Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Wirtschaftsskandale – der stark angeschlagene Ölkonzern PETROBRAS – deutscher Wirtschaftsmainstream wegen jahrelanger Falschberichterstattung in der Bredouille. Leser erinnern sich sehr gut an Lob-und Hudel-Berichte über PETROBRAS, über Lula und Dilma Rousseff, das „Weltmacht“-Geschwafel…“Auf dem Weg zur Weltmacht“ – Steinmeier und Lula in Berlin.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle: “Brasilien ist das Kraftzentrum Südamerikas geworden und zu einer Gestaltungsmacht mit globalem Anspruch herangewachsen”.

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/04/23/der-absturz-des-staatlich-kontrollierten-brasilianischen-oelkonzern-petrobras-vom-gesteuerten-deutschen-mainstream-jahrelang-als-superunternehmen-geruehmt/

PETROBRAS nahm etwa 80 % der Schulden in harter Währung auf – wegen der starken Abwertung der Landeswährung Real trifft auch dies den staatlich kontrollierten Ölkonzern entsprechend. 

Brasiliens vertiefte Wirtschaftskrise erschreckt die Welt nicht, weil Brasilien irrelevant geworden ist, analysieren nationale Qualitätsmedien 2016. Die Option für die Irrelevanz habe Brasilien in der Welt von heute noch unwichtiger gemacht. Brasilien nehme an den Welt-Debatten über aktuelle Herausforderungen nicht teil, sei von diesen Debatten ausgeschlossen. Brasiliens internationaler Einfluß sei stark gesunken – das Land modernisiere sich nicht, integriere seine Wirtschaft nicht in die Weltwirtschaft. Auffällig ist, daß in der mitteleuropäischen Lügenpresse jahrelang von einem angeblichen internationalen Bedeutungszuwachs Brasiliens gefaselt wurde. 

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“Wappne dich. Die Krise wird lang sein.” Brasiliens führende Wirtschaftszeitschrift EXAME im August 2015. “Mehr Rezession 2016…Die Anleger halten das Investieren von Kapital hier bereits so riskant wie in Ländern mit Zahlungsschwierigkeiten…Die Zahl der arbeitslosen Brasilianer wird sich stark erhöhen…”

Im Juli 2015 erlitt die Landeswährung Real einen Wertverlust gegenüber dem Dollar wie zuletzt 2003. Auch in deutschen Wirtschaftspublikationen hieß es indessen, der Real sei zu einer starken Währung geworden. 

Steuerung der Auslandspropaganda – Rolle der Medien:http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

Viele deutsche Alibi-NGO wurden über entsprechende Mittelsmänner ebenfalls in die Auslandspropaganda eingeschaltet.

Der fortdauernde PETROBRAS-Skandal ist auch für Kommunikationswissenschaftler und medienkundlich Interessierte bemerkenswert, da er auf Steuerungs-und Zensurmethoden im deutschen Mainstream hinweist. Aktueller Mainstream-Manipulationstrick – selbst tonangebende Medien suchen zu verschleiern, daß sie noch unlängst genau das Gegenteil berichtet, Brasiliens Wirtschaftslage hochgelobt, Präsidentin Rousseff einen energischen Kampf gegen Korruption bescheinigt hatten. Entsprechend unglaubwürdig sind jetzige Berichte und Kommentare des Mainstreams, darunter des Wirtschaftsmainstreams. 

Peter Scholl-Latour: “Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung. Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.”

