Zerstückelter Häftling im Teilstaat Espirito Santo
“Von allen linken Präsidenten hat Lula, der als am wenigsten links eingeschätzt wird, die größten Erfolge.” Gregor Gysi
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/04/neuer-menschenrechtsreport-direitos-humanos-no-brasil-2008-folter-sklavenarbeit-terror-gegen-arme/
Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/
Günter Nooke, April 2009 in Brasilia: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/04/07/unsagliche-folterpraxis-in-brasilien-gunter-nooke-menschenrechtsbeauftragter-der-deutschen-bundesregierung-kritisiert-in-brasilien-folter-und-andere-menschenrechtsverletzungen-druck-ist-noti/
Die deutschstämmige Maria Nacort, Mutter eines exekutierten Sohnes, die im Teilstaat Espirito Santo eine Menschenrechtsgruppe leitet, legte dem Tribunal erschütternde Fotos über Greueltaten in den total überfüllten Haftanstalten vor.
Die Jurymitglieder des Tribunals, darunter Waldemar Rossi als Vertreter der bischöflichen Sozialpastoralen, erklärten, daß es sich angesichts dieser Zustände bei Brasilien keineswegs um einen Rechtsstaat handele, weniger noch um eine echte Demokratie. Der Staat mache sich mit derartigen Methoden zum Instrument neoliberaler Politik sowie perverser Eliten. Außerdem wurde betont, daß der Staat für das Ausmaß von Verbrechen und Gewalt, für eine Gesellschaft der Angst, für den Terror des organisierten Verbrechens sowie von Banditenkommandos gegen wehrlose Slumbewohner verantwortlich sei. Käme der Staat laut Gesetz und Verfassung seinen Verpflichtungen nach, gäbe es Kriminalität dieses Ausmaßes nicht. Nur zu oft wende die brasilianische Polizei gerade gegen Arme, Bewohner der Slumperipherien in völlig ungesetzlicher Weise Gewalt an.
Es sei zudem unglaublich, daß Brasiliens Justizapparat 20 Jahre nach dem Erlaß einer demokratischen Verfassung sogar zahlreiche Grundrechte der Arbeitenden immer noch nicht in geltendes Recht umgesetzt habe. Chefankläger Sampaio plädiert daher für die moralisch-politische Verurteilung des brasilianischen Staates. Jury und Nebenkläger stimmen zu. Die jeweils zuständigen Stellen in Regierung und Teilstaaten wurden vom Menschenrechtstribunal ganz offiziell eingeladen, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Doch kein einziger Staatsvertreter erscheint oder nimmt anderswie Stellung, was Bände spricht.
Aber wimmelt es im großen Auditorium der Rechtsfakultät, die einst ein Hort der Diktaturgegner war, wenigstens von TV-Teams und Reportern der brasilianischen Medien, gar Mitteleuropas, großen Fernsehanstalten Deutschlands? Ebenfalls totale Fehlanzeige – das hochkarätige Expertentribunal arbeitet drei Tage lang sozusagen unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Nicht zufällig setzt daher Chefankläger Plinio Sampaio die großen Landesmedien mit auf die Anklagebank und wirft ihnen vor, die Masse der Bevölkerung gegen die Menschenrechtsverteidiger aufzubringen. Auf dem Tribunal, bei dem festangestellte Richter und Richterinnen den Vorsitz führen, fehlen auch die großen Auslandsmedien sowie Vertreter sogenannter Menschenrechtsorganisationen Europas.
An dem Tribunal nahmen auch die Franziskaner Sao Paulos teil, deren Kloster direkt an die Rechtsfakultät grenzt.
Kurz vor dem 60.Jahrestag der UNO-Deklaration ringt sich indessen Paulo Vannuchi, Lulas Menschenrechtsminister, zu dem bemerkenswerten Eingeständnis durch, daß in Brasilien täglich außergerichtliche Exekutionen und Blutbäder teils sogar von Todesschwadronen verübt würden. „Es gibt keinen einzigen Tag, an dem in Brasilien die Menschenrechte nicht verletzt werden.”
”Heute wird in Brasilien mehr gemordet als unter der Militärdiktatur. Dr. Marisa Feffermann, Sozialwissenschaftlerin, Psychologin, Menschenrechtsaktivistin.
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/23/unesco-zeichnet-lula-in-paris-wegen-forderung-des-friedens-und-der-rechtsgleichheit-aus-preis-mit-150000-dollar-dotiert-jury-von-henry-kissinger-gefuhrt/
”Betroffen von Tötungen sind vor allem junge Schwarze und Arme, weil der Staat seine eigenen Gesetze verletzt, sagte Dr. Marisa Feffermann im Website-Exklusivinterview in Sao Paulo. ”Es gibt einen Teil der Bevölkerung, der wie Wegwerf-Ware behandelt wird – und niemand spricht darüber.”
Besonders erschreckend sei die Lage in den ”unmenschlichen Gefängnissen des nordöstlichen Teilstaats Bahia, der von Gouverneur Jaques Wagner aus Lulas Arbeiterpartei PT regiert wird. Man kann nicht länger so tun, als sei bei den Menschenrechten alles wunderbar in diesem Land. Dabei handelt es sich hier keineswegs um eine Diktatur, sondern um einen demokratischen Staat. Nicht nur Lula, sondern auch die Regierungen der Teilstaaten sind für die Situation politisch verantwortlich.” Dr. Marisa Feffermann beklagt ferner ”soziale Säuberungen, die politische Apathie in Brasilien sowie die außerordentliche Rolle des organisierten Verbrechens. ”Wäre der Staat ehrlich und gesetzestreu, gäbe es kein organisiertes Verbrechen. Weil der Staat es zuläßt, organisieren sich die Verbrecher in PCC oder CV. Die existierende staatliche Ordnung ist pervers und macht den Kriminellen erst möglich. In Sao Paulos Slums sorgt der PCC dafür, daß weniger als früher gemordet wird, um Ruhe und Ordnung im eigenen Markt-und Machtbereich zu haben. Fälle von Einbruch, Diebstahl und sogar Ehestreit werden von den Tribunalen des PCC, den sogenannten `Disciplina`gelöst. Wer beispielsweise in der Favela klaut, wird vom Disciplina des PCC gerufen, dann verwarnt bzw. bestraft. Es ist erschreckend, daß die Slumbewohner mehr an die PCC-Gesetze glauben als an die Gesetze des Staates. Der PCC kooperierte früher mit dem CV von Rio de Janeiro, trennte sich von diesem aber, weil diese Organisation zuviel mordet.”
