wir haben Resolutionen für den Schutz des Rotmilans im nördlichen Harzvorland verfaßt, Gerichtsurteile zitiert, die den Bau von Windturbinen untersagen. Etwa 60 Prozent der Windkraftwerke Europas stehen in Deutschland – Herr Trittin brüstet sich sogar damit. Dabei ist es keineswegs eine Energie der Zukunft. Ich hoffe, daß wir von dieser Landschaftsverschandelung wieder befreit werden.
-Politikmachenschaften heute, Gefälligkeitsgutachten-
Als ausgerechnet am Hakel Windkraftwerke errichtet werden sollten, habe ich mir beim zuständigen Amt das Umweltverträglichkeitsgutachten angesehen: Und siehe da, zu meiner größten Überraschung ist eine Karte vom Hakel abgedruckt, in der exakt alle Greifvogelhorste eingezeichnet sind. Es handelte sich um Daten von uns, um eine Karte, die von uns an die Obere Naturschutzbehörde übergeben worden war – alles natürlich unter dem Siegel der Vertraulichkeit, im Interesse des Artenschutzes. Doch just diese Behörde hat unsere Daten, diese Karte ohne unsere Wissen ausgerechnet einem Windkraft-Gutachter herausgegeben. Mit dem Ergebnis, daß dessen Gutachten genau das Gegenteil von dem zum Ausdruck bringt, was wir dargestellt und mit Fakten bewiesen haben. So wird heute Politik gemacht – und so werden heute Gefälligkeitsgutachten erstellt. Denn wenn der Gutachter sich gegen den Bau von Windkraftwerken wenden würde, bekäme er von der betreffenden Firma keinen Auftrag mehr. Er hat die betreffende vertrauliche Karte in fünf Pro-Windkraft-Gutachten verarbeitet, also unsere Ergebnisse verkauft. Zu hohem Profit, ohne Autorenrechte zu respektieren. All dies ist unglaublich, ein Skandal sondergleichen. -Gravierende Landschaftsveränderungen, hoher Gifteinsatz-
Beim Rückgang der Rotmilane sind Windkraftwerke eine wichtige Ursache – der Hauptfaktor ist jedoch die gesamte Landschaftsveränderung, die veränderte Landnutzung nach der politischen Wende. Von den einst 30 Kulturpflanzen sind gerade 5 übriggeblieben. Wintergetreide wird auffällig stark angebaut, bei Raps beträgt der Zuwachs etwa 300 Prozent. Dies heißt, daß Mitte Mai die Landschaft zu 80 Prozent versiegelt ist. Selbst wenn Nahrung vorhanden wäre, können die Greifvögel sie nicht finden, erreichen. Ich beobachte das sehr intensiv. Zudem werden auch Mäuse mit Agrargiften großflächig bekämpft – was zu massivem Nahrungsmangel führt. Die Greifvögel sind deshalb gezwungen, Regenwürmer zu fressen, weil es diese bis auf weiteres noch gibt. Würmer sind natürlich keine Nahrungsart, mit der Greifvögel ihre Bruten hochbekommen. Wegen der versiegelten Landschaft sind die Wege zum Horst enorm geworden, müssen Greifvögel bis zu 20 Kilometer zurücklegen. Daher fallen Greifvogeljunge vor Hunger vom Horst. Früher gab es für den Nachwuchs einen reich gedeckten Tisch – fanden wir Reste von Hamstern, Maulwürfen und Mäusen. Heute finden wir nur selten einmal einen Nahrungsrest. Entsprechend stark ist die Reproduktionsrate gesunken, registrieren wir viele Horste mit nur einem einzigen Jungvogel – und zudem viele völlig leere Horste. Der Rotmilan ist nach der Wende um etwa fünfzig Prozent zurückgegangen. Selbst von den Brutbeständen in der offenen Landschaft ist nur noch etwa die Hälfte übriggeblieben. Zusätzlich verheerend wirkt sich derzeit die enorme Verbreitung des Waschbären aus, der in die Horste hinaufsteigt, sie als Lager nutzt. Entsetzlich betroffen sind selbst Arten wie der Graureiher. Dennoch gibt es militante Tierschützer, die sich für Waschbären einsetzen. Dabei sind diese sogar Träger eines sehr gefährlichen Nematoden, der ähnlich wie der Fuchsbandwurm in die inneren Organe des Menschen eindringt.”
War die Artenvielfalt in der DDR höher als in Westdeutschland?
„Jedes Jahr bemerke ich, daß in der Natur weitere Arten fehlen – das ist verheerend! Wir haben als Kinder noch riesige Maikäferschwärme erlebt, Maikäfer dienten sogar als Schweinefutter. Wenn man dies heute berichtet, wird es für Jägerlatein gehalten, erscheint unvorstellbar. Man muß hundertprozentig davon ausgehen, daß der Agrargifteinsatz nach der politischen Wende deutlich erhöht wurde. Insektizide beispielsweise wurden in der DDR relativ wenig eingesetzt – nach der Wende wurden sie über Ostdeutschland geradezu lawinenartig herübergewälzt. Allein in den Agrarregionen der DDR war die Biodiversität, in erster Linie die Bodenfauna, etwa zehnfach höher als auf westdeutschen Gefilden – dazu existieren wissenschaftliche Untersuchungen. Nach der Wende haben sich innerhalb weniger Jahre spürbare Veränderungen vollzogen. Früher gab es selbst nachts eine vielfältige Insektenwelt zu beobachten, Nachtschmetterlinge und Käfer der verschiedensten Gattungen – das ist heute fast alles weg! Bei Exkursionen mit Studenten freue ich mich geradezu, wenn ich denen mal einen Tagfalter zeigen kann.
Das ist verheerend! Zwar wird viel von Biodiversität gesprochen, auch von der Regierung – doch ist das alles Schall und Rauch, wenn man zu solchen Konzeptionen nicht die nötigen Mittel bereitstellt. Solange man nur von Biodiversität redet, wird nichts bewegt. Es gibt bei den Arten einige positive Beispiele – Biber, Adlerarten, Kraniche – das sind alles Gallionsfiguren des ostdeutschen Naturschutzes wohlgemerkt. Was häufig vergessen wird. Als die Wende kam, erinnere ich mich an Zeitungsartikel, wo von westlicher Seite geschrieben wurde, man müsse endlich etwas für den Elbebiber tun. Dabei war der Elbebiber eine Art Paradepferd des Naturschutzes der ostdeutschen ehrenamtlichen Biberschützer! Da war keine Hilfe von woanders nötig! Das alles wird sehr schnell vergessen.”Und was ist mit den Vogelarten, wie Spatz, Star und Feldlerche, die früher geradezu massenhaft vorkamen?„Nehmen wir das Beispiel der Feldlerche, die pro Jahr gewöhnlich zweimal brütet. Das erste Gelege findet man Ende April, Anfang Mai. Ist es in einem Rapsschlag, der Mitte Mai blüht, geht die Brut absolut verloren. Rapsfelder sind für Vögel sterile Einheiten. Die Lerche kommt durch den Rapsdschungel schlichtweg nicht mehr bis zur Brut. Raps ist ein Farbtupfer in der Landschaft, aber biologisch tot, zudem stark mit Agrargiften gespritzt. Wenn man durch die Weinberge des Rheinlandes fährt, sieht man eine gewachsene Kulturlandschaft. Aber wo ist da Biodiversität? Über die Weinberge gehen riesige Spritzgänge drüber – die Bodenfauna ist daher gleich null, die Vogelfauna auf ein Minimum reduziert. Ein anderes großes Problem ist für uns die Forstwirtschaft. Da wird Raubbau par excellence betrieben, wenngleich jeder Forstwirt dies abstreitet. Selbst im Hakel, höchstem europäischen Schutzgut, wird Holz nach Strich und Faden eingeschlagen, werden sogar Rückeschneisen eingerichtet. Rücksicht auf Greifvogelhorste nimmt dort niemand. Wenn man in der Nähe eines Horsts Bäume schlägt, wird das Öko-Schema der dortigen Brutart empfindlich gestört. Das ist wie ein Haus ohne Türen und Fenster – da will niemand wohnen! Der Greifvogel flieht aus dem Gebiet, das Revier verwaist.