Lula in Berlin 2012 – brasilianischer Systemkritiker “rasch entfernt” aus Steinmeier-Veranstaltung:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/12/07/brasiliens-ex-prasident-lula-in-berlin-diskussion-mit-frank-walter-steinmeier/

Lula – Brasiliens Ex-Staatschef – im Juli 2017 zu 9,5 Jahren Gefängnis verurteilt. “Lula Superstar”. “Die Brasilianer lieben ihren Präsidenten Lula da Silva, die Mächtigen der Welt reißen sich um ihn – jetzt besucht der “beliebteste Politiker der Erde” Bundeskanzlerin Merkel in Berlin.” Süddeutsche Zeitung 2010…Lula und das “betreute Denken”:http://www.hart-brasilientexte.de/2017/07/12/lllll/

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SPD-Politiker Steinmeier und Lula 2012 in Berlin – heikle Menschenrechtsfragen, darunter die fortdauernde Folter, Todesschwadronen, Scheiterhaufen, Sklavenarbeit. gravierender Rassismus etc.  offenbar bewußt ausgeklammert. Das offizielle Thema der Steinmeier-Lula-Veranstaltung: “Auf dem Weg zur Weltmacht: Brasiliens Rolle in der globalen Ordnung”. Bekanntlich kann von einem Weg Brasiliens auf dem Weg zur Weltmacht keine Rede sein, wie bereits 2012 die Basisdaten und Basisfakten des Landes zeigten.

Aus der Veranstaltungsanzeige:In wenigen Jahren wird Brasilien zu den fünf wichtigsten Volkswirtschaften der Welt zählen. Auf der internationalen Bühne hat sich Brasilien als global player etabliert, der seine Interessen selbstbewusst vertritt.”

Deutscher Regierungssender Deutsche Welle über Lula: „Geradlinigkeit und Verlässlichkeit“.

2012: “Wenn die Europäer von jemandem lernen können, wie man mit Krisen umgeht und sie überwinden kann, dann von diesem Mann.” Frankfurter Rundschau/Berliner Zeitung.

“Von allen linken Präsidenten hat Lula, der als am wenigsten links eingeschätzt wird, die größten Erfolge.” Gregor Gysi, Linkspartei, Deutschland, 2010.

“Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Klimaschutz – das sind für den deutschen Außenminister anscheinend Fremdworte.” Mirjam Gehrke, Deutsche Welle zur Reise von Guido Westerwelle(FDP) nach Lateinamerika.

Mit Brasiliens Präsident Lula kommt am Donnerstag kein Bittsteller nach Berlin: Der größte Staat Südamerikas ist längst begehrtes Investionsland geworden – und Merkel umwirbt das Oberhaupt im Namen der deutschen Wirtschaft.

“Die Fußball-WM von Lula” – wachsende Kritik an dem unter Lula beantragten Sportevent mit immensen sozialen Kosten zuungunsten der Unterprivilegierten.(2013)

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“Lula – der Krebs von Brasilien! Ermittelt gegen den Chef der Bande!” Straßenprotest in Sao Paulo 2013. Gleiche Forderung bei den massiven Straßenprotesten von 2015 in ganz Brasilien.

Proteste vor Wohnhaus des “Millionärs” Lula:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/06/20/brasilien-proteste-demonstranten-erstmals-vor-dem-wohngebaude-von-lula-in-sao-bernardo-do-campo-nahe-sao-paulo/

Bei den massiven Straßenprotesten von 2015 gegen Regierungs-und Staatskorruption wird stets auch die Verhaftung Lulas gefordert.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

Lula+Steinmeier 07.12.12

“Auf dem Weg zur Weltmacht: Brasiliens Rolle in der neuen globalen Ordnung”
Podiumsdiskussion mit Brasiliens Ex-Präsident Lula und Frank-Walter Steinmeier am 07. Dezember 2012

