Per Internetsuche wird man landauf, landab fündig.
Escola Presidente Medici – in Bangu/Rio de Janeiro(von Medici persönlich eingeweiht 1975)
Escola Marechal Costa e Silva – in Rio de Janeiro/Botafogo
Escola Presidente Ernesto Geisel – in Terra Nova/Bahia
Escola Filinto Müller – in Diadema
976 Schulen nach Diktatoren benannt, 160 mit Namen von Diktator Medici, 295 Mittelschulen tragen Namen von Costa e Silva, 10 Mittelschulen nach Filinto Müller(verantwortlich für Verhaftung von Olga Benario, im KZ Bernburg vergast) benannt.
„Namen bedeuten Verewigung der Militärdiktatur in Brasilien.“ Adriano Diogo, Wahrheitskommission von Sao Paulo.
In nicht wenigen deutschsprachigen Veröffentlichungen, darunter Büchern, wird die brasilianische Militärdiktatur auffälligerweise verharmlost.
Zwar hielt sich mit Maria Rita Kehl ein hochrangiges Mitglied der brasilianischen Wahrheitskommission in Frankfurt zur Buchmesse 2013(Gastland Brasilien) auf – doch bezeichnenderweise kam die Unterstützung Bonns, Willy Brandts für die brasilianische Militärdiktatur nicht zur Sprache, auch nicht in den Medien.
Willy Brandt und sein Diktatur-Amtskollege José Magalhaes Pinto: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/
1969 – Jahr der Unterzeichnung des Kulturabkommens sowie des Wissenschafts-und Technologieabkommens mit der Folterdiktatur Brasiliens.
Diktator General Ernesto Geisel, in dessen Amtszeit der jüdische Journalist Herzog gefoltert und ermordet wurde – und Friedensnobelpreistraeger Willy Brandt, Ausriß.
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KEINE Ergebnisse gefunden. (Ausriß)
Presidente Ernesto Geisel e Primeiro-Ministro Helmut Schmidt/
Lula lobt Militärdiktatoren Medici und Geisel, anklicken: http://www.youtube.com/watch?v=td1ywn3SoWc&feature=relmfu
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/1698492/
Brasiliens katholische Kirche im Widerstand gegen die Militärdiktatur-
viele Geistliche gefoltert und ermordet – sexuelle Gewalt sogar gegen Ordensschwestern
Massenvergewaltigungen, Sadismus jeder Art
Nationale Wahrheitskommission enthüllt bisher verschwiegenen Repressions-Horror
Oppositionelle Geistliche werden totgefoltert, Regimegegnerinnen, darunter Ordensschwestern, auf perverseste Weise sexuell mißbraucht, immer wieder vergewaltigt. Jene, die jetzt vor der Wahrheitskommission aussagen, haben sichtlich das vor mehreren Jahrzehnten Erlittene psychisch und körperlich keineswegs verkraftet.
Im Vergleich zu Chile oder Argentinien war Brasiliens Militärregime direkt harmlos, lauten indessen auch in Europa gängige Urteile, begründet mit bemerkenswert niedrigen amtlichen Opferzahlen: Gerade mal 376 Menschen seien in den 21 Jahren der Generalsherrschaft durch Diktaturangehörige getötet worden – im benachbarten Argentinien dagegen zwischen 11000 und 30000. Brasiliens katholische Menschenrechtsaktivisten, die Folter und Verfolgung überlebten, haben die offiziellen Zahlen stets als absurd niedrig eingestuft – und als pervers geschönt. Das Militärregime, so der mehrere Jahre eingekerkerte Dominikaner Frei Betto, Brasiliens wichtigster Befreiungstheologe, sei schließlich nazistisch-antisemitisch gewesen – und entsprechend vorgegangen.
Während in Argentinien, dem Land des neuen Papstes, die Vergangenheitsbewältigung zügig vorankommt, mehrere Tausend hohe Diktaturoffiziere abgeurteilt werden, ein Teil bereits hinter Gittern sitzt, wußten Brasiliens politisch einflußreiche Militärs derartiges bisher zu verhindern. Erst jetzt, und eigentlich viel zu spät, kann eine Nationale Wahrheitskommission gegen den Druck des starken rechtsextremen Lagers wenigstens ermitteln, wird fast sofort fündig, rückt sicher auch bei europäischen Christen mancherlei Klischeevorstellungen über Brasilien zurecht: Bereits im Putschjahr 1964 über 50000 Verhaftete, systematisches „Verschwindenlassen“ von Regimegegnern.
