„Der Anschlag von Salisbury sei „Ausdruck eines bestimmten Musters, das wir seit einigen Jahren beobachten: Russland wird immer unberechenbarer und immer aggressiver“. Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, der Stationierung von Truppen in Georgien und zahlreichen Cyberattacken gebe es neue, weitere Bedrohungen. Russland führe neuerdings Nuklearwaffen in Militärdoktrin und Militärübungen zusammen. „Das reduziert die Schwelle für den Einsatz von Nuklearwaffen seitens Moskau“, sagte Stoltenberg der „Welt am Sonntag“. Es bestehe auch „die Gefahr, dass die russische Regierung sich schrittweise vom Einsatz konventioneller Waffen in Richtung Nuklearwaffen bewegen könnte“. Die NATO-Staaten müssten darum ihre Verteidigungsbereitschaft und ihre Fähigkeiten weiter verbessern. „Ich denke, dass Kanzlerin Merkel und ihre Kollegen beim NATO-Gipfel im Juli in Brüssel neue Entscheidungen treffen werden. Wir müssen wachsam und entschlossen sein“, sagte der frühere norwegische Ministerpräsident. Russland dürfe sich nicht „ erkalkulieren“. „Wir sind jederzeit bereit zu antworten, wenn ein Verbündeter militärisch angegriffen wird. Wir wollen glaubhaft abschrecken. Wir wollen keinen Krieg.“ Ziel der NATO sei vielmehr die Deeskalation.“
Diese Darstellung Stoltenbergs ist faktenwidrig, verlogen und propagandistisch (wie es sich für seinen Job als Kriegshetzer gehört). Weder sind russische Truppen in Georgien stationiert, noch ist die Salisbury-Affäre aufgeklärt. Weder Cyberattacken sind den Russen nachgewiesen, noch ist die friedliche vom Willen der Bevölkerung getragene Krimsezession völkerrechtswidrig oder für die NATO friedensgefährdend. (Fakt ist, dass Putin dort bei den neuesten Wahlen über 90% der Stimmen erhielt. Eine besonders eindrucksvolle Ohrfeige an den kriegsgeilen Westen).
Wohlweislich unterschlägt Stoltenberg in seiner Schauer-Geschichte, dass die Bedrohungen und Aggressionen nicht von Russland, sondern regelmäßig von der „Westlichen Werte-Gemeinschaft“ ausgehen: Die mit längst bekannten Lügen „begründeten“ Kriege gegen den Irak, Jugoslawien und Libyen, die Unterstützung der Söldnerheere militanter Dschiadisten und Kopfabschneider in Syrien, das massenhafte Morden mit Drohnen, der Überfall des NATO-Staates Türkei auf die Kurden, die Einkreisungspolitik der NATO, die ihren „Zuständigkeitsbereich“ inzwischen bis an die russische Grenze erweitert hat und immer mehr Truppen dorthin verlegt, und die Erhöhung der Rüstungsausgaben um 2 %, obwohl die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich bereits jetzt 850 MRD Dollar, also das 17 fache mehr für Rüstung jährlich ausgeben als Russland… Man könnte angesichts der Faktenlage die irrwitzigen Sprüche des NATO-Mannes als Realsatire abtun, wären sie nicht gar zu primitiv und aggressiv – und damit gefährlich.
ARD-aktuell übernimmt nun diese dreisten und abwegigen, die Fakten verdrehenden Äußerungen Stoltenbergs, ohne auch nur den Hauch einer Versachlichung zu versuchen und Richtigstellung zu vermitteln. Die Redaktion lässt nicht die geringste Distanz zu dem Stoltenberg-Quatsch erkennen und verleiht ihm damit den Rang von Faktischen. Damit bestätigt sie erneut, dass sie keine Nachrichtenredaktion des öffentlichen Rundfunks ist, sondern eine Ausgliederung der NATO-Presstelle.
Zugleich betätigt sie sich erneut als kritiklose Werberin des Springerverlags.
Das widerspricht den Vorgaben des Im Rundfunkstaatsvertrags. In § 11e steht:
„Den Nutzern bietet die ARD mit ihren Onlineangeboten durch unabhängige redaktionelle Auswahl und transparente Nutzerführung Orientierung im Netz. Sie ist von besonderer Bedeutung in einem Medium, das durch eine nicht abzählbare Fülle von Informationen und Diensten sowie durch ein kommerzielles Umfeld geprägt ist.“
Der Beitrag ist weder unabhängig noch bietet er eine qualitative „Nutzerführung“ oder gar sachgerechte Orientierung. Er ist nur belangloser Abklatsch bzw. bloße Übernahme eines Interviews eines Verlags-Konzerns, der seit Jahrzehnten für journalistisch fragwürdige, häufig reaktionäre und indiskutabel miese Publizistik und für die arbeitsvertragliche Verpflichtung (!) seiner Journalisten auf das transatlantische Bekenntnis bekannt ist.
