„1994 hatte die SPD-Fraktion noch von der damaligen Regierung gefordert, diese Kooperation zu beenden. Selbst an der Macht, ließ die rot-grüne Bundesregierung ihrerseits die nächste Kündigungsfrist 1999 ungenutzt verstreichen.“ Deutsche NGO Urgewald 2004
http://www.zeit.de/online/2006/11/schlauch
Ausriß.
Hintergrund von 2003:
Stark enttäuscht ist Greenpeace von der neuen brasilianischen Umweltministerin Marina Silva, die bislang jede klare Stellungnahme zu Angra 3 vermieden hat. Sie gehört zu Lulas Arbeiterpartei PT. Sergio Dialetachi, Greenpeace Brasilien: „Die Wahrheit ist, daß die Arbeiterpartei von den Umweltorganisationen nie viel gehalten hat, sie auch jetzt verachtet. Bislang haben wir die Umweltministerin geschont, haben abgewartet. Doch jetzt zeigt sich, daß wir im Umweltschutz alle Kämpfe verlieren können. Und gehen deshalb in die offene Konfrontation mit Lula und Marina Silva. Die Lage ist ziemlich kompliziert, chaotisch und frustrierend.“
Dialetachi 2007: „Die deutsche Regierung ist vom Atomvertrag nicht zurückgetreten, weil sie im Geschäft bleiben will, Nutzen ziehen möchte aus der Vermittlung von Ausrüstungskäufen durch Framatome.“ Denn Angra 3 würde vom deutsch-französischen Atomkonzern Framatome fertiggebaut, zu dem Siemens gehört. Dem Vernehmen nach hätte eine Kündigung des Atomvertrags auch das Ende von Hermes-Bürgschaften für Nuklearexporte nach Brasilien bedeutet.
Atomkraftboom in Brasilien:
Regierung kündigt vier neue Atomkraftwerke, Uranexport, Ausbildung von Fachleuten an(2004)
http://www.zeit.de/online/2007/28/Brasilien-baut-Atomkraft-aus
Die brasilianische Regierung von Staatschef Luis Inacio Lula da Silva sieht die Atomkraft weltweit wieder im Aufschwung und will davon profitieren: Durch den Export angereicherten Urans, die Montage von Atomreaktoren im Ausland. In dem Tropenland stehen bereits zwei Atommeiler. Nun sollen ein von Siemens-KWU begonnenes Atomkraftwerk fertiggebaut und vier weitere Meiler errichtet werden.
Im Präsidentschaftswahlkampf von 2002 hatte der frühere Gewerkschaftschef Lula bewußt offengelassen, was er im Nuklearbereich vorhatte. Bekannt war lediglich, daß Lula und die Spitze seiner Arbeiterpartei keineswegs prinzipiell gegen Atomkraft sind, die konservativen Koalitionspartner sogar zu den erklärten Befürwortern zählen. Und jetzt, nach rund zweijähriger Amtszeit, fallen in der immerhin dreizehnten Wirtschaftsnation, flächenmäßig 24-mal größer als Deutschland – die ersten Entscheidungen. Lulas Technologieminister Eduardo Campos von der Sozialistischen Partei ging jetzt vor die Presse, erklärte die Phase des Abwartens, Beobachtens, Sondierens für beendet. Brasiliens ziviles Atomprogramm sei wiederaufgenommen worden, erlebe eine neue Konjunktur, habe für die Regierung Priorität.
“Brasilien braucht gut ausgebildete Kernkraftfachleute, entsprechende technische Kapazitäten. Und die bekommen wir nur, wenn wir unser Atomprogramm in allen Bereichen fortsetzen. Das Programm sah sieben Atomkraftwerke vor – vier davon im Nordosten des Landes. Denn diese Region litt am meisten unter unserer letzten Energiekrise – als vor drei Jahren im ganzen Lande Strom fehlte.“
Und diese vier Atommeiler sollen in den nächsten Jahren entstehen. Zwei davon mit einer Leistung von 1300 Megawatt, genau so viel wie das von Siemens-KWU errichtete Atomkraftwerk Angra zwei in einer Atlantikbucht bei Rio de Janeiro, das seit vier Jahren Strom liefert. Inzwischen hat Siemens-KWU den Kernenergiebereich mit dem staatlichen französischen Konzern Framatome fusioniert – beide Unternehmen halten sich zu den neuen brasilianischen Atomprojekten noch bedeckt.
“Derzeit lebt unser Atomprogramm tatsächlich wieder auf, beraten wir über neue Atomkraftwerke“, präzisiert Gustavo Souza, Sprecher des Technologieministeriums auf Anfrage. „Doch vorrangig geht es um den Fertigbau von Angra drei. Schließlich haben wir dafür seit den achtziger Jahren schon eine Menge Ausrüstungen gekauft.“
Sie stammen von Siemens-KWU, sind abgesichert mit Hermesbürgschaft und werden am Bauplatz in jener Atlantikbucht gleich neben den Meilern Angra eins und zwei gelagert. Angra eins war vom nordamerikanischen Unternehmen Westinghouse errichtet worden und braucht eine Generalüberholung, Modernisierung. Dabei schlägt Brasilien derzeit zwei Fliegen mit einer Klappe. Um künftig auch außerhalb des Landes Atomreaktoren montieren zu können, kooperieren die brasilianischen Staatsunternehmen Eletronuclear und Nuclep mit dem deutsch-französischen Framatome-Konzern.
