Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Megaskandal um Abgeordneten-und Parteienkauf unter Lula: Start des Gerichtsprozesses am 2. August. Lulas Arbeiterpartei organisiert offenbar Kundgebungen zugunsten der Angeklagten. Lula und der Diktaturaktivist Maluf, von Interpol gesucht. Jefferson:“Lula ordenou mensalao.“

Wegen heutiger neoliberaler Bewertungskriterien war in mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland nach der Enthüllung des Mensalao-Skandals die Sympathie für Lula, dessen Regierungsstil enorm gestiegen, reagierte u.a. der Mainstream sehr positiv.

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/18/brasiliens-lula-und-der-diktaturaktivist-maluf-von-interpol-gesucht-nach-wahlbundnis-erhielt-maluf-partei-massiv-staatsgelder-laut-landesmedien-warum-lula-in-landern-wie-deutschland-soviele-sympat/

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Ausriß – Oberster Richter Joaquim Barbosa:”Dirceu kommandierte den Mensalao.”

Brasiliens gigantischer Mensalao-Korruptionsskandal aus der Lula-Ära: Prozeß gegen 36 Angeklagte voraussichtlich ab April 2012. Werte-und Kriterienwandel in neoliberalen Ländern. Leonardo Boff: “Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“ **

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Der Skandal wird von den Landesmedien als der größte jemals in Brasilien aufgedeckte Korruptionsmechanismus eingestuft. Nach der Enthüllung des Mensalao-Skandals 2005 hatte in Europa das Lob für Lulas Regierungsstil deutlich zugenommen, der u.a. als “progressiv” eingestuft wurde.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

“Der Linksruck in Lateinamerika in den vergangenen Jahren weckt Hoffnungen.” Rosa-Luxemburg-Stiftung 

In der deutschen Parteipropaganda wird die brasilianische Regierung als progressiv eingestuft.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/27/brasiliens-staatschefin-dilma-rousseff-und-ihr-erstes-amtsjahr-viel-kritik-an-regierungsstil-und-deren-resultaten-von-brasilianischen-politik-und-wirtschaftsexperten-viel-lob-aus-mitteleuropa/

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Lulas Mensalao-Skandal, Zeitungsausriß zu neuesten Bewertungen –  unterdessen verlangte Brasiliens Bundesstaatsanwalt Roberto Gurgel die Verurteilung von 36 Angeklagten des Mensalao-Skandals unter der Lula-Regierung um Abgeordneten-und Parteienkauf. Gurgel nannte den Mensalao-Skandal die gravierendste Attacke auf die demokratischen Werte des Landes.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/26/korruption-in-brasilien-gleiche-punktzahl-auf-neuem-welt-index-wie-im-vorjahr-doch-besserer-platz-69-weil-andere-staaten-stark-abfielen-percepcao-de-corrupcao-piora-sob-lula-diz-ngo/

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Protest in Cinelandia gegen Lulas Mensalao-Korruptionsskandal:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/23/anzeige-gegen-lula-wegen-unredlichkeit-im-amt-staatsanwaltin-beantragt-beschlagnahme-seines-besitzes-zusammenhang-mit-mensalao-skandal/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/09/23/brasilien-und-neuer-welt-korruptionsindex-vom-72-auf-80-platz-zuruckgefallen/

Leonardo Boff :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“ 

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/14/lula-skandal-des-amtsantritts-bei-amtsende-wieder-da-bundespolizei-bestatigt-vorwurfe-gegen-lula-vize-jose-alencar-laut-landespresse-verdacht-auf-bandenbildung-und-betrug/

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“Korrupte ins Gefängnis”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/13/lulas-chef-fur-mafiabekampfung-ist-laut-landespresse-mit-chinesischem-mafiabos-befreundet-und-wird-auf-druck-der-offentlichkeit-beurlaubt/

Brasilianische Politikexperten hatten immer wieder betont, ein Korruptionsskandal wie der Mensalao-Skandal hätte in Ländern Mitteleuropas wie Deutschland zum Sturz der Regierung geführt.In Brasilien kamen Impeachment-Forderungen gegen Lula nicht durch.

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Nachrichtenmagazin “Epoca” mit Mensalao-Titelgeschichte.

Brasilien: Antonio Palocci, Ex-Finanz-Minister Lulas, vom Obersten Gericht in der Affäre um Francenildo Costa freigesprochen. “Orgien, Viagra, Huren.”Der Mensalao-Skandal. **

Hintergrund der Affäre Palocci-Costa

”Lula kommandierte Staatskorruption(Text von 2006)

Brasiliens Generalstaatsanwalt erhebt Anzeige gegen enge Freunde des Staatschefs
Öffentliche Debatte um Amtsenthebung Lulas

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/08/brasiliens-oberstes-gericht-lehnt-ab-staatschef-lula-zu-mitangeklagtem-im-mensalao-prozes-zu-erklaren-kirchlicher-rechtsexperte-helio-bicudo-lula-war-kommandant-der-mensalao-bande-impeachment-wa/

In Lateinamerikas größter bürgerlicher Demokratie hat ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß nach 245 Tagen intensiver Arbeit schwere Korruptionsvorwürfe gegen die Mitte-Rechts-Regierung von Staatschef Luis Inacio Lula da Silva als richtig bestätigt. Gemäß dem Abschlußbericht hat sich die Lula-Regierung politische Unterstützung im Nationalkongreß mit Millionensummen erkauft, bereits vor dem Amtsantritt vom Januar 2003 ein raffiniertes System von Abgeordnetenbestechung installiert. Die Gelder wurden aus Staatsunternehmen abgezweigt, kamen aber auch von Privatfirmen.

