Leonardo Boff über Odilo Scherer: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/20/brasilien-leonardo-boff-nennt-deutschstammigen-kardinal-odilo-scherer-reaktionar-und-autoritar-i-%C2%B4m-happy-that-odilo-scherer-is-not-the-pope-boff-gegenuber-clarinbuenos-aires/
Der angesehene brasilianische Theologe Clodovis Boff hat sich in einem Interview für die größte Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ gegen gängige Vorwürfe gewandt, Benedikt XVI. sei ein Gegner der Befreiungstheologie. Clodovis Boff bezeichnete derartiges als Karikatur – in zwei Dokumenten habe Ratzinger das essentielle Projekt der Befreiungstheologie verteidigt, nämlich den Kompromiß mit den Armen als Konsequenz aus dem Glauben. Gleichzeitig habe er den marxistischen Einfluß kritisiert. „Das übrigens ist etwas, das ich auch kritisiere.“ Zu den Maßnahmen Kardinal Ratzingers gegen Befreiungstheologen wie sein Bruder Leonardo Boff sagte Clodovis Boff:“Er(Ratzinger) brachte die Essenz der Kirche zum Ausdruck, die nicht in Verhandlungen eintreten kann, wenn es sich um den Kern des Glaubens handelt. Wenn jemand etwas abweichend von diesem Glauben predigt, schließt er sich selbst aus der Kirche aus.“Die Kirche deklariere, wenn sich jemand aus der Gemeinde der Gläubigen ausschließe, weil er beginne, einen anderen Glauben zu lehren. Clodovis Boff betonte, er sei von Anfang an gegen die gängige Befreiungstheologie gewesen und habe stets klargestellt,wie wichtig es sei, Christus als Fundament aller Theologie zu definieren. „Im hegemonialen Diskurs der Befreiungstheologie bemerkte ich indessen, daß dieser Glaube in Christus lediglich an zweiter Stelle erschien. Ich dachte, das würde sich mit der Zeit korrigieren. Doch das geschah nicht.“
Clodovis Boff äußerte sich auch zur Vatikankritik an dem spanischen Jesuiten Jon Sobrinho:“Er sagte, die Theologie gehe vom Armen aus. Rom antwortete schlichtweg: Nein, der Glaube gehe von Christus aus und kann nicht auf andere Weise entstehen. Das unterschreibe ich.“
Clodovis Boff sagte weiter, alle Ideologien, darunter Liberalismus und Neoliberalismus, hätten ihre Glaubwürdigkeit verloren. „Wer hat noch etwas mitzuteilen? Die Religionen – und vor allem in der westlichen Welt, die katholische Kirche.“
Hintergrund von 2008: Zwischen den Gebrüdern Leonardo und Clodovis Boff, beides Befreiungstheologen, ist heftiger Streit entbrannt. Nicht Gott, sondern der Arme sei zum Wirkprinzip der Befreiungstheologie geworden – der Arme sei auf den Platz von Jesus Christus gesetzt worden, betont Clodovis Boff. Eine solche Umkehrung sei nicht nur ein Irrtum im Prinzip, im Vorrang und deshalb auch in der Perspektive. Der Glaube werde für politische Zwecke instrumentalisiert, er werde entleert, in Ideologie verwandelt. Das schwäche die christliche Identität.
Leonardo Boff war u.a. zum Aktivisten des nicht selten als links eingestuften Lula und seiner Arbeiterpartei PT geworden, hatte diese selbst dann noch verteidigt, als sie tief im kriminellen Korruptionssumpf steckte. Inzwischen hat das Oberste Gericht Brasiliens einen beträchtlichen Teil der damaligen Regierungs-und Parteispitze u.a. wegen Bandenbildung und aktiver Korruption zu Gefängnisstrafen verurteilt. Boff hatte mit einem Teil dieser Figuren aktiv Wahlkampf betrieben. Brasiliens Bischofskonferenz hatte indessen bereits vor Lulas Amtsantritt all diese Machenschaften klar vorhergesagt, während Boff auf seiner Linie beharrte. Da Boff zwischen diesen inzwischen zu Gefängnisstrafen verurteilten Figuren stets als Bannerträger der Befreiungstheologie auftrat, bedeutet das für diese eine echte Blamage :
Boff disqualifizieren u.a. seine teils lächerlichen Fehleinschätzungen von Lula und dessen Arbeiterpartei. Wer noch einmal nachliest, was Boff anläßlich der Wahl von Lula 2002 und danach publizierte, kommt möglicherweise aus dem Staunen nicht heraus.