„Bei Angra eins erwirbt Nuclep derzeit wichtige technologische Kenntnisse, macht zweifellos Fortschritte, kann neue Herausforderungen annehmen“, meint Ministeriumssprecher Souza. „Denn wenn Nuclep weiß, wie Atomreaktoren errichtet werden, kann es dann natürlich auf diesem Markt mitkonkurrieren.“
Laut Minister Campos setzt man in der ganzen Welt wieder auf die Atomkraft, werde sich ihr Anteil an der Stromerzeugung in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren von derzeit siebzehn auf 25 Prozent erhöhen. In Frankreich, dem Land von Framatome, liegt er bereits bei 75 Prozent. Brasilien möchte da nicht abseits stehen und zudem am Geschäft mit angereichertem Uran profitieren, dessen Weltumsatz derzeit bei jährlich über sechs Milliarden Euro liegt. Gerade hat in Resende bei Rio de Janeiro eine Anreicherungsfabrik den Betrieb aufgenommen, die zunächst nur die eigenen Reaktoren mit Kernbrennstoff versorgen soll. Brasilien besitzt die sechstgrößten Uranreserven der Erde, doch weil bisher nur auf einem Viertel der Landesfläche nach dem edlen Rohstoff gesucht wurde, geht die Regierung von weit größeren Vorkommen aus. Und möchte künftig besonders den wichtigen Wirtschaftspartner China, der bis zu dreißig Atomkraftwerke plant, mit angereichertem Uran beliefern.
„Atomkraft sauber und sicher“
Einweihung der Urananreichungsfabrik bei Rio de Janeiro
Unmittelbar vor der Einweihung erster Produktionsanlagen der bereits seit langem versuchsweise produzierenden Urananreicherungsfabrik in Resende bei Rio hat Staatschef Lulas neuer Wissenschafts-und Technologie-Minister Sergio Rezende in Brasiliens Medien die Bedeutung der Atomenergie betont. Diese werde in diesem Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen, da erneuerbare Energien wie Windkraft und Solarenergie zur Ersetzung fossiler Brennstoffe nicht taugten. „Atomenergie erweist sich als Alternative – fähig dazu, den Bedarf selbst in großen Dimensionen zu decken, in sauberer und sicherer Weise. Die Regierung von Präsident Lula unterstützt mit Festigkeit das brasilianische Atomprogramm.“
Dem Minister zufolge soll die Urananreicherungsfabrik neben den beiden bei Rio de Janeiro bestehenden Atomkraftwerken Angra I und Angra II auch das dort im Bau befindliche Angra III versorgen. Die Fertigstellung des vom Windkraft-und Atomkonzern Siemens begonnenen Atomkraftwerks bis 2013 sei fest eingeplant, die Bauarbeiten dürften noch dieses Jahr starten. Geplant seien sieben weitere AKW. Für Brasilien sei die Selbstversorgung mit angereichertem Uran strategisch wichtig. Das Tropenland verfüge über die sechstgrößten Uranvorräte der Welt – jedoch sei erst auf 30 Prozent des Territoriums überhaupt nach Uran gesucht worden. Gemäß früheren Ankündigungen soll angereichertes Uran auch exportiert werden. Rezende betonte, daß Brasiliens Atomprogramm, eingeschlossen die Urananreicherung, von der Internationalen Atomenergiebehörde autorisiert worden sei.