Auswärtiges Amt, Berlin:
Politische Beziehungen
Die deutsch-brasilianischen Beziehungen sind politisch, wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich breit verankert. Sie basieren auf gemeinsamen Werten und übereinstimmenden Auffassungen zur globalen Ordnung. Im Aktionsplan der deutsch-brasilianischen strategischen Partnerschaft (Mai 208) vereinbarten beide Länder den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit im bilateralen und multilateralen Bereich.
Die bilateralen Beziehungen werden überwölbt von der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Brasilien.
Menschenrechts-
aktivistin Maria das Gracas Nascimento Nacort, Präsidentin der Associacao de Maes e Familiares de Vitimas da Violencia de Espirito Santo.
Jurymitglieder – links Waldemar Rossi, Führer der bischöflichen Arbeiterseelsorge in Sao Paulo, neben ihm Wagner Santos, Überlebender des Massakers an der Candelaria-Kirche von Rio de Janeiro. Rechts neben Santos das Jurymitglied Paulo Arantes, Philosophieprofessor an Brasiliens führender Bundesuniversität USP in Sao Paulo – neben ihm die renommierte Schriftstellerin, Psychoanalytikerin und Kolumnistin Maria Rita Kehl.
Jurymitglied Marcelo Yuka, Musiker und Komponist, Menschenrechtsaktivist aus Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Chefankläger Plinio Sampaio
Ausriß, Radio Vatikan . “Die Stimme des Papstes und der Weltkirche”. “Brasilien: Kirchliche Menschenrechtler enttäuscht über Merkel”.
Jurymitglied Cecilia Coimbra, stehend, Präsidentin der Menschenrechtsorganisation “Nie mehr Folter”(Tortura nunca mais), vor ihr Marcelo Yuka.
“Salao Nobre” der Rechtsfakultät, einst Hochburg der Diktaturgegner, in Sao Paulo.
Landlosenführer Gilmar Mauro, Zeuge auf dem Menschenrechtstribunal von Sao Paulo. “Barbarie social”:http://www.hart-brasilientexte.de/2008/09/10/unter-lula-hat-sich-die-soziale-ungleichheit-die-kluft-zwischen-armen-und-reichen-in-brasilien-vergrosert-landlosenfuhrer-gilmar-mauro/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/29/osterreichischer-pfarrer-und-gefangenenseelsorger-gunther-zgubic-in-brasilien-weiter-folter-in-allen-varianten-eine-deutsche-frau-wurde-unglaublich-mit-elektroschocks-kaputtgemacht-psychisch-ner/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/22/menschenrechte-in-brasilien-polizei-todesschwadronen-in-lateinamerikas-fuhrendem-wirtschaftszentrum-sao-paulo-konstatiert/
Frei Betto zu Folter in Brasilien unter Lula-Regierung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/22/ich-bin-christ-und-sehe-mich-als-revolutionar-brasiliens-wichtigster-befreiungstheologe-frei-betto/
Gefangenenseelsorger Günther Zgubic aus Österreich, Brasiliens katholische Kirche und die deutsch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen:
Den Regierungen mitteleuropäischer Länder wie Deutschland wirft der Pfarrer vor, derartige Menschenrechtsverletzungen einfach nicht anzuprangern. „Ökonomische Interessen haben Vorrang – für Deutschland soll wirtschaftlich möglichst viel herausschauen – deshalb unterbleibt Kritik, prangert man beim brasilianischen Partner nichts an – das ist für uns völlig klar. Ich rechne nicht damit, daß wir Menschenrechtler da in Deutschland in dieser Frage viel ändern können.”
Deutschlands “Grüne” stufen Brasiliens Regierungspolitik als “fortschrittlich” ein:
“Trotz der fortschrittlichen Regierungspolitik steht Brasilien weltweit an vorderster Stelle bei
Morden an Homosexuellen und Transgendern.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/05/die-zensur-gibt-nie-auf-wohlverkleidet-getarnt-kommt-sie-immer-wieder-anzeige-der-brasilianischen-pressevereinigung-abi/
siehe: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/23/weit-verbreitete-gleichgultigkeit-gegenuber-der-situation-in-lateinamerika-bischof-erwin-krautler-im-orf/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/12/franziskanerpriester-johannes-bahlmann-in-sao-paulo-wir-sind-hier-in-friedensstiftender-mission-brasiliens-komplexe-realitat-ist-in-deutschland-nur-schwer-zu-vermitteln/
Paulo Lins, “City of God”: “Brasilien ist ein Mörderstaat”.http://www.swr.de/swr2/programm/extra/lateinamerika/stimmen/beitrag21.html
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/01-Laender/Brasilien.html
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/29/kuba-wandelt-selten-vollstreckte-todesurteile-in-haftstrafen-um-abschaffung-der-scheiterhaufen-sowie-der-regelmasig-todesstrafen-verhangenden-sondergerichte-der-ghettos-nicht-in-sicht/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/29/kinderprostitution-in-brasilien-madchen-bieten-sich-fur-achtzig-cents-an/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/05/bye-bye-brasil-weltsozialforum-erfinder-oded-grajew-aus-sao-paulo-zum-massenexodus-von-brasilianern-in-die-erste-welt/
http://www.bpb.de/themen/AG8OHL,0,0,Brasiliens_Widerspr%FCche.html
“Brasil de Fato” über Menschenrechtstribunal:http://www3.brasildefato.com.br/v01/agencia/agencia/nacional/entidades-responsabilizam-estado-brasileiro-por-politica-de-exterminio
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/04/12/entwicklungshindernis-gewalt-ein-arbeitsbuch-uber-neue-kriege-und-erzwungene-armut-fur-oberstufe-und-erwachsenenbildung/
“Das Leben in Brasilien ist leicht und unbeschwert. Probieren Sie es selbst.” (Reisepropaganda)
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/06/demo-mit-zerstuckeltem-haftling-in-vitoria-extremsituationen-extremreaktionen-maria-nacort-eine-couragierte-menschenrechtsaktivistin-appelliert-an-amnesty-international-und-uno/
Expertenseminar des Goethe-Instituts Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/
ai-Journal Dezember 1996
Die “Hölle auf Erden”
BRASILIEN
Die “Hölle auf Erden”
Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.
Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.
Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen “Real” von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.
Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: “Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.” Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.
Pervertieren statt resozialisieren
Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder “Human Rights Watch” prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der “Pastoral Carceraria” im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: “Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.” Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die “Presidios” – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt
nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.
Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: “Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.”
Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen
Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: “Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.
Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.” Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.
Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen “politisch korrekten” Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. “Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt”, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: “Diese ist schuld an der Situation.”
Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. “Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, “wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?”
Amnestie nur Kosmetik
Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.
Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.
Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.
Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis “Carandiru” von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In “Carandiru” ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
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Menschenrechtsaktivistin Marisa Feffermann bei Menschenrechtstribunal in der Rechtsfakultät von Sao Paulo(2009 saß auf diesem Stuhl Marianne Birthler beim Expertenseminar des Goethe-Instituts über Vergangenheitsbewältigung.Die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, darunter von Willy Brandt, zur Militärdiktatur, wurden auffälligerweise nicht debattiert, die Rolle Brandts nicht einmal erwähnt. Marianne Birthler verlor über diese Frage kurioserweise nicht ein einziges Wort – obwohl man gerade von ihr, wegen ihres Postens, dazu sehr ausführliche, tiefschürfende Bewertungen erwartet hatte. )
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-des-teilstaats-sao-paulo-zur-aufklarung-der/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/20/brasilien-kuba-bloggerin-folgt-einladung-der-fur-gravierende-menschenrechtsverletzungen-verantwortlichen-partei-psdb-nach-brasilia-verfolgung-von-menschenrechtsaktivisten-in-dem-von-der-psdb-regiert/
Padre Xavier Paolillo in Vitoria, Espirito Santo.
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/haftlinge-wurden-in-stucke-gehackt-anderen-wurde-das-herz-herausgerissen-zerstuckelte-gefangene-wurden-in-abfallkubeln-gefunden-padre-xavier-paolillo-leiter-der-gefangenenseelsorge-im-brasilia/
Anwalt Bruno Alves de Souza Toledo , Präsident des Menschenrechtsrates im Teilstaat Espirito Santo, vor UNO-Menschenrechtsrat in Genf 2010.
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/in-den-brasilianischen-gefangnissen-sind-die-opfer-des-politisch-wirtschaftlichen-systems-eingekerkert-anwalt-bruno-alves-de-souza-29-prasident-des-menschenrechtsrates-im-teilstaat-espirito-san/
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Bundesaußenminister Guido Westerwelle/FDP 2010 in Sao Paulo – wie die FDP tickt:
“Die brasilianische Regierung, mit der Autorität ihrer Erfolgsgeschichte im Hintergrund, sie macht ihr Wort in der Weltpolitik…Aber, meine Damen und Herren, was uns verbindet, das sind gemeinsame Werte. Und wenn man gemeinsame Werte hat, wenn man Ansichten zur Rechtsstaatlichkeit, zur Notwendigkeit internationaler Kooperation, zum Primat des Völkerrechts teilt, so ist das eine ganz besonders verlässliche Basis für eine strategische Partnerschaft. Wir haben ähnliche Vorstellungen über den Wert individueller Freiheit…”
Die Rio-Äußerung 2010 von Bundesaußenminister Guido Westerwelle(FDP), die wegen der grauenhaften Menschenrechtslage in Brasilien besonders aufhorchen ließ:”Erneut lobte Westerwelle in seiner Rede Brasilien als wichtigen “strategischen Partner” Deutschlands. Die Interessen reichten weit über Wirtschaftsinteressen hinaus. “Wir wissen, dass wir im Geiste sehr eng verbunden sind.” (Tagesspiegel) Außenminister Westerwelle traf diese Bewertung vor dem Hintergrund sehr genauer Kenntnis der gravierenden, von Staat und Regierung/Staats-und Regierungsangestellten begangenen Menschenrechtsverletzungen in Brasilien. Dies läßt wichtige Rückschlüsse auf aktuelle Politikziele in Deutschland zu.
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/
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http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/25/karl-theodor-freiherr-von-und-zu-guttenberg-deutscher-bundesminister-fur-wirtschaft-und-technologie-eroffnet-27-deutsch-brasilianische-wirtschaftstage-am-30-august-in-vitoria-teilstaat-espirito/
Menschenrechtsbeauftrage hätten gerade in einem demokratischen Staat eine wichtige Funktion. Aber sie haben nicht wirklich wesentliche Kompetenzen und Einfluß.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/04/07/unsagliche-folterpraxis-in-brasilien-gunter-nooke-menschenrechtsbeauftragter-der-deutschen-bundesregierung-kritisiert-in-brasilien-folter-und-andere-menschenrechtsverletzungen-druck-ist-noti/
Zilda Marcia Gricoli Iokoi, ehemals gefolterter politischer Häftling, hatte das Expertenseminar des Goethe-Instituts in der Rechtsfakultät von Sao Paulo feierlich eröffnet. Im Website-Interview verurteilte sie die Amnestie für Diktaturverbrecher Brasiliens. “Deshalb haben wir heute eine Gesellschaft, in der Folter, Massaker, das Verschwindenlassen unerwünschter Personen weitergehen – wie damals zur Militärdiktatur. Nur redet man nicht mehr von politischen Verbrechen. Ich erinnere nur an den Kampf der Landlosenbewegung MST, an die ungesühnten Massaker an Landlosen.”
Iokoi nannte auch die Militärpolizei ein Erbe des Militärregimes. “Da wird gefoltert, um Geständnisse`zu erzwingen, werden Familien um Geld erpreßt, finden wir die Militärpolizei mitten unter den Drogengangstern, im Waffenschmuggel, im Raubgeschäft – alles ein Relikt einer Zeit, deren Täter nicht bestraft wurden. Folterer von damals foltern auch heute. Die Mechanismen der Repression sind noch aktiv in Brasilien.” Iokoi wies auch auf psychologische Aspekte: “Wir fragten damals die Folterer: Ihr habt doch Familie, Kinder – wie könnt ihr nach dieser Arbeit dann einfach zu denen nach Hause gehen? Sie antworteten: Die Folter ist in mir drin, ich schlage meine Frau, die Kinder. Diese Folterer wußten, daß sie einen Weg unkontrollierter Gewalt weitergingen.”
Die Expertin äußerte sich auch zu früheren Diktaturaktivisten wie der ehemalige Folterer Romeu Tuma, die heute in Staat und Regierung als Politiker öffentlich für Menschenrechte eintreten, gegen die Korruption wettern:”Das ist alles nur Lüge, Gerede, einfach grotesk. Romeu Tuma ist heute Kongreßsenator und ein Freund von Staatspräsident Lula. Der Folterer Major Curio bombardierte Indiodörfer, Landlosencamps – heute ist er Politiker – das ist doch eine Tragödie! Gravierend ist, daß die Menschen in Brasilien nichts über die Geschichte wissen. Das Schweigen führt dazu, daß diese Politiker an der Macht bleiben, gar als Helden gefeiert werden.”
Sehr problematisch sei die Rolle der großen, tonangebenden Medien Brasiliens, die systematisch über viele brisante Fakten nicht berichteten.