Ein Zeitungstext beginnt so: “Lula: Die Revolution des Offensichtlichen.
Lula, Genosse, Freund, Bruder und Präsident. Am Tage deines und unseres Sieges flüsterte mir ein guter Engel zu, dir diesen Brief zu schreiben…”
Scheiterhaufen in Brasilien heute: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Zu den für die lateinamerikanische Befreiungstheologie am meisten rufschädigenden Blamagen gehörten Äußerungen von Leonardo Boff von 2003, wonach mit Lula und dessen Arbeiterpartei PT die Befreiungstheologie an die Macht gekommen sei. Boff lobte sogar die Sektenpredigerin Marina Silva, die als Umweltministerin der Lula-Regierung für eine verheerende Umweltpolitik verantwortlich zeichnete. Dabei hatte die katholische Kirche bereits vor Lulas Übernahme der Regierungsgeschäfte auf die politischen Bündnisse mit den reaktionärsten Vertretern von Politik und Machteliten hingewiesen, darunter auf die Bände sprechende Wahl des Großunternehmers und Milliardärs José Alencar zum Vize. Bereits vor dem Amtsantritt war in der katholischen Kirche klar, welche politischen Methoden Lula und die PT-Führung anwenden würden – der Prozeß vor dem Obersten Gericht zum Mensalao-Demokratieprojekt hat dies noch einmal sehr anschaulich vor Augen geführt. http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/15/brasilien-das-mensalao-demokratieprojekt-unter-der-lula-regierung-fand-besonders-in-der-ersten-welt-sehr-viel-anklang-und-lob-kritik-indessen-aus-brasilien-selbst-sehr-haeufig-wurde-brasilien-im/
Während beispielsweise Kardinal Odilo Scherer wiederholt auf die verheerenden Auswirkungen dieser politischen Bündnisse der Lula-Regierung hinwies, hat Leonardo Boff selbst im Wahlkampf für Lula-Nachfolgerin Rousseff erklärt, Lula habe eine ethische Politik betrieben, stehe gar für eine Revolution im Bildungsbereich. Boff vermied dabei indessen, auf die gravierenden Menschenrechtsverletzungen unter der Lula-Regierung hinzuweisen, die vor allem die Bevölkerungsmehrheit der Armen und Verelendeten treffen, darunter Folter, Todesschwadronen, Banditen-Diktatur im Parallelstaat der Slums, Sklavenarbeit etc. Aus Boffs Sicht hieß all dies kurioserweise, daß mit Lula also die Befreiungstheologie an die Macht gekommen sei.
Lula und die Wunderheiler-Scharlatane
Brasiliens Eliten halten den Milliardär und Vize-Staatschef Alencar bisher aus Korruptionsskandalen heraus
Klaus Hart
Selbsternannte Sekten -„Bischöfe“ als Popstars, Großaktionäre, Fraktionschefs, Stimmenkäufer, Massen-Wunderheiler – in Brasilien, dem eigentlichen Land der unbegrenzten Möglichkeiten, geht fast alles. Daher hielt es der Ex-Arbeiterführer und jetzige Staatschef Luis Inacio Lula da Silva wohl für eine intelligente Idee, ausgerechnet die politisch aggressivste Sekte mit ins Regierungsboot zu holen. Die sogenannte „Universalkirche vom Reich Gottes“, gegründet vom kleinen Lotterieangestellten und jetzigen „Bischof“ Edir Macedo, dominiert Lulas wichtigsten Koalitionspartner, die rechtskonservative „Liberale Partei“(PL). In den jetzt aufgedeckten Skandalen um Stimmenkauf und Mittelabzweigung, die die Lula-Regierung ins Wanken bringen, spielt neben Lulas Arbeiterpartei die PL eine besonders zwielichtige Rolle. Auffällig indessen – Lulas Vize Josè Alencar, ein Milliardär und Großunternehmer, der die Militärdiktatur unterstützte und die Landlosenbewegung MST geradezu haßt, gehört zwar zur PL, wird von den Eliten aus den jetzigen Korruptionsskandalen völlig herausgehalten, in der aufgeheizten öffentlichen Diskussion so gut wie gar nicht erwähnt – offensichtlich ein Fall von Mediensteuerung.