Der Bericht nennt als Hauptdrahtzieher Staatschef Lulas rechte Hand, den Minister und Chef des Zivilkabinetts Josè Dirceu. Dieser arbeitete im Präsidentenpalast Tür an Tür mit Lula, koordinierte von dort aus alle Machenschaften meist gemeinsam mit dem Präsidenten, dem Generalsekretär und dem Schatzmeister der Arbeiterpartei(PT) “ bis alle bereits im letzten Jahr unter dem Druck der Enthüllungen von Lula entlassen werden mußten. Nach dem Willen des Untersuchungsausschusses sollen jetzt von der Generalstaatsanwaltschaft gegen Josè Dirceu und über einhundert weitere Personen Verfahren wegen aktiver Korruption, Geldwäsche, Machtmißbrauch und anderen Delikten eröffnet werden.
Die Mitglieder von Lulas Arbeiterpartei im Untersuchungsausschuß versuchten bis zuletzt, die Annahme des brisanten Abschlußberichts zu verhindern.
“„Hurensohn””
Es gab tumultartige Szenen vor und während der Abstimmung, der Ausschußvorsitzende Delcidio Amaral wurde vom PT-Abgeordneten Jorge Bittar aus Rio de Janeiro sogar als „Filho da Puta”, Hurensohn, beschimpft. Senator Delcidio Amaral gehört indessen nicht etwa zur Opposition, sondern just zur Arbeiterpartei und ließ sich auch durch die Androhung von Schlägen nicht irremachen, zog die Abstimmung souverän durch. Bevor Bittar den Ausschußvorsitzenden attackieren konnte, fiel ihm die couragierte Senatorin Heloisa Helena von der „Partei Sozialismus und Freiheit”(P-SOL) in den Arm. Im parlamentarischen Untersuchungsausschuß hatte sie sich durch ihre Konsequenz und ethisch-moralische Integrität einen Namen gemacht.
Wie durchsickerte, wurde Staatschef Lula ebensowenig wie dessen Sohn infolge dubioser Absprachen zwischen Regierung und großen Teilen der Opposition durch den Ausschußbericht nicht belastet.
Für die Linksopposition im Nationalkongreß ist Lula indessen der Hauptschuldige im Korruptionsskandal. In einer parlamentarischen Demokratie, so hieß es, wäre die Regierung schon längst hinweggefegt worden. Senatorin Heloisa Helena, die wegen Kritik an Lulas Kurs sowie an dessen engsten Gefolgsleuten 2003 aus der Arbeiterpartei entfernt worden war, beschuldigte Lula wiederholt öffentlich, „Comandante” der Regierungskorruption zu sein. „Wären wir in einem Land, wo der Nationalkongreß nicht wie hier schmutzigen Geschäften diente, könnte Lula keineswegs noch als Staatschef agieren.”
Jetzt müssen sich kurioserweise jene PT-Spitzenleute vor Gericht verantworten, die einst den Ausschluß der Senatorin und vieler anderer innerparteilicher Kritiker betrieben hatten. Ungezählte andere wurden gemobbt, hinausgeekelt.
“„Unser Führer””
Wohl in Anlehnung an Vorgänge aus der deutschen Geschichte wird Lula in Zeitungskolumnen unter anderem von Schriftsteller Joao Ubaldo Ribeiro immer öfters ironisch als „Nosso Guia”, Unser Führer, bezeichnet. Lulas Sympathien für Hitler sind u.a. aus einem Interviewzitat allgemein  bekannt.
Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Ausschußberichts hat Brasiliens Generalstaatsanwalt Antonio de Souza in den Fall eingegriffen und gegen die vierzig am schwersten Belasteten beim Obersten Gerichtshof prompt Anzeige erhoben. Darunter befinden sich zahlreiche enge Freunde und Weggefährten Lulas, die Ministerposten oder hohe Parteiämter bekleideten. Vor der Presse in Brasilia nannte sie Souza in scharfen Worten allesamt Mitglieder einer „hochentwickelten kriminellen Organisation, einer Bande”. ”Gegen Präsident Lula liege indessen keinerlei belastendes Material vor, das ebenfalls eine Anzeige rechtfertigen würde.
Laut Presseberichten soll Lula indessen von den Ermittlungen der Justiz nicht ausgespart werden. Auch den bisherigen Parteivorsitzenden Josè Genoino zählt der Generalstaatsanwalt zum „harten Kern der Bande”. Genoino weist dies als unsinnig zurück. ”Die Vorwürfe sind völlig ungerechtfertigt “ die Arbeiterpartei hat weder eine kriminelle Organisation zum Machterhalt geschaffen, noch Abgeordnete gekauft. Es hat lediglich Wahlkampfabkommen mit bestimmten Koalitionsparteien gegeben. Daß ich aktive Korruption betrieben haben soll, ist lediglich eine These. Vor Gericht werde ich meine Unschuld beweisen. Natürlich ist es möglich, daß wir bestimmte Fehler gemacht haben.”
Die Opposition sieht sich indessen durch die Argumente der Generalstaatsanwaltschaft bestätigt. Osmar Serraglio von der Zentrumspartei PMDB war Berichterstatter im Untersuchungsausschuß: „Die Arbeiterpartei agiert mit Thesen – wir haben jedoch Fakten und Beweise für den Kauf politischer Unterstützung mit Millionensummen “ einfach lächerlich, wie sich die PT jetzt verteidigt. Nicht zufällig kam der Generalstaatsanwalt zu den gleichen Schlußfolgerungen wie wir. Dies zeigt auch, daß der Untersuchungsausschuß korrekt und ernsthaft gearbeitet hat.”
“„Verräter” Lula und Michelle Bachelet”
Als Staatschef Lula jetzt die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet in Brasilia vor dem Präsidentenpalast mit militärischen Ehren empfängt, wird das Zeremoniell von zahlreichen Streikenden so heftig und lautstark gestört, daß die Klänge der Marschkapelle kaum zu hören sind. Eine peinliche Situation für Lula, der ausgepfiffen und in Sprechchören als Verräter bezeichnet wird.
Zahlreiche PT-Sympathisanten haben Lula nie verziehen, daß er im Präsidentschaftswahlkampf von 2002 nicht auf die Basis, die Sozialbewegungen setzte, sondern mit seinen rechtsgerichteten Bündnispartnern eine extrem teure kommerzielle Kampagne führte, mit Wahl-PR-Tricks und Methoden wie in den USA unter Bush. Lula holte sich dafür den zwielichtigen schwerreichen PR-Manager Duda Mendonca. Der Besitzer großer Werbefirmen hatte stets für rechtsgerichtete Politiker gearbeitet, bis ihn überraschend Lula engagierte. Von Mendonca stammt u.a. Lulas enorm eingängiger Wahlkampfsong, den jeder Brasilianer immer noch im Ohr hat. Jetzt soll der PR-Manager ebenfalls auf die Anklagebank, weil er bei dem Korruptionsskandal eine bedeutende Rolle gespielt hatte, von Staatsfirmen wie der Ölfirma Petrobras, Lateinamerikas größtem Unternehmen, bis heute saftige Werbeaufträge erhielt. Unter Lula war die meist vom Steuerzahler finanzierte Regierungspropaganda in überrascher Weise extrem ausgeweitet worden. In sämtlichen Medien, aber auch auf den Straßen oder in der U-Bahn ist man nicht selten geradezu einem Trommelfeuer von Regierungsreklame ausgesetzt “ was sich beispielsweise in Deutschland die Öffentlichkeit keineswegs bieten ließe. Bezeichnend auch, wie unter Lula der Interessenfilz funktionierte: Zu Duda Mendoncas am höchsten bezahlten Mitarbeitern zählte Luis Favre, Ehemann der Elitedame Marta Suplicy, Vizechefin der Arbeiterpartei. In Sao Paulo wirkte sie als Präfektin desaströs, begünstigte vor allem die ohnehin Privilegierten, wurde nicht wiedergewählt.
“Affäre Palocci: Orgien, Viagra, Huren“