Problematisch sind auch die Telekom-Bauwerke in der Landschaft. Die elektromagnetischen Wellen riesiger Funktürme wirken auf die Tierwelt – nur wird das so gut wie nicht untersucht. Am Hakel verringerten sich nach einem neuen Funkmast die Greifvogelbruten in der Nähe drastisch. Indizien sind vorhanden – also müßten sich Feldforscher mit Physikern zusammentun, Großexperimente starten, alles im Interesse der Biodiversität. Doch Forschungsgelder gibt es dafür eben nicht. Die Nachwende-Artenrückgänge lassen sich wegen fehlender Studien häufig nicht genau prozentual beziffern. Deutschland wird in der EU immer als Naturschutz-Musterknabe hingestellt – ist aber in Wahrheit eine Null. In Sachsen-Anhalt wurden nach 2000 alle biologischen Stationen eingeschmolzen, die Mitarbeiter auf Biosphärenreservate und Großschutzgebiete verteilt. Dadurch ist die Betreuung vieler kleiner Naturschutzgebiete völlig weggefallen, Denn dies hatten diese biologischen Stationen sehr gut gemanagt! Sogar der Hakel wird nun nicht mehr betreut – von staatlicher Seite!Gibt es Nachwende-Artenrückgänge, die wirklich jedem Durchschnittsbürger auffallen müßten?„Natürlich – der Kuckuck ist ein treffendes Beispiel. Vor der Wende hörte man im Hakel oder in einer Flußaue vier Kuckucke gleichzeitig – heute freut man sich schon, wenigstens einen einzigen Kuckuck innerhalb einer Woche zu hören. Das kann man nach der Wende jeden fragen: Wie oft hast du in diesem Jahr den Kuckuck gehört? In Ministerien befassen sich ganze Stäbe mit dem sogenannten Umweltbarometer, gegen das ich von Anfang an protestiert habe. Für mich handelt es sich da um ein Lügengebäude, einen Papiertiger, ein Hirngespinst. Doch es ist von der Politik gewollt, um sich damit zu brüsten. Doch zu Erfolgen in der Artenvielfalt, von Ausnahmen abgesehen, wird man durch jenes Umweltbarometer nicht kommen. Denn es wurden viel zu wenige Indikatorarten festgelegt. Da wird Pseudowissenschaft betrieben, weiter nichts. Breitenarbeit zur Weiterbildung der vielen ehrenamtlichen Naturschützer und Freizeitforscher war in vielen Jahren unser Hauptverdienst. Wir haben das nach der Wende systematisch weitergeführt, bis heute. Anfangs wurde das sogar vom Bundesamt für Naturschutz gefördert, dann aber nach Ablauf der Förderphase als Nonsens und unwichtig für den Naturschutz hingestellt. Später lobte man aber auf einmal wieder unser Greifvogel-Monitor-System. Da möchte man den Verantwortlichen zurufen. Was seid ihr für armselige Leute! Wenn man heute Arbeiten, Bücher über bestimmte Arten schreibt, wird die gesamte ostdeutsche Literatur zum Thema negiert, die existiert dann einfach nicht. Aus den Basisstudien findet sich fast kein Zitat – das fällt natürlich sofort auf. Hier haben wir zudem einen Hinweis auf die Verarmung der Ausbildung. Die jungen Leute lernen heute nicht mehr, wie man Literatur recherchiert – da wird nur auf dem Internet-Klavier geklimpert. Die harte, konzentrierte Suche nach den Primärdaten-Informationen, wie wir das noch praktizierten, verschwindet immer mehr.”
Die andere Beziehung der Ostdeutschen zum Leben, zur Natur hat 2013 zu viel beachteten Einschätzungen zum Verhältnis von Westdeutschen und Ostdeutschen geführt. So schrieb der “Spiegel”: “Die Wiedervereinigung ist lange her – aber zwischen West-und Ostdeutschen herrscht eine große Fremdheit.” “Manchmal hat man den Eindruck, Ost-und Westdeutsche werden sich immer fremder.” Diese Bewertungen haben auch in ostdeutschen Medien zu einem bemerkenswerten Echo geführt.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert aus einer Schülerumfrage, derzufolge es der Umwelt in der DDR besser gegangen sei als in der Bundesrepublik.
Historisch interessant ist, daß politische Hauptakteure nach 1989/90 der ostdeutschen Bevölkerung keineswegs ankündigten, welche Ziele in Bezug auf Bevölkerungsentwicklung und biologische Vielfalt, Naturschutz tatsächlich verfolgt werden. Beeindruckende, statistisch gut belegte Resultate liegen 2013 nunmehr vor – zudem ein bemerkenswerter Erfahrungsschatz mit sogenannten westdeutschen Umwelt-Gruppierungen, darunter der sogenannten Öko-Partei “Die Grünen”. Gemäß deren Versprechen hätten Artenbestände und Artenvielfalt nach 1990 in Ostdeutschland deutlich zunehmen müssen – indessen geschah, von Ausnahmen abgesehen, das Gegenteil.
Ausriß, nach 1990 angewendete Methoden zur Vernichtung der Feldhasen.
Rebhuhn: “…kann man heute ohne Übertreibung von einer Vernichtung der Art sprechen.” (Mitteldeutsche Zeitung)
Ausriß, Mitteldeutsche Zeitung.
Wilhelm Roth, Heiligenstadt: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/09/13/deutschlands-naturschutzaktivisten-wilhelm-roth-aus-heiligenstadt/
SPD Thüringen 2014: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/11/02/spd-thuringen-grune-in-thuringen-gauck-ausern-sich-nach-wie-vor-nicht-zu-symbolfigur-willy-brandt-was-ist-da-passiert/
Marianne Birthler: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/
Windkraftexperte Wilfried Heck in Darmstadt – keineswegs kontinuierlich Interviewpartner der deutschen Medien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/15/der-energiewende-bluff-energieexperte-wilfried-heck-aus-darmstadt-kurioserweise-keineswegs-unter-den-meistinterviewten-in-presse-radio-und-tv-zum-thema-schon-bemerkt/
Das Schweigen des Pastors:
Pegida-Mitschnitt vom 28.9. 2015:https://www.youtube.com/watch?t=1&v=UJtsDuJw2hw
“Onkel Asyl. Der Quasselpfaffe”. Protestplakat am 13.7. 2015 auf dem Altmarkt in Dresden.
Ausriß. “Merkel nach Sibirien!” – Protestplakat am 28.9. 2015 in Dresden.
Gauck in Sao Paulo 2013 – Schweigen zu den Machenschaften bei Volkswagen…
Dienstag, 14. Mai 2013
Bundespräsident Joachim Gauck und die fehlende Kritik an den Machenschaften des Volkswagen-Konzerns während der nazistisch-antisemitisch orientierten Militärdiktatur Brasilien. Gauck hat der deutschen Öffentlichkeit bisher nicht erklärt, warum er auf solche Kritik bewußt verzichtete, zu den grauenhaften Menschenrechtsverletzungen in Brasilien ebenfalls schwieg.
Gauck in Sao Paulo 2013.
Der Volkswagen-Konzern und der Judenmörder – warum schwieg Gauck?
Gauck im Opernhaus von Sao Paulo 2013.
Willy Brandt(SPD) und Helmut Schmidt(SPD) – Aktivitäten in Brasilien während der Folterdiktatur:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/07/28/willy-brandt-und-lateinamerikanische-folterdiktatoren-die-kuriose-interpretation-des-forum-willy-brandt-berlin-unter-den-linden-in-lateinamerika-stellt-sich-der-si-praesident-an-die-seite-der/
Diktator General Ernesto Geisel(Operation Condor), deutschstämmig, in dessen Amtszeit der jüdische Journalist Herzog gefoltert und ermordet wurde – und Willy Brandt, Ausriß. Im “Forum Willy Brandt Berlin” werden dieses und ähnliche Fotos von Brandt und Folterdiktatoren immer noch nicht gezeigt, was Bände spricht. Auffälligerweise fehlen derartige Fotos im Internet fast völlig, werden auch u.a. von der SPD nicht bereitgestellt.
“…denn käme die Wahrheit heraus, müssten Biographien völlig umgeschrieben werden…” Marlon Weichert, brasilianischer Bundesstaatsanwalt, im Website-Interview
“Willy Brandt ans Fenster”(1970). Im Jahr vor dem Erfurter Treffen hatte Willy Brandt das Kulturabkommen sowie das Wissenschafts-und Technologieabkommen mit der Folterdiktatur Brasiliens unterzeichnet. Bisher in Erfurt noch keine Informationstafel über die engen Beziehungen des SPD-Politikers zu Folterdiktatoren…
Bodo Ramelow und die Wertvorstellungen seiner Koalitionspartner – SPD, Grüne, Timoschenko, Saudi-Arabien, Willy Brandt…:http://www.hart-brasilientexte.de/2014/12/05/bodo-ramelow-und-die-wertvorstellungen-seiner-spd-partner/
Deutscher Bundespräsident Joachim Gauck 2013 in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/
Ein Pfarrer der schweigt – und einer aus der selben Kirche, der den Mund aufmacht:
http://www.welt-sichten.org/artikel/221/der-hoelle-hinter-gittern
“Angela Merkels Kurs in der Flüchtlingskrise hat ihr nicht nur Zustimmung gebracht: Vor allem in den neuen Bundesländern hat die Kanzlerin Vertrauen verloren – die Umfragewerte sinken. Die Ost-CDU ist besorgt.” Hamburger Illustrierte DER SPIEGEL
Merkel in Apolda.