Lula 07.12.12

Lula betonte eingangs seine tiefe Verbundenheit mit der deutschen Sozialdemokratie und der Friedrich-Ebert-Stiftung, die ihn schon als Gewerkschafter der CUT, später dann als Kandidat der PT, auf seinem Weg ins Präsidialamt begleitet hatte. Als wichtigste Errungenschaft seiner Präsidentschaft bezeichnete Lula, dass es ihm gelungen sei, mehr gelebte Demokratie zu schaffen, die Beteiligung auch der einfachen Leute zu ermöglichen, für die er als Arbeiter ohne Universitätsabschluss gestanden habe. Frank-Walter Steinmeier sprach von Brasiliens rasanter Entwicklung der letzten Jahre als einer großen Reise, zu deren Erfolg die Wirtschafts- und Sozialpolitik Lulas entscheidend beigetragen hätten. Das krisengeschüttelte Europa könne in dieser Hinsicht von Brasilien lernen: Wirtschaftliche Konsolidierung sei nicht durch bloße Sparpolitik möglich, sondern müsse immer auch auf Strukturreformen und Investitionen bauen. Lula verwies im Gegenzug auf den europäischen Wohlfahrtsstaat und die Schaffung großen Wohlstands in Europa, und appellierte an die europäischen Politiker_innen, diese für die Menschheit historischen Errungenschaften zu verteidigen.
Die Krise in Europa sieht Lula auch als Gelegenheit und Aufruf, die Politik des 20. Jahrhunderts zu überdenken und entschieden zu handeln. Mit diesem Anspruch sei auch er damals engagiert zur Tat geschritten: beim Schmieden neuer Partnerschaften in Lateinamerika und Afrika, bei der Festlegung verbindlicher Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen oder auch bei der Aufnahme des Dialogs mit schwierigen Partnern wie dem Iran. Doch viele der Partner, so Lula, zögen nicht mit, und so kranke die internationale Politik weiterhin an zu viel Papier, zu kompromisslos vorgebrachten nationalen Interessen und halbherzigen Lösungen für drängende Probleme. Einig waren sich Lula und Steinmeier denn auch darin, dass Gremien wie der UN-Sicherheitsrat dringend reformiert werden müssen, um globalen Herausforderungen gerecht werden zu können – und dass Ländern wie Brasilien und Deutschland eine besondere Verantwortung in der Gestaltung der globalen Ordnung zukommt.Lula & Alvaro Padrón

Hören Sie seine Worte auf Deutsch

und Brasilianisch

Mit dem ehemaligen Präsidenten Brasiliens und dem Instituto Lula unterhält die FES enge Beziehungen. Alvaro Padrón, Mitarbeiter der FES in Montevideo, ist von Lula in einen Thinktank berufen worden. Die Initiative bringt Intellektuelle, Politiker_innen und Vertreter_innen der Zivilgesellschaft zusammen, um Herausforderungen für Lateinamerika zu diskutieren. Zitate FES

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Ausriß – wie flächendeckende Zensur in Deutschland effizient funktioniert: Von dem brasilianischen Systemkritiker in der Steinmeier-Lula-Veranstaltung weder Foto, Text, Video. Dabei weiß jedermann aus Erfahrung, wie scharf der deutsche Mainstream auf Systemkritiker, Dissidenten ist, wenn sie den ideologischen Tendenzschutz-Vorgaben entsprechen und den “richtigen” Leuten ihre Protestplakate entgegenhalten:

Brasilianischer Systemkritiker Marcelo Machado Pereira(33) wurde aus Lula-Veranstaltung “rasch entfernt”(Jornal do Brasil). Pereira zeigte Spruchband “Brasilien ist das Land der Korruption – Brasilien verbreitet Lügen über seine wirtschaftliche Realität”. Heikle Menschenrechtsfragen bei Lula-Besuch ausgeklammert. Dreiste Mediensteuerung heute. **

 http://www.hart-brasilientexte.de/2012/12/07/brasiliens-ex-prasident-lula-in-berlin-diskussion-mit-frank-walter-steinmeie

Após o evento entre os sindicalistas, Lula participou de uma conversa com lideranças do SPD, o Partido Social Democrata Alemão, na Fundação Friedrich Ebert. O tema do encontro foi “No caminho para uma potência mundial: o papel do Brasil na nova ordem mundial”.

Durante o discurso para bolsistas, convidados e membros da Fundação Friedrich Ebert, o brasileiro Marcelo Machado Pereira, de 33 anos, chamou a atenção dos participantes ao fundo da platéia.