Wegen des Streits um die Urananreicherung im Iran zog es Lula dem Vernehmen nach entgegen früheren Plänen vor, die offizielle Einweihung in Resende am 5. Mai besser nicht selbst vorzunehmen, sondern seinem Technologieminister Rezende zu überlassen. Dieser erklärte dabei, es sei nicht zu befürchten, daß sich Brasiliens öffentliche Meinung gegen die Fertigstellung von Angra III wende. Die Krise um die Gaslieferungen aus Bolivien hätten die Argumente der Gegner geschwächt. „Atomenergie hat am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen.“
Die Lula-Regierung sieht die Atomkraft international wieder im Aufschwung und will davon profitieren – durch den Export angereicherten Urans, die Montage von Atomreaktoren im Ausland. In Brasilien stehen bereits zwei Atommeiler. Nun sollen ein von Siemens-KWU begonnenes Atomkraftwerk fertiggebaut und vier weitere Meiler errichtet werden. Die technologische Kooperation mit dem weltweit führenden deutsch-französischen Atomkonzern Framatome wurde bereits intensiviert. Entsprechende ausführliche Berichte der sich auf Regierungsquellen berufenden Qualitätszeitung „O Globo“ sind von Brasilia nicht dementiert worden, womöglich, um die Reaktion der öffentlichen Meinung zu testen. Bereits lange vor den Präsidentschaftswahlen von 2002 war bekannt, daß Lula und die Spitze der Arbeiterpartei PT die Nutzung der Atomkraft keineswegs prinzipiell ablehnen. Und jetzt, nach rund zweijähriger Amtszeit, fallen in der dreizehnten Wirtschaftsnation offenbar die ersten Entscheidungen. Lulas Technologieminister Eduardo Campos von der Sozialistischen Partei ging vor die Presse, erklärte die Phase des Abwartens, Beobachtens, Sondierens für beendet. Brasiliens ziviles Atomprogramm sei wiederaufgenommen worden, erlebe eine neue Konjunktur, habe für die Regierung Priorität. “Brasilien braucht gut ausgebildete Kernkraftfachleute, entsprechende technische Kapazitäten. Und die bekommen wir nur, wenn wir unser Atomprogramm in allen Bereichen fortsetzen. Das Programm sah sieben Atomkraftwerke vor – vier davon im Nordosten des Landes. Denn diese Region litt am meisten unter unserer letzten Energiekrise – als vor drei Jahren im ganzen Lande Strom fehlte.“
Und diese vier Atommeiler sollen in den nächsten Jahren entstehen. Zwei davon bis 2010, mit einer Leistung von 1300 Megawatt, genau so viel wie das von Siemens-KWU errichtete Atomkraftwerk Angra zwei des Biblis-Typs in einer Atlantikbucht bei Rio de Janeiro, das seit vier Jahren Strom liefert. Inzwischen hat Siemens-KWU den Kernenergiebereich mit dem staatlichen französischen Konzern Framatome fusioniert – beide Unternehmen halten sich zu den neuen brasilianischen Atomprojekten noch bedeckt. Doch das Technologieministerium erklärte auf Anfrage, daß derzeit tatsächlich über neue Atomkraftwerke beraten werde. Aber vorrangig gehe es um den Fertigbau von Angra drei. Schließlich habe man dafür seit den achtziger Jahren schon eine Menge Ausrüstungen gekauft.
Sie stammen von Siemens-KWU, sind abgesichert mit Hermesbürgschaft und werden am Bauplatz in jener Atlantikbucht gleich neben den Meilern Angra eins und zwei gelagert. Angra eins war vom nordamerikanischen Unternehmen Westinghouse errichtet worden und braucht eine Generalüberholung, Modernisierung. Dabei schlägt Brasilien derzeit zwei Fliegen mit einer Klappe. Um künftig auch außerhalb des Landes Atomreaktoren montieren zu können, kooperieren die brasilianischen Staatsunternehmen Eletronuclear und Nuclep mit Framatome.
„Wenn Nuclep weiß, wie Atomreaktoren errichtet werden, kann es dann natürlich auf diesem Markt mitkonkurrieren“, hieß es aus dem Technologieministerium. Der Atom-und Windkraftkonzern Siemens sowie die Bundesregierung halten sich bei der nuklearen Zusammenarbeit mit Brasilien strikt an das von Helmut Schmidt 1975 mit den Generälen der Militärdiktatur geschlossene Atomabkommen, außerdem an den Atomwaffensperrvertrag. So hatte Rot-Grün auf der New Yorker Überprüfungskonferenz dieses Vertrags , ohne durchaus mögliche Gegenvoten Joseph Fischers, folgenden Text des Abschlußdokuments unterzeichnet:“Die Konferenz erkennt die Vorteile der friedlichen Atomenergienutzung und nuklearer Techniken an“, heißt es da, „und ihren Beitrag, um in den Entwicklungsländern nachhaltige Entwicklung zu erreichen sowie generell das Wohlergehen und die Lebensqualität der Menschheit zu verbessern.“ Atomenergie sei daher überall auf dem Erdball zu fördern. Auch Trittin hat sich davon nie distanziert.
Laut Minister Campos setzt man in der ganzen Welt wieder auf die Atomkraft, werde sich ihr Anteil an der Stromerzeugung in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren von derzeit siebzehn auf 25 Prozent erhöhen. In Frankreich liegt er bereits bei 75 Prozent. Brasilien möchte da nicht abseits stehen und zudem am Geschäft mit angereichertem Uran profitieren, dessen Weltumsatz derzeit bei jährlich über sechs Milliarden Euro liegt.
–Konflikt wegen Uranfabrik bei Rio—
Gerade hat in Resende bei Rio de Janeiro eine von den Militärs entwickelte Anreicherungsfabrik den Betrieb aufgenommen, die zunächst nur die eigenen Reaktoren mit Kernbrennstoff versorgen soll. Brasilien besitzt die sechstgrößten Uranreserven der Erde – doch weil bisher nur auf einem Viertel der Landesfläche nach dem edlen Rohstoff gesucht wurde, geht die Regierung von weit größeren Vorkommen aus. Und möchte künftig besonders den wichtigen Wirtschaftspartner China, der bis zu dreißig Atomkraftwerke plant, mit angereichertem Uran beliefern. Eine enge atomare Zusammenarbeit hatte Lula im Mai während seines Chinabesuchs vereinbart.
Indessen steht Brasiliens Atompolitik international weiter im Zwielicht, weil die Lula-Regierung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO nach wie vor keine lückenlose Kontrolle der Anreicherungsfabrik erlaubt. Dort könnte selbst laut brasilianischen Angaben auch atomwaffenfähiges Uran hergestellt werden. Brasilia dementiert derartige Absichten. Der Atomwaffensperrvertrag werde natürlich eingehalten.