Wie bekannt wurde, gelangten dubiose Gelder in Millionenhöhe an Politiker über eine große Werbefirma, dessen Mitbesitzer ein enger Verwandter von Alencar ist. Über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Lula reden die Politiker bisher nur hinter vorgehaltener Hand. Denn Teilen der Unternehmerschaft graust vor dem Gedanken, daß nach Lulas Sturz dann Alencar die Geschicke des Landes leiten würde, die Wirtschaft durcheinanderbringen könnte. Die katholische Kirche, aber auch die Sozialbewegungen des Tropenlandes, hatten Lula bereits im Wahlkampf von 2002 immer wieder vor einer solchen dubiosen Allianz mit der PL gewarnt. „Die Universalkirche ist jetzt in der Klemme, weil jedermann sieht, wie Religion für politische und finanzielle Zwecke mißbraucht wird“, analysiert der Soziologe Rogerio de Carvalho vom religionswissenschaftlichen Forschungsinstitut CERIS in Rio de Janeiro. „Zahlreiche Kongreßabgeordnete und Senatoren der Universalkirche sind in Schmiergeldaffären verwickelt, bei ihr saß das Geld schon immer sehr locker.“ Sie werde wie eine Privatfirma geführt und solle zuallererst Gewinne erwirtschaften. „Einfach grauenhaft, wie sie den guten Willen der Bevölkerung ausnutzt. “
CERIS-Experte Carvalho ist gespannt, wie die Millionen von Anhängern der „Igreja Universal“ auf die neuesten Enthüllungen reagieren werden, ob diese dem Image der fundamentalistischen Wunderheilersekte womöglich schwer schaden. Den machthungrigen Sektenchefs war hochwillkommen, daß sich Lula den PL-Senator Alencar zum Vize und Verteidigungsminister erwählte, die Liberale Partei zum wichtigsten Koalitionspartner erkor. Das gab der PL Auftrieb – eine Flut von Sektenbischöfen und – pastoren gelangte in Nationalkongreß und Teilstaatsparlamente. In Brasilia führte der als besonders gerissen geltende „Bispo“ Carlos Rodrigues die PL-Kongreßfraktion. „Bispo“ Marcelo Crivella wurde Senator, ist zudem als Sänger sozusagen der Popstar der Universalkirche, mit mehr als vier Millionen verkauften CDs. Im Wahlkampf schüttelte er mit Maschinenpistolen bewaffneten Drogengangstern der Rio-Slums die Hand. Unter Staatschef Lula verdoppelte die PL ihre Kongreßabgeordneten in kürzester Zeit auf über fünfzig – gemäß den Enthüllungen wurden Parlamentarier anderer Parteien schlichtweg mit hohen Bestechungsgeldern zum Übertritt veranlaßt. PL- Fraktionschef Rodrigues mehrte die Konten von Sekte und PL auf besonders dreiste Art, wurde immer öfter ertappt, machte Negativschlagzeilen. Sektengründer Macedo degradierte ihn deshalb sicherheitshalber zum „normalen“ Abgeordneten. Gegen den singenden Bischof und Senator Crivella wird jetzt wegen Steuerhinterziehung und Devisenbetrug ermittelt. „Politische Strategie der Universalkirche ist, die eigenen Leute nicht nur in der PL zu konzentrieren, sondern auf verschiedene Parteien zu verteilen“, betont CERIS-Anthropologe Marcelo Gruman. Selbst in der Arbeiterpartei Lulas gebe es Sektenmitglieder. „So kann man viel geschickter Interessen manipulieren, politische Entscheidungen beeinflussen, durch Korruption und zwielichtige Abmachungen an das große Geld herankommen.“
Lula-Vize im Zwielicht
Bereits vor dem Amtsantritt von 2003 wurde ein Skandal um Vize Alencar abgebogen: Ein Baumwoll-Zulieferant war gegen Alencar und dessen Textilkonzern Coteminas wegen mutmaßlichen hohen Subventionsbetruges vor Gericht gegangen. Danach hatte Alencars Unternehmen auf Auktionen große Baumwollmengen erworben, die ihm bereits gehörten – nur, um bei solchen Anlässen fällige Regierungszuschüsse einzustreichen. Daß Coteminas den betreffenden Baumwollfarmern ihr Produkt bereits lange vor der Ernte abgekauft hatte, um einen planbaren, sicheren Materialfluß zu