“Das ist Zensur – denn wir haben ein starkes, undemokratisches Medienmonopol in Brasilien. Neun Familien beherrschen das nationale Mediensystem, man liest nur, was die Zeitungsbosse wollen. Oft wollen Journalisten über Unerwünschtes schreiben, doch deren Texte werden zensiert, gekürzt. Mir sagen Journalisten beim Interview immer wieder: Ich weiß aber nicht, ob es gedruckt, gesendet wird. Man schaue sich nur dieses hochkarätige Expertenseminar an – Brasiliens Medien sind nicht präsent.”
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Plinio Sampaio – wie tickt der einzige kirchliche Menschenrechtsaktivist unter den Präsidentschaftskandidaten für die Pflichtwahl Brasiliens im Oktober? Chefankläger beim Internationalen Menschenrechtstribunal in Sao Paulo. **
http://www.ihu.unisinos.br/index.php?option=com_entrevistas&Itemid=29&task=entrevista&id=33223
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/02/sklavenarbeit-unter-lula-angeprangert-vom-deutschstammigen-kardinal-odilo-scherer-im-protest-gottesdienst-am-1-mai-in-der-kathedrale-sao-paulo/
Plinio Sampaio(PSOL) http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/06/menschenrechtstribunal-in-sao-paulo-verurteilt-brasilianischen-staat-wegen-folter-gefangnis-horror-kriminalisierung-von-armen-und-sozialbewegungen-sowie-wegen-bruchs-internationaler-menschenrechtsab/
Sampaio wird von den Medien derzeit nur selten erwähnt, die tagtäglich die drei Hauptkandidaten José Serra, Dilma Rousseff und Marina Silva herausstellen. Brasiliens gravierende Menschenrechtsprobleme, darunter Folter und Todesschwadronen, lassen diese Kandidaten bisher unerwähnt. http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/09/summarische-exekutionen-in-brasilien-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-bestatigt-richtigkeit-neuer-uno-studie/
http://g1.globo.com/especiais/eleicoes-2010/noticia/2010/06/psol-oficializa-candidatura-de-plinio-sampaio-presidencia.html
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/18/brasiliens-mensalao-demokratie-arbeiterpartei-mitgrunder-plinio-sampaiopsol-fur-wahlniederlage-von-lulas-burgermeisterkandidat-fernando-haddad-in-sao-paulo-er-ist-inkompetent-sein-sieg-wurde-l/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/02/sklavenarbeit-unter-lula-angeprangert-vom-deutschstammigen-kardinal-odilo-scherer-im-protest-gottesdienst-am-1-mai-in-der-kathedrale-sao-paulo/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/22/tribunal-da-terra-sao-paulo-gesichter-brasiliens/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/04/neuer-menschenrechtsreport-direitos-humanos-no-brasil-2008-folter-sklavenarbeit-terror-gegen-arme/
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“Schönheit und Fäulnis”. Neue Zürcher Zeitung/NZZ – Klaus Hart:https://www.nzz.ch/schoenheit_und_faeulnis-1.700750
Ausriß.
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“Brasilias U-Boot-Geschäft mit Paris – so teuer wie zwei Jahre Anti-Hunger-Programm Bolsa-Familia”:http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/15/brasilias-u-boot-geschaft-mit-paris-so-teuer-wie-zwei-jahre-anti-hunger-programmbolsa-familia-meldet-o-globo/
Nationale Waffenschau im Stadtpark Ibirapuera von Sao Paulo.
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Berichte aus Brasilien
Lula, der Vertuscher
Linke Weggefährten werfen dem gewählten Staatschef vor, die üblen archaischen Ausbeutungspraktiken seines rechten Vize bewußt und zynisch zu verschweigen
von Klaus Hart |
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Schon vorm Wahlkampfstart verblüfft der Ex-Gewerkschaftsführer seine linken Mitstreiter der Arbeiterpartei PT mit aufsehenerregend neuen Einsichten über einen alten Bekannten: Milliardär und Textilkonzernbesitzer Josè Alencar, 71, einfach ein Supertyp, armes Schwein gewesen wie wir, hat sich zähe hochgearbeitet, aber seine Wurzeln nicht vergessen, weiß, wie Scheiße das ist, arm zu sein – behandelt deshalb seine Arbeiter richtig klasse. „Mein Bündnis mit Alencar“, verbreitet Lula bis heute, „ist eines der Ethik, des Charakters, der Verpflichtungen gegenüber dem brasilianischen Volk.“ Und selbst im PT-Pressedienst, parteinahen Blättern, Zeitschriften nur Lobeshymnen über Alencar, den „Parceiro ideal“, den idealen Partner. Auflagenstarke Bürgerblätter titeln ähnlich:“ Der Unternehmer des Volkes“. Die Companheiros können bei Alencar keine Ethik erkennen, hätten gerne mit aufschlußreichen Fakten dagegengehalten, Lula die Leviten gelesen – aber sowas wird inzwischen nicht mehr gedruckt, nur noch Linientreues geht durch. Der bislang parteinahe Gewerkschaftsdachverband CUT ist gegen Alencar, pocht deshalb gleich nach Lulas Wahlsieg demonstrativ auf Autonomie, betont Distanz zur neuen Regierung, droht mit Streiks für eine Anhebung des armseligen nationalen Mindestlohns von umgerechnet etwa siebzig Euro. Denn das ist annähernd der Grundlohn in Josè Alencars elf Textilfabriken, sowie Farmen und Zuckerrohrschnapsbrennereien der Coteminas-Gruppe – für die allermeisten der über 16000 Beschäftigten. Selbst bei Brasiliens Durchschnittspreisen, die unter den deutschen liegen, ist das immer noch eher ein Hungersalär. „Wer vor allem in den Nordost-Betrieben Alencars nur damit liebäugelt, in eine CUT-Gewerkschaft einzutreten, oder angesichts der niedrigen Löhne das Wörtchen `Streik`fallen läßt, wird sofort gefeuert“, betonen CUT-Führer.Lohnsenkungen, politische Kontrolle, Klima der Angst in BetriebenIn aufgekauften Konkurrenzbetrieben habe Alencar, der Coteminas zusammen mit seinem Sohn Christiano managt, sofort deutliche Lohnsenkungen verfügt. „Wer sich weigern würde, die weithin üblichen, verfassungswidrigen Zwölf-Stunden-Schichten zu akzeptieren, wäre ebenfalls seine Stelle los. Arbeiter, die nach zwölf Stunden an den Textilmaschinen nach Hause kommen, sind körperlich erledigt, völlig fertig“. Fernando Soares im nordöstlichen Teilstaat Rio Grande do Norte: „Alencar ist ein Menschenschinder, wird von den meisten Coteminas-Arbeiters regelrecht gehaßt.“
