In Brasilien ist erstmals ein Bischof der größten neupfingstlerischen Wunderheilersekte „Igreja Universal do Reino de Deus“ wegen Mordes verhaftet worden. Wie die Polizei mitteilte, wurde der 31-jährige Fernando da Silva nahe der nordostbrasilianischen Millionenstadt Recife gestellt. Er hatte gerade einen Gottesdienst zelebriert. Ihm wird vorgeworfen, 2001 in der Stadt Salvador da Bahia in einem Tempel der Kirche gemeinsam mit zwei Pastoren einen 14-jährigen Jungen mißbraucht und danach lebendig verbrannt zu haben.
Der Fall hatte seinerzeit auch großes internationales Aufsehen erregt. Ein beteiligter Pastor wurde bereits zu einer Haftstrafe verurteilt, der zweite ist noch flüchtig. Die „Igreja Universal do Reino de Deus“ hat zur Verhaftung des Bischofs keine Stellung genommen. Die auf Wunderheilungen spezialisierte Kirche führt ein weltweit agierendes Medienimperium und besitzt Brasiliens zweitgrößten TV-Konzern. Sie ist zudem mit zahlreichen Bischöfen im Nationalkongreß und den Teilstaatsparlamenten vertreten und dominiert Brasiliens Republikanische Partei(PRB), die den Vize von Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva stellt. In den vergangenen Jahren sind gegen viele Geistliche immer wieder Prozesse wegen Korruption, Steuerhinterziehung und Verleumdung angestrengt worden.
Auch wegen der Feindschaft zur katholischen Kirche haben in Deutschland die häufig als „Freikirchen“ bezeichneten Sektenkirchen erstaunlich viele Sympathisanten. In deutschsprachigen Medien wird verdeckte Werbung für Sekten, darunter brasilianische Sekten, immer stärker. Auffällig, daß deren Verwicklung in Verbrechen und Regierungs-Korruptionsskandale, das Paktieren mit Verbrecherorganisationen, der neoliberal-systemstabilisierende Kurs der Sekten stets verschwiegen wird.
“Nicht ohne Grund hat etwa der frühere US-Präsident Ronald Reagan in Südamerika die Sekten gefördert, weil sie individualisierend und systemstabilisierend wirken.” Franziskaner Paulo Suess in Publik-Forum
Hintergrund:
Tags:
Evangelikale Sekten Brasiliens starten zunehmend Prozeßlawinen gegen Medien und einzelne Journalisten, die kritische Berichte über Machenschaften und wirtschaftliche Strategien dieser Religionsvereinigungen veröffentlicht hatten. Brasiliens Journalistenverband und Medienexperten haben dies als ”Einschüchterung und Zensurversuch sowie als Angriff auf die Pressefreiheit scharf verurteilt.
Sie kritisierten besonders Brasiliens größte neupfingstlerische Wunderheilersekte, die ”Universalkirche vom Reich Gottes, welche kürzlich eine ganze Serie von Prozessen gegen die auflagenstärkste Qualitätszeitung ”Folha de Sao Paulo und deren Religionsexpertin Elvira Lobato sowie gegen die populäre Tageszeitung ”Extra aus Rio de Janeiro und ”A Tarde in Salvador da Bahia gestartet hatte. Anlaß waren jüngste Artikel, die den Weg der Universalkirche zu einem bedeutenden Wirtschaftskonzern mit vielen Auslandsfilialen nachgezeichnet hatten, außerdem Berichte über Vandalismus eines Sektenmitglieds in einer katholischen Kirche Salvadors. So wurden allein gegen die Qualitätszeitung und ihre Journalistin von Pastoren und Sektenanhängern fast fünfzig Schadensersatzklagen angestrengt, die in den wichtigsten Formulierungen identisch sind. Durchweg hieß es, die kritischen Artikel hätten jedem einzelnen stark moralisch geschadet. Die Prozesse waren über das gesamte Riesenland von der 24-fachen Größe Deutschlands verteilt worden, viele Gerichtsverhandlungen fielen auf den selben Tag. Daher mußte die Rechtsabteilung der Zeitung ein sehr kostenaufwendiges logistisches System entwickeln, um teilweise sogar per Schiff ihre Anwälte zu den Prozeßorten zu bringen. Die ”Folha de Sao Paulo hatte berichtet, daß die Universalkirche vor allem in der Medien-, Finanz-und Immobilienbranche aktiv sei, eine Privatkrankenkasse, Plattenfirmen und Buchverlage, eine Tourismusagentur sowie ein Luftttaxi-Unternehmen besitze. Über Beteiligungsgesellschaften halte die Universalkirche Aktienanteile in verschiedensten Wirtschaftssektoren. Der Sektengründer und selbsternannte Bischof Edir Macedo gilt als Milliardär, weil ihm unter anderem Brasiliens zweitwichtigste TV-Anstalt „Rede Record” gehört, die zunehmend erfolgreicher mit der Nummer Eins, dem Fernsehkonzern „TV Globo” konkurriert. Macedo und sein aus 32 weiteren Bischöfen bestehender Führungszirkel, so hieß es weiter, kontrollierten inzwischen die meisten TV-Stationen und besäßen den größten Teil der vom Staate vergebenen Sendelizenzen. In ganz Brasilien habe Macedo zudem eine Radiokette mit vierzig Stationen, 36 weitere Rundfunkstationen seien angemietet. In dem von Deutschstämmigen geprägten Südstaat Rio Grande do Sul gehört der Universalkirche die zweitgrößte Tageszeitung “ die landesweit erscheinende Wochenzeitung „Folha Universal” hat inzwischen eine Auflage von 2,3 Millionen. Folha de Sao Paulo führt den raschen wirtschaftlichen Erfolg der Sekte auf „ausgeprägten kapitalistischen Unternehmergeist” und aggressive Marketingtechniken zurück. Zudem seien die mehreren Millionen Anhänger mittels Heils-und Prosperitätsversprechen permanent zu Spenden angeregt worden.
Noch in den neunziger Jahren hatte Sektenchef Macedo regelmäßig im überfüllten Maracanà von Rio, dem damals größten Fußballstadion der Welt, regelmäßig Wunderheilungen zelebriert und war wegen Scharlatanerie zeitweilig im Gefängnis. Über zwanzig Gerichtsverfahren, darunter wegen Steuerhinterziehung, konnten zunehmend rascher abgewehrt werden, da den Analysen zufolge auch der politische Einfluß der Universalkirche deutlich anwuchs. Sie dominiert Brasiliens Republikanische Partei, die mit Josè Alencar, einem Milliardär und Großunternehmer, sogar den Vize von Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva stellt. Es wird damit gerechnet, daß der Sektengründer bei den nächsten Präsidentschaftswahlen im größten katholischen Land erstmals einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt. Religionsexperten führen auch auf den zunehmenden politischen Einfluß der Wunderheilersekten zurück, daß die strengen Gesetze gegen Scharlatanerie seit Jahren nicht mehr angewendet werden.
« Indianer-Attacke auf Kraftwerksingenieur in Amazonien – bischöflicher Indianermissionsrat beklagt Vorfall. – Brasilien: „Alle 11 Minuten ein Mord. Alle 15 Minuten ein tödlicher Verkehrsunfall. Alle 65 Minuten ein Selbstmord. Wir sind unglücklicherweise eine extrem gewalttätige Gesellschaft.“ »
Noch keine Kommentare
Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.