Mehr als zehnmal waren Inspektoren der Wiener UNO-Behörde bereits in Resende – doch auch bei der jüngsten Visite im Oktober wurde ihnen nicht einmal ein Blick auf die wichtigsten Anlagenteile, vor allem die Zentrifugen, erlaubt.
“Die mit sehr hohen Kosten entwickelte Anreicherungsmethode“, so ließ die Regierung mehrfach offiziell erklären, „wird auf jeden Fall geheimgehalten. „Brasiliens Zentrifugen arbeiten weit energiesparender, mit höherer Lebensdauer als die anderer Länder – der Schutz solcher Industriegeheimnisse ist daher vordringlich. Schließlich handelt es sich um einen wirtschaftlich so wichtigen Bereich wie die Energieerzeugung.“
In den USA und Europa befürchtet man indessen, daß ein gefährlicher Präzedenzfall entstünde, falls die IAEO Brasiliens Haltung akzeptiert. Denn dann könnten Länder wie der Iran ebenfalls auf eingeschränkten Kontrollen ihrer Anreicherungsfabriken bestehen.
Rückenwind bekommt Brasilia jedenfalls von der Presse des eigenen Landes, besonders vom führenden Medienkonzern „Globo“, der sogar nationalistische Töne anschlägt.
“Logisch, daß wir keine Atombombe bauen wollen, um sie etwa auf Argentinien zu werfen“, betont Globo-Starkommentator Arnaldo Jabor in Radio und Fernsehen. „Doch am wissenschaftlichen Fortschritt wollen wir teilhaben. Hinter dem ganzen Streit um die Inspektionen steckt doch nur der Wunsch des Auslands, unsere Industrie rückständig zu halten, unsere Technologie zu überwachen – wir erleiden eine deutliche geopolitische Diskriminierung – man will von Brasilien politischen Gehorsam. Doch wir zeigen ihnen nicht alles – Brasilien macht es genau richtig. “
Selbst angesehene Atomphysiker wie Rogerio Cerqueira Leite nennen es extrem intelligent und opportun, die Inspektoren nicht in den sensibelsten Abschnitt der Urananreicherungsanlage zu lassen.
Doch Öl ins Feuer goß jetzt die angesehene Wissenschaftszeitschrift „Science“ aus den USA, derzufolge Brasilien dank der neuen Anreicherungsanlage von Resende in der Lage sei, jährlich sechs Atomsprengköpfe herzustellen. Dafür gebe es derzeit zwar keine Anzeichen, doch könnte das Tropenland ja künftig seine Politik ändern. Denn unvergessen ist das geheime Atomprogramm der Militärs aus der Diktaturzeit, das Atomtestgelände in Amazonien. Und unvergessen sind auch Äußerungen von Staatschef Lulas erstem Wissenschafts-und Technologieminister Roberto Amaral zugunsten des Baus einer Atombombe. Brasilien, so Amaral letztes Jahr, müsse die nötigen Kenntnisse besitzen – für den Fall, daß sich die Weltlage ändere. Minister Amarals Nachfolger Eduardo Campos wies die Angaben der Zeitschrift „Science“ auf der Stelle als falsch und leichtfertig zurück, ebenso den Verdacht, daß Brasilien die wahre Herkunft seiner Uranzentrifugen verschleiern wolle. Denn die Science-Autoren schlossen nicht aus, daß Brasilien in Wahrheit Zentrifugen des europäischen Anreicherungskonsortiums Urenco kopierte, über deutsche Fachleute an die Technologie herangekommen war.
„Aqui, o presidente e a ministra Dilma seguem defendendo novas usinas, alem de Angra 3″. „O Estado de Sao Paulo“, Washington Novaes
Tags: Brasiliens Militärdiktatur, Clarice Herzog, deutsch-brasilianischer Atomvertrag, geheimes Atomwaffenprogramm, Hans-Dietrich Genscher, Waldemar Rossi, Willy Brandt
Clarice Herzog und Waldemar Rossi auf Veranstaltung des Stadtparlaments zu Ehren von Kardinal Paulo Evaristo Arns.
http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
Waldemar Rossi, Führer der Arbeiterpastoral der Erzdiözese Sao Paulo, wurde damals vom Militärregime eingekerkert, gefoltert – die auch von der SS benutzte Foltermethode der Papageienschaukel(das Opfer wird mit den Kniekehlen mit dem Kopf nach unten an einer Eisenstange aufgehängt,Handgelenke werden an den Fußgelenken oder der Stange befestigt; dazu täglich stundenlang Elektroschocks. Dom Paulo macht Druck, alarmiert den Vatikan, holt Waldemar Rossi und andere Widerstandskämpfer heraus, besucht sie vorher in ihrer Zelle – heute Teil des Widerstands-Memorials von Sao Paulo.
Dem Vernehmen nach sind Clarice Herzog und Kardinale Paulo Evaristo Arns für eine brasilianische Wahrheitskommission vorgesehen, die sich mit der Aufklärung der Diktaturverbrechen befassen soll.