Letztes Jahr hatte Lula betont:”Ich fühle mich durch inakzeptable Praktiken verraten, von denen ich niemals gewußt habe.” Für viele Brasilianer eine lächerliche, unglaubwürdige Entschuldigung, da alle Korruptionsfäden just vom Präsidentenpalast aus geknüpft wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lula noch den eiskalt neoliberalen, bei Kirche und Sozialbewegungen verhaßten Finanzminister Antonio Palocci, mächtigster Mann im Kabinett, an seiner Seite. Palocci bestritt vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß, jemals eine kleine Villa Brasilias betreten zu haben, in der zwielichtige, teils mit ihm befreundete Lobbyisten krumme Geschäfte ausheckten, illegale Gelder aufteilten und Orgien mit Prostituierten feierten. Doch dann sagte der 24-jährige Hausmeister Francenildo Costa glaubhaft aus, Palocci sei häufig in der Villa bei den Lobbyisten und den Huren gewesen. Nach den Gelagen, so Costa, habe er die Zimmer immer von benutzten Präservativen, übriggebliebenen Viagra-Pillen und Schnapsflaschen säubern müssen. Wenn der „Chef” in der Limousine sich der Villa nahte, hatte Costa stets die Außenbeleuchtung der Villa abschalten müssen, damit niemand von den Nachbarn den Finanzminister erkennen konnte. Diese Aussagen wirkten wie eine Bombe. Gemäß den Presseberichten wurde daraufhin im Präsidentenpalast unter Einschaltung Lulas und selbst des Justizministers beschlossen, den Hausmeister zu diskreditieren, unter anderem sein Bankgeheimnis zu brechen. Costas Vater hatte offenbar gerade eine größere Summe überwiesen “ das sollte gegen den jungen Mann genutzt werden. Minister Palocci versuchte sogar, den brasilianischen Geheimdienst ABIN und die Bundespolizei für diskreditierende Aktionen gegen den Hausmeister zu gewinnen. Costas Bankgeheimnis wurde tatsächlich gebrochen, doch die facettenreiche heimtückische Aktion ging daneben, kam an die Öffentlichkeit “ Lula mußte Palocci raschest entlassen. In einem Großteil der deutschen Kommerzmedien wurde kurioserweise berichtet, Palocci habe als Konsequenz aus der Affäre um illegale Wahlkampffinanzierung seinen Rücktritt erklärt. Paloccis wirtschaftspolitischer Kurs wurde ausdrücklich gelobt.
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/16/lulas-palocci-skandal-hausmeister-der-den-finanzminister-und-jetzigen-dilma-rousseff-berater-sturzte-hohe-entschadigung-zugesprochen-orgien-viagra-huren/Doch nun drohen dem einstmals „starken Mann” der Regierung ein Gerichtsprozeß und Gefängnis. (Aktuelle Anmerkung von 2008: Palocci wurde zum Kongreßabgeordneten gewählt)
“„Nicht-Menschen””
Sozialwissenschaftler sahen den Umgang der Mächtigen mit einem einfachen Mann aus dem Nordost-Teilstaat Piaui als Hinweis auf die fortdauernde Sklavenhaltermentalität, auf den Umgang mit „Subalternen”, mit „sprechenden Werkzeugen”, mithin „Nao-Pessoas”, Nicht-Menschen. Diesen traue man gewöhnlich eine eigene Meinung, eigenes Denken und Handeln nicht zu. Man lasse nach Polit-Gelagen Viagra und benutzte Kondome zurück “ und gehe davon aus, daß Hausmeister, die tags darauf alles zu säubern hätten, sich nie Fragen nach den Hintergründen, den Beteiligten stellten. „In interpersonellen Beziehungen andere in solcher Weise zu erniedrigen, führt nie zu einem guten Resultat”, schrieb die angesehene Therapeutin Anna Veronica Mautner in der „Folha de Sao Paulo”.
Interessant, mit welchen Tricks die Lula-Regierung derzeit arbeitet: Damit die Presse nicht mitbekommt, daß Beamte der Bundespolizei zwecks Vernehmung zu Paloccis Haus fuhren, wurden die Journalistenscharen Brasilias wegen eines angeblich wichtigen Anlasses zeitweise in ein Hotel der Hauptstadt gelockt. Ex-PT-Schatzmeister Paulo Okamotto versteckte sich gemäß den Berichten im Nebenzimmer eines Ministeriums, ließ sich von seinen Mitarbeitern gegenüber einem Beamten der Bundespolizei verleugnen, der einen Vernehmungsbescheid persönlich zu überbringen hatte. Der Beamte zog wieder ab, kehrte dann aber wegen einer Formalität noch einmal zurück “ und traf prompt auf den angeblich verreisten Okamotto.
“Impeachment und Lula“
„Die Krise bewegt sich auf niedrigstem Niveau “ beschämend für Brasilien”, analysiert daher der deutschstämmige Odilo Scherer, Generalsekretär der Bischofskonferenz. Das Land durchlebe eine düstere, triste, enttäuschende Phase seiner Geschichte, konstatieren andere Bischöfe. Daß überall, nicht nur in der Politik, ethische Prinzipien fehlten, sei bedrückend. Anerkannte Juristen des Anwaltsverbandes, aber auch Sozialwissenschaftler und Kolumnisten argumentieren, daß Lula schon deshalb ein Impeachmentverfahren verdiene, weil er geradezu surrealistisch zwielichtige Politiker, die er selbst wegen schweren Delikten entlassen mußte, weiterhin öffentlich als „Brüder, Freunde und Genossen” würdige. Und damit jeglichen Anstand, den das Präsidentenamt erfordere, vermissen lasse. Immerhin 83 Prozent der Brasilianer nennen Lula mitverantwortlich für den Korruptionsskandal. Gemäß neuesten Meinungsumfragen sinkt die Popularität Lulas jedoch nur langsam, würde er bis auf weiteres im Oktober wiedergewählt. Begründet wird dies einerseits mit dem sehr niedrigen Informationsgrad der extrem ungebildeten Massen über die innenpolitische Krise, überhaupt politische Zusammenhänge “ was seit jeher ganz im Interesse der brasilianischen Machteliten sei. Andererseits mit den staatlichen Almosen für über elf Millionen arme Familien. Daß „oben in der Politik” alle Diebe seien und sich rücksichtslos bereicherten, werde von vielen als völlig normal angesehen. Der renommierte progressive Anwalt und Rechtsprofessor der Universität von Sao Paulo, Fabio Konder Comparato, wies in diesem Zusammenhang auf die „traditionelle Passivität oder komplette Resignation unseres Volkes angesichts der sozialen Ungerechtigkeiten” hin, was seit der Sklavenzeit von den herrschenden Schichten in einer konzertierten Aktion gefördert, erreicht werde.
“„Kleptokratie”, Pornocracia, Hipocritocracia”
Kolumnisten wie der Schriftsteller Joao Ubaldo Ribeiro fragen daher, welchen Namen man dem politischen System Brasiliens geben könnte. „Denn eine Demokratie ist das hier nicht.” Ribeiro schlug Begriffe wie „Kleptokratie”, aber auch Pornocracia und Hipocritocracia vor. Er und andere Beobachter erinnern daran, daß bislang auch wegen des fehlenden Drucks der Straße im Grunde nur sehr wenige politische Straftaten der Lula-Ära aufgeklärt worden sind. Erinnert wird stets an den Fall des integren Präfekten Celso Daniel von Santo Andrè bei Sao Paulo, der zu den angesehensten Führungspersönlichkeiten der PT zählte, jedoch 2002 unter bis heute nicht geklärten Umständen gefoltert und ermordet wurde, weil er sich offenbar gegen ein lokales PT-Korruptionsnetz auflehnte. Mehrere nahe Familienangehörige Daniels haben wegen Morddrohungen inzwischen das Land verlassen.
“Regierung zerbröckelt“
Infolge der Regierungsskandale hat Lula inzwischen den größten Teil seiner Minister und anderen engen Mitarbeiter verloren, die im Januar 2003 gemeinsam mit ihm ihre Ämter angetreten hatten. Ende März verabschiedeten sich auf einen Schlag acht Minister unter dem Vorwand, im Oktober für andere politische Funktionen kandidieren zu wollen und deshalb bestimmte Fristen einhalten zu müssen. So regiert Lula derzeit zwangsläufig mit einer großen Zahl von Personen, die er zuvor persönlich gar nicht kannte.
Die jüngsten politischen Ereignisse in Brasilien bedeuten auch eine Bankrotterklärung der sogenannten Brasilianisten, die Lula und seinen engsten Führungszirkel größtenteils mit Vorschußlorbeeren bedacht hatten. Der in Brasilien am meisten zitierte und gewürdigte Brasilianist Thomas Skidmore aus den USA erklärte jetzt:Die Korruptionsskandale haben mich sehr überrascht. Dabei war u.a. wegen Lulas Bündnissen mit berüchtigtsten, archaischen Figuren der brasilianischen Geld-und Politikerelite bereits lange vor dem Amtsantritt absehbar, welcher Methoden sich der ”Hoffnungsträger und die Führungszirkel der Arbeiterpartei bedienen würden.