Ao abrir o cartaz “O Brasil é o país da corrupção”, “Investir no Brasil é investir na crise”, “O Brasil diz mentiras a respeito da sua realidade econômica”, ele foi rapidamente retirado do evento. O cartaz também foi recolhido, relatou Marcelo. (Jornal do Brasil)

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“Straftäter ergreifen!!!” (Pega Ladrao!!!) Avenida Paulista, April 2015, Sao Paulo

SPD-Politiker Steinmeier 2015 in Brasilien:

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/02/18/rio-de-janeiro-2015-wieder-deutscher-tourist-ermordet-51-jaehriger-fred-miesino-von-strassengangster-in-der-city-erstochen-viel-lob-hochrangiger-deutscher-politiker-fuer-das-brasilianische-gewalt/

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Offizielles Regierungsfoto – Steinmeier und Dilma Rousseff in Brasilia.

Fußball-WM, Zensur und Berichterstattungsvorschriften 2014.Angela Merkel – WM-Besuch 2014 in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/06/16/deutsche-bundeskanzlerin-angela-merkel-reist-zur-wm-2014-nach-brasilien-trotz-gravierender-menschenrechtslage-bei-treffen-mit-staatschefin-dilma-rousseff-in-brasilia-waren-schwere-menschenrechtsve/

Berichterstattungsvorschriften – WM und Ukraine:

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/05/19/fusball-wm-2014-und-strenge-berichterstattungsvorschriften-deutscher-medien-selbst-in-kommentaren-halt-sich-der-deutsche-mainstream-bisher-offenbar-strikt-an-das-vorschriftendiktat/

Merkel-Reise 2008: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/11/lateinamerika-reise-von-bundeskanzlerin-angela-merkel-und-die-menschenrechtelaut-dihk-prasident-braun-keine-notwendigkeit-das-thema-besonders-zu-betonen/

Merkel-Reise 2008 und Erwartungen der brasilianischen Menschenrechtsbewegung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/09/besuch-von-bundeskanzlerin-angela-merkeldeutschland-und-bundeskanzler-alfred-gusenbauerosterreich-in-brasilien-hohe-erwartungen-der-brasilianischen-menschenrechtsbewegung-klare-worte-zur-allta/

Steinmeier sieht keinerlei Grund für Kritik an Brasiliens gravierender Menschenrechtslage: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/24/bundesausenminister-walter-steinmeierspd-2014-keinerlei-kritik-an-gravierender-menschenrechtslage-in-brasilien/

Willy Brandt und sein Diktatur-Kollege José de Magalhaes Pinto 1969:

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/

Aktuelle Manipulationstricks:http://www.hart-brasilientexte.de/2014/05/05/ukraine-2014-die-manipulations-und-propagandamethoden-deutscher-medien-und-westlicher-politiker-deutsche-medienkonsumenten-weisen-auf-gangige-methoden-der-letzten-monate/

Gekaufte Examensarbeiten in Brasilien

Unfähige Absolventen sind Sand im Getriebe des Landes

Die dunkelhäutige Helena Rossi aus Sao Paulo hatte sich das Studium an der Privatuni regelrecht vom Munde abgespart, war schließlich aus der Unterschicht und saß dann im Kurs unter lauter Weißen aus der Mittelklasse. Die lachten sie jedesmal aus, weil sie Examensarbeiten jeder Art, und auch die Diplomarbeit selber schrieb. Denn die Mittelschichtler machten sich die Mühe nicht, beauftragten  die Büros der landesweit operierenden Betrugsindustrie, solche Arbeiten anzufertigen. Und waren sicher, daß der jeweilige Professor womöglich den Betrug bemerken, aber nicht aufmucken würde. Nach dem Abschluß der Privatuni landeten alle weißen Kollegen dank guter Beziehungen in ordentlichen Jobs, nicht selten gar im Staatsdienst, Helena Rossi mußte sich schon dank ihrer Hautfarbe mit einem minderbezahlten Posten begnügen. Und sich damit abfinden, daß weiße Absolventen dieser Art auf der Karriereleiter immer wieder an ihr vorbeizogen. Letztlich fatal für die zehntgrößte Wirtschaftsnation, die von vielen hausgemachten Problemen tief gezeichnet ist.

