Carlos Lyra gegenüber dieser Website:”In Wahrheit war ich der einzige Linke in der Bossa Nova “ der Rest war garnichts, oder eben rechts. Ich hielt es für Feigheit, keinerlei Position gegen das Militärregime zu beziehen.“
http://www.folker.de/200805/07bossanova.htm
Burka, “Girl from Ipanema”, sinnliche Bossa Nova in Itanhaem/Teilstaat Sao Paulo an der Statue von Padre Anchieta. “Garota de Ipanema” mit Tom Jobim und Vinicius Morais:https://www.youtube.com/watch?v=KJzBxJ8ExRk –
Islamische Frauenunterdrückung, Burka, soziokulturelle Kontraste…
„Diese Leute dachten, wenn ich mich engagiere, könnte ich ja bestraft werden – also halte ich mich lieber raus. Rios Strand-Südzone war die Region der Mittelschicht, die völlig mit der Diktatur übereinstimmte, war ein Bollwerk der Rechten oder der Realitätsfremden. Alle total zufrieden mit der Diktatur! Und in dieser Südzone lebten ja die großen Namen der Bossa Nova – alle entfremdet! Es gab die Biertisch-Linke, die nur vor den Frauen angeben wollte – aber nichts tat gegen das Regime, gar keine politischen Überzeugungen hatte. Ich gehörte damals zu den organisierten Diktaturgegnern, wir haben sogar die Guerillha unterstützt.”
Bossa-Nova-Experte Ruy Castro aus Rio de Janeiro, Autor des Standardwerks „Chega de Saudade“, erinnert gegenüber dieser Website daran, daß Vinicius de Morais, von dem der Text zum „Girl from Ipanema“ stammt, zu Beginn des zweiten Weltkrieges auf Seiten der Wehrmacht, auf Seiten Hitlers und dessen Verbündeten stand: “ Das war damals überhaupt kein Geheimnis, alle wußten das. Vinicius de Morais und eine große Zahl von brasilianischen Intellektuellen hatten Sympathien für Mussolini und Hitler. Zu Kriegsbeginn trat Morais für Deutschland ein, wie zahlreiche andere Intellektuelle von der Integralistas-Partei, einer brasilianischen Version des Nazismus. Ja, Morais hatte Sympathien für das nazistische Deutschland, das faschistische Italien – ließ sich später aber davon abbringen.“
Ruy Castros Empfehlung:“Das beste Produkt der Bossa Nova, für meinen persönlichen Geschmack, ist `Maria Ninguem` von Carlos Lyra, gesungen von Brigit Bardot.“
Buchtipp: „Eu & a Bossa Nova“ (mit zwei Bossa-CDs!), Editora Casa da Palavra Producao Editorial, Rio de Janeiro
Tags: Bossa Nova, Brasilien, Kultur, Musica Popular Brasileira, Samba, Weltmusik
Charles Aznavour: Völliger Schwachsinn, daß Salvador zu den Schöpfern der Bossa Nova zählt
Deutschsprachige Medien, darunter TV-News, meldeten, der jetzt im Alter von 90 Jahren gestorbene französische Sänger Henri Salvador sei Miterfinder, gar Erfinder der Bossa Nova gewesen. Brasilianische Bossa-Nova-Experten wie der renommierte Buchautor und Kolumnist Ruy Castro(Bossa-Nova-Standardwerk “Chega de Saudade”), haben dies prompt als falsch zurückgewiesen. Die Geschichte sei genau umgekehrt – Salvador habe sich frei der brasilianischen Musik bedient. Nur zu gerne, und immer wieder habe Salvador indessen überall, und auch gegenüber Brasilianern erklärt, sein Lied “Dans mon ile” von 1957 habe den brasilianischen Komponisten Tom Jobim zur Bossa Nova inspiriert. Jobim habe das Lied gehört und daraufhin die Idee gehabt, den Samba langsamer, anders zu spielen, habe derartiges auch so geäußert. Doch 1957, betont Ruy Castro, hatte Tom Jobim längst seinen Stil gefunden, schuf seit langem seine Lieder. “Ich mochte Henri Salvador, habe Platten von ihm – aber daß er Vorteile daraus zog, sich als Erfinder der Bossa Nova hinzustellen, fand ich schon immer ziemlich ekelhaft.”
Machte Salvador, altersweise, kurz vor seinem Tode indessen einen Rückzieher, der vielen entgangen ist? Nach Angaben von Brasiliens größter Qualitätszeitung “Folha de Sao Paulo” wies er letztes Jahr in einem Interview zurück, “Criador da Bossa Nova” zu sein. “Ich mag nicht, daß man mich so nennt – ich bin doch dazu gar nicht fähig, im Vergleich zu Tom Jobim nur ein kleiner Komponist – Tom Jobim aber ist ein Gigant!”