In Amazonien verliert ein einziger Indianerstamm durch die Repression mindestens 2000 Angehörige – Hinweis darauf, wie kräftig jene amtlichen Opferzahlen nach oben „korrigiert“ werden dürften. Da der Wahrheitskommission auch katholische Regimegegner angehören, werden oberflächliche Fehlurteile fallen, die Kirche sei damals, etwa verglichen mit Argentinien, recht glimpflich davongekommen.
„Sie haben unsern Padre Henrique gefoltert und ermordet, gleich darauf einen katholischen Studentenführer erschossen“, schildert Ordensschwester Maria Zelina Leite den Diktatur-Terror damals in ihrer Heimatstadt, dem nordöstlichen Recife. „Erzbischof Dom Helder Camara, eine der Symbolfiguren des Widerstands, führte den Trauerzug von über 10000 zur Beerdigung von Padre Henrique an. Soldaten sprangen von Militär-LKW, prügelten auf uns ein. Doch Dom Helder Camara war regelrecht genial, wußte ein Blutbad und Verhaftungen zu verhindern, instruierte auf dem Friedhof die Regimegegner, den am Eingang lauernden Soldaten nicht ins offene Messer zu laufen.“
Vor dem Bischofssitz stehen rund um die Uhr Schergen der Foltergenerale, sollen all jene einschüchtern, die es wagen, Dom Helder Camara und seine Mitarbeiter der Kurie aufzusuchen. „Er appelliert damals an die Militärs: Verhaftet mich, aber laßt meine Priester in Ruhe! Wegen des vorhersehbaren Welt-Echos kerkern sie den Erzbischof nicht ein – halten sich an die Geistlichen.“
Aber ging das denn so leicht? Ivone Gebara, Ordensschwester, Mitglied der Wahrheitskommission: „Man erklärte regimekritische Padres einfach zu Kommunisten – oppositionelle Ordensschwestern zu Kommunistinnen. Auch die Katholische Arbeiterjugend JOC und die katholische Studentenbewegung JEC waren im Widerstand – wurden verfolgt.“ Klassisch ist ein Ausspruch von Dom Helder Camara aus dieser Zeit: ”Wenn ich den Armen zu essen gebe, nennt man mich einen Heiligen. Doch wenn ich frage, warum sie arm sind, nennt man mich einen Kommunisten”. Der Erzbischof überlebt mehrere Attentate, sein Sekretär, der Priester Antonio Pereira Neto, wird ermordet.
Ivone Gebara und Maria Zeline Leite aus Recife werden Anfang 2013 auf einer Anhörung im Parlament des Teilstaats Sao Paulo noch einmal sehr schmerzhaft an ein besonders finsteres Diktatur-Kapitel, das perverse Foltern von Frauen, erinnert. Neben Paulo Sergio Pinheiro, Leiter der Wahrheitskommission und angesehener UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsfragen, spricht Maria Amélia de Alkmeida Teles: „Vor meinen Augen haben sie einen Widerstandskämpfer ermordet – meinen Mann ins Koma gefoltert. Sie haben meine schwangere Schwester verhaftet und gefoltert. Ich war mehrfach Opfer sexueller Gewalt. Wir weiblichen Regimegegner wurden ja stets nackt verhört. Ich erlitt Elektroschocks, wie die anderen auch, an den Geschlechtsteilen. Meine kleinen Kinder mußten zusehen. Ich war voller Urin, voller Kot. Mein kleiner Sohn fragte: Warum bist du am ganzen Körper blau, warum ist der Vater jetzt grün? Er war im Koma. Ja, mein ganzer Körper war blau von den vielen Hämatomen.“
Auch die Widerstandskämpferin Marise Egger schilderte gegenüber der Wahrheitskommission die erlittene sexuelle Gewalt. „Die Elektroschocks ließen mein Brustgewebe absterben, sodaß ich später meine Tochter nicht mehr stillen konnte.” Laut Marise Eggers wird auch heute noch in Brasiliens Polizeiwachen mit sexueller Gewalt gefoltert.
Fotos auf Flugblättern machen zur Diktaturzeit die Runde, die populäre Padres mit Ordensschwestern nackt in Stundenhotel-Betten zeigen. Was war da passiert? Um die katholische Opposition zu diskreditieren, werden engagierte Priester von der Geheimpolizei entführt und unter Drogen gesetzt, mit Ordensschwestern unbekleidet fotografiert.