Merkel nach Heidenau, nicht nach Suhl:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/08/26/merkel-in-heidenau-und-glashuette-am-26-8-2015/
Merkel in Heidenau und die fehlende Garantie gegen Marxloh-Kopien in Ostdeutschland:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/08/28/bundeskanzlerin-angela-merkel-garantierte-ostdeutschen-in-heidenau-2015-nicht-dass-es-in-ostdeutschland-kein-marxloh-geben-wird-entsprechend-wachsender-unmut-in-neuen-bundeslaendern-ablehnung-von/
Schweigen von Merkel in Heidenau zu wichtigen Problemen:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/08/27/heidenau-und-das-schweigen-von-angela-merkel-zur-nicht-abschiebung-von-den-buergern-sofort-bemerkt/
Laut Landesmedien ernannte Sao Paulos Teilstaatsgouverneur Geraldo Alckmin(PSDB) den 48-jährigen Salvador Modesto Madia zum Kommandeur der Eliteeinheit Rota. Seine Teilnahme an dem Massaker, dem mindestens 111 Häftlinge zum Opfer fielen, kommentierte er gegenüber der Presse:”Wir haben unsere Pflicht erfüllt.”
http://www.bpb.de/publikationen/JU16H0,0,Vom_Umgang_mit_der_Diktaturvergangenheit.html
“Novo chefe da Rota atuou em massacre do Carandiru”. Folha de Sao Paulo
http://www.diarioonline.com.br/noticia-176401-experts-planejaram-matanca-diz-antropologo.html
“De acordo com o Estudo Global de Homicídios 2011 da ONU (Organização das Nações Unidas), o Brasil é o líder absoluto no número de homicídios de todo o planeta. Por aqui, mata-se mais do que em qualquer outro país em guerra.”
“Ich sah den Holocaust”:
O ATO DO DIA 02 DE OUTUBRO: “CARANDIRU 20 ANOS: NUNCA MAIS?”
Lulas Menschenrechtsbilanz zweier Amtszeiten hat die politische Glaubwürdigkeit seiner Regierung in europäischen Ländern offenbar sehr stark erhöht.
Leonardo Boff 2010 :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“
http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
Überlebender von Carandirú.
“Brasilien ist eine Industriemacht, die achtgrößte Wirtschaftsnation der Welt, modern und fortschrittlich.”
Padre Valdir Joao Silveira erläutert gegenüber den nationalen TV-Sendern die weiterhin gravierende Situation in den brasilianischen Gefängnissen.
“O massacre não terminou e continua em nossas periferias com chacinas de população de rua e pessoas pobres. Com o ato de hoje, queremos dar início a uma grande discussão, durante todo o ano, até completar os 20 anos do massacre, sobre a segurança que temos e a segurança que queremos.”
“Movimento Maes de Maio” – Mütter von Ermordeten erinnern an die Blutbäder des Mai 2006.
http://maesdemaio.blogspot.com/2011/10/repercussoes-do-ato-carandiru-19-anos.html
Trailer des Carandirú-Films nach dem Buch von Drauzio Varella – anklicken:
http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI
http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI
(gesamter Film bei YouTube abrufbar)
Poet über Rassismus, die Lage in den Elendsvierteln Brasiliens.
1985 pfeifen Brasiliens rechtsgerichtete Machteliten die Militärs nach 21 Diktaturjahren zurück in die Kasernen – Carandiru wird zur Hölle erst in der „Demokratie”. Sao Paulos regimekritischer Kardinal Evaristo Arns ist Augenzeuge:”Über fünfzig Aidskranke im Endstadium liegen auf dem Boden und spucken Blut – schier unbeschreibliche Zustände!”
Sprecher zahlreicher Menschenrechtsgruppen vergleichen Diktaturgewalt mit heutigen Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter und Blutbädern.
Deutscher evangelischer Pastor Wolfgang Lauer, Gefangenenseelsorger in Sao Paulo.
Aus gebrochenen, undichten Rohren fließen Abwässer, Scheiße und Urin über den Zellenboden, bei Sommerhitze bis über fünfzig Grad werden Gefangene von dem Gestank ohnmächtig, oder schier verrückt, rebellieren, attackieren die eigenen Zellennachbarn. „Für mich sind solche Knäste Konzentrationslager”, sagte der in Sao Paulo lebende Menschenrechtsaktivist und Gefangenenseelsorger Günther Zgubic aus Österreich – er schreibt UNO-Dossiers, kaum einer kennt Carandiru besser. (Hintergrundtext)
Hintergrund – Ferrez – Notizen von der Stadtkriegsfront:
2007 Gast des Berliner Literaturfestivals
Der Irak und der Libanon sind täglich wegen der vielen unschuldigen Gewaltopfer in den Schlagzeilen – Brasilien nicht. Obwohl gemäß brasilianischen Erhebungen in dem Tropenland jährlich weit mehr Menschen umkommen als im Irakkrieg und die Folter alltäglich ist.
Ferrez, mit bürgerlichem Namen Reginaldo Ferreira da Silva, wurde unfreiwillig zum Frontberichterstatter im brasilianischen Stadtkrieg, weil er als einziger Romanautor an der von extremer Gewalt geprägten Slumperipherie der Megacity Sao Paulo lebt. Ferrez, dessen Bücher bei einem angesehenen brasilianischen Verlag erscheinen, bereits ins Französische, Spanische und Italienische übersetzt wurden, erhält wegen seines literarischen und politischen Engagements Morddrohungen, ist in Lebensgefahr.In den Slums ist Bücherlesen Luxus, die meisten Bewohner sind zudem funktionelle Analphabeten. Ferrèz wurde deshalb auch zum Rapper, ist in den Ghettos dadurch bekannter als durch seine Bücher.
Vom Goetheinstitut Sao Paulos bis zum Slumviertel Capao Redondo sind es mit den entsetzlich lauten, überfüllten Vorstadtbussen etwa drei Stunden. Aber wer in Brasilien nicht Bus fährt, sagt ein bekannter Schriftsteller, weiß nichts vom wirklichen Leben. In Capao Redondo hausen eine Million Menschen, darunter Ferrèz. 2006 führt das größte brasilianische Verbrechersyndikat PCC, Erstes Kommando der Hauptstadt, eine nicht endende Serie von Terroranschlägen gegen den Staat, erschießt an der Peripherie täglich Polizisten, Gefängniswärter und deren Angehörige – Ferrèz liefert als einziger fundierte Berichte von der Front: In seinen Büchern, seiner Zeitschrift, seinem Blog analysiert er Gewalt und Gegengewalt, die Rachefeldzüge der Polizei. Weit über sechshundert Tote werden gezählt, die meisten in Capao Redondo.
–”Krieg in den Slums, Panik in den Nobelvierteln”
Wir reden am Kaffeestand, im Krach einer vollen Bäckerei miteinander, hier fühlt sich Ferrèz sicher. ”Für mich ist das hier schon immer wie im Krieg. Doch die Eliten haben es erst jetzt, in diesen Tagen, wegen der Attentatswelle gespürt. Da haben sie in ihren Nobelvierteln die Panik gekriegt, sich verbarrikadiert und versteckt. Nur – so leben wir doch schon jahrelang. Durch Morde habe ich über zwanzig meiner Freunde verloren, das ist normal hier. Man tötet wahllos, wegen Banalitäten. Als ich mal in Spanien war, redeten die Leute, die Medien drei Wochen von einer ertrunkenen Frau. Ich dachte anfangs, ertrinkt hier jeden Tag eine? Bis ich mitbekam, es ist immer die selbe. Dort schockt die Leute noch der Tod. Hier redet man nicht mal mehr von den Toten, weil es zu viele sind. Wenn ich auf der Straße gehe, den Falschen treffe, killt der mich. Und wenn ich mal mit einem Verkäufer diskutieren würde, wäre möglich, daß der den Revolver zieht und mich erschießt, obwohl du neben mir stehst. Kürzlich rede ich mit vier Bekannten auf der Straße. Als ich gerade weg bin, kommt ein Killerkommando, erschießt die vier. Wäre ich noch da gewesen, hätten sie mich mit erschossen. Dazu kann man doch nicht schweigen. Capao Redondo – das ist wie ein Extra-Land, es ist dieses Brasilien, das in Deutschland und anderswo gewöhnlich nicht wahrgenommen wird. Dort denkt man bei Brasilien meist nur an Exotismus, Mulattinnen, Tropenwälder. Das hier ist völlig anders.” Ferrèz erwähnt in seinen Büchern die in Brasilien übliche Lynchjustiz, die nur zu oft Unschuldige trifft. Und auch die in den Favelas übliche Abtreibung mittels Medikamenten. Frauen legen die toten Föten nicht selten gleich auf der Straße, auf dem Fußweg ab.
Als Ferrèz mit seinen Blog-Frontberichten beginnt, stellen Brasiliens Medien die Sache noch so dar, als ob die Polizei lediglich auf die PCC-Attacken reagiert, die gefährlichsten Verbrecher bekämpft. Doch Ferrèz beobachtet, daß es meistens Unschuldige trifft, damit Haß und Gewalt in der Gesellschaft weiter geschürt werden. ”Ich mache den Versuch, der herrschenden Elitemeinung etwas entgegenzustellen. Denn die Eliten stimulieren ja das Morden, die Vorurteile gegen Slumbewohner. Vierzig Prozent der Getöteten hier waren junge Pizza-Austräger, die nachts mit ihren Motorrädern zu den Kunden fahren. Die Polizei feuerte einfach auf Leute, die gerade auf der Straße waren. Niemand prangerte das an, niemand sprach darüber, das hat mich beeindruckt. Und ich sagte mir, dann muß ich es eben tun. Also habe ich den Mund aufgemacht, und das hatte Wirkung. Die Polizei wurde angewiesen, vorsichtiger, weniger brutal vorzugehen. Man sagte den Beamten, Vorsicht, da gibt es jetzt welche, die darüber berichten. Doch mich bedrohen sie mit Mord.”