In einer großen Ausstellung in der City Sao Paulos erinnert die Qualitätszeitung an die beiden für das Jahr 1975 bedeutenden historischen Fakten – die Unterzeichnung des Atomvertrages unter Schmidt-Genscher mit der brasilianischen Militärdiktatur sowie die Folterung und Ermordung des jüdischen Journalisten Herzog durch das Militärregime unter dem deutschstämmigen General Ernesto Geisel. Die Herzog-Familie war aus Jugoslawien vor dem Nazismus nach Brasilien geflüchtet – die brasilianische Militärdiktatur war laut Historikerbewertung nazistisch-antisemitisch orientiert.
Laut historischen Daten startete die brasilianische Militärdiktatur nach dem Abschluß des mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Atomvertrages ein geheimes Atomwaffenprogramm, errichtete ein Atomtestgelände in Amazonien. 1990 wird es vom damaligen Präsidenten Collor de Mello geschlossen.
Fünf Jahre nach dem 1975 unterzeichneten deutsch-brasilianischen Atomvertrag vereinbarten laut Landesmedien die Regierungen in Brasilia und Bagdad ein Geheimabkommen zur nuklearen Kooperation. Ehemalige Minister der Militärdiktatur haben danach zugegeben, daß der Irak unter anderem angereichertes Uran erhalten hat. Brasilianische Kernkraftexperten seien auch an der Errichtung des 1981 von der israelischen Luftwaffe bombardierten Atomreaktors Ozirak beteiligt gewesen.
http://www.dw.de/dw/article/0,,1165227_page_0,00.html
Brasiliens nukleare Vision: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/20/brasiliens-nukleare-vision-o-globo-kolumnist-merval-pereira-analysiert-die-position-von-vizeprasident-jose-alencar-wonach-eine-atombombe-des-iran-der-abschreckung-diente-den-frieden-garantierte/
“Mit Atomwaffen würde Brasilien international mehr respektiert sein.”
“Juni 1975. Brasilien und Deutschland schließen Abkommen zum Bau von Atomkraftwerken in Angra dos Reis.
1. November 1975. Etwa 8000 Menschen nehmen am Gottesdienst auf dem Sé-Platz zur Erinnerung an den Journalisten Vladimir Herzog teil, ermordet unter der Folter.
Diktator Ernesto Geisel, in dessen Amtszeit der jüdische Journalist Herzog gefoltert und ermordet wurde – und Willy Brandt, Ausriß. http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/16/helmut-schmidt-und-lula-lulas-sonderbeziehungen-zu-deutschland/
“Die Zeit” 1974 über den General der Folter-Diktatur, Ernesto Geisel: “In Brasilien ist am Freitag voriger Woche der 65jährige Ernesto Geisel als brasilianischer Präsident vereidigt worden. Die Zeremonie fand unter strengen Sicherheitsmaßnahmen statt: die Kontrolleure verweigerten sogar dem neuen Industrieminister, einem aus Japan stammendem Brasilianer, wegen seines „fremden” Aussehens den Zutritt. Ehrengäste waren die drei Staats- bzw. Regierungschefs Pinochet (Chile), Banzer (Bolivien) und Bordaberry (Uruguay). Die Vereinigten Staaten wurden durch Patricia Nixon und den stellvertretenden Leiter des CIA vertreten.”
Diktaturopfer – getötete Regimegegnerin, Foto von kirchlichen Menschenrechtsaktivisten.
Treffen Nixon – Brandt in Florida 1971, laut US-Dokumenten – die Frage des Verhältnisses zur Militärdiktatur der Foltergeneräle:
“President Nixon asked for the Chancellor’s view on Brazil.
Chancellor Brandt stated that Germany has some trade and investment there, especially in the Sao Paolo area. He noted that political relations are good.”
Nixon über Militärdiktator General Ernesto Geisel : “On the other hand, the Brazilian leader9 has been good for Brazil and we continue to maintain that if he takes no foreign policy actions against us, then what he does is acceptable.”
Wer war Herzog? http://educacao.uol.com.br/biografias/vladimir-herzog.jhtm
Nach Folter und Mord an dem jüdischen Journalisten Herzog rief der deutschstämmige Kardinal Paulo Evaristo Arns in Sao Paulo zu einer ökumenischen Trauerfeier in die Kathedrale, zelebrierte mit zwei Rabbinern die Messe,die mit etwa 8000 Teilnehmern zu einem Symbol des Protestes gegen die Folter-Diktatur wurde. Nach der Beerdigung von Herzog auf dem jüdischen Friedhof von Butantá streikten etwa 30000 von 35000 Studenten der Bundesuniversität USP von Sao Paulo – Herzog war dort Professor.
Auffällig, daß außer Brandts Äußerung, die politischen Beziehungen zur Militärdiktatur unter General Ernesto Geisel seien gut, zumindest im Internet keinerlei Brandt-Bewertung der Diktaturverbrechen zu finden ist.
http://womblog.de/die-brasilianische-bombe
Die Diktatur begann mit dem Militärputsch von 1964 – 1969 schloß Bonn mit dem Militärregime laut Jahreschronik ein Kulturabkommen.