In fast allen Fabriken gilt dieses Schichtsystem, nach drei Arbeitstagen folgt ein freier – nur etwa alle vier Wochen ist deshalb mal ein Sonntag ohne Maloche drin. Selbst Mitglieder und Sympathisanten der sozialdemokratischen PT, die in Coteminas-Unternehmen tätig sind, protestierten deshalb ausdrücklich gegen Lulas politische Allianz mit Alencar und dessen rechter Sektenpartei PL(Partido Liberal). Kein Wörtchen davon in den PT-Medien.Der Coteminas-Firmensitz befindet sich in dem nach Sao Paulo und Rio de Janeiro wirtschaftlich drittwichtigsten Teilstaat Minas Gerais, in der Stadt Montes Claros – doch auch dort sehen die CUT, PT-Linke, Sozialwissenschaftler und selbst die Arbeiterpastoralen der katholischen Kirche ein „archaisches, autoritäres, gewerkschaftsfeindliches Management, politische Kontrolle der Beschäftigten“. In den Betrieben herrsche Furcht vor Repressalien und Entlassung. Das Management stimuliert indessen die Beschäftigten, sich einem Syndikat anzuschließen, das komplett Konzerninteressen vertrete. Es erklärte auf Anfrage, die meisten Arbeiter schafften durchaus ein höheres Produktionssoll, bekämen deshalb eine Produktionsprämie, hätten daher am Monatsende umgerechnet etwa 150 Euro in der Tasche. Aus anderen Betrieben hieß es dagegen, dieses Soll sei nur sehr schwierig zu erfüllen – und nur dann bekäme man die Prämie. Wissenschaftler der Universität von Minas Gerais wollten in den Textilfabriken des Teilstaats eine Studie über betriebliche Modernisierung und Arbeitsbedingungen erstellen – doch lediglich zu Coteminas-Betrieben wurde ihnen der Zutritt verwehrt, waren dortige Beschäftigte nicht einmal anonym zu Aussagen bereit.Harte Kritik von befreiungstheologischen KatholikenAuffällig, wie neben der CUT auch die katholische Arbeiterseelsorge (Pastoral Operaria) Lula vorwirft, die skandalösen Zustände in den Fabriken Alencars bewußt zu verschweigen. Schwer zu übersehen – in der Pastoral wimmelt es nur so von CUT-und PT-Mitgliedern. Der in Sao Paulo, dem größten deutschen Wirtschaftszentrum außerhalb Deutschlands, wirkende Pfarrer Pedro Baresi aus dem nationalen Führungsgremium der Pastoral nennt es eine „teuflische Strategie“ der Eliten, daß ausgerechnet ein archaischer Firmenbesitzer wie Alencar zum Vize Lulas geworden sei und etwa bei dessen Rücktritt zum Staatschef aufsteige. Sao Paulos populärer Pastoral-Führer Waldemar Rossi(PT), der schon den Papst empfing:“Alencar beutet seine Arbeiter maximal aus, unterstützte einst die Militärdiktatur, deklariert sich als Feind der Landlosenbewegung – seine PL steht für neoliberale Politik.“Alencars Coteminas exportiert dank Sozialdumping sogar kräftig in die USA, erwirtschaftet hohe Gewinne. Seit sich Lulas Wahlsieg abzeichnete, stiegen die Coteminas-Aktien um etwa dreißig Prozent im Wert – während die der anderen fünfundfünfzig größten brasilianischen Firmen durchschnittlich um zwanzig Prozent absackten. Die CUT – und die PT-Linke sind gegen jegliche Beteiligung an Verhandlungen über die geplante amerikanische Freihandelszone ALCA – doch für Alencar brächte sie nur Vorteile, also ist er demonstrativ dafür.Josè de Almeida aus der CUT-Führung, Ex-Metallfräser, Mitgründer der Arbeiterpartei und des Gewerkschaftsdachverbandes, organisierte einst mit Lula zur Diktaturzeit die ersten Streiks im Industriegürtel von Sao Paulo. 1996, als die PT unaufhaltsam zur politischen Mitte tendiert, gründet Almeida die linke PSTU(Sozialistische Partei der Vereinten Arbeiter), mit derzeit etwa 15000 Mitgliedern, ist dieses Jahr sogar ihr Präsidentschaftskandidat. Milliardär Alencar kennt er persönlich, als knochenharten Unternehmer aus Lohnverhandlungen, der Anhebungen nie zustimmte. „Die PT-Allianz mit Alencar dient nur den Inhabern der ökonomischen Macht – Lula redet mit doppelter Zunge, kungelt mit jenen Eliten, die Brasilien immer schon dominiert haben. Wer die Lebensbedingungen der Arbeiter wirklich verbessern will, darf sie nicht so traktieren, wie Alencar es tut.“ Der heuert unterdessen fleißig Rechte aus anderen Parteien an – bis Februar sollen aus den fast dreißig Kongreßmitgliedern seiner PL mindestens fünfzig werden, um u.a. Anspruch auf mehr Führungsposten, Gremienvorsitze zu haben.Die Partei wird von der fundamentalistischen Wunderheilersekte „Universalkirche vom Reich Gottes“ beherrscht – jetzt kommt sie erstmals an Ministerposten und andere hohe Stellen in der Staatsadministration. Ebenfalls ein Tabuthema für Lula. Sein Vize Alencar fiel 2002 zudem durch eine ungewöhnliche außenpolitische Position auf: Er ist für den Abzug der Israelis aus Nahost(!) und die Neugründung des Staates Israel irgendwo anders auf der Welt. |
Ein „Festival der Demagogie“/Deutschlandfunk Kultur
Scharfe Kritik an Bono-Auftritten in Brasilien
Von Klaus Hart
Der Sänger Bono Vox von der irischen Band U2 gilt in Europa als sympathischer, charismatischer Weltverbesserer. In Brasilien aber hat sein Image nun schweren Schaden genommen: Bono hatte bei seinen beiden Konzerten die wegen Korruption und Machtmissbrauch angeschlagene Regierung von Staatschef Lula unterstützt. Kulturkritiker des Landes warfen ihm daraufhin politische Demagogie und Scheinheiligkeit vor. Auch seine Fans zeigten sich tief enttäuscht.