1976 trifft es sogar den als „Roten“ beschimpften Bischof Adriano Hipolito bei Rio de Janeiro. Zunächst will man ihn zwingen, Zuckerrohrschnaps zu trinken – wohl um dann einen total betrunkenen Bischof ablichten zu können. Doch Hipolito wehrt sich erfolgreich, wird geschlagen, völlig entkleidet, komplett mit roter Farbe beschmiert und in den Staub einer abgelegenen Straße geworfen. Das Regime druckt und verbreitet gefälschte Diözesezeitungen, die enorme Konfusion in den kirchlichen Bewegungen bewirken – Bischof Hipolito bleibt nichts anderes übrig, als das Blatt einzustellen. In die Kathedrale werden immer wieder Bomben geworfen, die sogar das Allerheiligste zerstören.
Weit abgelegen in Amazonien, will die Diktatur gar einen Bischof ermorden: Neofeudal herrschende Großgrundbesitzer, deren mittelalterliche Sklaverei bringen den Katalanier Pedro Casaldáliga derart auf, daß er mit gesunder Radikalität für christliche Werte, die Menschenrechte ficht. Während der 21 Diktaturjahre wird er von seinen Beschattern unter dem Codewort „Palito eletrico“, verrückt-elektrisierter Zahnstocher, geführt. Treffend gewählt. Denn Casaldáliga ist dünn, energiegeladen, hochaktiv. Rasch wird er wie Dom Helder Camara zu einem Symbol des Widerstands, bestgehaßt von den Machteliten. In Sao Felix de Araguaia schildert er auf der schlichten Holzbank vor der „Bischofsresidenz“, einer kleinen Kate an einem Schlammweg, das bedrückendste Diktatur-Erlebnis:“Als ich 1976 mit Priester Joao Bosco Burnier in einer Polizeiwache gegen die schon von weitem zu hörende sadistische Folterung zweier Frauen protestiere, halten Militärpolizisten ihn, und nicht mich, für das seit Wochen eingekreiste Opfer.“ Denn Padre Burnier wirkt weit mehr als der sportlich-quirlige Casaldáliga wie ein Bischof. „Erst schlagen sie ihm mit dem Gewehrkolben auf den Kopf, dann fallen Schüssen, ein Dum-Dum-Geschoß durchschlägt seine Stirn – Burnier fällt neben mir zu Boden, stirbt kurz darauf.“
Weil Diktatursoldateska sein Häuschen umstellt, lebt er dort häufig wie ein Gefangener. Kein anderer Geistlicher Brasiliens hat wohl so viele Extremsituationen erlebt – die daraus resultierende Radikalität wird selbst in Rom gelegentlich mißverstanden. „Ich diskutierte dort sogar mit Kardinal Ratzinger“, sagt er schmunzelnd..
In der südlichen Megacity Sao Paulo bringt 1980 der Besuch von Papst Johannes Paul dem Zweiten die Foltermilitärs in arge Schwierigkeiten. Alarmiert vom dortigen deutschstämmigen Stadt-Erzbischof Paulo Evaristo Arns ebenso wie von Casaldáliga, will sich der Papst vor Ort informieren, trifft sich mit den Arbeitern der Industriebetriebe im überfüllten Morumbi-Fußballstadion. An seiner Seite, zum Ärger des Repressionsapparats ausgerechnet der populäre Regimegegner Waldemar Rossi als Sprecher der Fabrikarbeiter. „Da mich die Geheimpolizei nicht ins Stadion lassen will, gibt mir Arns seine Bischofs-Sondererlaubnis, mit der ich doch noch hineinschlüpfen kann.“ Rossi hatte zuvor barbarische Folterungen überlebt:“Sie haben mich wie bei Hitler die SS mit der Papageienschaukel-Methode traktiert, den Kopf nach unten, an einer Eisenstange aufgehängt, dazu Schläge, stundenlang Elektroschocks. Als der Erzbischof davon erfährt, schaltet er den Vatikan ein, macht Druck, holt mich und andere Eingesperrte heraus, besucht uns vorher sogar in der Zelle.“ „Dom Paulo“ gründet mitten in der Diktaturzeit Brasiliens erste katholische Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, bringt später das weltweit Aufsehen erregende Buch „Brasil – nunca mais“ über die Diktaturverbrechen heraus. Todesschwadronen ermorden damals Ungezählte vor allem in den Elendsvierteln der Großstädte, politische Gefangene werden den Haien lebendig zum Fraß vorgeworfen oder über Amazonien aus Helikoptern gestoßen. In Stücke gehackt, verscharrt man Diktaturgegner selbst an Traumstränden Rio de Janeiros. Die Diktatur erlaubt dem Internationalen Roten Kreuz nicht den Zugang zu den Gefängnissen. Doch Diktator Medici erklärt, es gebe keine politischen Gefangenen. Laut Weltkirchenrat existieren mindestens 242 Folterzentren, gehöre zu den Taktiken, Oppositionelle in Gegenwart ihrer Ehepartner, teils sogar ihrer Kinder zu foltern.