Arnaldo Jabor: http://www.youtube.com/watch?v=zD6y2UgFuw8&feature=related

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/11/impeachment-gegen-lula-wegen-des-parte

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/10/wahlen-in-rusland-und-in-brasilien-wie-unterschiedlich-mainstream-und-politschauspieler-reagieren/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/13/brasiliens-katholische-kirche-ruft-zu-protesten-gegen-massive-korruption-unter-der-rousseff-regierung-auf-viel-lob-fur-rousseff-regierungsstil-aus-europa/

 http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/09/wikileaks-und-korruption-unter-lula-in-brasilien-geheimdepesche-des-us-botschafters-mit-gravierenden-bewertungen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/11/brasiliens-korruptionskrisen-und-ein-selbst-von-schriftsteller-joao-ubaldo-ribeiro-deshalb-gerne-zitierter-samba-se-gritar-pega-ladraobezerra-da-silva/

Brasiliens Politik-Insider Noblat zu Hintergründen von Lulas Parteien-und Stimmenkaufskandal “Mensalao”: Nach Enthüllungen habe Lula deprimiert von Rücktritt gesprochen…Wikileaks und Mensalao. “Schließlich war nötig, einen der Spitzen-Köpfe zu opfern, damit Lula den eigenen Kopf retten konnte.” Warum Lula aus der Ersten Welt soviel Lob und hochdotierte Preise bekommt. **

Noblat schrieb weiter in der Qualitätszeitung “O Globo”, Lula habe zu diesem Zeitpunkt gewußt, daß der Werbemanager Marcos Valerio – einer von jenen, die die Zahlung von Bestechungsgeldern an Parlamentsabgeordnete managten – damit drohte, alles über die Hintergründe des Skandals auszupacken. Der damalige Chefminister des Zivilkabinetts José Dirceu(Amtsvorgänger von Dilma Rousseff)sei daraufhin eingeschaltet worden, um mit Marcos Valerio ein Stillschweigen auszuhandeln und auf diese Weise Lula zu beruhigen. Dirceu habe dies erreicht. Ein, zwei Monate später wurde Dirceu verpflichtet, um seinen Rücktritt zu bitten – Dirceu sei wieder in den Nationalkongreß übergewechselt, dort aber amtsenthoben worden. “Schließlich war nötig, einen der Spitzen-Köpfe zu opfern, damit Lula den eigenen Kopf retten konnte.”

Dirceu blieb indessen hinter den Kulissen einer der politisch einflußreichsten Köpfe der Lula-Regierung, wurde von Lula stets als “Companheiro”, mit außerordentlichem Respekt behandelt und hofiert, stellen Kommentatoren heraus.

Nach der Enthüllung des Mensalao-Skandals nahmen die Sympathien in der Ersten Welt für Lula und dessen Regierung deutlich zu.

Laut Angaben des Kommunikationsexperten José Arbex verhinderte der Mensalao-Skandal Lulas Wiederwahl nicht, weil dieser von einer Gesellschaftschicht unterstützt werde, die keine Zeitung lese und sich daher nicht betroffen fühle. Aus dem gleichen Grunde habe auch der Skandal um Erenice Guerra keine größeren nachteiligen Wirkungen für die Wahl von Dilma Rousseff gehabt. Guerra sei eine enge Freundin von Rousseff, deren Amtsnachfolgerin als Chefministerin des Zivilkabinetts.

Wikileaks: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/20/wikileaks-und-lulas-mensalao-korruptionsskandalverruckt-und-pervers-laut-gefeuertem-chefminister-jose-dirceu-gegenuber-us-diplomat-laut-landesmedien-dirceu-diz-que-mensalao-foi-esquema-louco/

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“Den Holocaust gabs nicht!”  “Den Mensalao-Skandal auch nicht!!!”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/23/brasiliens-neue-regierung-von-dilma-rousseff-posten-und-postchen-fur-die-12-parteien-der-regierungsallianz-37-minister-17-von-lulas-arbeiterpartei-pt/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/27/brasilien-unter-rousseff-lula-und-die-echos-der-diktatur-landesmedien-kritisieren-straffreiheit-fur-diktaturverbrecher-wurdigen-argentiniens-konsequenten-umgang-mit-militardiktatoren-wie-videla/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/27/dilma-rousseff-regiert-mit-musikclown-tiririca-kongresabgeordneter-des-regierungsbundnisses-mit-rekord-wahlergebnis/

Lula lobt überschwenglich Auslandsmedien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/04/lula-lobt-in-rio-uberschwenglich-auslandsmedien-fur-deren-berichterstattung-stets-harsche-kritik-an-nationalen-medien-elogios-para-a-imprensa-de-fora/

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Erenicegate – Zeitungsausriß.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/19/schatzmeister-von-lulas-arbeiterpartei-von-staatsanwalt-wegen-bandenbildung-und-geldwasche-angeklagt-laut-landesmedien/#more-6934