–Ethisch-moralische Krise—

Brasilien ist nicht nur das größte Land Lateinamerikas, sondern gemäß neuesten Studien auch das korrupteste – in der Öffentlichkeit, in den Medien wird die tiefe ethisch-moralische Krise alle Tage heftig beklagt. Sie hat indessen auch die Universitäten und Hochschulen heimgesucht. Ein Großteil der Studenten fertigt akademische Arbeiten, sogar Dissertationen, nicht selbst an, sondern kauft sie skrupellos bei einer regelrechten Industrie, der „Industria de Trabalhos Academicos“, die sich auf dieses profitable Produkt spezialisiert hat.  Die öffentlichen Universitäten kämpfen gegen die Plage an, die Privatunis drücken gewöhnlich beide Augen zu. Bildungsexperten sehen in gekauften, erschlichenen Abschlüssen eine Gefahr für die Entwicklung der Nation. Unternehmen, Institutionen, die Arbeitskräfte suchen, müssen notgedrungen in aufwendigen, teuren Prüfungsverfahren die Spreu vom Weizen trennen, da man Höchstnoten, scheinbar ausgezeichneten Abschlüssen nicht trauen kann.

Das Problem ist sehr heikel und betrifft sogar Brasiliens größte und angesehenste Bundesuniversität in der Megacity Sao Paulo. Der zuständige Ethikrat lehnt gegenüber dem ausländischen Journalisten dazu Interviews ab. Professor Ruy Braga von der philosophischen Fakultät gibt indessen bereitwillig Auskunft: “Ein heißes Eisen, ohne Zweifel – und wir haben es in der Tat mit einer regelrechten Industrie zu tun, zu der Profis aller Fachgebiete gehören. Diese Industrie, dieser Markt boomt und ist Teil unserer ökonomischen, politischen und moralischen Krise. Das Problem wird immer explosiver. Die Branche bietet ihre Dienste im Internet an oder hängt sogar Werbeanzeigen direkt in den Universitäten aus. Ich ertappte mal einen Studenten, der Texte als eigene ausgab, die von der Betreuerin meiner Doktorarbeit stammten. Ein Student kann nicht eine exzellente Arbeit vorlegen, wenn er nicht in den entsprechenden Kursen war.“

–An Privatunis wird am meisten betrogen—

In Brasilien besuchen nur dreißig Prozent der Studenten öffentliche Universitäten und Hochschulen, doch siebzig Prozent studieren an privaten – vor etwa zehn Jahren war das Verhältnis noch genau umgekehrt. Über vier Millionen sind derzeit immatrikuliert. Es dominiert Massenbetrieb.

“Der Anteil der Studenten, die betrügen, sich Arbeiten anfertigen lassen, ist erschreckend hoch – am höchsten an den Privatunis. Dort sind es mit Sicherheit über fünfzig Prozent aller Studierenden. Die Professoren müßten das verhindern. Doch sie sind nachsichtig – und wissen, daß das falsch ist. Doch würden sie eingreifen, den Betrug stoppen, machten sie sich unbeliebt, würden die Studenten deren Entlassung durchsetzen. Die Professoren, Dozenten haben nur Zeitverträge, sind in ein perverses System eingebunden, von der Akzeptanz durch die Studenten abhängig. Die Studenten haben ja bezahlt, wollen rasch ihre Abschlüsse. Und die Privatunis sind nur an Gewinn, nicht an Qualität interessiert. Das Bildungsministerium kommt seiner Kontrollfunktion nicht nach. Alles sehr schlecht für die Qualifikation der brasilianischen Arbeitskräfte, für die akademische Ausbildung. Sie ist ein Gigant auf tönernen Füßen. Dieses System ist nicht in der Lage, das Profil der Arbeitskräfte Brasiliens radikal zu verbessern – wie es nötig wäre. “