1975 ermorden die Militärs in Sao Paulo den jüdischen Journalisten Vladimir Herzog, stellen es offiziell als Selbstmord hin.
Arns ruft in Sao Paulo zu einer ökumenischen Trauerfeier in die Kathedrale, zelebriert mit Erzbischof Dom Helder Camara und zwei Rabbinern die Messe, die mit etwa 8000 Teilnehmern zu einem Fanal des Protestes gegen die Folter-Diktatur wird.
Ganz seinem Temperament entsprechend, dringt der Erzbischof bis in Generalstab und Kasernen vor, stellt hohe Offiziere heftig zur Rede.
In Rio de Janeiro dagegen hat der höchste katholische Würdenträger Eugenio Sales den Beinamen „Kardinal der Diktatur“, gilt als unterwürfiger Generals-Kollaborateur, Schande für die ganze Kirche.
Erst über ein Jahrzehnt nach Regimeende müssen sich auch viele linke Widerständler unter dem Druck der Fakten korrigieren. Als Bischof in seiner Nordostheimat wird Sales ebenfalls als „Roter“ beschimpft, weil er weitreichende Sozialprogramme startet, beim Gründen von Gewerkschaften hilft. Wertkonservativ und eher zurückhaltend im Auftreten, agiert Kardinal Sales in den Diktaturjahren anders als Arns diskret, aber hocheffizient, hält sich Gesprächskanäle zu den Diktatoren offen. In Rio de Janeiro organisiert er Asyl für mindestens 5000 Verfolgte der Diktaturen in Chile, Argentinien und Uruguay, mietet für sie auf Diözesekosten sogar Wohnungen an, baut mit der Caritas ein Hilfenetz auf. Überliefert ist ein Sales-Telefongespräch mit dem Diktaturgeneral Silvio Frota: „Wenn Sie die amtliche Mitteilung erhalten, daß im Bischofspalast Kommunisten untergebracht seien, ich Kommunisten schütze, sollen Sie wissen, daß dies wahr ist – ich bin dafür verantwortlich. Und Punkt. Wiederhören.“
Sales, stellt sich später heraus, erreicht die Freilassung von „Subversiven“, besucht die politischen Gefangenen der Hochsicherheitsgefängnisse, wird zu deren Sprecher und Vermittler. „Der war konservativ, aber integer“, lauten Urteile über den inzwischen verstorbenen Kardinal. Die Vorwürfe sind verstummt.
Ob die Wahrheitskommission vollen Erfolg hat? Schon klagt sie an, daß die geheimen Archive der Streitkräfte weiter unzugänglich bleiben – „mitten in der Demokratie“…
Brasiliens Folterdiktator Ernesto Geisel in der Bundesrepublik Deutschland 1978 – Fotoserie: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/01/06/brasiliens-deutschstammiger-folterdiktator-ernesto-geisel-in-der-bundesrepublik-deutschland-1978-fotoserie/
Ausriß, Diktator Ernesto Geisel und Bundeskanzler Helmut Schmidt in Bonn.