Weiter ist in den gesetzlichen Bestimmungen zu lesen: „Die Onlineangebote bieten den Rundfunkteilnehmern hochwertige Inhalte der ARD …… Die ARD will mit ihren Onlineangeboten alle Bevölkerungsgruppen erreichen. Angebotsstrukturierung und Themenauswahl folgen den Kriterien der umfassenden Information, der Themenvielfalt und Programmqualität….“
Es hat keinerlei informatorische Qualität mehr, dass Springerblätter verlogene Geschichten hochjubeln und ein Stoltenberg als Quelle sich regelmäßig mit seinen Übetreibungen lächerlich macht und nicht mal als Staatsschauspieler eine halbwegs hinnehmbare Leistung bringt.
Vor dem gesetzlichen Anspruch ist das „Angebot“ der Gniffke-Truppe nicht anders zu bewerten als der Stoltenberg-Stuss selbst: eine lächerliche, deswegen aber nicht minder gefährliche Juxnummer. Stoltenberg kann sich noch darauf berufen, für seine Kriegshetze einen Auftrag der Führungsmacht USA und der Regierungen der Mitgliedsländer zu haben. ARD-aktuell hat von Gebührenzahler und Gesetzgeber allerdings kein entsprechendes Mandat zur Lüge und maßlosen Übertreibung und zum bodenosen Abkupfern von Dreck aus der Springer-Presse.
Beleg:
„Die Onlineangebote entsprechen dem öffentlich-rechtlichen Programmstandard und erfordern eine eigenständige journalistische Leistung“, heißt es im Staatsvertrag. Der Widerspruch ist augenfällig.
Möglicherweise werden die Gniffke-Helden sich wieder damit herauszureden versuchen, dass sie doch die Äußerungen Stoltenbergs korrekt repliziert hätten. Wenn der Unsinniges erzähle, sei das nicht ihnen zuzurechnen. Um faule Ausreden sind er und seine Untergebenen ja nie verlegen. Aber wenn denn tatsächlich als Neuigkeit und als „Nachricht“ zu betrachten wäre, dass der NATO-Mann mal wieder Stuss abließ, dann hätte die Redaktion dem Publikum zugleich und als Einordnungshilfe kenntlich machen müssen, dass es sich objektiv um Stuss handelte.
ARD-aktuell dürfte das wie üblich bestreiten und sich weiter vorbehalten, dieses argumentative Hintertürchen zu benützen. Das macht klar, dass ARD-aktuell – wie fast alle sogenannten Qualitätsmedien – darauf pfeift, ihre originären aufklärerischen Auftrag ernst- und wahrzunehmen. Jean Jaques Rousseau bezeichnete die Presse als Vierte Gewalt im Staat, neben der Legislativen, der Exekutiven und der Judikativen. Sie habe die Funktion, den Mächtigen auf die Finger zu schauen, ihnen nicht die öffentliche Meinungsbildung zu überlassen und vor allem jene Informationen zu veröffentlichen, die gewöhnlich nicht freiwillig verbreitet würden. Das ist die eigentliche Aufgabe: nicht nur wiedergeben, was andere sagen, sondern Handlungen und Ereignisse einordnen und Zusammenhänge erklären. Diese Aufgabe ist denn auch in den Rundfunkstaatsverträgen ausdrücklich formuliert: „den Zuschauer befähigen, sich ein eigenes angemessenes Urteil über das Weltgeschehen zu bilden.“
Wie sich zeigt: Davon sind Gniffke und seine Leute meilenweit entfernt, sie plappern kritik- und distanzlos nach, was ihnen Regierungen, politische Eliten oder PR-Agenturen erzählen oder vorkauen. Da wird nicht nachgefasst, da wird nichts mit den objektiven Fakten abgeglichen, nichts eingeordnet, korrgierend interpretiert. Zusammenhänge werden nicht erklärt, Ereignisse nur einäugig betrachtet.
Vierte Gewalt? Gniffke und Gefolge verfügen nicht über Eigenständiges. Sie sind Büttel im Rahmen vorfindlicher Machtstrukturen, nichts weiter. Mediales Ausführungsorgan im Rahmen auch von Akzeptanzstrategien für bellizistische Interessen und kriegsbereite Politik, die mit so frechen Lügen arbeitet wie „ mehr Verantwortung übernehmen“, wenn sie mehr militärischen Aufwand und Machtentfaltung gegenüber anderen Ländern meint. Das kriegsbereite Gekläffe eines NATO-Politikers unreflektiert in die Gesellschaft zu tragen, das ist ARD-aktuell-Realität: staatsvertragswidrig, unjournalistisch, amoralisch, verantwortungslos.
Mit freundlichen Grüßen
F. Klinkhammer, V. Bräutigam