Professor Braga und andere Dozenten der Bundesuniversität bekämpfen den Betrug: Mehr schriftliche Prüfungen, begrenzte, vorgegebene Bibliographien,  Verwarnung der Studenten. Werbeanzeigen der Betrugsindustrie werden systematisch entfernt.  “An der philosophischen Fakultät ist das Problem jetzt viel geringer – wir Lehrkräfte haben inzwischen mehr Erfahrung, sehen eher Indizien. Andererseits haben wir viel mehr Studenten als früher. Das erschwert es, jeden Verdachtsfall minutiös zu prüfen.“

Danilo Frei und Eduardo Moreto studieren an der Bundesuniversität, wissen, wie es läuft: “Am meisten wird an den Fakultäten für Wirtschaft, Administration und Rechtswissenschaften betrogen. Viel weniger bei den Philosophen, denn die Profs dort merken es einfach. Einmal kam heraus, daß eine Dissertation nichts weiter als die Übersetzung einer Doktorarbeit aus Spanien war. Logisch, daß sich von der Uni-Leitung niemand zu dem Problem äußern will, weil es für die Institution demoralisierend ist. Alles wissens, aber niemand sagt es offen.“

–Konfessionelle Unis passen auf—

Brasiliens angesehene katholische Universitäten, aber auch andere konfessionelle, zählen zwar zu den Privatunis, arbeiten indessen laut Statut lediglich kostendeckend. Sie setzen auf Qualität und haben deshalb sogar Untersuchungskommissionen gegen studentischen Betrug installiert. An der Katholischen Uni(PUC) von Sao Paulo zählt Professorin Anna Cintra zum Direktorium und wurde notgedrungen zur Detektivin. “Natürlich fahnde ich auch per Google im Internet, entdecke kopierte Abschnitte, kopierte Arbeiten. Noch unlängst kamen Sonderbusse mit Studenten von Hochschulen des Hinterlandes, die in unserer Bibliothek massenhaft Abschlußarbeiten ausliehen, sofort kopierten und dann unter eigenem Namen einreichten. Wir – und auch die Bundesuniversität – geben deshalb solche Arbeiten nicht mehr heraus. Unsere eigenen Studenten begleiten wir intensiv und spüren daher, wenn etwas nicht stimmt. Ich sagte schon einer Studentin auf den Kopf zu: Das hast du nicht geschrieben! Sie gab es zu. Glücklicherweise sind solche Fälle bei uns nicht häufig. Ich bin für strenges Vorgehen gegen solche Studenten, denn solcher Betrug ist gravierend. Es handelt sich um Erwachsene, die wissen, was sie tun. Lassen wir derartiges zu, schaffen wir einen gefährlichen Präzedenzfall in einem so schwierigen Land wie Brasilien. Anzeigen der Betrugsindustrie sah ich hier in der PUC noch nie. “

Auch Professorin Cintra sieht das Hauptproblem bei den gewinnorientierten Privatuniversitäten, deren Zahl ständig wächst. „Intellektuelles Kapital interessiert die nicht, nur Geld!“Unqualifizierte Absolventen, die sich ihre Abschlüsse kauften, nennt sie gar eine „große Gefahr für die Entwicklung der Nation“.

Das ist im Alltag Brasiliens längst überall zu spüren. Völlig inkompetente, dazu unethische und verantwortunglose Figuren besetzen nur zu oft wichtige Posten, schaden der Effizienz und dem Ruf ihrer Institution, ihres Unternehmens entsprechend, werden indessen, anders als zumeist in Deutschland üblich, nicht entfernt bzw. gemäß ihrer tatsächlichen Qualifikation eingesetzt.