Die Neue Zürcher Zeitung 1994 zum 30. Jahrestag des Militärputsches von 1964:
…Exponenten der Diktatur als starke Männer demokratischer Parteien
Politik-und Wirtschaftswissenschaftler sowie die führenden Kommentatoren der Qualitätszeitungen begründen die Rückständigkeit Brasiliens in Artikelserien zum Putschjubiläum unter anderem damit, daß nach 1985 kein echter demokratischer Wandel begann, sondern die Kontinuität gewahrt blieb. Politiker, Bürokraten und Parteien, die die Diktatur aktiv unterstützten, behielten Einfluß und Macht. Sie gehen heute auch Koalitionen mit einstigen Gegnern ein, was bisweilen irrational erscheint. Erster Zivilpräsident nach dem Generalsregime wurde der frühere Chef der Militärpartei PDS José Sarney. Der derzeitige Finanzminister Fernando Henrique Cardoso, Inhaber des wichtigsten Kabinettsressorts, fungierte damals als Sarneys Interessenvertreter(portugiesisch: „Lider do Governo“) im Senat. Bei der Übernahme des Ministerpostens sagte 1993 das bisher zu den Linksintellektuellen gerechnete Mitglied der Sozialdemokratischen Partei(PSDB):“Vergessen Sie alles, was ich bisher geschrieben habe.“…Führende Intellektuelle, wie etwa der Schriftsteller Antonio Callado, nennen es bezeichnend für Brasiliens Zustand, für fehlende politische Kultur und kollektiven Gedächtnisschwund, daß hohe Amtsinhaber der Diktaturregierungen , die sich damals schamlos bereicherten, heute immer noch zu den wichtigsten Meinungsmachern zählen und ihre Wochenkolumnen auch noch in den Provinzblättern der entlegensten Amazonasregionen erscheinen…Der ehemalige Justizminister Armando Falcao bekommt derzeit nicht weniger Platz in den Medien für schönfärberische Interpretationen. Seiner Meinung nach begann 1964 eine vom Volk gewollte demokratische Revolution. Exekutionen, Folter, Gewalt und illegale Verhaftungen habe es nicht gegeben, von Diktatur könne keine Rede sein, behauptet er. Der damalige Planungsminister und heutige PPR-Abgeordnete Roberto Campos hebt seinerseits den „triumphalen Erfolg“ des sogenannten „brasilianischen Wunders“ 1968-1973 hervor, als Brasilien jährlich über zehnprozentige Wachstumsraten in der Wirtschaft verzeichnete. Laut Campos erhöhten sich damals das Pro-Kopf-Einkommen und der Lebensstandard für die gesamte Bevölkerung. Davon kann indessen keine Rede sein; vom „Milagre brasileiro“ profitierten lediglich die Eliten, die Mittelschicht und nur ein Bruchteil der unterprivilegierten Bevölkerungsmehrheit, während die Arbeitslosigkeit erheblich zunahm. Campos verschweigt natürlich auch, daß 1964 Brasiliens Schuldenlast bei nur fünf Milliarden Dollar lag, von den Generalsregierungen aber auf über 100 Milliarden hochgetrieben wurde. Zu den hyperteuren pharaonischen Projekten jener Zeit ist auch das mit der Regierung des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt vereinbarte Nuklearprogramm zu zählen.
Spätfolgen in Mentalität und Psyche
Das autoritäre Regime von 1964 hinterließ in Mentalität und Psyche der Brasilianer tiefe Spuren. Politische Gefangene wurden damals lebendig den Haien zum Fraß vorgeworfen, Studentenführer zuerst gefoltert und dann vor die Wahl gestellt, entweder zu sterben oder im Fernsehen vorfabrizierte Erklärungen abzugeben. Bis heute fordern Menschenrechtler und Angehörige vergeblich Aufklärung über die „Verschwundenen“, deren Zahl nicht einmal annähernd bekannt ist. Aus Angst vor Repressalien gehen wichtige Zeugen barbarischer Diktaturverbrechen nicht an die Öffentlichkeit – schließlich gibt es weiterhin die Todesschwadronen und auch die berüchtigte Militärpolizei, die immer noch nicht auf Folter verzichtet.
Für den Anthropologen Gilberto Velho resultiert das Ausmaß an Gewalt in der heutigen brasilianischen Gesellschaft unter anderem aus der vom Militärregime entwickelten „Kultur der Brutalität“. Die seinerzeit institutionalisierte Gewalt und Korruption ist nach Darstellung von Rechtsexperten hauptverantwortlich für die tiefe ethisch-moralische Krise Brasiliens, für den extremen Egoismus, das Fehlen von Solidarität und das Mißtrauen gegenüber den sogenannten demokratischen Institutionen, für die kalte Indifferenz und den Zynismus der Politiker…
Aus Neue Zürcher Zeitung, Brasiliens Last der Militärdiktatur, Klaus Hart, Freitag/Samstag 1./2.April 1994
« Freiheiten in Brasilien – und in Deutschland. Manche merken den Unterschied. – Rio+20: Brasiliens hausgemachte Dürrekatastrophe – schlimmste der letzten 30 Jahre – spitzt sich weiter zu. »
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