Brasiliens Wirtschaftsexperten bewerten die neuesten Wachstumszahlen als klaren Hinweis auf die seit langem fortschreitende Deindustrialisierung. Lateinamerikas führender Industriellenverband FIESP in Sao Paulo sieht sich in seinen Analysen erneut bestätigt. Für das dritte Quartal 2011 wird laut nationalen Wirtschaftsmedien sogar bereits mit leichter Rezession gerechnet. Zitiert wird die Credit Suisse Brasil, die von 0,3 Prozent Minuswachstum und einem Gesamt-Wirtschaftswachstum für 2011 von nur noch 2,8 Prozent ausgeht. Finanzminister Guido Mantega hatte als realistische Prognose immerhin 5,5 Prozent ausgegeben.
Betont wird von nationalen Wirtschaftsexperten, daß sich Brasiliens Wirtschaftstätigkeit bereits vor der internationalen Krise, vor der Verschlechterung der externen Faktoren, wegen hausgemachter Gründe verlangsamt hatte.
In Europa wird Brasilien nicht selten als Industrienation bezeichnet.
Brasiliens wuchs im zweiten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,1 Prozent, China indessen um 9,5 Prozent, Rußland um 3,4 Prozent, Indien um 7,7 Prozent, Chile um 6,8 Prozent, Mexiko um 3,3 Prozent.
Führende brasilianische Wirtschaftsexperten haben die Hochzinspolitik der Regierung wiederholt heftig kritisiert. José Roriz Coelho, Fachdirektor für Wettbewerbsfähigkeit und Technologie in Lateinamerikas wichtigstem Industriellenverband FIESP in Sao Paulo, verglich 2011 im Website-Interview das Zinsniveau Brasiliens mit hohem Fieber, einer Krankheit: “Brasiliens Zinsen sind die höchsten der Welt – also ist die Krankheit sehr gravierend. Wieso sagen dann viele, die Zeitungen, daß im Lande alles wunderbar läuft, obwohl wir 40 Grad Fieber haben? Also läuft da etwas falsch. Denn die meisten Devisenzuflüsse, die unsere Landeswährung Real so ungünstig aufwerten, sind nur Spekulation mit Zinsgewinnen und leider keine Investitionen. Wo soll da für Brasilien ein Vorteil liegen? Zu einer Wirtschaftsmacht können wir nur werden, wenn der jetzige Kurs deutlich korrigiert wird.”
« Brasiliens Wirtschaftswachstum 2011 – nahe null für drittes Quartal erwartet, nach 0,8 Prozent im zweiten Quartal. „Regierung befürchtet Rezession zum Jahresende.“(Estadao) – Welt-Ranking der Finanzzentren – Sao Paulo(44.) und Rio de Janeiro(50.) weit abgeschlagen: Mangelnde Rechtssicherheit, Korruption, schlechte Infrastruktur, operationelle Risiken als Negativfaktoren. »
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