In Analysen der nationalen Qualitätszeitungen zum Karneval von 2013 in Rio de Janeiro hieß es, dort hätten sich enorme Menschenmassen versammelt, die indessen weder tanzten noch sangen. Als besonders eindrucksvoll wurde die Dekadenz des früher so zauberhaften Straßenumzugs des Karnevalsvereins „Cordao da Bola Preta beschrieben – jetzt nur noch eine gigantische Menschenmenge, mit Tumulten und Panik, entsetzten Erwachsenen und Kindern, Frauen in Ohnmacht. Das Leben verändere sich halt manchmal zum Schlechten hin, so ein Kommentator.
Brasiliens großer Musiker Chico Buarque über die musikalische Struktur der sogenannten Sambas des Rio-Karnevals: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/25/chico-buarque-uber-rio-klischees-in-den-karnevalssambaschulen-wird-schon-lange-kein-samba-mehr-gelehrt-tanzt-doch-keiner-mehr-echten-samba-no-pe-was-man-dort-komponiert-interessiert-mich-langst/
“O samba de escola deu lugar a um ritmo que nao se sabe o que é, nao tem nome, uma especie de corrida ritmica, para empurrar a maratona que se desenrola em disparada á frente da bateria.”(Janio de Freitas über das, was in mitteleuropäischen Medien heute kurioserweise immer als Rios Karnevalssamba bezeichnet wird – Samba ist während des Karnevals nur selten zu hören)
Vor dem Hintergrund der Analysen brasilianischer Karnevals-und Musikexperten war auch im Karneval von 2013 umso aufschlußreicher, welche Schwerpunkte die heutige mitteleuropäische Kultur-Auslandsberichterstattung setzte. Danach handelt es sich landesweit um einen Samba-Karneval, obwohl in großen Teilen Brasiliens davon keine Rede sein kann, Samba nicht oder kaum gespielt wird. Städte wie Rio de Janeiro sind diesen Medienangaben zufolge völlig vom Samba erfaßt gewesen – was schlichtweg nicht den Tatsachen entspricht. Schließlich ist gemäß zahlreichen Studien Fakt, daß sich nur noch eine Minderheit der Brasilianer, selbst in Rio de Janeiro, am Karneval beteiligt – die übergroße Mehrheit dem Fest fernbleibt bzw. sogar Karnevalsstädte wie Rio während der Karnevalstage verläßt. Von Feierstimmung konnte auch im Sambodromo von Rio de Janeiro keine Rede sein – die allermeisten Besucher schauten der Parade lediglich passiv zu. Die früher so beliebten traditionellen Karnevalssambas und Marchinhas sind vor allem der jüngeren Generation kaum noch bekannt, werden immer weniger gespielt und gesungen. Dafür hat auch 2013 die musikalisch viel simpler gestrickte, einfacher zu spielende, größtenteils monotone Axé-Musik aus Bahia weiter an Boden gewonnen, auch im Hinterland von Rio und Sao Paulo.
„Der Karneval in Rio wird dieses Jahr deutsch“: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/08/brasilien-der-karneval-in-rio-wird-dieses-jahr-deutsch-bild-zeitung-zum-pr-umzug-der-sambaschule-unidos-da-tijuca/
„Rio tanzt den Deutschland-Samba“: http://www.bild.de/news/ausland/karneval-in-rio/der-beruehmteste-karneval-der-welt-rio-de-janeiro-tanzt-den-deutschland-samba-28202870.bild.html
„Rio tanzt Deutschland! Die wohl heißeste Versuchung seit es Karneval gibt. Jedenfalls für deutsche Karnevalisten.“
„Hommage an Deutschland im brasilianischen Karneval“: http://www.derwesten.de/reise/hommage-an-deutschland-im-brasilianischen-karneval-id7509688.html
„Der Donnergott tanzt Samba“: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/karneval-in-brasilien-der-donnergott-tanzt-samba-11981009.html
Die ursprüngliche Idee stammt vom Goethe-Institut in Rio und dem deutschen Generalkonsulat. 2013 beginnt in Brasilien das Deutschland-Jahr. Unter der Federführung des Auswärtigen Amtes sollen „die Beziehungen der beiden Länder vertieft werden“, das 166 Seiten dicke Programm reicht vom Technologie-Kongress über Sinfoniekonzerte bis hin zu Schüler-Film-Projekten. Der Karnevalsumzug soll in diesem Rahmen einem Millionenpublikum deutsche Kultur und Geschichte präsentieren. FAZ
http://www.sueddeutsche.de/reise/karneval-in-rio-wenn-zapfhaehne-die-hueften-schwingen-1.1594657
Die Sambaschule mit dem Deutschland-Umzug, “Unidos da Tijuca” kam auf den 3. Platz. Laut Qualitätsmedien enttäuschte sie viele Erwartungen, Karnevalsdirektor Paulo Barros habe wenig Überraschendes geboten. Zudem gab es zahlreiche Probleme mit Allegorienwagen. Eine Paradeteilnehmerin wurde ohnmächtig, eine andere fiel vom Paradewagen, ein Brand auf einem der Allegorienwagen konnte glücklicherweise rasch gelöscht werden. Auffällig war, wie lange die Kameras von TV-Globo nur auf die Spitze des Umzugs gerichtet waren – offenbar, um das dahinter folgende Durcheinander dem nationalen und internationalen Publikum nicht zeigen zu müssen. Die Parade-Kommentatorin von TV Globo:”Den Umzug von Unidos da Tijuca kann man vergessen.” Paulo Barros blamierte sich daher mit seiner Einschätzung: “Ich denke, der Umzug war perfekt.” Das Publikum ging während des Umzugs seiner Sambaschule keineswegs mit, sondern sah überwiegend nur passiv zu.