 Salvador, der Bossa-Nova-Erfinder – entstehen so Legenden, Brasilienklischees?
Vor seiner Brasilientournee 2008 äußerte sich auch Charles Aznavour zu dem Thema. Wenn Henri Salvador meine, den Bossa Nova erfunden zu haben, sei das natürlich nicht wahr. “Ich habe mir gedacht: Er wird die Leute zum Weinen bringen, wenn er solchen völligen  Schwachsinn erzählt.”
http://www.folker.de/200805/07bossanova.htm
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Die Bossa Nova “ vor fünfzig Jahren gings los(1)
„Eine von dreißig Varianten des Samba”
Vor fünfzig Jahren wird in Brasilien ein neuer Musikstil  ins Leben gerufen und macht Weltkarriere “ Bossa Nova. 1958 gilt als „Inicio oficial”, offizieller Beginn, weil Joao Gilberto, bis heute d e r Bossa-Nova-Papst, auf einer Single die ersten beiden Hits herausbringt. Kurioserweise schaffte die Bossa Nova nie den durchschlagenden Erfolg im Tropenland selbst, andere Rhythmen waren stets populärer. Und nur durch die starke Nachfrage aus Europa und Japan gibt es heute eine neue brasilianische Generation von Bossa-Nova-Musikern.
Ende 1957 treten in einer kleinen Copacabana-Bar hochtalentierte Musiker auf, nennen sich Bossa-Nova-Gruppe und spielen, wie es in den Ankündigungen heißt, moderne Sambas. Im Jahr darauf hören sich Musikmanager der großen Plattenfirma Odeon in Sao Paulo eine Probepressung zweier neuer Titel von Joao Gilberto an und reagieren wütend. „So ein Mist, den man uns da aus Rio schickt.” Die Vinyl-Single wird zerbrochen, weggeworfen – die beiden Titel, Chega de Saudade, ein wunderschönes Liebeslied, und das schlichte Bim-Bom, markieren indessen den Beginn der Bossa Nova, wurden deren absolute Klassiker, von denen es weltweit inzwischen hunderte Versionen gibt. Den internationalen Durchbruch schafft die Bossa Nova aber erst mit dem berühmten Musikfilm „Orpheu Negro”, der 1960 sogar den Oscar bekam.
Brasiliens Experte Ruy Castro betont in seinem neuen Buch „Chega de Saudade”, daß Bossa Nova natürlich Samba sei. „Bossa Nova ist nur eine von dreißig Varianten, Spielarten des Samba – von den übrigen 29 haben Gringos” – wie man in Brasilien Ausländer der Ersten Welt nennt – „höchstwahrscheinlich noch nie etwas gehört.”
Bossa Nova wird leise, häufig sogar flüsternd gesungen, und von virtuosen, teils irrsinnig schwer zu spielenden Gitarren-und Piano-Arrangements begleitet. Bestes Beispiel – Bossa-Nova-Papst Joao Gilberto selbst – oder Tom Jobim, etwa mit dem „Garota de Ipanema”.
Legendär wird das Konzert von Tom Jobim, Joáo Gilberto, Carlos Lyra und anderen Bossa-Nova-Größen 1962 in der New Yorker Carnegie Hall – gemeinsam mit Jazzern wie Stan Getz. Diese Art von Samba gehört fortan zu deren Standardrepertoire. Schmerzhaft, daß man heute in Rio de Janeiro, und an der Copacabana erst Recht, Bossa-Nova-Konzerte mit der Lupe suchen muß. Die Stars von einst sind deshalb frustriert – werden beispielsweise in Japan weit mehr gefeiert. Jenes hübsche Bim-Bom von Joao Gilberto, der zweite vor fünfzig Jahren veröffentlichte Bossa-Nova-Titel, ist immer noch eine musikalische Rarität und den allermeisten Brasilianern völlig unbekannt. In Sao Paulo, immerhin Musikmetropole Brasilien, ist derzeit in den Musikgeschäften keine CD mit dem Original aufzutreiben. Der Verkäufer eines großen Spezialgeschäfts an der Avenida Paulista: „Bim-Bom, ein Bossa-Nova-Hit? Davon ist mir nichts bekannt.”
Carlos Lyra zur Populärität von Bossa Nova in Rio de Janeiro:”Wenn jemand in Rio landet und fragt, wo man diese Musik hören kann, lautet die Antwort: Die ist hier nicht zu hören.”