Entsprechende politische Verantwortung für die gesamte Situation sieht PUC- Professorin Cintra bei der jetzigen Regierung. „Die ist ein Horror, eine Tristeza.“

KULTUR HEUTE / ARCHIV /

Angepasste Denker unter dem Zuckerhut

Wie sich die brasilianische Kulturelite mit der korrupten Macht arrangiert hat

Von Klaus Hart

Brasiliens Präsident Lula da Silva (im Bild) wäre längst abgewählt worden, wären Brasilianer nicht so desinteressiert - meint Santos. (AP)

Brasiliens Präsident Lula da Silva (im Bild) wäre längst abgewählt worden, wären Brasilianer nicht so desinteressiert – meint Santos. (AP)

Der prominente Schriftsteller Claudio Guimaraes dos Santos wirft der brasilianischen Gesellschaft Indifferenz und Apathie vor. Dies sei auf jahrzehntelange extreme sozialökonomische Ungleichheit im Land zurückzuführen, sowie auf mangelnde Bildung. In anderen Ländern wie Deutschland oder Großbritannien hätten vergleichbare Regierungsverhältnisse wie in Brasilien längst zu Protesten geführt.

Dr. Claudio Guimaraes dos Santos ist Mediziner, Psychotherapeut für Unfallopfer, die das Erinnerungsvermögen verloren haben, zudem Sprachwissenschaftler, Schriftsteller und auch noch bildender Künstler. Er zählt zu den wichtigsten, originellsten Denkern des Tropenlandes und veröffentlichte seine These sehr ausführlich just in der „Folha de Sao Paulo“, Brasiliens größter Qualitätszeitung. Die berichtet seit mehreren Jahren vor allem über haarsträubende Menschenrechtsverletzungen wie die alltägliche Folter, Todesschwadronen sowie politische Skandale um Machtmissbrauch, Korruption und Mittelverschwendung an der Staatsspitze, was nach Ansicht brasilianischer Politikexperten in Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder Frankreich längst zu machtvollen öffentlichen Protesten, heißen Debatten und zum Abtreten der Regierung geführt hätte; nichts davon in Lateinamerikas größter Demokratie, stattdessen Indifferenz und Apathie, wie Santos anprangert:

„Der Charakter eines Volkes bildet sich historisch – und in Brasilien ist die Sklavereivergangenheit dabei ein wichtiger Faktor. Bestimmte Herrschaftsbeziehungen blieben im kollektiven Unterbewusstsein. Und in einem Land extremer sozialökonomischer Ungleichheit reproduzieren sich Abhängigkeitsverhältnisse ohne Ende. Die auffällige Passivität des Brasilianers wird teils durch fehlende Bildung und Kultur verursacht. Denn politisch aktiv kann man nur sein, wenn man Bildung hat und zum kritischen Denken erzogen wurde. In Brasilien haben wir daher die unglückliche Situation, dass die Mehrheit den Schuldigen so vieler Skandale in Wahrheit nacheifern, diese imitieren möchte. Viele der einfachen Menschen würden auch gerne so abzweigen und rauben wie etwa die Politiker im Nationalkongress – und ärgern sich schwarz, dass sie das nicht können so wie diese. Solche Verhaltensmuster muss man verurteilen, das muss sich ändern!“

Theoretisch könnte das Volk sich andere Repräsentanten wählen und damit die Dinge grundlegend ändern – tut dies laut Santos indessen wegen solcher historisch begründeten Sichtweisen nicht; votiert noch dazu in Pflichtwahlen immer wieder für teils schwer belastete, korrupte Oligarchievertreter und sorgt dafür, dass immergleiche Machteliten nie abtreten.