Im Sambodromo, so die Landesmedien, fiel die enorme Zahl von Frauen mit großen Plastikbrüsten auf(Silikon) – diese Brüste wurden als “fürchterlich” eingestuft.
Hinternvergrößerung, Brustvergrößerung und Karneval – der Metacril-Effekt. Wer von den Karnevalsköniginnen der Sambodrom-Parade Metacril einspritzen ließ und wer nicht, gehört zu den gängigen Gesprächsthemen: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/01/brasilien-weltweit-fuhrend-bei-hinternvergroserung-und-chirurgischer-vagina-veranderung-laut-neuen-studien/
Sohn nimmt Kredit für Brustvergrößerung der Mutter auf – sie stirbt nach Operation: http://g1.globo.com/sao-paulo/noticia/2013/02/diarista-morta-apos-colocar-silicone-e-enterrada-na-grande-sp.html
Zeitung mit Schlagzeile, Sohn und Mutter, „Brustvergrößerung war ihr großer Traum“. Tödliche Risiken der Operation sind bekannt, solche Fälle in Brasilien recht häufig.
Karneval & Gewalt: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/06/brasilien-prugelkarneval-in-bahia-2013-anklicken-was-brasiliens-karneval-erheblich-von-dem-in-koln-und-mainz-unterscheidet/
Karneval 2013 in Bahia: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/08/brasilien-karneval-in-bahia-2013-83-prozent-halten-sich-vom-karneval-fern-laut-internetumfrage-gewalt-lebensgefahr-tumulte-als-hauptmotiv/
“Heute haben wir eine Gesellschaft, die sich um ihre Sinnlichkeit selbst betrügt.” Gerhard Polt
Nach Mitteleuropa wird gewöhnlich die offizielle Tourismuspropaganda Rio de Janeiros durchgeschaltet. Auffällig ist das Ausmaß an Posen, gestellter Fröhlichkeit, das Zwangsgrinsen vor Kameras.
Den stärksten Qualitätsabsturz erlebte der brasilianische Karneval in der Lula-Rousseff-Regierungszeit – wegen der im Rahmen des Mensalao-Demokratieprojekts betriebenen Kultur-und Bildungspolitik.
Kritik an Karnevalsparade von Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/02/22/karneval-in-rio-2012-parade-im-sambodromo-ist-kein-karneval-urteilt-absolut-korrekt-janio-de-freitas-chefkommentator-und-karnevalsexperte-von-brasiliens-groster-qualitatszeitung-folha-de-sao-paul/
Kommentator und Cineast Arnaldo Jabor 2012:”Karneval wird nicht mehr erlebt, sondern man schaut ihm zu.”
Brasiliens sehr schwacher Kulturexport: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/22/brasiliens-kulturexport-nur-02-prozent-vom-weltvolumen-retrato-de-um-pais-que-nao-exporta-sua-cultura-o-estado-de-sao-paulo-brasilianische-musik-verkauft-sich-garnicht-so-gut-im-ausland/
„Die Blutbäder des Marktes“: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/01/29/brasilien-die-blutbader-des-marktes-kolumnist-und-filmemacher-arnaldo-jabor/
« Brasilien: Kuriose Reinwaschungsversuche von Lulas Arbeiterpartei nach dem Prozeß wegen Korruption und Bandenbildung vor Oberstem Gericht, der Verurteilung zahlreicher Führungskader. Nachgewiesene Schuld wird rundweg abgestritten. Das Mensalao-Demokratie-Projekt unter Lula – viel Beifall aus Mitteleuropa. – Brasilien – Papua-Neuguinea: Lebendiges Verbrennen von Menschen mit Benzin und Autoreifen, Töten von Frauen wegen angeblicher Hexerei in beiden Staaten. Neue Berichte der Landesmedien. Scheiterhaufen in der Karnevalsmetropole Rio de Janeiro – zwei Berlinale-Filme(Tropa de Elite (1 und 2) zeigten die Praxis. Deutschlandjahr 2013 in Brasilien. »
Noch keine Kommentare
Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.