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/04/marina-silva-predigerin-einer-evangelikalen-wunderheiler-sektenkirche-abtreibungsgegnerin-kreationistin-weltweit-bekannteste-grune-brasiliens-wie-tickt-lulas-ex-umweltministerin-die-selbst-beim/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/01/alle-schonen-dilma-rousseff-merkwurdige-tv-schlusdebatte-der-brasilianischen-prasidentschaftkandidaten-keinerlei-hinweis-auf-jungste-regierungsskandale-haushaltstricks-umkippen-dilma-rousseffs-in/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/23/autoritarismus-von-lula-in-manifest-verurteilt-pt-grunder-helio-bicudolangst-ausgetreten-und-deutschstammiger-kardinal-evarista-arns-unterzeichnen-regierungsattacken-gegen-medien-zuruckgewies/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/16/feuert-lula-sicherheitshalber-seine-schwer-angeschlagene-zivilkabinettsminister-erenice-guerra-miriam-belchior-als-nachfolgerin-genannt/

“Lula und der herzliche Faschismus auf brasilianisch” – José Arbex in Zeitschrift “Caros Amigos”. “Wir erleben die Barbarei in unserem Alltag.” Frei Betto über fortbestehendes Hungerproblem. “Wenn es ein Land gibt, in dem das Volk die Krise nicht erlebte, dann war es dieses hier!”(Lula) “Menschenrechte außer der Mode”. **

http://carosamigos.terra.com.br/index_site.php?pag=revista&id=146&iditens=710

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José Arbex, Professor an der Katholischen Universität, auf internationalem Menschenrechtstribunal von Sao Paulo – der jetzige Präsidentschaftskandidat und kirchliche Menschenrechtsaktivist Plinio Sampaio fungierte als Hauptankläger. http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/11/plinio-sampaio-wie-tickt-der-einzige-kirchliche-menschenrechtsaktivist-unter-den-prasidentschaftskandidaten-fur-die-pflichtwahl-brasiliens-im-oktober/

(In Caros Amigos haben der Befreiungstheologe Frei Betto und Landlosenführer Joao Pedro Stedile ihre ausführlichen Kolumnen)

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/

Autoritarismus-und Faschismusvorwürfe gegen Lula: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/23/autoritarismus-von-lula-in-manifest-verurteilt-pt-grunder-helio-bicudolangst-ausgetreten-und-deutschstammiger-kardinal-evarista-arns-unterzeichnen-regierungsattacken-gegen-medien-zuruckgewies/

In meinungsbildenden deutschen Analysen wird die brasilianische Regierung ausdrücklich als “progressiv” eingestuft.

In derselben Ausgabe von “Caros Amigos”: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/08/warum-brasilia-in-europa-darunter-deutschen-parteien-wegen-fortschrittlicher-regierungspolitik-gelobt-wird-a-desigualdade-no-brasil-e-coisa-da-sociedade-feudal-ipea-prasident-marcio-pochm/

Frei Betto: “Oito anos depois de o PT no poder, o Fome Zero se faz urgente para um terco da populacao brasileira!”

Deutsches katholisches Hilfswerk Misereor ermöglicht Folter-Dokumentation der brasilianischen Gefangenenseelsorge: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/13/misereor-deutsches-katholisches-hilfswerk-unterstutzt-brasilianische-folter-dokumentation-folter-unter-der-lula-regierung-youtube-video-25-jahre-nach-dem-ende-der-militardiktatur-weiter-folter/

Den weltweit bekannten Menschenrechtspriester Julio Lancelotti in Sao Paulo empört ebenfalls, daß 25 Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur Brasilien zwar zu den Unterzeichnern der internationalen Anti-Folter-Konvention gehört, barbarische, sadistische Torturen jedoch weiterhin zur ganz normalen Gefängnis-und Polizeipraxis gehören. Lancelotti sieht mehrere Gründe, warum gravierende Menschenrechtsprobleme im jetzigen Präsidentschaftswahlkampf keine Rolle spielen.  „Unsere Demokratie ist noch unfertig, wir haben nur eine Formaldemokratie. Die Politiker scheuen sich davor, über Menschenrechte zu sprechen, weil sie andernfalls Stimmen verlieren würden.  Zum nationalen Bewußtsein zählt, die Ermordung von Obdachlosen nicht wichtig zu nehmen – und die Folter auch nicht. Man denkt, Banditen müßten eben gefoltert werden. Die Deutschen werden das gut verstehen, weil ja Hitler die Macht übernahm und das Volk dies akzeptierte. All dies wiederholt sich in der Geschichte.“http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/10/kommunist-oscar-niemeyer-macht-wahlwerbung-fur-den-oligarchie-rechten-marco-macieldem-maciel-ist-intelligent-und-uberaus-ehrlich-wie-brasiliens-politik-funktioniert-stalin-war-phantasti/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/29/unter-lula-hat-die-soziale-ungleichheit-zugenommen-chico-whitaker-trager-des-alternativen-nobelpreises-weltsozialforum-mitgrunder-katholischer-menschenrechtsaktivist/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/06/daniel-cohn-bendit-im-grunen-wahlkampf-brasiliens-was-alles-fehlt/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/16/lulas-palocci-skandal-hausmeister-der-den-finanzminister-und-jetzigen-dilma-rousseff-berater-sturzte-hohe-entschadigung-zugesprochen-orgien-viagra-huren/

Lula-Skandal um Chefministerin Erenice Guerra: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/17/lulas-neuester-skandal-prasidentenpalast-wuste-bereits-seit-februar-von-den-machenschaften-die-jetzt-zum-sturz-von-ministerin-erenice-guerra-fuhrten-berichten-die-landesmedien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/29/lula-benjamin-sexuelle-gewalt-offentliche-diskussion-o-menino-do-mep/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/12/wenn-es-ein-land-gibt-in-dem-das-volk-die-krise-nicht-erlebte-war-es-dieses-hier-brasiliens-staatschef-lula-zu-den-wirkungen-der-finanz-und-wirtschaftskrise-der-verbrauch-pro-familie-stieg-u/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/brasiliens-exporte-anteil-nichtbrasilianischer-multis-wachst-stetig/

http://twitter.com/das_blaettchen/statuses/22874480814

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/28/menschenrechte-auser-der-mode-brasiliens-groste-qualitatszeitung-folha-de-sao-paulo-zur-geringen-resonanz-der-amnesty-international-kritik-an-der-lage-im-tropenland/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/18/matices-medien-staat-und-gesellschaft-in-lateinamerika-anklicken/

“Das Monster der tausend Ideologien.” Angeli, Folha de Sao Paulo, Ausriß.