garantieren, war nach Darstellung des Klägers und laut vorgelegten Dokumenten geschickt vertuscht worden. Ende Dezember 2002 stellte indessen die zuständige Regierungsbehörde alle Ermittlungen gegen Coteminas nach nur wenigen Tagen überraschend ein – in Deutschland etwa hätte ein solcher Fall Alencar vermutlich das Amt gekostet, das Kabinett ins Wanken gebracht. Doch für Lula und die PT-Spitze war die Sache erledigt. „Ein sehr schlechtes Zeichen am Start der Lula-Regierung, außerdem eine Schande, lächerlich, surrealistisch“, nennt dies auf Anfrage Josias de Souza, Chef der Hauptstadtredaktion von Brasiliens auflagenstärkster Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“, die über den Skandal ausführlich berichtet, immerhin anderthalb Monate aufwendig recherchiert hatte. „Niemand hat unsere Artikel dementiert oder zurückgewiesen – gravierend ist, daß andere Firmen jetzt natürlich genauso betrügen, die gleiche Praxis pflegen werden wie Coteminas.“ Denn Straffreiheit sei ja sicher.
Angesichts tiefverwurzelter Korruption, so der renommierte Journalist, erwarteten die Brasilianer nicht nur soziale, wirtschaftliche Veränderungen, sondern eben auch solche im ethisch-moralischen Bereich. „Und gerade dort beginnt die Lula-Regierung denkbar schlecht – alle Politiker, die so handeln, bezahlen dafür einen Preis – das alles läßt sich nicht so einfach unter den Teppich kehren!“ Lulas Team dürfte daher schon bald ähnliche Probleme haben wie die Vorgänger, betont Josias de Souza immerhin bereits zum Lula-Amtsantritt. Auffälligerweise hatten sämtliche anderen Qualitätsblätter über den Fall Alencar keine einzige Zeile berichtet – schließlich war der Milliardär zuvor stets als superintegrer „Unternehmer des Volkes“ gerühmt worden. Laut Gewerkschaftsangaben wurde Alencar von den meisten Arbeitern seiner zahlreichen Fabriken jedoch als übler Ausbeuter direkt gehaßt, deshalb schon im Präsidentschaftswahlkampf von 2002 als gnadenloser Menschenschinder bezeichnet. Seit Alencar Lulas Vize ist, stiegen die Coteminas-Aktien kräftig, wurde der Konzern gar „Unternehmen des Jahres 2004“.
Daß Lula in Europas Medien zum Amtsantritt geradezu eine Welle von Lob und Hudel erntete, nennt Folha-Journalist Souza wohlgemerkt bereits Anfang Januar 2003 „direkt lächerlich“. –„Brot statt Bomber“—Wer erinnert sich nicht an jenen ersten sehr erfolgreichen PR-Coup von Lulas Propagandakompanie: Während gerade in Europa immer mehr Menschen über eine drohende völkerrechtswidrige Aggression gegen den Irak besorgt sind, setzt die neue, scheinbar fortschrittliche Regierung Brasiliens für die ganze Welt ein wichtiges Zeichen von hoher Symbolkraft. Gleich nach der Amtsübernahme wurde die laufende Ausschreibung für zwölf neue Überschalljäger der Luftwaffe gestoppt – und offiziell verkündet, die damit eingesparten Gelder sollten für die Bekämpfung von Hunger und Misere eingesetzt werden. Denn dies habe jetzt oberste Priorität. Wie von Brasilia erwartet, erntete Lula für die noble Entscheidung gerade in den Medien der USA und Europas allerhöchstes Lob – sogar die angesehene BBC titelte:“Brasil opts für butter before guns.“ Auch in Deutschland druckten selbst Qualitätszeitungen den Unsinn nach, kommentierten begeistert und politisch korrekt, nicht selten unter der Überschrift „Brot statt Bomber“. Weit über 700 Millionen Euro sofort gegen den Hunger, statt für Kampfjets, das war doch mal was! Nur wurde die Unwahrheit in Brasilien rasch entlarvt – im Haushalt für 2003 waren für einen Ankauf der Jagdbomber gar keine Gelder eingeplant, wurden somit, wie der Öffentlichkeit vorgespielt, also keineswegs den Militärs beträchtliche Mittel entzogen, die den verelendeten Massen zugute kämen.