„Die brasilianische Demokratie ist krank, denn eine der Säulen der Demokratie, der freie, kritische und bewusste Staatsbürger, existiert in Brasilien nicht. Die Politiker in Brasilia sind ein Reflex dessen, was das Volk denkt und wie es selber agiert. Wenn alle könnten, wären sie gerne Millionäre, würden rauben wie die oben – und anderen befehlen. Es gibt kein Bewusstsein dafür, dass man eine solidarischere Gesellschaft erbauen müsste. Die Fähigkeit unserer Politiker, die Massen zu manipulieren, ist immens. In mehreren hundert Jahren hat man eine unkritische, ungebildete Masse geformt, die nicht zu entscheiden weiß. Man sieht hier, dass sich die Dinge nicht ändern, kulturelle Werte aber verlorengehen.“

Santos gibt dafür auch dem jetzigen Staatschef Lula die Schuld, unter dessen Regierung das Land auf dem UNESCO-Bildungsindex innerhalb weniger Jahre vom 72. auf den 80. Platz zurückgefallen ist, sich das öffentliche Schulwesen spürbar verschlechtert hat. Lula äußerte wiederholt Abneigung gegen Lektüre und Weiterbildung, sagte sogar öffentlich, nicht einmal Zeitung zu lesen.

„Lula legt Wert darauf, seine fehlende Bildung und Kultur herauszustellen. Damit gibt er natürlich ein schlechtes Beispiel. Vielmehr müsste er den Leuten sagen: Studiert – und lebt nicht mit dem Trugschluss, dass man ohne ordentliche Schulausbildung doch sogar Staatspräsident werden kann!“

Gesellschaftliche Passivität paart sich für Santos bei den Brasilianern zudem mit niedrigem Selbstwertgefühl und schlechtestem Urteil über sich selbst.

„Solche Haltungen trifft man sogar bei Intellektuellen. Unser Selbstwertgefühl ist gering. Die Brasilianer entwerten sich gegenseitig, schätzen indessen stets hoch, was von draußen kommt. Daher imitieren wir sogar, was in den Ländern der Ersten Welt schlecht ist – und kopieren von dort just das Falsche. Wir vergeuden Talente, menschliche Fähigkeiten – hier fehlt auch intellektueller Dialog.“

Viele Intellektuelle und Künstler Brasiliens, so ein weiterer Vorwurf, agieren zudem als Komplizen der Macht, der jeweiligen Regierung. Sie schweigen, anstatt wie in den Zeiten des Militärregimes gegen die Zustände aufzubegehren, gar Staatschef Lula öffentlich zur Rede zu stellen. Konkret genannt werden stets Ex-Kulturminister Gilberto Gil und Idole der Nationalkultur wie Caetano Veloso und Chico Buarque. Letzteren hatte man vergeblich aufgerufen, 2008 in Sao Paulo als Jurymitglied eines Menschenrechtstribunals gegen alltägliche Folter und die Verfolgung von Sozialbewegungen zu fungieren.

„Jene, die sich damals gegen die Diktatur wehrten“, so argumentiert Santos, „hatten Idealismus, Ideale, wollten die Gesellschaft verändern. Heutige Künstler sorgen sich viel mehr um Geld und Gewinn, verlieren dabei jedes Maß. Sie verkaufen sich – was heute ja viel leichter ist. Zumal jene Ideale in der ganzen Welt verlorengegangen sind. Die Verarmung des Kulturniveaus der Menschheit empfinde ich sehr schmerzhaft.“

Allein auf weiter Flur steht Denker Santos mit seiner Passivitätsthese keineswegs. Der große brasilianische Schriftsteller Joao Ubaldo Ribeiro, einst DAAD-Stipendiat in Deutschland, drückt es drastischer aus:

„Wir sind ein Volk mit dem Temperament von Schafen, von Hammeln. Wir sind an Autorität gewöhnt. Hier reklamiert doch niemand. Das ist die nationale Mentalität.“

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Sao Paulo 2015 – Krise und verelendeter Abfallsammler.

Die Krise und der Hunger 2015:

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Von Verelendeten, Hungernden  aufgerissene Müllsäcke – Sao Paulo 2015.

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Protestposter in den Straßen von Sao Paulo 2015 zum Korruptionsskandal um den staatlich kontrollierten Ölkonzern PETROBRAS(Petrolao): 

“Petrolao, Entlassung, Teuerung. Ohne Widerstand kein Ausweg. Organisiere dich und kämpfe.”

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 23. April 2015 um 16:17 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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