Brigitte Bardot singt den Carlos-Lyra-Hit “Maria Ninguem”: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/28/786/
Tags: Antisemitismus, Brasilien, Kultur, Musica Popular Brasileira, Nazismus, Politik, Samba, Weltmusik
Über 50 Jahre Bossa Nova im Folter-und Scheiterhaufen-Land Brasilien wird aus den bekannten Gründen in Mitteleuropa meist bewußt unpolitisch reflektiert, obwohl der politische Kontext zu den interessantesten, aufschlußreichsten Aspekten gehört. Gewöhnlich wird ausgeklammert, wo die Stars der Bossa Nova politisch standen, wie sie sich beispielsweise zu Hitler und dem zweiten Weltkrieg, zur 21 Jahre währenden Militärdiktatur Brasiliens sowie generell zur grauenhaften Menschenrechtslage in dem Tropenland, zu den entsetzlichen Sozialkontrasten, zum Massenelend verhielten. Da kommt Desillusionierendes zutage.
Beispiel Vinicius de Morais – ein Karrierediplomat und Poet, wichtigster Texter der Bossa Nova, Alkoholiker, Frauenaufreißer. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zählt Morais zu den führenden Intellektuellen Brasiliens, gehört zur ultrarechten Partei der „Integralistas”, die Beziehungen zur NSDAP pflegt, ein totalitäres Brasilien anstrebt. „Integralistas” gehen mit Gewalt gegen Juden, Schwarze, Ausländer vor. Der brasilianische Bossa-Nova-Experte Ruy Castro erinnert im Website-Interview daran, daß Morais zu Beginn des zweiten Weltkrieges sogar auf seiten der Wehrmacht, Hitlers und dessen Verbündeten stand. ”Das war damals überhaupt kein Geheimnis, alle wußten das. Vinicius de Morais und eine große Zahl von Intellektuellen hatten Sympathien für Mussolini und Hitler. Zu Kriegsbeginn trat Morais für Deutschland ein, wie zahlreiche andere Intellektuelle von den Integralistas, einer brasilianischen Version des Nazismus. Ja, der hatte Sympathien für das nazistische Deutschland, für das faschistische Italien – ließ sich später aber davon abbringen.”
Das war etwa 1942, als Brasiliens damaliger Diktator, der Hitler-Verehrer und Judenhasser Getulio Vargas, auch auf Druck der USA umschwenkt, um nicht auf der Verliererseite zu stehen. Deutschland wird noch der Krieg erklärt. Vinicius de Morais strebt unter Vargas ein Amt im diplomatischen Dienst an, bewirbt sich 1943 zum ersten Mal im Außenministerium des Diktators, wird 1944 angenommen, bekommt bis 1968 mehrere hohe Auslandsposten.
Auch nach 1945 bleibt Brasilien ein Land mit Sklaverei, extrem archaischen Eliten und Massenelend, wüten auch in den Slums über der Copacabana und über Ipanema Lepra und Tuberkulose. Selbst manchen der betuchten, aus der Mittelschicht stammenden Bossa-Nova-Musiker in Rios Nobel-Strandvierteln geht daher die strikt kultivierte, sentimentale und realitätsfremde Liebe-Blumen-Meer-Masche relativ rasch auf die Nerven, man vermißt schlichtweg Inhalte. Daher die Spaltung zwischen Politisierten, sozial Engagierten und politisch Indifferenten, zwischen Linken und Rechten. Ruy Castro: „Zur Spaltung kam es, weil einige sich eben für Politik interessierten, und von den anderen, desinteressierten forderten, politisch Position zu beziehen. Doch die wollten weiter nur Musik machen, ihr Künstlerleben fortsetzen – darunter Tom Jobim, Joao Gilberto, Roberto Menescal. Solche Musiker wurden dann eben als realitätsfremd, oder sogar als rechts eingestuft. Wer sich im Bossa-Nova-Spektrum mit Politik befaßte, waren doch nur zwei oder drei “ wie Carlos Lyra, Sergio Ricardo, Geraldo Vandré. Tom Jobim sagte mal provozierend-spaßig, er gehöre zur Biertisch-Rechten. Texter Vinicius de Morais schuf zwar einige Poesien, die zu Klassikern der Linken wurden “ aber Politik mochte er im Grunde garnicht.”Just 1964, als Brasiliens Elite die Militärs zum Putschen vorschickt, kommt “Garota de Ipanema” auf den Weltmarkt, mit dem bekannten Erfolg, hilft mit, den Diktatur-Horror Brasiliens garnicht so schlimm aussehen zu lassen. Die Militärs verhaften, foltern, lassen Ungezählte „verschwinden”. Bei Rio werden politische Häftlinge den Haien lebendig zum Fraß vorgeworfen. Wer es wissen will, erfährt es auch. 1975 wird mit den Diktatoren der deutsch-brasilianische