Sektenmitglied Benedita da Silva – ein trister Fall
Bezeichnend zudem auch, wie die PT-Spitze das zwielichtige Sektenmitglied Benedita da Silva puschte. 1998 bestimmt die Basis der Arbeiterpartei (PT) Rio de Janeiros den angesehenen Linken Wladimir Palmeira, Widerstandskämpfer und Studentenführer während des Militärregimes, zum Gouverneurskandidaten. Doch Lula und seine rechte Hand Josè Dirceu, inzwischen über den jüngsten Korruptionsskandal gestolpert, verbieten die Kandidatur, peitschen undemokratisch die bei deutschen Drittweltbewegten sehr beliebte, unangenehm populistische und privilegiensüchtige Kongreßsenatorin Benedita da Silva von der „Gottesversammlung“ durch. Zunächst als Vizegouverneurin, dann als Gouverneurin, regiert sie vorhersehbar desaströs – wird als schlechteste Gouveneurin eines brasilianischen Teilstaates eingestuft. In ihrer Amtszeit dominierten Mißwirtschaft sowie schwerste Menschenrechtsverletzungen in den riesigen Rio-Slums. Sie akzeptierte allen Ernstes, daß Banditenmilizen des organisierten Verbrechens kinderreiche Familien aus ihren Slumkaten vertrieben. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Militärpolizisten sicherten zumindest den Abtransport der wenigen Habe aus den Elendsvierteln. Dennoch schanzte Lula ausgerechnet Benedita da Silva einen Ministerposten zu, mußte sie indessen schon bald wegen zahlreicher Verfehlungen sicherheitshalber in der Versenkung verschwinden lassen. Jetzt stellt sich heraus, daß Benedita da Silva auch in den jüngsten Korruptionsskandal verwickelt ist. Zur „Gottesversammlung“ gehört auch Umweltministerin Marina da Silva – nicht nur wegen der fortdauernden Rekord-Urwaldvernichtung in Amazonien empfahl ihr selbst Greenpeace mehrfach, besser zurückzutreten.
Anmerkung: Leonardo Boff lobte auch jene Sozialministerin Benedita da Silva über den grünen Klee, nannte sie “companheira”. In diesem Sinne war die kritische Position der brasilianischen Bischofskonferenz zur Lula-Rousseff-Regierung befreiungstheologisch inspiriert, jedoch nicht die von Boff.
Nicht zuletzt wegen der politischen Bündnisse war für Brasiliens katholische Kirche absehbar, klar, welche Menschenrechtspolitik die Lula-Regierung betreiben würde. Umso blamabler für die Befreiungstheologie, daß Leonardo Boff sich von dieser Menschenrechtspolitik keineswegs distanzierte, sondern die Lula-Regierungslinie und die Befreiungstheologie zusammenrührte. Auch Amnesty International hat die unter der Lula-Regierung begangenen gravierenden Menschenrechtsverletzungen ausführlich dokumentiert:
Leonardo Boff betrieb auch sehr aktiv Wahlkampf für Dilma Rousseff, lobte sie über alle Maßen. Wie es der Slumbevölkerung unter der jetzigen Regierung ergeht, zeigen auch die täglichen Informationen der brasilianischen Medien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/21/brasilien-die-scheiterhaufen-praxis-2013-lokalmedien-der-fusball-wm-stadt-rio-de-janeiro-berichten-regelmasig-in-wort-und-bild-wie-slumbewohner-lebendig-verbrannt-werden/
Die Sicht, Position des Vatikans, der katholischen Kirche zu diesen Menschenrechtsverletzungen ist bekannt – umso bemerkenswerter ist daher die Haltung von Leonardo Boff. Wie sich Boff zur Lula-Rousseff-Regierung bzw. zur Lula-Rousseff-Regierungslinie positionierte, bot eine gute Möglichkeit, Boffs gewöhnlich sofort in Medien von Ländern wie Deutschland durchgeschaltete “befreiungstheologische” Texte und Äußerungen mit Boffs “befreiungstheologischer” Praxis zu vergleichen.