Ferrez, der früher Besenverkäufer und Bauhilfsarbeiter war, hat sich deshalb eine Weile versteckt, geht jetzt nachts nicht mehr aus dem Haus. Er wirkt fatalistisch, ohne Angst vor dem Tod. ”Ich lebe mit Mord und Tod seit meiner Kindheit. Als ich acht war, sagte mein Vater, vor unserm Haus liegt ein Erschossener. Da bin ich hin und habe mir den genau angesehen. Unglücklicherweise haben wir uns hier an die Gewalt gewöhnt. Klar, ich hoffe, daß mir nichts passiert, aber ich mache mir um den Tod auch keine Sorgen. Denn ehrlich gesagt, ich habe doch alles erreicht, was ich wollte. Ich habe ein Buch geschrieben, das sich verkauft, ich habe meiner Mutter, meiner Frau ein besseres Leben schaffen können. Jetzt habe ich keine Träume mehr, ich bin hoffnungslos, weil sich diese Realität hier nicht bessert, nur alles schlechter wird im Viertel. Ich sehe keine Ehrlichkeit, keinen guten Willen bei den brasilianischen Politikern, den Eliten, nicht mal in unserm Volk. Schau den Leuten ins Gesicht, da siehst du Traurigkeit. Sie engagieren sich nicht, ergeben sich dem Zuckerrohrschnaps, sind mutlos. Hier laufen nur Körper rum, haufenweise, ohne Richtung, Orientierung. Da ist es schwierig, etwas zu erreichen. Gut, andererseits kämpfe ich ja jeden Tag. Tagsüber würde mir die Polizei nichts tun, da gäbe es zu viele Zeugen. Außerdem gibt es Polizisten, die sehen die Lage wie ich. Aber nachts gehe ich nicht raus, oder übernachte dort, wo ich grade bin.”
–Lula und die Slums”
In Deutschland denken viele, Staatschef Lula macht progressive Politik, auch für einen wie dich, für die Leute im Slum. Lula spricht doch jeden Tag von Riesenerfolgen?
„Die Lula-Regierung ist weniger schlecht als die vorangegangene, ist das kleinere Übel. Aber was hat sich denn seit Lulas Amtsantritt getan? Es gibt nicht mehr Arbeit. Daß sich für die Slumperipherie was verbesserte, ist einfach nicht wahr. Für die Unternehmer sieht die Sache natürlich ganz anders aus.”
Drei Viertel der 185 Millionen Brasilianer, so sagen neue Studien, sind nicht in der Lage, einen einfachen Zeitungs-oder Buchtext zu lesen und zu verstehen. Das vereinfacht die Manipulierung der Pflichtwähler kolossal, dient Neopopulisten wie dem Staatschef ungemein. (Wer nicht wählt, kriegt auch unter Lula keine Arbeit im öffentlichen Dienst, keinen Reisepaß etc.- wie wäre das in Deutschland?)
Aber wer sind dann die Leser von Ferrèz? Sein Buch „Capao Pecado” produzierte er selber, zog fünfzig Kopien, verteilte es unter Freunden und Bekannten des Viertels. Manche von denen arbeiten für die Mittel-und Oberschicht als Hausdiener, Wächter, zeigten es den Arbeitgebern. Manche bestellten „Capao Pecado” daraufhin bei Ferrèz, der die Bücher persönlich zu deren Villen brachte, sie dort den bewaffneten Wächtern übergab, die Besteller nicht zu Gesicht bekam.
”Ja, so lief es – die Peripherie hat das Buch den Betuchten gezeigt, jetzt ist es bei einem Verlag in der fünften Auflage. Das System hatte für mich nichts vorgesehen, also habe ich mich auf meine Weise organisiert, mache meine Literatur. Als ich in einer Bäckerei arbeitete, habe ich nebenher was auf Zettel gekritzelt, daraus dann zuhause eine Geschichte montiert. Das lesen jetzt sogar Leute aus der Upperclass. Manche von denen sagen mir, Puta, du hast Recht, die Oberschicht ist idiotisch, die will sich nicht ändern. Dreihundert Familien besitzen achtzig Prozent allen Einkommens, allen Geldes “ wir kriegen nur den allerletzten Rest. Ja, unsere Eliten handeln selbstmörderisch, suchen sich in ihren Privilegiertenghettos abzuschotten, langfristig planen die ihren eigenen Tod. Das kann hier alles mal explodieren. Den Aufstand dieses Verbrechersyndikats, das sich immer besser in den Slums organisiert, konnten sie nicht verhindern “ auf einen Schlag hundert tote Polizisten, brennende Banken und Staatsgebäude. Morgen könnten sich viele das als Beispiel nehmen, es intelligenter anstellen, eine revolutionäre Organisation schaffen. Und wenn es dann losbricht, kann es keiner aufhalten. Dann werden die Eliten wieder mit Gewalt antworten. Die jungen Menschen hier haben doch keinerlei Perspektiven. Frag hier mal ein Kind, was willst du denn werden? Da lacht es dich aus, sagt, ich will nichts werden, wie sollte ich denn? Mein Bruder ist 18, kann nicht mal richtig lesen “ die öffentlichen Schulen formen doch nur funktionelle Analphabeten.”
–Rap, Chico Cesar, Arnaldo Antunes, Paulo Lins”
Daher ist Rap an der Peripherie wichtiger als das Buch, um die Bewohner zu erreichen. In Capao Redondo kennt man Ferrèz daher mehr wegen seiner Rap-Konzerte, der Rap-CD „Determinaçao”, auf der er mit Chico Cesar und Arnaldo Antunes zu hören ist . Beide suchten Kontakt zu Ferrèz, wollten von ihm Texte, wollten mit ihm auftreten.
Ferrèz ist inzwischen mit dem Schwarzen Paulo Lins aus Rio de Janeiro befreundet. Lins schrieb den Slum-Roman „Cidade de Deus”, Gottesstadt. Der wurde verfilmt “ war auch in Deutschland als „City of God” ein Erfolg, zeigte das andere Brasilien “ und auch die Lächerlichkeit so vieler Brasilienklischees von Traumstränden, Karneval und Lebenslust. Die Produzenten von „City of God” werden jetzt das neue Buch von Ferrèz verfilmen “ „Manual pratico do Odio”, praktische Anleitung zum Haß. „Das Leben ist hart an der Peripherie. Die Leute lieben und hassen in gleichem Maß.”
2009 wird eine abschließende Universitätsstudie über die PCC-Rebellion vom Mai 2006 veröffentlicht: Danach wurden zwischen dem 12. und 21. Mai 2006 im Teilstaat Sao Paulo 564 Menschen erschossen – 59 waren öffentliche Bedienstete, meist Polizisten, die restlichen 505 Zivilisten. 118 davon wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet, die weiteren bei summarischen Exekutionen, teils von Kapuzen-Männern verübt.
2 de outubro de 1992: uma pequena desavença entre presidiários do pavilhão 9 da Casa de Detenção do Carandiru se transforma em uma rebelião desprovida de viés reivindicativo ou de fuga. Apesar disso, o Governo estadual da época determinou a invasão da Casa de Detenção por centenas de policiais militares que exterminaram a sangue frio 111 pessoas desarmadas e desesperadas. Foi a maior chacina da história do sistema penitenciário brasileiro.
Passadas quase duas décadas dessa “página infeliz de nossa história”, os tijolos da Casa de Detenção foram deitados ao chão e, no seu lugar, foi erigido o sugestivo Parque da Juventude. Todavia, a construção de um parque para a juventude no lugar de uma unidade de aprisionamento da juventude não significou, infelizmente, qualquer mudança na política criminal do Estado: após todos esses anos, ninguém foi responsabilizado pelos 111 assassinatos!
Pior: ainda hoje, divisamos jovens, em regra pobres e negros, sendo perseguidos pelo aparato repressor estatal. Quando conseguem driblar a morte, caem na vala imunda e cada vez mais superlotada do sistema carcerário (de 1992 para cá, a população prisional cresceu mais de 400% contra pouco mais de 27% de crescimento da população brasileira).
Diante desse quadro desafiador, movimentos e entidades da sociedade civil organizada e alguns órgãos públicos planejam uma grande articulação em torno do vintenário do massacre do Carandiru, com a pretensão de pautar diversas ações para promover a responsabilização do Poder Público e também para trazer ao debate público o tema da segurança pública e da cidadania.
Como pontapé inicial dessa articulação, promoveremos um ato em memória aos 19 anos do massacre. Será nesse domingo, dia 02.10.2011, A PARTIR DAS 15HS, NO PARQUE DA JUVENTUDE.