Ganz Brasilien empfing Bono und seine Band mit offenen Armen – in Sao Paulo freute man sich auf die beiden Konzerte, und selbst in den abgelegensten Amazonasdörfern auf die Direktübertragung im Fernsehen. Doch als Bono sofort nach der Ankunft in den Präsidentenpalast zu Staatschef Lula eilte und dessen Politik über den grünen Klee lobte, nicht ein einziges Wörtchen der Kritik etwa an der gravierenden Menschenrechtslage fallen ließ, machte sich nicht nur in den Medien Verwunderung und Skepsis breit. Schließlich steckt die Lula-Regierung tief im Sumpf von Korruption und Machtmissbrauch. Und als Bono dann auch noch seine Konzerte mit weitschweifigen politischen Erklärungen würzte, gar Lob- und Hudel-Bilder des Staatschefs Lula auf die Großleinwände projizieren ließ, war es mit der Geduld vieler Brasilianer vorbei. Marcos Goncalves, Feuilletonchef von Brasiliens größter Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“, bringt die Kritik der Medien des Tropenlandes auf den Punkt:
„Ich finde, ein Rocksänger sollte Distanz zu den Autoritäten wahren, zumal Staatschef Lula und dessen Partei durch Korruption belastet sind. Doch Bono ignoriert das alles, kritisiert und hinterfragt nichts, leiht Lula in einem Wahljahr sein Prestige, gebärdet sich als dessen Helfer bei der Wiederwahl. Bono kennt die Realität Brasiliens, nutzt seinen Aufenthalt indessen fürs persönliche Marketing, entgleist in Demagogie und Scheinheiligkeit. Bono gehört zur Geld- und Politik-Maschinerie dieser Erde. Seine Konzerte hier waren wirklich ein Festival der Demagogie. Man hat ihn ausgepfiffen – die Leute hier sind doch nicht blöd.“
Als Bono in Sao Paulo war, revoltierten gerade die Insassen von fünf Gefängnissen der Stadt gegen unmenschliche Haftbedingungen. Zahlreiche Menschenrechtler protestierten auf der Straße dagegen, dass in Brasilien die Folter weiterhin alltäglich ist und dass gerade ein Polizeioberst freigesprochen wurde, der ein Massaker an Häftlingen geleitet hatte. Über einhundert Gefangene waren von dessen Sondereinheit getötet worden. Und in Rio de Janeiro terrorisierten neofeudale Milizen des organisierten Verbrechens kurz vorm Karneval gerade wieder einmal Slumbewohner, töteten zahlreiche unschuldige Menschen. Doch Bono schwieg zur Folter ebenso wie zur Banditendiktatur in den Slums, hätte an den Protesten der Menschenrechtsaktivisten natürlich teilnehmen können, wie auch Feuilletonchef Marcos Goncalves betont:
„Bono hätte sich mit ganz anderen Leuten treffen müssen – doch er ist eben fasziniert von den Sphären der Macht. Er darf doch nicht einfach ignorieren, was hier im Lande passiert, diese Zustände auch noch unterstützen. Doch nach Europa wird er mit der Aura des großen Revolutionärs zurückkehren, der stets unerschütterlich an der Seite der Dritten Welt steht. Dabei nutzt er die Unkenntnis der Ersten Welt über Brasilien aus.“
Wir lieben Brasiliens Karneval, rief Bono ebenfalls in die Massen. Denn im Karneval träfen sich Reiche und Arme, Alte und Junge, Linke und Rechte. Das sei gut so, denn um die Armut zu besiegen, müssten alle zusammenarbeiten. Noch so eine Phrase, die Marcos Goncalves mehr als hohl fand.
„In Europa kultiviert man Mythen über Brasilien, über den Karneval, den Fußball – und ausgerechnet die Brasilienklischees werden von Bono auch noch verstärkt. Nach diesen Konzerten hier wird sich die öffentliche Meinung über ihn ändern. Wir Kulturkritiker müssen hinter die Äußerlichkeiten, die Erscheinungsebene schauen – und da offenbart sich eben bei Bono gewaltige Demagogie.“
Bono ist ein Populist, der die Kontrolle über sein Geschwätz verloren hat, ein monotones und absurdes Blablabla, urteilen andere Kulturkritiker wörtlich. Viele Fans erregten sich über den extrem hohen Eintrittspreis der Konzerte, von zwei Dritteln des derzeitigen brasilianischen Mindestlohns aufwärts. Das Publikum bestand deshalb fast nur aus Mittel- und Oberschicht. Das Konzert der Rolling Stones einige Tage zuvor an der Copacabana war gratis. Der dicke, langweilige, humorlose Bono habe nicht ein Zehntel des Sex-Appeals von Mick Jagger, keinerlei Spontaneität und singe die hohen Noten auch noch falsch, hieß es auf den brasilianischen Kulturseiten außerdem.Zitat Deutschlandfunk Kultur
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SPD-Schulz besucht Lula im Knast. ”Hitler irrte zwar, hatte aber etwas, das ich an einem Manne bewundere – dieses Feuer, sich einzubringen, um etwas zu erreichen. Was ich bewundere, ist die Bereitschaft, die Kraft, die Hingabe.” Ist die Äußerung von AfD-Höcke, Magnitz, Meuthen – oder SPD-und LINKE-Liebling Lula?
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Da Lula mit der GroKo-Partei SPD eng liiert ist, darf über ihn – von Ausnahmen abgesehen – nur entsprechend positiv berichtet werden. Seilschaften, Verflechtungen, Abhängigkeiten…
Ausriß. “Mit der SPD bin ich schon seit den Zeiten verbunden, als ich Gewerkschaftsführer war.” Hochrangige SPD-Politiker wie Willy Brandt und Helmut Schmidt pflegten enge Beziehungen zur nazistisch-antisemitisch orientierten brasilianischen Folterdiktatur. Wegen strenger Zensurvorschriften dürfen deutsche Staatsmedien u.a. im AfD-Pegida-Kontext, im Wahlkampf 2019 nicht darauf hinweisen, darüber informieren.
http://www.hart-brasilientexte.de/2018/10/08/brasilien-wahlzirkus-2018-bolsonaro-46-haddad-29/
http://www.hart-brasilientexte.de/2019/01/01/brasilien-2019-bolsonaro-neuer-regierungschef-deutsche-staats-und-mainstreammedien-duerfen-nicht-klarstellen-dass-bolsonaro-bisher-politisch-in-einem-boot-mit-lula-und-dilma-rousseff-sass-deren-k/
Schwarzer Junge mit beliebtem Hakenkreuz-Drachen im Ibirapuera-Stadtpark von Sao Paulo – während der brasilianischen Militärdiktatur, zu der Willy Brandt, Helmut Schmidt, Genscher etc. sehr enge Beziehungen unterhielten.
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Wer in Deutschland stockreaktionär-rechts ist – und wer nicht…
Angesichts der starken Unterstützung für lateinamerikanische Foltergeneräle, nazistisch-antisemitisch orientierte Folterregimes gelten Brandt, Schmidt, Genscher in der offiziellen westdeutschen Geschichtsschreibung als ehrenwerte, vorbildhafte Personen.
Ausriß, Diktator Ernesto Geisel und Bundeskanzler Helmut Schmidt in Bonn 1978.