“Wo sind unsere Toten?” (Protestkundgebung in Sao Paulo 2012)
Wie Brasiliens katholische Kirche betont, wissen sehr viele Angehörige von “Verschwundenen” der Militärdiktatur bis heute nicht, was mit diesen geschah.
Brasiliens Militärdiktator Emilio Medici, Vorgänger von Geisel, laut Wikipedia:
http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
“Bereits im Juni 1968 hatte BRD-Außenminister Willy Brandt bei einem Besuch in Brasilien das deutsche Interesse dargelegt, Brasilien mit Nukleartechnologie zu beliefern. 1969 unterzeichneten Brasilien und Deutschland ein bilaterales Abkommen zu wissenschaftlicher und technischer Kooperation. “Dominik Hauber, “Was passiert in Resende?
Der Spiegel 1975, im Jahr der Ermordung des jüdischen Journalisten Herzog, zu den Beziehungen des Außenministers Hans-Dietrich Genscher(FDP) zur brasilianischen Militärdiktatur:
Zugleich hofft Genscher, seiner FDP mit solchen Ideen das Image einer Fortschrittspartei zu erhalten, zumal die Freidemokraten nach seiner Ansicht “das Wählerpotential haben, das das am ehesten versteht”.
Die außenpolitische Tauglichkeit seines Plans wollte Genscher vor allem in Brasilien überprüfen, das ihm als “Schwellenmacht zum Industriestaat” (AA-Definition) als Testobjekt besonders geeignet scheint. Das Regime des deutschstämmigen Generals Ernesto Geisel versucht sich mit Macht aus der alten Abhängigkeit von Washington zu lösen und hält in Europa nach potenten Partnern für seine ehrgeizigen Industrialisierungspläne Ausschau.
Die Bundesrepublik gilt den Brasilianern als erste Wahl, denn die Deutschen halten im volkreichsten Staat Südamerikas (über 100 Millionen Einwohner) in der Rangliste ausländischer Investoren hinter den USA den zweiten Platz. Mehr als 500 westdeutsche Unternehmen produzieren bereits im Lande. Friedrich Wilhelm Christians, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und gemeinsam mit anderen Wirtschaftsgrößen in Genschers Begleitung, schätzt die Summe der westdeutschen Anlagewerte auf mittlerweile vier bis viereinhalb Milliarden Mark.
Erst recht als Schlaraffenland für Exporteure gilt Brasilien, seit es der deutschen Wirtschaft den fettesten Ausfuhrauftrag ihrer Geschichte versprochen hat: den Bezug von acht Kernkraftwerken samt Zusatzeinrichtungen im Wert von mindestens zwölf Milliarden Mark.
Politisch ist das Atomgeschäft nicht ohne Sprengkraft. Um den Vorwurf zu entkräften, Brasilien könne mit deutscher Hilfe künftig Atombomben bauen, machte die Bundesregierung ihre Zustimmung von einem Abkommen zwischen Bonn, Brasilia und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien abhängig, das regelmäßige Überwachungen durch IAEO-Inspektoren garantieren soll.
Damit geriet die Bundesregierung unversehens in Konflikt mit der verzwickten brasilianischen Innenpolitik. Denn starke nationalistische Gruppen fordern nun von der Regierung Geisel, sie müsse, um den Großmachtanspruch Brasiliens zu wahren, die Option für den Bau der Bombe offenhalten.
Unmittelbar nach Genschers Abflug reiste eine Bonner Expertendelegation an, die in Brasilia die dreiseitige Übereinkunft aushandeln soll. Prompt verbreiteten “gut unterrichtete Kreise” (Nachrichtenagentur Reuter), Brasilien werde sich gegen jede Verabredung wehren, die IAEO-Mitarbeiter jederzeit ins Land lasse. Setzen sich die Kontrollgegner durch, wäre das Atomgeschäft gefährdet, und Genscher, der die Nuklear-Allianz mit den Südamerikanern befürwortet, müßte erkennen, daß sich die Vision vom weltweiten Engagement der Bundesrepublik leichter entwickeln als durchsetzen läßt.
Auf seinem Südamerika-Trip konnten derlei Widrigkeiten die gute Laune des Bonner Chefdiplomaten nicht beeinträchtigen. Da sonnte er sich, zwischen Rio und Lima, im Gefühl, den großen Wurf gelandet zu haben. Bankier Christians: “Dem Genscher macht das richtig Spaß, der kriegt eine ganz lange Zunge.”
Der Spiegel zum deutsch-brasilianischen Atomgeschäft: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41019615.html
In den Archiven des Weltkirchenrates in Genf lagern Dokumente der brasilianischen Kirche, die laut Brasiliens Medien für das Diktaturjahr 1970 von “Bürgerkrieg” und etwa 12000 politischen Gefangenen sprechen. Die Diktatur erlaubte dem Internationalen Roten Kreuz nicht den Zugang zu den Gefängnissen, Diktator Medici erklärte, es gebe keine politischen Gefangenen in Brasilien. 1971 wurde ein Appell an die UNO wegen der gravierenden Menschenrechtsverletzungen gerichtet. In den Dokumenten des Weltkirchenrates werden die sadistischen Foltertechniken detailliert beschrieben, Folter werde als politische Waffe angewendet. Die Zahl der Folterzentren wird mit 242 angegeben, weibliche Gefangene seien häufig vergewaltigt worden. Zu den Taktiken gehörte, Oppositionelle in Gegenwart ihrer Ehepartner, teils sogar ihrer Kinder zu foltern.