Assinam:
ACAT-BRASIL, AMPARAR, ASSOCIAÇÃO JUÍZES PARA A DEMOCRACIA (AJD), ASSOCIAÇÃO NACIONAL DE DEFENSORES PÚBLICOS FEDERAIS (ANADEF), ASSOCIAÇÃO PAULISTA DE DEFENSORES PÚBLICOS (APADEP), CENTRO ACADÊMICO XI DE AGOSTO, CENTRO PELA JUSTIÇA E DIREITO INTERNACIONAL (CEJIL), CÍRCULO PALMARINO, COLETIVO 2 DE OUTUBRO, COLETIVO CINE BIJOU – CINEMA E MEMÓRIA, COLETIVO PERIATIVIDADE, COLETIVO VÍDEO POPULAR, COMISSÃO DE JUSTIÇA E PAZ, COMISSÃO TEOTÔNIO VILELA, CONSELHO ESTADUAL DE DEFESA DOS DIREITOS DA PESSOA HUMANA (CONDEPE), COOPERIFA, DEFENSORIA PÚBLICA DA UNIÃO EM SÃO PAULO, ESPÍRITO DE ZUMBI, ESTUDO, COMIDA E CIDADANIA (ECC), FÓRUM DE HIP-HOP, GELEDÉS, GEPEX – SEGURANÇA PÚBLICA, JUSTIÇA CRIMINAL E DIREITOS HUMANOS DA UNIFESP/BS, GRUPO CULTURAL MARACATU BOIGY, GRUPO TORTURA NUNCA MAIS – SP, IDENTIDADE – GRUPO DE LUTA PELA DIVERSIDADE SEXUAL, INSTITUTO PRÁXIS DE DIREITOS HUMANOS (IPDH), INSTITUTO TERRA, TRABALHO E CIDADANIA (ITTC), INSTITUTO UMOJÁ, JUSTIÇA GLOBAL, LUTA POPULAR, MÃES DE MAIO, MARGINALIARIA, MOVIMENTO NACIONAL DA POPULAÇÃO DE RUA, MOVIMENTO NACIONAL DOS DIREITOS HUMANOS, MOVIMENTO NEGRO UNIFICADO, NSN, NÚCLEO DA SITUAÇÃO CARCERÁRIA DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, NÚCLEO DE PRESERVAÇÃO DA MEMÓRIA POLÍTICA, NÚCLEO ESPECIALIZADO DE CIDADANIA E DIREITOS HUMANOS DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, OS CRESPOS, PÂNICO BRUTAL, PASTORAL CARCERÁRIA, PASTORAL DA JUVENTUDE, QI ALFORRIA, QUILOMBAQUE PERUS, REDE EXTREMO SUL, SARAU DA ADEMAR, SARAU DA BRASA, SARAU ELO DA CORRENTE, SARAU DOS MESQUITEIROS, SARAU VILA FUNDÃO, SINDICATO DOS ADVOGADOS DO ESTADO DE SÃO PAULO, TRIBUNAL POPULAR, UNEAFRO-BRASIL, VERSÃO POPULAR
http://www.pucsp.br/fecultura/textos/pessoa_sociedade/12_dentro_terror.html
http://www.controversia.com.br/index.php?act=textos&id=10034
Viel Lob in Europa für Lulas Politik:
Rainer Stadler, NZZ:
“Die Stresssymptome sind bereits jetzt unübersehbar. Was man aus ökonomischer Sicht gelassen als Verdrängungswettbewerb bezeichnen kann, bedeutet in publizistischer Hinsicht: schmalbrüstige Redaktionen, schrumpfende Kompetenz bei der journalistischen Bewältigung der nahen und fernen Ereignisse, aggressivere Schlagzeilen als Folge wachsender Ahnungslosigkeit, Hysterien, Missachtungen der Unschuldsvermutung und mehr Übergriffe in die Privatsphäre, weil gerade dort attraktive Unterhaltungsstoffe zu holen sind.
Was sonst Wirtschaftsmanagern vorgeworfen wird – der bloss kurzfristige Blick auf die Quartalszahlen –, ist im Journalismus weiterhin das dominierende Richtmass: die Deadline, der Redaktionsschluss. Er gewährt in der Internet-Ära kaum noch Besinnungszeit. Das ist umso verheerender, wenn es an Ressourcen mangelt. Die Gefahr schrumpfender publizistischer Kompetenzen kontrastiert scharf mit den wachsenden Ansprüchen einer Gesellschaft, die auf die Vermittlung von komplexem Wissen angewiesen wäre. Sie begibt sich im «Easy-News-Jet» auf einen gefährlichen Blindflug.
Der Ausleseprozess wird schon bald den Blätterwald drastisch auslichten. Es entsteht eine andere (Medien-)Schweiz. Die Annahme, dass künftig gerade noch zwei bis drei Medienunternehmen den hiesigen Markt prägen werden, scheint nicht mehr abwegig. Die Spannung zwischen dem von Zürich aus gesteuerten Kommunikationsmarkt und der föderalistisch geprägten politischen Schweiz wird wachsen, die gesellschaftliche Verständigung wird unübersichtlicher und instabiler.”
BRASILIEN
Die “Hölle auf Erden”
Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.
Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.
Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen “Real” von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.
Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: “Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.” Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.
Pervertieren statt resozialisieren
Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder “Human Rights Watch” prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der “Pastoral Carceraria” im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: “Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.” Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die “Presidios” – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt
nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.
Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: “Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.”
Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen
Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: “Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.
Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.” Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.
Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen “politisch korrekten” Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. “Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt”, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: “Diese ist schuld an der Situation.”
Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. “Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, “wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?”
Amnestie nur Kosmetik
Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.
Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.
Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.
Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis “Carandiru” von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In “Carandiru” ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
Der Autor ist freier Korrespondent in Rio de Janeiro
Hintergrund von 2001:
„Unerklärter Bürgerkrieg“ in Brasilien
Über 40000 Morde jährlich/Zunahme von Attentaten
Im Kontext der jüngsten internationalen Konflikte weisen brasillianische Experten immer nachdrücklicher darauf hin, welche hohen Menschenopfer der sogenannte „unerklärte Bürgerkrieg“ in Brasilien kostet. Wie die Universitätsprofessor und Politik-Berater Gaudencio Torquato jetzt in einer Analyse mit dem Titel „Wir und Afghanistan“ betonte, werden aus politischen und kriminellen Motiven selbst laut den geschönten offiziellen Angaben jährlich rund 40000 Menschen ermordet.
Hätte Deutschland, mit einer etwa halb so großen Bevölkerung, diese Rate, wären es pro Jahr etwa 20000 Getötete. Tatsächlich waren es im Jahr 2000 laut BKA-Angaben nur 1015.
Torquato zählte zu den Gründen der hohen Opferzahlen, daß die zehntgrößte Wirtschaftsnation anders als Afghanistan zwar sämtliche Hochtechnologie der letzten Generation nutze, die soziale Polarisierung zwischen den Privilegierten und den armen Schichten sich jedoch weiter verschärft habe. Die hohe Gewaltrate habe dazu geführt, daß nachbarschaftliches Zusammenleben immer weniger gepflegt werde, die brasilianische Gesellschaft sich von der menschlichen Solidarität verabschiede. Gängige Reaktion angesichts der täglichen Morde sei leider nur:“Gut, daß es mir nicht passiert ist.“
Derartige Verfallsprozesse resultieren laut Torquato aus einer „politisch-institutionellen Kultur“, die sich mit den alltäglichen Skandalen um hohe Volksvertreter und den Fällen von Regierungskorruption weiter degradiere.
Brasilianischer Menschenrechtsaktivist
“Generation eiskalter Killer“ wächst heran
Brasilien züchtet nach den Worten des angesehenen Menschenrechtsaktivisten Eduardo Capobianco „eine Generation eiskalter Killer“heran.“Sie töten einen Menschen mit der selben Leichtigkeit, mit der sie eine Coca-Cola trinken“, sagte er im Dezember während der Auszeichnung mit einem Bürgerrechtler-Preis in Sao Paulo. Capobianco, Präsident von zwei regierungsunabhängigen Institutionen, die das organisierte Verbrechen sowie die tiefverwurzelte Korruption in Politik und Wirtschaft bekämpfen, hatte erst Anfang Dezember in der City der 17-Millionen-Stadt ein Attentat überlebt. „Brasilien hat gravierende soziale Ungleichheiten und eine kapitalistische Kultur, die auf dem Konsum basiert, Städte des Konsumismus wie Sao Paulo. Das stimuliert letztlich Gewalt – Armut allein ist dafür nicht verantwortlich zu machen.“ In entwickelten Ländern wie Japan entfalle statistisch pro Jahr ein Mord auf hunderttausend Einwohner – in einer Stadt wie Sao Paulo seien es dagegen gemäß offiziellen Zahlen immerhin fünfzig. Indessen gebe es bereits leichte Fortschritte bei der Verbrechensbekämpfung, die Arbeit seiner beiden Institutionen mißfalle der Gegenseite sehr und habe das Attentat bewirkt.
Capobianco überlebte den Anschlag nur, weil er eine Mappe mit Büchern vor die Herzgegend hielt, Kugeln darin steckenblieben bzw. nur seine Beine trafen. Weder die Polizei noch er selbst haben einen Hinweis auf die Täter und deren Hintermänner.
In den letzten drei Monaten kam es in Brasilien zu einer Attentatsserie, bei der mehrere Gewerkschaftsführer, ein progressiver Großstadtbürgermeister sowie Umweltaktivisten getötet wurden, Bombenanschläge forderten glücklicherweise keine Opfer. Eine bislang unbekannte rechtsextreme Organisation schickte Morddrohungen an 37 Bürgermeister der linkssozialdemokratischen Arbeiterpartei PT im Industrie- Teilstaat Sao Paulo, dessen Bruttosozialprodukt das von ganz Argentinien übertrifft.