Sex mit Kindern:
Hintergrund:
In Ländern wie Deutschland betreibt eine bestimmte Gutmenschen-Szene um den einst interessanten brasilianischen Befreiungstheologen einen regelrechten Kult. Sie bewahrt ihn vor öffentlicher Kritik, die als politisch unkorrekt gälte. Im Tropenland dagegen wird Boff seit den neunziger Jahren zunehmend heftig kritisiert. Selbst frühere Anhänger werfen ihm Fehleinschätzungen über die katholische Kirche, intellektuelle Unehrlichkeit und Opportunismus vor. Boff sei eitel auf Medienpräsenz aus – was mit Verbalattacken auf Papst und Vatikan natürlich am leichtesten gelinge.
In der Tat wirkt Boffs Eindreschen auf den Papst infantil und lächerlich. Nationale Religionsexperten bescheinigen ihm eine unbestreitbare Rolle in der Reflexionsgeschichte Brasiliens, nennen ihn sehr intelligent und intuitiv. Boff spüre sehr gut bestimmte gesellschaftliche Probleme und Tendenzen, sei ein brillanter Professor. Doch seine Äußerungen müssten kritisch analysiert werden – andernfalls akzeptiere man häufig Dinge, die nicht der Wahrheit entsprächen.
In Deutschland sind evangelikale Wunderheiler-Sekten unbeliebt – Boff begrüßte indessen bereits im Jahr 2000 öffentlich die Expansion der Evangelikalen vorbehaltlos als Bereicherung. In Brasilien fasste man sich an den Kopf. Denn die evangelikalen Sektenkirchen propagieren massiv die „Theologie der Prosperität“, wonach materieller Wohlstand eine Gabe Gottes sei und durch die Macht des Glaubens erreicht werden könne. An Misere, persönlichem Misserfolg sei der Teufel schuld, den man auf speziellen Tempelsitzungen austreibe – wobei natürlich jeder Gläubige soviel Geld wie möglich an die Kirche spenden müsse. Mit dieser Theologie, analysieren Sozialwissenschaftler, verbreiten die Evangelikalen Illusionen, beuten die Leute aus, schaffen Leiden. Und fördern sogar Rassismus und Diskriminierung, da die schwarze Bevölkerung nunmehr nur deshalb arm sei, weil sie sündige. Gemäß aus Afrika ererbten Schlechtigkeiten werde sie als eine verfluchte Rasse angesehen, die sich von allen Vorfahren und Wurzeln lösen müsse.
Wenn Boff diese wie Wirtschaftsunternehmen funktionierenden Kirchen als Bereicherung auffasse, müsse man seine Bewertungen relativieren, zeige sich zunehmende Oberflächlichkeit. Im akademischen Umfeld, bei den Studenten sei Boffs frühere Attraktivität weg.
Boff müsste wissen, dass evangelikale Kirchen im Christlich-Ethischen mancherlei Sonderwege fahren. So wurde ein Bischof der politisch einflussreichen „Universalkirche vom Reich Gottes“, der Brasiliens zweitgrößter TV-Sender gehört, wegen Mordes eingesperrt. In Salvador da Bahia hatte er laut Polizei im Tempel gemeinsam mit zwei Pastoren einen 14-jährigen Jungen sexuell missbraucht und danach lebendig verbrannt.
Manche mögen Boff zustimmen, wenn er die Evangelikalen-Ausbreitung begrüßt, weil ihm „jede Art von Vielfalt“ so gefällt. Denn nun ist in rappelvollen „Gotteshäusern“ endlich mal echt was los, ziehen Ex-Killer und Ex-Frauenaufreißer wie Pastor Salles vom Leder:„Ich war reich, hatte Villen und tausende Frauen – in Rio hörten tausende schwerbewaffnete Banditen auf mein Kommando. Ich war Bankräuber, Berufskiller, Monster, Psychopath – so viele Opfer flehten vergeblich um Barmherzigkeit! Wie von den Dämonen gefordert, habe ich mit meiner Frau unseren sechs Monate alten Sohn getötet, in der Pfanne gebraten, sein Fleisch gegessen – ich war schon in der Hölle!“
Frei Betto, wichtigster Befreiungstheologe Brasiliens, hochangesehen bei Kardinälen, Bischöfen und Padres der Kirche des Riesenlandes, analysiert solche evangelikalen Sekten tiefgründig, fühlt sich durch ihre nervende Präsenz im Alltag nicht eben bereichert. Leonardo Boff indessen wirft kurioserweise dieser Kirche „feudale Mentalität“, „totalitäre Ideologie“ und „mittelalterliche Strukturen“ vor, gar die Ablehnung von Kritik und Alternativen. Damit hat er schlichtweg die Dynamik, Entwicklung und Komplexität der katholischen Kirche nicht begriffen. Als anschauliches Beispiel gilt, dass Rom zwar Kondome kritisiert, deren massive Verteilung in der pastoralen Aids-Prävention indessen zulässt – und fördert, gemäß katholischer Moraltheologie.