Hintergrundtext:
„Wenn die Toten da reingeschmissen werden, sind das Szenen wie in diesen
Holocaustfilmen“, beklagen sich Anwohner von Massengräber-Friedhöfen der größten lateinamerikanischen Demokratie. In der Tat wird seit der Diktaturzeit vom Staat die Praxis beibehalten, nicht identifizierte, zu „Unbekannten“ erklärte Tote in Massengräbern zu verscharren.
Die Kirche protestiert seit Jahrzehnten dagegen und sieht darin ein gravierendes ethisch-moralisches Problem, weil es in einem Land der Todesschwadronen damit auch sehr leicht sei, unerwünschte Personen verschwinden zu lassen. In der Megacity Sao Paulo mit ihren mehr als 23 Millionen Einwohnern empört sich der weltweit angesehene Menschenrechtspriester Julio Lancelotti: „In Brasilien wird monatlich eine erschreckend hohe Zahl von Toten anonym in Massengräbern verscharrt, verschwinden damit Menschen auf offiziellem Wege, werden als Existenz für immer ausgelöscht. Wir von der Kirche nehmen das nicht hin, versuchen möglichst viele Tote zu identifizieren, um sie dann auf würdige Weise christlich zu bestatten. Wir brauchten einen großen Apparat, ein großes Büro, um alle Fälle aufklären zu können – dabei ist dies eigentlich Aufgabe des Staates!“
Padre Lancelotti erinnert daran, daß während der 21-jährigen Diktaturzeit in
Sao Paulo von den Machthabern 1971 eigens der Friedhof Dom Bosco geschaffen wurde, um dort zahlreiche ermordete Regimegegner heimlich gemeinsam mit jenen unbekannten Toten, den sogenannten Indigentes, in Massengräber zu werfen. Wie die Menschenrechtskommission des Stadtparlaments jetzt erfuhr, wurden seit damals allen Ernstes 231.000 Tote als Namenlose verscharrt – allein auf diesem Friedhof. Heute kommen Monat für Monat dort zwischen 130 und 140 weitere Indigentes hinzu.
Nach einem Massaker an Obdachlosen Sao Paulos kann Priester Lancelotti zufällig auf dem Friedhof Dom Bosco beobachten, wie sich der Staat der Namenlosen entledigt: “Als der Lastwagen kommt und geöffnet wird, sehe ich mit Erschrecken, daß er bis obenhin voller Leichen ist. Alle sind nackt und werden direkt ins Massengrab geworfen. Das wird zugeschüttet – und fertig. Sollten wir später noch Angehörige ermitteln, wäre es unmöglich, die Verstorbenen in der Masse der Leichen wiederzufinden. Was sage ich als Geistlicher dann einer Mutter?“ Lancelotti hält einen Moment inne, reflektiert: „Heute hat das Konzentrationslager keinen Zaun mehr, das KZ ist sozusagen weit verteilt – die Menschen sind nach wie vor klar markiert, allerdings nicht auf der Kleidung, sondern auf dem Gesicht, dem Körper. Und sie werden verbrannt, verscharrt, wie die Gefangenen damals, und es gibt weiter Massengräber.“
Was in Sao Paulo geschieht, ist keineswegs ein Einzelfall. In der nordostbrasilianischen Millionenstadt Fortaleza leiden die Anwohner des Friedhofs „Bom Jardim“ seit Jahren bei den hohen Tropentemperaturen unter grauenhaftem Leichengeruch. „Die Toten werden oft schon verwest hergebracht, wie Tiere verscharrt, wir müssen zwangsläufig zusehen, es ist grauenhaft“, klagt eine Frau. „Fast jeden Tag kommt der Leichen-LKW – doch bei den heftigen Gewitterregen wird die dünne Erdschicht über den Toten weggeschwemmt, sehen wir die Massengräber offen, wird der Geruch im Stadtviertel so unerträglich, daß viele Kopfschmerzen kriegen, niemand hier eine Mahlzeit zu sich nimmt.“ Der Nachbar schildert, wie das vergiftete Regenwasser vom Friedhof durch die Straßen und Gassen des Viertels läuft: „Das Wasser ist grünlich und stinkt, manchmal werden sogar Leichenteile mitgeschwemmt – und weggeworfene Schutzhandschuhe der Leichenverscharrer. Die Kinder spielen damit – haben sich an die schrecklichen Vorgänge des Friedhofs gewöhnt. Wir alle haben Angst, daß hier Krankheiten, Seuchen ausbrechen.“
Selbst in Rio de Janeiro sind die Zustände ähnlich, werden zahllose Menschen von Banditenkommandos der über 1.000 Slums liquidiert und gewöhnlich bei Hitze um die 35 bis 40 Grad erst nach Tagen in fortgeschrittenem Verwesungszustand zum gerichtsmedizinischen Institut abtransportiert. Wie aus den Statistiken hervorgeht, werden in den Großstädten monatlich stets ähnlich viele Tote als „Namenlose“ in Massengräber geworfen wie in Sao Paulo, der reichsten Stadt ganz Lateinamerikas.