Systematische Folterungen weiter alltäglich – trotz Anti-Folter-Gesetz
Menschenrechtler skeptisch über offizielle PR-Kampagne
Der Dreißig-Sekunden-TV-Spot ist gut gemacht, drastisch-realistisch: Ein Mann, halbnackt, blutend, gefesselt, wird von einem Sadisten gequält, mit dem Kopf immer wieder in einen Wassertank getaucht, soll Informationen preisgeben, ein Geständnis ablegen. Ein Dritter sieht die Szene, rennt zum Telefon, wählt die neue Gratis-Nummer von „SOS Tortura“, erstattet anonym Anzeige. Jeder sollte ab sofort genauso handeln, lautet der Appell an die Fernsehzuschauer – „denn Folter ist ein Verbrechen!“ Daß Brasiliens Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Ehrendoktor der FU Berlin, jetzt auch in Rundfunk und Presse eine solche Medienkampagne starten ließ, einmalig in der Geschichte Brasilien, könnte die Menschenrechtler des In-und Auslands optimistisch stimmen. Doch Skepsis überwiegt. Befürchtet wird, daß Brasilia damit lediglich auf Imageverbesserung bei den Vereinten Nationen zielt. Deren Experte für Folterfälle, Nigel Rodley, hatte letztes Jahr nach einer Reise durch mehrere Teilstaaten die Zustände als erschreckend und eigentlich unbeschreiblich angeprangert. Nicht anders sieht es Amnesty International, stellte deshalb in der 17-Millionen-Stadt São Paulo, Lateinamerikas führendem Wirtschaftszentrum, im Oktober kurz vor Kampagnebeginn der brasilianischen Öffentlichkeit den neuesten Bericht über Folter und Mißhandlungen vor. Tatverdächtige, Festgenommene, Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene systematisch Torturen zu unterwerfen, auch von völlig Unschuldigen Geständnisse unter Folter zu erpressen, gehört danach weiterhin zur Alltagsroutine im Apparat der Militär-und Zivilpolizei. Laut Patrick Kopischke, Brasilien-Experte von Amnesty International, hat der starke politische Druck, die überbordende Kriminalität zu bekämpfen, dazu geführt, daß Folter andere Ermittlungsmethoden ersetzt. Allein in São Paulo, wo über eintausend deutsche Unternehmen, von VW bis Daimler-Benz, ansässig sind, werden laut offiziellen Angaben monatlich über 440 Menschen ermordet. Zum üblichen Nachrichtenangebot der Radio-und TV-Stationen gehören die unaufhörlichen Gefangenenrevolten in den mit fast 100000 Insassen völlig überfüllten Polizeiwachen, Haftanstalten und provisorischen Gefängnissen der Metropole. Pro Monat werden rund eintausend weitere mutmaßliche oder tatsächliche Straftäter in teils fensterlose Zellen gepreßt, wo bereits bis zu 168 Männer auf einem Raum zusammenhocken müssen, der eigentlich nur für höchstens dreißig gedacht war. Wegen der schlechten Luft, der unhygienischen Zustände, des ständigen Fäkaliengeruchs und des damit verbundenen psychischen Drucks sind Aufstände die logische Folge – niedergeschlagen werden sie mit äußerster Brutalität, gibt es fast immer Tote. „Man greift auf Folter und Mißhandlungen zurück, um ein katastrophales Gefängnissystem unter Kontrolle zu halten“, betont deshalb Kopischke, grundlegende Reformen seien nötig, nicht nur kosmetische Verschönerungen. Aktivisten von Amnesty und anderen Menschenrechtsgruppen Brasiliens empört zudem besonders, daß das auf ihren Druck hin erlassene Anti-Folter-Gesetz von 1997 an den Zuständen kaum etwas änderte, Täter gewöhnlich straffrei ausgehen, selbst aus der Diktaturzeit berüchtigte Folterer weiter im Dienst sind. Gemäß neuen UNO-Angaben verzeichnet der Teilstaat Minas Gerais die meisten bekanntgewordenen Folterfälle, ist die Polizeibrutalität traditionell besonders hoch. Dies gilt als Erbe des Militärregimes(1964-1985), als Fachleute der CIA gemäß Angaben von Zeitzeugen den Militär-und Zivilpolizisten in Kursen auch Foltertechniken beibrachten. „Heute noch sind es die gleichen“, so der renommierte Menschenrechtsanwalt Antonio Aurelio, „vor allem Elektroschocks, Aufhängen kopfunter an einer Stange, Eintauchen in Wassertanks, Schläge auf beide Ohren, Erstickungsanfälle mittels über den Kopf gestülpten Plastiksäcken“. Im Juni letzten Jahres wurden in einer Polizeiwache São Paulos etwa zweihundert Gefangene, einer nach dem anderen, völlig unbekleidet, mit Elektroschocks gepeinigt. Bei weiteren Mißhandlungen starb ein Insasse, dreißig weitere erlitten teils schwere Verletzungen. Die beteiligten Polizeikommissare sind weiterhin im Dienst. Beim Interview mit dem Polizeichef einer nordostbrasilianischen Stadt fand dieser nichts dabei, den an den landesüblichen Elektroschock-Apparaturen verwendeten Regler sichtbar auf seinem Schreibtisch liegen zu lassen.
Über 40000 brasilianische Kinder arbeiten auf stinkenden Müllbergen
Unicef und NGO entwickeln Alternativprojekte
Im Kriechgang, fast mit Vollgas, arbeitet sich der Müll-LKW in Serpentinen fast bis zur Haldenspitze vor, kippt dort, an der Peripherie der 17-Millionen-Stadt São Paulo, bei 35, 40 Grad Tropenhitze stinkende Abfälle aller Art ab. Auf diesen Moment haben Schwärme von Schmeißfliegen, aber auch Dutzende von Kindern und Jugendlichen nur gewartet. Mit Säcken über der Schulter stürzen sie sich auf die Ladung, sinken bis zu den Knien ein, wühlen neben schwarzen Aasgeiern nach Essensresten, Glas-und Plastikflaschen, Papier und Getränkebüchsen aus Aluminium. Alles wird getrennt, sortiert, ein Stück entfernt bei anderen Familienmitgliedern angehäuft, Alu-Büchsen tritt man mit dem Fuß platt. Metallfirmen oder Papier-und Textilfabriken nehmen alles für lächerlich geringe Preise ab – jedes dreckverschmierte, oft von Hautkrankheiten gezeichnete Müll-Kind kommt pro Tag höchstens auf umgerechnet vier, fünf Mark – überlebenswichtig für die Familien an der Slum-Peripherie von Lateinamerikas reichster Stadt und Wirtschaftslokomotive, aber auch von Rio de Janeiro, Salvador da Bahia oder Recife. In ganz Brasilien sind es über vierzigtausend „Crianças do Lixo“, Müll-Kinder – die nie zur Schule gehen, oder es aufgaben, weil man sie lächerlich machte, diskriminierte. Vor ein, zwei Jahren waren es indessen noch über dreizehntausend mehr – bevor das UN-Kinderhilfswerk Unicef und die regierungsunabhängige Organisation „Agua e Vida“(Wasser und Leben) Projekte starteten, Druck auf den Staat, lokale Behörden ausübten, um diese schändliche Form der Kinderarbeit zu bekämpfen.
Hautkrankheiten, Cholera
Daß Minderjährige in einem Land, das zu den zehn größten Wirtschaftsnationen gehört, den ganzen Tag im Müll waten müssen, anstatt zu spielen und zu lernen, nennt Afonso Lima, Unicef-Mitarbeiter in São Paulo, einfach entsetzlich, unmenschlich. Die Regierung hat zudem internationale Konventionen, darunter gegen Kinderarbeit unterzeichnet, die derartiges eigentlich verbieten. „Weil die meisten Kliniken ihre sämtlichen Abfälle unsortiert und unbehandelt ebenfalls auf die Halde kippen, können sich die Kinder sogar gefährliche Krankheiten holen, finden Spritzennadeln, Chemikalien aller Art.“ Für seine Kollegin Paula Claycomb aus den USA fehlt es auch an politischem Willen. „Die brasilianische Gesellschaft muß endlich verstehen, daß stinkende Abfallhalden nicht der richtige Ort für Kinder sind.“ Dabei wurde bereits eine Menge erreicht: Unicef und die NGO „Agua e Vida“ brachten in geduldiger Überzeugungsarbeit Gouverneure und viele Gemeinden dazu, Mittel für die Gründung von Müll-Recycling-Kooperativen freizugeben, sogar Gebäude bereitzustellen. Der Vorteil: Wiederverwertbares wird bereits an Wohngebäuden, Supermärkten, Bürohäusern aussortiert – und nicht erst, mit organischen Abfällen verschmutzt, auf der Halde. Resultat: Das Familieneinkommen steigt, die Kinder brauchen nicht mehr mitzuarbeiten, gehen stattdessen zur Schule. Eine geringe staatliche Hilfe von monatlich umgerechnet über zehn Mark pro Kind wird auch an viele andere verelendete Familien nur gezahlt, wenn sie ihre Kinder kontinuierlich in die Schule schicken. „Und das funktioniert“, bekräftigt die NGO-Koordinatorin Teia Magalhaes in São Paulo. „Nur ist es leider oft so: Wir holen eine Familie aus dem Müll, doch andere treten sofort an deren Stelle – Folge der Misere in Brasilien.“ Da die Cholera im Lande längst nicht ausgerottet ist, man sich gerade auf den riesigen Abfallbergen leicht anstecken kann, verbreitet Teia Magalhaes auch ein entsprechendes Aufklärungs-Video, organisiert zusammen mit Präfekturen Musik-und Tanzkurse, um frühere „Crianças do Lixo“ in der Schule zu halten, an Kultur heranzuführen.