Atomvertrag geschlossen. Die Realitätsfremden, Apolitischen halten sich weiterhin heraus – wenigstens ein kleines Häuflein der Bossa-Nova-Szene komponiert Protestlieder, geht damit auf die Straße. Joao Gilberto lebt inzwischen in den USA – ein Jahr nach dem Militärputsch besucht er Brasilien. Jene neue „Musica do Protesto” interessiert ihn überhaupt nicht, er nennt sie „bobagem demagogico”, demagogische Dummheit. Experte Ruy Castro bestätigts: ”Ja, exakt so war das “ und nicht nur er, viele Leute dachten so. Diese Protestmusik wirkte tatsächlich eher künstlich, die konnte man einfach nicht ernst nehmen. Joao Gilberto mochte sie überhaupt nicht.” Den Gegenpol bildet Bossa-Nova-Star Carlos Lyra, Exponent des linken Lagers.”In Wahrheit war ich der einzige Linke in der Bossa Nova – der Rest war garnichts, oder eben rechts. Ich hielt es für Feigheit, keinerlei Position gegen das Militärregime zu beziehen. Diese Leute dachten, wenn ich mich engagiere, könnte ich ja bestraft werden “ also halte ich mich lieber raus. Rios Strand-Südzone war die Region der Mittelschicht, die völlig mit der Diktatur übereinstimmte, war ein Bollwerk der Rechten oder der Realitätsfremden. Alle total zufrieden mit der Diktatur! Und in dieser Südzone lebten ja die großen Namen der Bossa Nova “ alle entfremdet! Es gab die Biertisch-Linke, die nur vor den Frauen angeben wollte “ aber nichts tat gegen das Regime, gar keine politischen Überzeugungen hatte. Ich gehörte damals zu den organisierten Diktaturgegnern, wir haben sogar die Guerillha unterstützt.”
Ruy Castros Empfehlung:Das beste Produkt der Bossa Nova, für meinen persönlichen Geschmack, ist `Maria Ninguem` von Carlos Lyra, gesungen von Brigit Bardot.
Indessen – alles kein Vergleich mit der musikalischen, textlichen Dichte und Tiefe eines Chico Buarque. Eine Brasilianerin Sao Paulos enthusiastisch über Chico: “Ele é Bossa Nova!”
http://www.folker.de/200805/07bossanova.htm
Hintergrund:
–Brasilienklischees sind Diktaturprodukt”
Brasiliens Kommentatoren erinnern auch daran: Jenes Klischeebild Brasiliens als Land von Samba, Karneval, Fußball, unbändiger Lebensfreude und Rassendemokratie wurde kurioserweise von Diktator Getulio Vargas, einem Hitlerverehrer und Judenhasser, in den dreißiger und vierziger Jahren produziert, wurde Teil der Auslandspropaganda. Diogo Mainardi, provokanter Kolumnist des führenden Nachrichtenmagazins „Veja”, formuliert es so:”D e r Brasilianer existiert gar nicht, ist eine Täuschung, eine Lüge. Wer den Typus des Brasilianers erfunden hat, war die Getulio-Diktatur. Die erfand eine Rasse, glorifizierte die Mischung zwischen Weißen, Schwarzen und Indianern – Frucht einer kollektiven Vergewaltigung. Erfunden wurden Mythen, der Fußball, der Karneval, die Populärmusik. Die Getulio-Diktatur erfand d e n Brasilianer, um ihn besser beherrschen zu können.” Mussolinis Italien, aber auch Hitlers Deutschland seien hier vorbeigekommen, es habe ein „ambiente goebbeliano” gegeben. „Der Unterschied ist, daß sich Italien und Deutschland von jenem sechzig Jahre zurückliegenden totalitären Diskurs befreit haben. In Brasilien wird er gleich fortgesetzt, werden Ideen von 1930 wiedergekäut. Die großen Namen unserer Intelligentsia und unserer Kultur sind jene alten Kollaborateure der Getulio-Diktatur, die mitgeholfen haben, jenes Image vom Brasilianer zu schmieden.” Diogo Mainardi nennt Namen wie Architekt Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Gilberto Freyre und Vinicius de Morais. „Getulio Vargas wußte, daß man am besten mit Künstlern und Intellektuellen fertig wurde, wenn man ihnen einen Job verschaffte.”
Hintergrund zur Vargas-Ära, Neonazismus und Antisemitismus in Brasilien:
« Warum es mit Brasiliens erotischem Sex bergab geht, ganz zu schweigen vom Rest der Welt: Stephen Kanitz nennt einen wichtigen Aspekt – die stupide Abschaffung des sinnlichen Paartanzes. – Kulturminister und Musiker Gilberto Gil verläßt Lula-Regierung. In Europa stets viel politisch korrekte Jubel-PR für Gil – in Brasilien überwiegend scharfe Kritik. »
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