Diktator Geisel nennt die Ermordung von Regimegegnern eine Notwendigkeit – in Gespräch mit General Dale Coutinho(zitiert in Nachrichtenmagazin Veja 2003):
Geisel: “Brasilien wird heute als eine Oase angesehen.”
Dale Coutinho: “Ah, die Dinge haben sich sehr verbessert. Unter uns gesagt, läuft es besser, seit wir begonnen haben zu töten. Wir haben begonnen zu töten.”
Geisel:”Denn vorher hat man einen festgenommen – und der kam dann wieder frei. Coutinho, Töten ist zwar barbarisch, aber ich denke, das muß sein.”
Veja:”Der Kongreßabgeordnete Ulysses Guimaraes verglich Geisel mit Ugandas Diktator Idi Amin…Geisel, General der demokratischen Öffnung, war für politischen Mord…Geisel wollte die Fortsetzung der Ausrottungspolitik.”
Die brasilianische Militärdiktatur produzierte in Rio de Janeiro Napalm im Stadtteil Bonsucesso und setzte es gegen Regimegegner u.a. 1972 in Araguaia ein.
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1978 besuchte Brasiliens Militärdiktator Ernesto Geisel die Bundesrepublik Deutschland – in einer Tischrede lobte Bundeskanzler Helmut Schmidt(SPD) die “Konvergenz der Ziele” und die “Übereinstimmung der Werte” der sozialliberalen Bundesregierung und der brasilianischen Militärdiktatur. Beide Seiten hätten die gleichen Grundkonzeptionen über die Gesellschaft.“Mit Brasilien hatten wir nie Interessenunterschiede oder Divergenzen im Nord-Süd-Dialog”.
“Konvergenz der Ziele, Übereinstimmung der Werte”, gleiche Grundkonzeptionen über die Gesellschaft – diese Bewertungen von Helmut Schmidt sind politisch und zeitgeschichtlich brisant. Immerhin handelt es sich bei ihm um eine Führungsfigur, ein Idol der deutschen Sozialdemokratie – bei General Geisel indessen um einen Folterdiktator. In Geisels Amtszeit (1974-1979) war u.a. 1975 der sehr bekannte jüdische TV-Direktor, Journalist, Dramaturg und Professor Vladimir Herzog in einem heute unter Denkmalsschutz stehenden Repressionszentrum Sao Paulos extrem sadistisch totgefoltert worden – von vielen anderen Ermordeten, Verschwundenen ganz zu schweigen.Unterdessen wurde ermittelt, daß unter Geisel gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht wurden, das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutierte.
Die SPD, etwa der jetzige Parteichef Gabriel, haben sich nie vom engen Verhältnis von SPD-Politikern wie Brandt und Schmidt zu Brasiliens Folterdiktatur distanziert…(Stehts in Ihrem Lieblingsmedium – oder gilt dort scharfe Zensur?)
Ausriß, deutschstämmiger Folterdiktator Ernesto Geisel des nazistisch-antisemitisch orientierten Militärregimes von Brasilien und Helmut Schmidt 1978 im Bundeskanzleramt von Bonn. SPD-Schmidt traf sich in Sao Paulo sogar mit Diktaturaktivist Paulo Maluf – der gab ein Bankett für ihn…
Geisel:”Denn vorher hat man einen festgenommen – und der kam dann wieder frei. Töten ist zwar barbarisch, aber ich denke, das muß sein.” Ausriß brasilianisches Nachrichtenmagazin Veja.
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Klaus Hart: Gangster, Favelados, Bischöfe. Sozialreportagen aus Brasilien. Brasilienkunde-Verlag Mettingen, 307 Seiten.
Brasiliens renommierter Therapeut Jorge Forbes:”Wir leben in einer Zeit der Feigheit.” Hochachtung für Frau Sao Paulos, die Killerpolizisten anzeigte. Schulmassaker in Rio de Janeiro. Heikle soziokulturelle Fragen. Bono Vox von U2 bei Dilma Rousseff… **
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/01/brasilien-nachtclub-tragodie-soziokulturelle-faktoren-therapeut-jorge-forbes-analysiert-bereits-2008-politisch-unkorrekte-mentalitatsaspekte-der-spiegel-2013/
Therapeut Jorge Forbes äußerte sich gegenüber den Landesmedien zum Fall einer Frau, die 2011 in Sao Paulo auf einem Friedhof Zeugin einer außergerichtlichen Exekution wurde, und dem Polizeinotruf live das Vorgehen der Täter, allesamt Militärpolizisten, schilderte. “Wir leben in einer Zeit der Feigheit. Deshalb ist es so überraschend, wenn jemand auf diese Weise reagiert, als wollte er sagen: Ich werde mich in diesem Krieg nicht taub stellen.” Zur Frage, warum derartige Fälle von Zivilcourage so selten sind, wies Jorge Forbes auf das Zurückweichen der Gesellschaft vor den Banditen hin. Weil diese Waffen besäßen, panzerten die Menschen ihre Autos. Die Frau habe indessen den Todesschützen unter Druck gesetzt, ihn zur Rede gestellt, was bewundernswert sei. In Sao Paulo wäre es optimal, wenn es eine Welle solchen Sozialverhaltens gäbe – wie in New York vor Jahren in Bezug auf das Verbrechen, meinte Forbes.
Die Frau erhält unterdessen Zeugenschutz, wird rund um die Uhr bewacht.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/04/ausergerichtliche-exekution-durch-militarpolizisten-auf-friedhof-sao-paulos-eine-couragierte-zeugin-schildert-dem-polizeinotruf-live-den-ablauf-stellt-den-todesschutzen-zur-rede-anklicken-menschen/
Schul-Massaker: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/07/aus-rio-nichts-neues-8-tote-22-verwundete-nach-schieserei-in-schule-einer-slumregion-laut-landesmedien/
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/gewalttaten-in-den-schulen-haeufen-sich/4037582.html
Bono Vox, U2: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/08/bono-von-u2-trifft-prasidentin-dilma-rousseff-in-brasilia-konzerttournee/
Hintergrund zu Jorge Forbes:
Wie funktioniert sozialpsychologisch Karneval in einer Scheiterhaufenstadt, die von täglichen Schießereien, Feuergefechten, zahlreichen Morden und No-Go-Areas geprägt ist? Auf der Berlinale 2008 wird im brasilianischen Wettbewerbsbeitrag „Tropa de Elite” erstmals auch eine u.a. zur Einschüchterung der Slumbewohner übliche barbarische Tötungsart, der Scheiterhaufen aus aufgestapelten Autoreifen, genannt „Microondas”, Mikrowelle, gezeigt.