Banker und Müllsammler
Auch über Lateinamerikas Wallstreet, die Banken-Avenida Paulista, zerren täglich ungezählte schwitzende, zerlumpte Catadores do Lixo, Müllsammler, ihre hölzernen Karren, hochbeladen mit Verpackungen und anderem Material. Eigentlich sollten die Catadores allen Respekt verdienen: Nur ihnen ist es zu verdanken, daß immerhin achtzig Prozent der Aluminium-Getränkebüchsen, siebzig Prozent der Pappe und dreißig Prozent der Flaschen recycelt werden. Nur hier und da trifft man bereits auf jene Hausmüll-Container wie in Deutschland – ausgerechnet in einem Drittweltland wie Brasilien ist Ressourcenverschwendung weiterhin die Regel. Was vergeudet wird, ob Nahrungsmittel, Strom oder Wasser, hat laut neuesten Studien immerhin einen Wert von jährlich umgerechnet über einhundert Milliarden Mark. Besonders provozierend in einem Land mit ernsten Hungerproblemen: Was São Paulos Supermärkte an Lebensmitteln wegwerfen, reichte wertmäßig bequem aus, um monatlich 600000 Slum-Familien mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen.
Padre Julio Lancelotti kämpft gegen Folter an Kindern und Jugendlichen
Hohes Lebensrisiko, Morddrohungen, tätliche Angriffe
Auch von Unicef wegen Engagements für Kinderrechte ausgezeichnet
„Erstmals konnten wir jetzt achtzehn Aufseher, sogar drei Direktoren, wegen Folter vor Gericht bringen“, sagt Padre Julio Lancelotti im Büro des von ihm geleiteten „Zentrums zur Verteidigung von Kindern und Jugendlichen“ der Millionenstadt São Paulo. Aber Freude, Zufriedenheit über diesen kleinen Sieg ist ihm nicht anzumerken. Denn auf einen Schlag hat er damit noch mehr erbitterte Feinde unter den Mitarbeitern der gefängnisähnlichen Anstalten für straffällig gewordene Minderjährige(Febem). Von den letzten Attacken hat er sich noch nicht erholt: Als in einer Febem-Einheit wiederum Jugendliche gegen Mißhandlungen, Überfüllung rebellierten, fuhr er sofort hin – eine Gruppe von Febem-Angestellten schlug ihm Zähne aus, trat auf ihn ein, zerbrach die Brille. Militärpolizisten schauten bewußt eine ganze Weile zu, griffen erst spät ein. „Sogar das Kreuz, das ich um den Hals trug, ein Geschenk aus Osnabrück, wurde mir abgerissen – hier ist die Situation eben längst außer Kontrolle.“ Lancelotti, der auch ein Heim für Aids-infizierte Kinder führt, erhält regelmäßig Morddrohungen – andere Pfarrer São Paulos haben ihr Engagement für Menschenrechte bereits mit dem Leben bezahlt – in Brasilien kommt es täglich zu politischen Morden, Attentaten. Theoretisch können er und seine Anwälte sich auf das Anti-Folter-Gesetz, das Statut zum Schutze der Heranwachsenden berufen. „In Brasilien dominiert aber leider Straflosigkeit, Folterer bleiben gewöhnlich ungeschoren, werden nicht einmal entlassen, sind durch die Autoritäten geschützt.“
„Kultur der Folter“
Daß die Gesetze nicht funktionieren, erklärt Lancelotti mit für manchen Europäer sicher überraschenden Gründen:“In diesem Land existiert die Sklavenhalterkultur, auch eine Kultur der Folter weiter – ein Großteil der Brasilianer befürwortet Torturen, die Todesstrafe, die Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters auf sechzehn, teils sogar vierzehn Jahre.“ Im Teilstaate São Paulo, dem reichsten ganz Brasiliens, mit weit über eintausend deutschen Unternehmen, sind in den Febem-Anstalten derzeit mehr als viertausend Heranwachsende konzentriert, täglich kommen etwa dreißig hinzu. Wo eigentlich gemäß den Vorschriften nur Platz für sechzig Minderjährige ist, werden in Zellen bis zu vierhundert zusammengepfercht, sind gewöhnlich völlig sich selbst überlassen. „Als letztes Jahr der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nigel Rodley, hier war, erklärte man ihm allen Ernstes, Jugendliche hätten sich Verletzungen selber beigebracht, im Streit miteinander.“ Der Padre, die eng mit ihm kooperierende Anwältin Francisca de Assis Soares, wissen von solchen Fällen, auch von sexueller Gewalt unter den Jugendlichen. Doch das sind Ausnahmen. Die Struktur dieser Anstalten ziele auf Unterdrückung, Entwürdigung, Verrohung – „über viele besonders sadistische Folterungen“, so Lancelotti“, reden wir öffentlich gar nicht mehr, weil es uns ja doch keiner glaubt.“ In einer Febem-Anstalt hatte man allen Ernstes Skinheads angestellt, wegen ihrer Aggressivität von den Minderjährigen nur „Pitbulls“ genannt.
Sadismus der Aufseher
Bekommen Lancelotti und sein Team Wind von Mißhandlungen, fahren alle sofort los, um gerichtsverwertbare Beweise zu sammeln, Torturen zu unterbrechen. „In einer Anstalt trafen wir auf über vierzig gefolterte Jugendliche – mit schweren Verletzungen, gebrochenen Armen und Beinen!“ Rebellieren Insassen einer Febem-Einheit, toben sich bei der Niederschlagung Aufseher, herbeigerufene Polizisten sadistisch aus.“Jugendliche mußten tagelang nackt hintereinander aufgereiht und aneinandergepreßt auf dem Boden hocken, das Geschlechtsteil am Gesäß des Vordermanns, durften nur in Plastikflaschen urinieren, die man dann über ihnen ausschüttete. Scharfe Hunde wurden rudelweise zwischen die Insassen gehetzt – wer deshalb aufstand, erhielt sofort Schläge. Und selbst das – Wärter zwingen Jugendliche, auf andere Insassen zu urinieren. Alles Folterpraktiken, tief entwürdigend!“
Aber könnte die Mitte-Rechts-Regierung unter Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Bewohner São Paulos, Ehrendoktor der Freien Universität Berlin, diese Zustände nicht ändern? „Brasilien ist nur eine formale Demokratie“, analysiert Lancelotti, „die Politiker in Brasilia leben wie auf einem anderen Planeten, fern der Realität, wollen von diesen Dingen nichts wissen – Zugang zu Präsident Cardoso haben wir nicht.“ Bestenfalls mit Galgenhumor registriert der Padre, welches Prestige Cardoso gerade in Europa, auch in Deutschland genießt:“Der Präsident führt sich wie ein Prinz auf, erhält überall Doktortitel. Aber wenn man in europäischen Zeitungen oder in der Genfer UN-Menschenrechtskommission über diese Zustände hier spricht – das mag er, seine Regierung, garnicht.“
Lancelotti räumt ein, daß ihn die Menschenrechtsarbeit zugunsten der Minderjährigen Brasiliens streßt, psychisch ermüdet. „Der Haß auf uns ist groß, wir werden verfolgt, lächerlich gemacht, sind nur wenige – und die Folter nimmt zu!“ Mit seiner Wochenkolumne in einer Tageszeitung São Paulos erreicht er wenigstens einen Teil der Öffentlichkeit. Und ein bißchen Mut macht, daß ihn das UN-Kinderhilfswerk Unicef im neuesten Jahresbericht ausdrücklich als Anwalt der Heranwachsenden Brasiliens hervorhebt.