Priester Julio Lancelotti und seine Mitarbeiter stellen immer wieder Merkwürdigkeiten und verdächtige Tatbestände fest. „Werden Obdachlose krank und gehen in bestimmte öffentliche Hospitäler, bringt man an ihrem Körper eine Markierung an, die bedeutet, daß der Person nach dem Tode zu Studienzwecken Organe entnommen werden. Die Männer registriert man durchweg auf den Namen Joao, alle Frauen als Maria. Wir streiten heftig mit diesen Hospitälern und wollen, daß die Obdachlosen auch nach dem Tode mit den echten Namen geführt werden. Schließlich kennen wir diese Menschen, haben über sie Dokumente. Man meint eben, solche Leute sind von der Straße, besitzen also weder eine Würde noch Bürgerrechte. Wir haben in der Kirche eine Gruppe, die den illegalen, kriminellen Organhandel aufklären will, aber rundum nur auf Hindernisse stößt. Denn wir fragen uns natürlich auch, ob jenen namenlos Verscharrten vorher illegal Organe entnommen werden.“
Fast in ganz Brasilien und auch in Sao Paulo sind Todesschwadronen aktiv, zu denen Polizeibeamte gehören, wie sogar das Menschenrechtsministerium in Brasilia einräumt. Tagtäglich würden mißliebige Personen außergerichtlich exekutiert, heißt es. Darunter sind auch Obdachlose, von denen allein in Sao Paulos Zentrum weit über zehntausend auf der Straße hausen. Wie Priester Julio Lancelotti betont, ist zudem die Zahl der Verschwundenen auffällig hoch. „Auf den Straßen Sao Paulos werden viele Leichen gefunden. Denn es ist sehr einfach, so einen Namenlosen zu fabrizieren. Man nimmt ihm die Personaldokumente weg, tötet ihn und wirft ihn irgendwo hin. Wir gehen deshalb jeden Monat ins gerichtsmedizinische Institut, um möglichst viele Opfer zu identifizieren. Die Polizei ist immer überrascht und fragt, warum uns das interessiert. Das Identifizieren ist für uns eine furchtbare, psychisch sehr belastende Sache, denn wir müssen monatlich stets Hunderte von Getöteten anschauen, die in großen Leichenkühlschränken liegen – alle schon obduziert und wieder zugenäht. Und man weiß eben nicht, ob da Organe
entnommen wurden.“
Solchen Verdacht hegen nicht wenige Angehörige von Toten, die seltsamerweise als „Namenlose“ im Massengrab endeten. In der nordostbrasilianischen Küstenstadt Maceio ging letztes Jahr der 69-jährige Sebastiao Pereira sogar mit einem Protestplakat voller Fotos seines ermordeten Sohnes auf die Straße. Dem Vater hatte man im gerichtsmedizinischen Institut die Identifizierung der Leiche verweigert – diese dann mysteriöserweise auf einen Indigentes-Friedhof gebracht. Kaum zu fassen – ein Friedhofsverwalter bringt es fertig, Sebastiao Ferreira später mehrere Leichenteile zu zeigen, darunter einen Kopf. „Mein Sohn wurde allein am Kopf von vier MG-Schüssen getroffen – und dieser Kopf war doch intakt! Ich setzte eine DNA-Analyse durch – der Kopf war von einem Mann, das Bein von einem anderen, der Arm wiederum von einem anderen – doch nichts stammte von meinem Sohn“, sagt er der Presse.
In Sao Paulo hat Priester Lancelotti durchgesetzt, daß ein Mahnmal auf dem Friedhof Dom Bosco an die ermordeten Regimegegner, aber auch an die mehr als 200.000 „Namenlosen“ erinnern wird.
Neuerdings macht der Friedhof in Brasilien immer wieder Schlagzeilen, allerdings nicht wegen der Massengräber von heute. Progressive Staatsanwälte versuchen das Oberste Gericht in Brasilia zu überzeugen, den zur Diktaturzeit für den Friedhof verantwortlichen Bürgermeister Paulo Maluf und den damaligen Chef der Politischen Polizei, Romeu Tuma, wegen des Verschwindenlassens von Oppositionellen vor Gericht zu stellen. Erschwert wird dies jedoch durch den Politikerstatus der Beschuldigten: Paulo Maluf ist Kongreßabgeordneter und Romeu Tuma sogar Kongreßsenator – beide gehören zum Regierungsbündnis von Staatspräsident Lula.
« Brasiliens neue Atomkraftwerke: Energieminister Edson Lobao betont Weiterführung des Atomprogramms nach Fukushima. Ankündigung vor deutsch-brasilianischen Wirtschaftstagen von Rio de Janeiro. Grün-Rot verlängerte deutsch-brasilianischen Atomvertrag zweimal. – Brasilien – mehr „Rechte“ für Autofahrer – Benutzung der Autobahn-Seitenstreifen üblich, besonders bei Staus. Infrastruktur in Brasilien. »
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