Der Soziologe Claudio Monteiro leitet in Sao Paulo die bischöfliche Aids-Pastoral – direkt neben seiner Bürotür kann sich jedermann aus einem stets gut gefüllten Plastikbehälter gratis und überreichlich mit Kondomen eindecken. Monteiro lacht über Boffs Vorwurf, dass die katholische Kirche in der Kondomfrage lebensfeindlich, verantwortungslos und intolerant handele. „Leonardo Boff gehörte zum Franziskanerorden, der in Brasilien eines der ersten Aids-Präventionsprojekte startete und natürlich Kondome verteilt – seit über 16 Jahren. Unsere nationale Aids-Pastoral, von einem Bischof geführt, verfährt genauso. Völlig unmöglich, daß Boff davon nicht weiß. Wenn er die Ausbreitung der Evangelikalen, die Expansion des religiösen Fundamentalismus positiv bewertet, ist dies fragwürdig und anfechtbar.“
Boff greift immer wieder auch in die Politik ein. Im letzten Präsidentschaftswahlkampf unterstützte er zuerst die evangelikale Predigerin Marina Silva. Die Ex-Umweltministerin zählte zur Revolutionären Kommunistischen Partei Brasiliens, wuchs im befreiungstheologischen Spektrum der Katholiken auf und ging dann zur „Assembleia de Deus“. Richtig, die von Pastor Salles, dem Ex-Killer und Ex-Frauenaufreißer, die zudem laut Eigendarstellung Homos zu Heteros umdreht und Strich-Transvestiten zu Geistlichen macht.
Zuletzt wechselte Marina Silva von Lulas Arbeiterpartei zu den brasilianischen Grünen. Die verkaufen sie als lupenreine Umweltschützerin – obwohl zahlreiche verhinderbare Umweltverbrechen in ihre Amtszeit fallen. Amazonas- und Savannenwälder werden vernichtet, Brasilien avanciert zum weltgrößten Agrargiftverbraucher, das Geschäft mit Gen-Pflanzen boomt. Umweltschützer laufen Sturm gegen das gigantische Umleitungsprojekt am Rio Sao Francisco – Marina Silva verteidigt es als „ökologisch nachhaltig, wirtschaftlich machbar und sozial gerecht“. Was sie von massenhafter Folter durch Staatsangestellte oder von den landesweit operierenden Todesschwadronen hält, erfährt man bis heute nicht.
2002 nahm Leonardo Boff begeistert an der Wahlkampfkarawane von Lula teil, verglich ihn mit Mahatma Gandhi, lobte sogar dessen Vize, den Milliardär und Diktaturaktivisten José Alencar. Angesichts der Korruptionsskandale schwenkte er später um, verurteilte Lulas Politik als niederträchtig neoliberal.
2010 aber, als Marina Silva die Stichwahl nicht erreichte, wechselte Boff flugs zu Lulas Wunschkandidatin und bisheriger Chefministerin Dilma Roussef – und wieder zu Lob über den grünen Klee: „Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“ Die gravierenden Menschenrechtsverletzungen, den strikt antiökologischen Kurs von Lula-Rousseff kritisiert er nicht, die von ihm so heftig gescholtene, stark systemkritische katholische Kirche Brasiliens tut das umso kräftiger: Fehlende soziale Besorgnis bei Lula und Rousseff trotz Hunger, Misere und rasch wachsenden Slums, Zementierung der grauenhaft ungerechten Einkommensverteilung, Begünstigen der ohnehin Privilegierten. Boff faselt von sozialer Ökologie-Revolution, dabei ist längst klar, dass Dilma Rousseff das umweltvernichtende Mega-Wasserkraftwerk „Belo Monte“ in Amazonien unbedingt realisieren will. Nach ihrem Wahlsieg erneut ein Schwenk: Boff geißelt das Belo-Monte-Projekt.