Winfried Kretschmann in Brasilien 2011:
Adveniat in Sao Paulo:
„Häftlinge in Stücke gehackt“
Brasiliens bischöfliche Gefangenenseelsorge bringt alltäglichen Gefängnis-Horror vor UNO und Organisation Amerikanischer Staaten in Washington
„Ein historischer Moment für uns, ein Durchbruch“, freut sich der italienische Priester Xavier Paolillo, „erstmals werden wir auch bei der UNO gehört, nimmt man unsere Anklagen ernst.“ Paolillo leitet im Küsten-Teilstaat Espirito Santo die bischöfliche Gefangenenseelsorge, ist zudem Vizepräsident des dortigen Menschenrechtsrates, erhält seit Jahrzehnten Morddrohungen, stand schon ein ganzes Jahr lang rund um die Uhr unter Polizeischutz. Denn aus tiefer christlicher Überzeugung widmet er sich einem der gravierendsten Probleme des Tropenlandes, das nur zu viele im In-und Ausland lieber verdrängen, macht sich gerade unter den Politikern mehr und mehr Feinde. „Häftlinge werden in Stücke gehackt, anderen wird das Herz herausgerissen, wir finden Leichen ohne Knochen, Leichenteile in Müllkübeln – dazu kann man doch nicht schweigen“, bricht es aus ihm heraus. „Wir kämpfen seit über zehn Jahren in Espirito Santo für ein Gefängnissystem, das die Menschenwürde respektiert – doch jahrelang hat man uns ausgelacht. Die Regierung des Teilstaats wischte unsere Anzeigen und Faktenberichte vom Tisch, verlangte Beweise.“ Für Paolillo und die mit ihm verbündeten Menschenrechtsaktivisten beginnt daraufhin eine besonders komplizierte Etappe. Wie soll man Fotodokumente der Kerker-Greuel beschaffen, wenn die Mitnahme von Kameras bei den Anstaltsbesuchen strengstens verboten ist, ein Einschmuggeln an den peniblen Einlaßkontrollen scheitern würde? Doch es gelingt – gleichgesinnte Angestellte des Gefängnisapparates spielen Paolillo aussagekräftige Bilder zu, die den UNO-Menschenrechtsexperten letzten Monat im Genf die Sprache verschlagen. Nun hoffen Brasiliens Bürgerrechtler auf Druck durch die Weltgemeinschaft, damit den rund eine halbe Million Gefangenen wenigstens einigermaßen humane Haftbedingungen garantiert werden. Anwalt Bruno Alves de Souza, enger Mitstreiter von Priester Paolillo, schaut in Genf während seines Vortrags in entgeisterte, empörte Gesichter. „Viele mochten garnicht glauben, daß in brasilianischen Gefängnissen die Häftlinge gefoltert und sogar geköpft werden, man die Täter nicht ermittelt“, sagt Souza nach seiner Rückkehr aus der Schweiz. „Dabei sind diese Tatsachen doch seit vielen Jahren bekannt. Wir wurden immer wieder gefragt, wie denn diese Szenen des Horrors in einer weltweit anerkannten Demokratie, unter der Lula-Regierung, möglich seien. Für die Fragesteller in der UNO-Menschenrechtskommission schienen offenbar alle Probleme Brasiliens gelöst.“ Am Tage vor der Anhörung, so sickerte durch, wird Anwalt Souza von Brasiliens Botschaft in der Schweiz in die Mangel genommen, will man ihn dazu bewegen, die Zustände in einer abgeschwächten Form zu präsentieren. Doch der Bürgerrechtler gibt nicht nach.
Auch Priester Paolillo setzt der geringe Informationsgrad in Europa über Brasiliens Realitäten immer wieder in Erstaunen. Denn über ein Jahr vor der UNO-Anhörung war er mit dem Beweismaterial in die Hauptstadt Brasilia gereist, hatte alles dem Nationalkongreß, dessen Menschenrechtskommission unterbreitet, unverzügliche Maßnahmen angesichts dieser gravierenden Verfassungs-und Gesetzesverstöße gefordert. „Man muß sich das vorstellen – in Zellen für 30 Häftlinge werden über 300 gepfercht, beträgt die Temperatur teilweise über 50 Grad. Ganze Gefängnisse bestehen nur aus Metallcontainern und haben die Struktur von Konzentrationslagern. Männer und Frauen hausen mit Ratten, werden nicht medizinisch betreut. Die hygienischen Bedingungen, der Gestank sind unbeschreiblich. Wegen der Folter kommt es immer wieder zu Selbstmordversuchen, ein Jugendlicher hat jetzt aus Verzweiflung versucht, sich zu verbrennen, andere betreiben Selbstverstümmelung.“
Brasilien ist das Land mit der weltweit viertgrößten Häftlingszahl, die Hälfte davon garnicht abgeurteilt. Da allein im Teilstaat Espirito Santo laut Anwaltsverband pro Tag ein Gefangener ermordet wird, heißt dies nur zu oft, daß völlig Unschuldige die Untersuchungshaft nicht überleben. Sogar am Tage der Genfer UNO-Anhörung starb ein mißhandelter Häftling an seinen Verletzungen. Wieviele Brasilianer in der Haft tatsächlich umkommen, gar zerstückelt werden, läßt sich von der bischöflichen Gefangenenseelsorge nicht ermitteln. „Wegen der Vertuschungspolitik erfahren wir nur von einem Bruchteil der Fälle, werden wir nur zu oft in Gefängnisse garnicht hineingelassen.“
Priester Paolillo, der zum italienischen Comboni-Orden gehört, stellt klar, daß eine Resozialisierung garnicht versucht wird. Etwa 90 Prozent der Häftlinge seien Arme und Verelendete, die man nur zu oft wegen lächerlicher Bagatelldelikte einsperrte. „In Brasilien reicht nach wie vor aus, etwa im Supermarkt billige Nahrungsmittel, ein paar Rasierklingen oder ein Haarshampoo zu stehlen, um für lange Zeit hinter Gitter zu kommen.“ Verhängnisvoll nennt der Priester, psychisch Kranke einzusperren, außerdem körperlich starke Häftlinge über schwächliche, kränkliche herrschen zu lassen. Das schaffe Strukturen der brutalen Unterwerfung und des Machtmißbrauchs.
“Für uns ist sehr enttäuschend, wenn Regierungspolitiker aus Macht-und Parteiinteressen zu den Menschenrechtsverletzungen schweigen, nichts unternehmen. Jetzt sind wir allein im Teilstaat Espirito Santo fünf kirchliche Menschenrechtsaktivisten, die man umbringen will. Immer wieder hat man unbequeme Priester erschossen und dies offiziell als Raubmord hingestellt.“
Anwalt Souza soll ebenfalls liquidiert werden, beklagte sich im Interview über fehlenden Schutz für Menschenrechtsverteidiger wie ihn. Kurz darauf hat er Polizeischutz erhalten. Brasiliens Bürgerrechtler mutmaßen, daß der Regierung natürlich klar ist, wie die Weltgemeinschaft auf die Ermordung eines Anwalts, der bereits vor der UNO auftrat, reagieren würde – und unternahm schleunigst die nötigen Schritte.
Padre Paolillo und seinen Mitstreitern macht zudem Hoffnung, daß als Resultat ihres Kampfes und ihrer Aufklärungsarbeit viele Brasilianer heute offenbar umdenken. Denn in Deutschland entfällt statistisch pro Jahr auf 100000 Einwohner ein Mord – in Paolillos Stadt sind es indessen 98 Getötete.
“Gemäß einer neuen Umfrage meinen heute 75 Prozent der Bewohner meines Teilstaates, daß ein humaner Strafvollzug die Resozialisierung fördert und die entsetzliche Gewalt auf den Straßen vermindert. Diese 75 Prozent wenden sich gegen die allgemeine Auffassung, daß man Häftlinge wie Tiere behandeln muß, weil sie Verbrechen begingen. Denn ein sadistisches Haftsystem vervielfacht doch nur die Gewalt in den Gefängnissen und auf der Straße.“
Wer mit Menschenrechtsaktivisten der Gefangenenseelsorge spricht, bemerkt sofort, daß ihre Arbeit tiefe Spuren in der Psyche hinterläßt. Priester Paolillo ist keine Ausnahme. “Was wir in den Gefängnissen an menschlichen Dramen miterleben, läßt uns viele Nächte nicht schlafen – all der Horror geht einem immer wieder durch den Kopf. Und der entsetzliche Geruch der Gefängnisse sitzt mir auch nach Tagen noch tief in den Poren, der ganze Körper ist davon imprägniert. Um all dies aushalten und weiterkämpfen zu können, hilft mir der Glaube, das Wort Gottes, das Licht des Evangeliums.“
Der Padre konstatiert, daß nach den Anhörungen in Genf und Washington sogar hohe Beamte des brasilianischen Justizapparats nicht mehr umhinkommen, den Gefängnishorror einzugestehen. „Das ist ein Verbrechen des Staates gegen die Häftlinge – monstruös, ein Fall grauenhaften Prestigeverlustes für das Land“, sagte jetzt überraschend Minister Cezar Peluso, der in Kürze Präsident des Obersten Gerichtshofs wird, gegenüber der Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“. Auch dieses Eingeständnis läßt Brasiliens kirchliche Menschenrechtsaktivisten hoffen.
Ausriß.
« „UN hopes those responsible for shelling of Donetsk school will be brought to trial“. Kiewer rechtsextremistische Putschregierung, die Terrorattacken gegen die Ostukraine auch vom deutschen Steuerzahler finanziert. Weiter Nachrichtensperre in deutschen Medien über verdeckte CIA-Operationen, US-Elitesöldner in der Ukraine. – „US, NATO say no evidence of new ‚Russian invasion‘ of Ukraine“. Aktuelle Manipulationstricks – kontrastierende Wertvorstellungen der Konfliktparteien werden verschwiegen. Wer unterstützt, finanziert Nazis, Faschisten, Antisemiten, SS-Verherrlicher – wer ist gegen diese? »
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