Donnerstag, 30. September 2010 von Klaus Hart   **

http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html

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http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/28/mist-habe-ich-vergessen-dilma-abzuschalten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/17/mit-rund-500-euro-familieneinkommen-in-brasilien-schon-mittelschicht-was-in-europa-gut-ankommt/

Brasiliens Künstler, Ethik und Politik: Streit um Unterstützung der Wiederwahl von Staatschef Lula – 2006

In Deutschland wird über Günther Grass gestritten – und in Brasilien, Lateinamerikas größter Demokratie, stehen derzeit Ethik und Moral ebenfalls im Mittelpunkt heftiger öffentlicher Debatten. Dürfen angesehene Künstler und Intellektuelle Komplizen der Regierung sein, massive Korruption und andere unsaubere Machenschaften der Staatsspitze als Realpolitik, als völlig normal und natürlich entschuldigen und sogar verteidigen? Die Wellen schlagen hoch, zumal der Streit mitten im Präsidentschaftswahlkampf losbrach und ganz direkt den einst als Hoffnungsträger gefeierten Staatschef Luis Inacio Lula da Silva betrifft.

Die Namen kennt man von Tourneen, Vorträgen oder Filmen auch in Deutschland:  Dramaturg Augusto Boal vom Theater der Unterdrückten, Regisseur Luiz Carlos Barreto, Komponist und Musiker Wagner Tiso. Sie und etwa achtzig andere Prominente trafen sich jetzt mit Staatschef Lula, um dessen Wiederwahl zu unterstützen. Das erregte Aufsehen, denn Lula und seine regierende Arbeiterpartei stecken bis zum Hals im Korruptionssumpf. Durch massiven Stimmen-und Parteienkauf wurden die letzten Jahre mittels Millionensummen die gewünschten Abstimmungsmehrheiten im Nationalkongreß garantiert. Die Sache flog auf, Lula beteuerte, von allem nichts gewußt zu haben, mußte indessen auf öffentlichen Druck selbst engste Freunde aus der Regierung entlassen. Jetzt, beim Treffen mit Lula im Luxusappartment von Kulturminister Gilberto Gil, solidarisierten sich die Prominenten mit den schwer Belasteten. In der Politik  heilige der Zweck die Mittel, Ethik interessiere nicht. Lula und seine Partei hätten richtig gehandelt, sich absolut nichts vorzuwerfen. Der enthüllte Stimmen-und Parteienkauf sei keine Straftat.

“Auf diese unglücklichen Äußerungen hat die Öffentlichkeit natürlich entrüstet und empört reagiert“, sagt der Schriftsteller und kirchliche Intellektuelle Frei Betto. „Doch die Kulturszene ist in dieser Frage gespalten – wegen des Wahlkampfs gewinnt die Ethikdiskussion stark an Brisanz. Denn einige Künstler meinen, wer in der Politik mitmische, mache sich notgedrungen die Hände schmutzig.  Doch die Bedeutung der Ethik im politischen Geschäft herunterzuspielen, illegale Machenschaften quasi zu entschuldigen und als normal hinzustellen – das geht natürlich nicht. “

Bestsellerautor Frei Betto wirft Lula heute  Prinzipienverrat und Bruch von Wahlversprechen vor, nennt Brasilien gar einen Folterstaat. Doch interessanterweise hält Frei Betto den Staatschef bei aller Kritik für das kleinere Übel und wird wieder für ihn votieren. Andere Größen der Kulturszene sind konsequenter als Frei Betto, pochen jetzt besonders auf ethische Prinzipien, verurteilen, attackieren die Lula-treuen Kollegen. Joao Ubaldo Ribeiro beispielsweise, der nach Paulo Coelho in Deutschland meistverlegte brasilianische Schriftsteller, war nicht beim Treffen im Hause des Kulturministers Gilberto Gil. Ribeiro hatte 2002 für Lula gestimmt, doch heute nennt er ihn schädlich für Brasilien, einen „Mörder von Träumen und Hoffnungen“.

“Wir sind ein korrupter Staat, das ist die Wahrheit. Lula spielt ein für Brasilien sehr gefährliches Spiel. Er hat kein Projekt, keine Visionen für dieses Land. Seine Inkompetenz ist abgrundtief, sein Anti-Hunger-Programm reine Veralberung.“

Zahlreiche andere Künstler und Intellektuelle sehen es wie Ribeiro. Wenn die Ethik nicht mehr Fundament der Gesellschaft, der Justiz sei, kehre man in die Barbarei zurück. Ethik sei ein Grundprinzip der Demokratie – und entsprechend gefährlich seien daher die Thesen der Lula-Treuen. Auf den Leserbriefseiten der brasilianischen Zeitungen hagelt es jetzt gar Boykottaufrufe – werft Platten, Bücher,  Filme von diesen Leuten auf den Müll, kauft ihnen nichts mehr ab.

An dem meisten Brasilianern geht der Künstler-und Intellektuellenstreit indessen völlig vorbei. Denn drei Viertel der Wähler sind aufgrund des Bildungsniveaus gemäß neuen Studien  gar nicht in der Lage, einen simplen Zeitungs-oder Buchtext zu lesen und zu verstehen. Und wie Umfragen ergaben, haben daher die allermeisten auch gar nicht begriffen, um was es bei Lulas Regierungsskandalen eigentlich ging. Brasiliens größte Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ bemerkte jetzt im Feuilleton zur Ethik-Diskussion:“Wäre Brasilien ein ernstzunehmendes Land, dürfte Lula nicht mehr im Amt sein. Und wäre er noch im Amt, dürfte er nicht erneut kandidieren. Und falls er für eine Wiederwahl kandidierte, dürfte er in den Wählerumfragen nicht an der Spitze stehen.“

Brasiliens Politik: José Dirceu, Ex-Minister, verurteilt und inhaftiert wegen Bandenbildung und aktiver Korruption, als Autor der Friedrich-Ebert-Stiftung, anklicken. José Genuino als Symposiumsredner. Willy Brandt und Helmut Schmidt, Sonderbeziehungen zu Brasilien. **

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“Publikationen der FES zum Thema Soziale Gerechtigkeit”

Dirceu, José
Brazil: the predicament of dependency, stagnation and social disintegration / José Dirceu.
In: Internationale Politik und Gesellschaft Online : International Politics and Society. – 2000, 1.
Electronic ed.: Bonn: FES-Internet-Redaktion, 2000
http://www.fes.de/ipg/ipg1_2000/artdirceuengl-new.html
http://library.fes.de/pdf-files/ipg/ipg-2000-1/artdirceu.pdf

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/18/brasiliens-neue-politische-gefangene-des-mensalao-skandals-um-parteien-und-abgeordnetenkauf-lula-erklart-den-inhaftierten-verurteilten-freunden-seine-solidaritat-mancher-davon-hatte-guten-kont/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/27/brasiliens-politik-insider-noblat-zu-hintergrunden-von-lulas-parteien-und-stimmenkaufskandal-mensalao-nach-enthullungen-habe-lula-deprimiert-von-rucktritt-gesprochenwikileaks-und-mensalao/

http://www.fes.de/sozial/inhalt/publikationen.php

Laut Analyse des Obersten Gerichts kommandierte Dirceu die “Mensalao-Organisation” mit dem Ziel, Parlamentarier zu korrumpieren  und die Unterstützung des Nationalkongresses für die Lula-Regierung zu garantieren. Dirceu war danach der starke Mann der Regierung, traf sich verschiedene Male mit den ausführenden Personen des Mensalao-Schemas – und eine seiner Ex-Frauen wurde durch die Gruppe begünstigt.