Beim Drehen der Szene in der Favela ”Morro dos Prazeres” waren laut Presseberichten Dutzende von Banditen, die Mpis, Pistolen und Handgranaten trugen, in der Nähe und schauten zu, gaben aus eigener Scheiterhaufen-Praxis Tips.”Po, der Typ stirbt nicht so, der schreit viel mehr”, sagte einer von ihnen zu den Schauspielern. Die hielten sich, wie es hieß, an die Anweisungen der Banditen, produzierten die Microondas-Szene exakt so. Scheiterhaufen dieser Art loderten bereits häufig in der Amtszeit von Rio de Janeiros Gouverneur Leonel Brizola, der Vizepräsident einer großen weltweiten Parteienassoziation war. Die Favela „Morro dos Prazeres” befindet sich unweit der weltberühmten Paradestraße des Karnevals, dem Sambodrome.
Mancher europäische Zuschauer dürfte sich fragen, wie mittelalterliche Scheiterhaufen und ein weltberühmter Karneval in derselben Stadt möglich sind. In Sao Paulo berichteten Augenzeugen, daß in den achtziger und neunziger Jahren bei einer der berühmtesten Sambaschulen der Megacity auf beinahe jeder öffentlichen Vor-Karnevals-Probe im Getümmel Menschen erschossen wurden. Wie es hieß, wurden die Leichen weggeschleift – und das Sambafest ging weiter.
Der aus Rio de Janeiro stammende renommierte Therapeut und Kolumnist Jorge Forbes erläuterte entsprechende soziokulturellen Besonderheiten des Tropenlandes im Website-Exklusivinterview und kritisierte dabei auch den Rio-Karneval. „In unserem Land geschehen viele Tragödien, viele schockierende soziale, wirtschaftliche Desaster. Die Brasilianer müßten jedesmal innehalten, und sich einfach sagen: Schluß mit dem Lachen. Doch damit haben Brasilianer im allgemeinen große Probleme – sie sind Selbstbesinnung, Selbstbeobachtung und eben dieses Innehalten nicht gewöhnt. Als ob sie fürchten, an Kreativität, an Lebenslust zu verlieren. Oder gar in eine ausweglose Depression zu verfallen.” Therapeut Forbes bezog sich u.a. auf das letzte große Flugzeugunglück von Sao Paulo, bei dem rund zweihundert Menschen größtenteils in den Flammen eines Airbus umgekommen waren. Von solchen Geschehnissen wolle sich der Brasilianer so rasch wie möglich entfernen, tue dies indessen auf krankhafte Art. Daß direkt am Schauplatz der Flugzeugkatastrophe lachende Menschen waren, Regierungsfunktionäre minutenlang lachten, zudem obszöne Gesten machten, nennt Therapeut Jorge Forbes ebenfalls manisch, krankhaft. Brasiliens Nachrichtenmagazin „Veja” veröffentlichte Fotos von hohen Funktionären der staatlichen Luftaufsichtsbehörde Infraero, die am Unglücksort auf den brennenden Airbus zeigen, irgendeine Bemerkung machen und dann etwa fünf Minuten lang lachen. Auch über die Scheiterhaufen von Rio werden immer wieder Witze gerissen.
”Ich wünschte mir, die Brasilianer würden anders reagieren. Denn daß wir nicht mit Schmerz, mit Schwäche und eigener Zerbrechlichkeit umgehen können, kommt uns teuer zu stehen. Wer die nötige Trauerarbeit nicht leistet, wird nur zu häufig krank, psychisch gestört oder eben gefühlskalt. Hier zeigen sich auch Entsolidarisierung und Individualismus in einer immer egoistischeren Welt. Man schaue sich nur den Karneval von Rio an – er ist nicht mehr Ausdruck der Fröhlichkeit unseres Volkes, sondern eher ein Festival kollektiver Entfremdung, von Oberflächlichkeit und Scheinheiligkeit. Auf Regierungen können wir nicht mehr hoffen, die Zivilgesellschaft muß sich organisieren, jeder von uns muß Verantwortung übernehmen. Die brasilianischen Eliten schotten sich in ihren Privilegiertenghettos, ihren Privatstraßen ab, hinter Stacheldrahtverhauen unter Strom. Wenn man den anderen nicht mehr als potentiellen Freund, sondern potentiellen Feind ansieht, führt dies zu paranoiden Sozialbeziehungen, führt in die Katastrophe.”
Brasilianische Sozialwissenschaftler sowie bekannte Kommentaristen betonen seit Jahren, daß die Auslandspropaganda nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen das Karnevalsklischee weiterhin fördert. Das Klischeebild Brasiliens als Land von Samba, Karneval, Fußball, unbändiger Lebensfreude und Rassendemokratie sei kurioserweise von Diktator Getulio Vargas, einem Hitlerverehrer und Judenhasser, in den dreißiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts produziert worden. Diogo Mainardo, provokanter Kolumnist des führenden Nachrichtenmagazins „Veja”, formuliert es so:”D e r Brasilianer existiert gar nicht, ist eine Täuschung, eine Lüge. Wer den Typus des Brasilianers erfunden hat, war die Getulio-Dikatur. Die erfand eine Rasse, glorifizierte die Mischung zwischen Weißen, Schwarzen und Indianern “ Frucht einer kollektiven Vergewaltigung. Erfunden wurden Mythen, der Fußball, der Karneval, die Populärmusik. Die Getulio-Diktatur erfand d e n Brasilianer, um ihn besser beherrschen zu können.” Mussolinis Italien, aber auch Hitlers Deutschland seien hier vorbeigekommen, es habe ein „ambiente goebbeliano” gegeben. „Der Unterschied ist, daß sich Italien und Deutschland von jenem sechzig Jahre zurückliegenden totalitären Diskurs befreit haben. In Brasilien wird er gleich fortgesetzt, werden Ideen von 1930 wiedergekäut. Die großen Namen unserer Intelligentsia und unserer Kultur sind jene alten Kollaborateure der Getulio-Diktatur, die mitgeholfen haben, jenes Image vom Brasilianer zu schmieden.” Diogo Mainardo von „Veja” nennt den in Europa mit Lob und Hudel bedachten Architekten Oscar Niemeyer, aber auch Namen wie den Brasilia-Entwerfer Lucio Costa, ferner Gilberto Freyre und Vinicius de Morais.
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/15/dr-claudio-guimaraes-dos-santos-mediziner-therapeut-schriftsteller-sprachwissenschaftler-publizist-unter-den-wichtigsten-denkern-brasilien/
Franziskaner contra Mainstream: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/01/morde-an-zivilisten-in-libyen-durch-bombardements-brasilianischer-franziskaner-jose-francisco-fordert-bestrafung-der-tater-und-auftraggeber-rasche-entschadigung-und-wiedergutmachung-fur-die-hinterbl/