Mancher hat vielleicht den desillusionierenden ARD-Weltspiegel-Beitrag „Brasilien: Kindsmord am Amazonas“ über das Töten von Kindern bei Indianerstämmen gesehen – rund 600 Babies werden danach jährlich allein in Amazonien umgebracht. Viele Indianer sitzen wegen Sex mit Kindern im Gefängnis, auch Indios sind als Naturzerstörer bekannt. Yanomami pflegen gar das Verprügeln der eigenen Ehefrau mit Freunden, bei Fremdgeh-Verdacht – von Schamanen als Hexen beschuldigte Indiofrauen wurden ermordet. Boff indessen ignoriert diese Fakten: „Und ich habe sie immer bewundert, sie sind unsere großen Meister im Hinblick auf die Haltung gegenüber der Natur. Die sind technologisch gesehen rückständig, aber zivilisatorisch, sie sind vorwärts, sie sind reicher als wir. Wenn wir lernen wollen, was wir für eine Beziehung mit der Natur eingehen sollen, die Beziehung zwischen dem Alter und den Kindern, den Erwachsenen und alten Leuten, die Beziehung zwischen Arbeit und Freizeit, die Beziehung zwischen Leben und Tod, dann müssen wir die Indianer hören. Die haben eine große Weisheit und vieles haben sie uns zu sagen.“ Kommentar überflüssig.
Boffs Zölibatsbruch:
Leonardo Boff hatte 1993 in einem Zeitungsinterview mitgeteilt, daß er trotz Zölibatsverpflichtung seit 1981 als katholischer Priester mit der anfangs noch nicht geschiedenen Frau seines Freundes, Marcia Miranda, zusammenlebte, die aus ihrer Ehe sechs Kinder hatte. Marcia Miranda war Boffs Sekretärin. Wie es in dem Interview hieß, lebte Boff mit Marcia Miranda und deren Ex-Mann über ein Jahrzehnt, bis 1991 in einem Haus von Petropolis bei Rio de Janeiro zusammen. Erst Ende der 80er Jahre, hieß es, wurde juristisch die Scheidung zwischen Marcia Miranda und dem Vater ihrer Kinder vollzogen.
„Amoröse Geständnisse eines Priesters.“
„Die Leidenschaft von Boff. Der polemischste Theologe der Kirche offenbart alles über das Liebesverhältnis, das er seit 12 Jahren mit seiner Sekretärin Marcia Miranda pflegt.“
Wikipedia: Em 1992, ante novo risco de punição, desligou-se da Ordem Franciscana e pediu dispensa do sacerdócio. Sem que esta dispensa lhe fosse concedida, uniu-se, então, à educadora popular[2] e militante dos direitos humanos Márcia Monteiro da Silva Miranda, divorciada e mãe de seis filhos, com quem mantinha uma relação amorosa em segredo desde 1981[3]
http://acervo.folha.com.br/fsp/1993/11/21/101//5677787
Im kindisch-banalen Mainstream-Blabla Mitteleuropas über Papstrücktritt und Papstwahl fehlen nach wie vor viele essentielle Bestandteile der Amtszeit von Benedikt XVI – gleiches gilt für den brasilianischen Papstkandidaten, Kardinal Odilo Scherer:
« Brasilien, Zeitgeist, Sao Paulo: Autofahrer rammt Radfahrer, trennt ihm dabei den Arm ab, begeht Fahrerflucht, wirft Arm in Fluß. Politisch Verantwortliche verhindern absichtlich humaneres Verkehrssystem. Personenzugverbindung von Sao Paulo nach Santos, an die Strände des Teilstaats Sao Paulo wurde zerstört, zum Vorteil der Autoindustrie. – Der Energiewende-Bluff: Kritik dieser Art war vor über einem Jahrzehnt noch existenzvernichtend, konnte einen(etwa als Angestellter in staatlichen Umweltbehörden) den Job kosten – heute, wo es zu spät ist, steht diese Kritik sogar in der „Welt“…Deutschlands Alibi-„Umweltorganisationen“. »
Noch keine Kommentare
Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.