Laut brasilianischen Medien wurden hohe Parteikader der Arbeiterpartei PT Lulas u.a. von mitteleuropäischen Parteien geschult.

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 Ausriß – Dirceu war sogar als möglicher Nachfolger von Lula im Gespräch. Rechts Dilma Rousseff.

Wahlkampf, Lula, die UNO, Dichtung und Wahrheit, anklicken:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/18/lula-vor-der-uno-dichtung-und-wahrheit-youtube-anklicken-prasidentschaftswahlkampfe-in-brasilien/

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Ausriß. “Den Holocaust gabs nicht!”  “Den Mensalao-Skandal auch nicht!!!”

Lula und SPD-Politiker Steinmeier in Berlin 2012:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/12/08/brasiliens-ex-prasident-lula-in-berlin-2012-brasilianer-in-berlin-weisen-auf-fehlende-kritische-fragen-an-lula-ua-angesichts-der-verurteilung-von-engen-lula-mitarbeiternmensalao-skandalheikle/

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Ausriß – Lula und Dirceu.

Die kriminelle Bande, laut Oberstem Gericht, in Lulas Präsidentenpalast:

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/18/brasiliens-mensalao-demokratie-die-kriminelle-bande-in-lulas-prasidentenpalast-oberster-richter-joaquim-barbosa-verurteilt-lulas-chefminister-jose-dirceu-den-damaligen-pt-parteichef-jose-genoino-u/

José Genoino, verurteilt wegen Bandenbildung und aktiver Korruption, auf einem von der Friedrich-Ebert-Stiftung mitveranstalteten Symposium 2005:   http://www.reginaldolopes.com.br/?pagina=integra&secao=juventude&cd_noticia=186

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“Lula – der Krebs von Brasilien! Ermittelt gegen den Chef der Bande!” (Sao Paulo, Avenida Paulista 2013, Systemkritikerproteste) http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

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Ausriß, SPD-Video. “Mit der SPD bin ich schon seit den Zeiten verbunden, als ich Gewerkschaftsführer war.”

Lula hatte als Gewerkschaftsführer 1979 offenbar zur Freude der alten und neuen Rechten erklärt: ”Hitler irrte zwar, hatte aber etwas, das ich an einem Manne bewundere – dieses Feuer, sich einzubringen, um etwas zu erreichen. Was ich bewundere, ist die Bereitschaft, die Kraft, die Hingabe.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/15/brasilien-das-mensalao-demokratieprojekt-unter-der-lula-regierung-fand-besonders-in-der-ersten-welt-sehr-viel-anklang-und-lob-kritik-indessen-aus-brasilien-selbst-sehr-haeufig-wurde-brasilien-im/

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Ausriß, Qualitätszeitung Folha de Sao Paulo zum politischen Bündnis mit dem Diktaturaktivisten und rechtsgerichteten Politiker Paulo Maluf. “Jetzt verkauft Lula seine Seele dem Teufel wegen Maluf.”

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Berufspolitiker Lula und Collor, Ex-Präsident, wegen Machtmißbrauch etc. amtsenthoben – Ausstellungsfoto in Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/12/brasilias-korruptionskrise-landesmedien-verlangen-aufklarung-uber-erenicegate-und-betrugereien-im-transportministerium-hat-dilma-davon-erst-als-letzte-erfahreno-globo/

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Ausriß, Angeli, Folha de Sao Paulo.

Was Korruption unter Lula-Rousseff anrichtete:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/08/18/brasiliens-korruption-unter-lula-rousseff-laut-fiesp-2010-uber-22-milliarden-euro-vom-staat-abgezweigt-geld-des-steuerzahlers/

Kritik an Rousseff-Regierung – Aufschrei der Ausgeschlossenen:

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/08/brasilien-aufschrei-der-ausgeschlossenen-2011-proteste-in-sao-paulo-grito-dos-excluidos/

Leonel Brizola, Vizepräsident der Sozialistischen Internationale:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/06/brasilien-populares-glucksspiel-wuchs-in-rio-de-janeiro-mit-hilfe-von-folterknechten-der-militardiktatur-laut-o-globo/

Große Sozialdemokraten und ihre besonderen Beziehungen zu Brasilien – Willy Brandt und Helmut Schmidt: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/11/16/helmut-schmidt-und-lula-lulas-sonderbeziehungen-zu-deutschland/

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Diktator Ernesto Geisel, in dessen Amtszeit der jüdische Journalist Herzog gefoltert und ermordet wurde –  und Willy Brandt, Ausriß. 

Im Willy-Brandt-Forum in Berlin,  Unter den Linden, ist kurioserweise über Brandts Beziehungen zur Folterdiktatur Brasiliens nichts zu finden, nicht einmal ein Foto über eines der Treffen Brandts mit Diktatoren wie Geisel – man kann dort nachschauen, nachfragen.

Treffen Nixon – Brandt in Florida 1971, laut US-Dokumenten – die Frage des Verhältnisses zur Militärdiktatur der Foltergeneräle:

“President Nixon asked for the Chancellor’s view on Brazil.

Chancellor Brandt stated that Germany has some trade and investment there, especially in the Sao Paolo area. He noted that political relations are good.”

Presidente Ernesto Geisel e Primeiro-Ministro Helmut Schmidt/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/14/brasiliens-nazistisch-antisemitisch-orientierte-militardiktatur-lieferte-waffen-fur-repression-in-chile-laut-jetzt-veroffentlichten-geheimdokumenten-abkommen-von-diktator-medici-mit-pinochet-geschlo/

Joachim Gauck in Brasilien 2013:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/

Brasilien-Daten:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/05/brasilien-%E2%80%93-kirche-und-gesellschaft-sammelbandtexte/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/08/brasilien-kultur-und-gesellschaft-sammelbandtexte/

Wirtschaftswachstum “ohne Qualität”(UNO) unter der Lula-Rousseff-Regierung – Rankings für Bildungsniveau und Doing Business sehr aussagekräftig:

Bildungsqualität unter Dilma Rousseff:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/02/brasiliens-bildungsqualitat-nur-platz-88-in-ranking-des-weltwirtschaftsforums-2013-qualitat-des-bildungssystems-platz-105-grundschulen-qualitat-platz-109-qualitat-des-mathematik-und-wissenscha/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/13/global-player-wirtschaftsmacht-brasilien-auf-doing-business-index-der-weltbank-2013-nur-platz-116-lahme-wirtschaft-erschwert-geschafte/

KULTUR HEUTE / ARCHIV /

Angepasste Denker unter dem Zuckerhut

Wie sich die brasilianische Kulturelite mit der korrupten Macht arrangiert hat

Von Klaus Hart

Brasiliens Präsident Lula da Silva (im Bild) wäre längst abgewählt worden, wären Brasilianer nicht so desinteressiert - meint Santos. (AP)

Brasiliens Präsident Lula da Silva (im Bild) wäre längst abgewählt worden, wären Brasilianer nicht so desinteressiert – meint Santos. (AP)

Der prominente Schriftsteller Claudio Guimaraes dos Santos wirft der brasilianischen Gesellschaft Indifferenz und Apathie vor. Dies sei auf jahrzehntelange extreme sozialökonomische Ungleichheit im Land zurückzuführen, sowie auf mangelnde Bildung. In anderen Ländern wie Deutschland oder Großbritannien hätten vergleichbare Regierungsverhältnisse wie in Brasilien längst zu Protesten geführt.

Dr. Claudio Guimaraes dos Santos ist Mediziner, Psychotherapeut für Unfallopfer, die das Erinnerungsvermögen verloren haben, zudem Sprachwissenschaftler, Schriftsteller und auch noch bildender Künstler. Er zählt zu den wichtigsten, originellsten Denkern des Tropenlandes und veröffentlichte seine These sehr ausführlich just in der „Folha de Sao Paulo“, Brasiliens größter Qualitätszeitung. Die berichtet seit mehreren Jahren vor allem über haarsträubende Menschenrechtsverletzungen wie die alltägliche Folter, Todesschwadronen sowie politische Skandale um Machtmissbrauch, Korruption und Mittelverschwendung an der Staatsspitze, was nach Ansicht brasilianischer Politikexperten in Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder Frankreich längst zu machtvollen öffentlichen Protesten, heißen Debatten und zum Abtreten der Regierung geführt hätte; nichts davon in Lateinamerikas größter Demokratie, stattdessen Indifferenz und Apathie, wie Santos anprangert:

„Der Charakter eines Volkes bildet sich historisch – und in Brasilien ist die Sklavereivergangenheit dabei ein wichtiger Faktor. Bestimmte Herrschaftsbeziehungen blieben im kollektiven Unterbewusstsein. Und in einem Land extremer sozialökonomischer Ungleichheit reproduzieren sich Abhängigkeitsverhältnisse ohne Ende. Die auffällige Passivität des Brasilianers wird teils durch fehlende Bildung und Kultur verursacht. Denn politisch aktiv kann man nur sein, wenn man Bildung hat und zum kritischen Denken erzogen wurde. In Brasilien haben wir daher die unglückliche Situation, dass die Mehrheit den Schuldigen so vieler Skandale in Wahrheit nacheifern, diese imitieren möchte. Viele der einfachen Menschen würden auch gerne so abzweigen und rauben wie etwa die Politiker im Nationalkongress – und ärgern sich schwarz, dass sie das nicht können so wie diese. Solche Verhaltensmuster muss man verurteilen, das muss sich ändern!“

Theoretisch könnte das Volk sich andere Repräsentanten wählen und damit die Dinge grundlegend ändern – tut dies laut Santos indessen wegen solcher historisch begründeten Sichtweisen nicht; votiert noch dazu in Pflichtwahlen immer wieder für teils schwer belastete, korrupte Oligarchievertreter und sorgt dafür, dass immergleiche Machteliten nie abtreten.

„Die brasilianische Demokratie ist krank, denn eine der Säulen der Demokratie, der freie, kritische und bewusste Staatsbürger, existiert in Brasilien nicht. Die Politiker in Brasilia sind ein Reflex dessen, was das Volk denkt und wie es selber agiert. Wenn alle könnten, wären sie gerne Millionäre, würden rauben wie die oben – und anderen befehlen. Es gibt kein Bewusstsein dafür, dass man eine solidarischere Gesellschaft erbauen müsste. Die Fähigkeit unserer Politiker, die Massen zu manipulieren, ist immens. In mehreren hundert Jahren hat man eine unkritische, ungebildete Masse geformt, die nicht zu entscheiden weiß. Man sieht hier, dass sich die Dinge nicht ändern, kulturelle Werte aber verlorengehen.“

Santos gibt dafür auch dem jetzigen Staatschef Lula die Schuld, unter dessen Regierung das Land auf dem UNESCO-Bildungsindex innerhalb weniger Jahre vom 72. auf den 80. Platz zurückgefallen ist, sich das öffentliche Schulwesen spürbar verschlechtert hat. Lula äußerte wiederholt Abneigung gegen Lektüre und Weiterbildung, sagte sogar öffentlich, nicht einmal Zeitung zu lesen.

„Lula legt Wert darauf, seine fehlende Bildung und Kultur herauszustellen. Damit gibt er natürlich ein schlechtes Beispiel. Vielmehr müsste er den Leuten sagen: Studiert – und lebt nicht mit dem Trugschluss, dass man ohne ordentliche Schulausbildung doch sogar Staatspräsident werden kann!“

Gesellschaftliche Passivität paart sich für Santos bei den Brasilianern zudem mit niedrigem Selbstwertgefühl und schlechtestem Urteil über sich selbst.

„Solche Haltungen trifft man sogar bei Intellektuellen. Unser Selbstwertgefühl ist gering. Die Brasilianer entwerten sich gegenseitig, schätzen indessen stets hoch, was von draußen kommt. Daher imitieren wir sogar, was in den Ländern der Ersten Welt schlecht ist – und kopieren von dort just das Falsche. Wir vergeuden Talente, menschliche Fähigkeiten – hier fehlt auch intellektueller Dialog.“

Viele Intellektuelle und Künstler Brasiliens, so ein weiterer Vorwurf, agieren zudem als Komplizen der Macht, der jeweiligen Regierung. Sie schweigen, anstatt wie in den Zeiten des Militärregimes gegen die Zustände aufzubegehren, gar Staatschef Lula öffentlich zur Rede zu stellen. Konkret genannt werden stets Ex-Kulturminister Gilberto Gil und Idole der Nationalkultur wie Caetano Veloso und Chico Buarque. Letzteren hatte man vergeblich aufgerufen, 2008 in Sao Paulo als Jurymitglied eines Menschenrechtstribunals gegen alltägliche Folter und die Verfolgung von Sozialbewegungen zu fungieren.

„Jene, die sich damals gegen die Diktatur wehrten“, so argumentiert Santos, „hatten Idealismus, Ideale, wollten die Gesellschaft verändern. Heutige Künstler sorgen sich viel mehr um Geld und Gewinn, verlieren dabei jedes Maß. Sie verkaufen sich – was heute ja viel leichter ist. Zumal jene Ideale in der ganzen Welt verlorengegangen sind. Die Verarmung des Kulturniveaus der Menschheit empfinde ich sehr schmerzhaft.“

Allein auf weiter Flur steht Denker Santos mit seiner Passivitätsthese keineswegs. Der große brasilianische Schriftsteller Joao Ubaldo Ribeiro, einst DAAD-Stipendiat in Deutschland, drückt es drastischer aus:

„Wir sind ein Volk mit dem Temperament von Schafen, von Hammeln. Wir sind an Autorität gewöhnt. Hier reklamiert doch niemand. Das ist die nationale Mentalität.“

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 24. Juli 2012 um 14:01 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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