Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: „PT ist Partei des Todes und der Lüge.“ Brasilianischer Bischof Luiz Gonzaga Bergonzini: „Wählt nicht Dilma Rousseff.“ Erzbischof Aldo Pagotto:“Die Arbeiterpartei bedient sich der Lüge, um die Wähler zu täuschen.“

Bergonzini, Bischof von Guarulhos bei Sao Paulo, sagte ferner, falls Dilma Rousseff die Wahl gewinne, werde er sie als Präsidentin respektieren.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/24/dilma-rousseff-videos-des-prasidentschaftswahlkampfs-anklicken/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/22/lula-bezeichnet-oppositionsversion-uber-wahlkampfzwischenfall-als-farce-luge-landesmedien-nennen-lulas-bewertung-falsch/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/10/23/dilma-rousseff-lautsprecherwagen-und-behinderter-krucken-bettler-mit-hunger-protest-gesichter-brasiliens/

Brasiliens Präsidentschaftswahlen 2010 und die Religion 

Beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen in Brasilien verfehlte die Regierungskandidatin Dilma Rousseff den sicher geglaubten Sieg, weil der Faktor Religion, die tiefe Religiosität der Brasilianer unterschätzt worden waren. Erstaunlich viele Wähler zweifelten an der Religiosität von Dilma Rousseff und  verurteilten Gesetzespläne, die Abtreibung zu legalisieren. Ende Oktober muß die Wunschkandidatin von Staatspräsident Lula in die Stichwahl gegen den konservativen José Serra, einen Abtreibungsgegner. „Wir alle müssen Position beziehen gegen die Abtreibung, gegen die Legalisierung dieser Ungerechtigkeit – wir brauchen christliche Werte“, betont Pastor Paschoal Piragine auf einem Gottesdienst der Adventistengemeinde in Brasiliens Millionenstadt Curitiba. „Die katholische Bischofskonferenz hat in einer offiziellen Note dazu aufgerufen, niemanden aus Staatschef Lulas Arbeiterpartei zu wählen – und ich sage dasselbe. Deshalb gibt es jetzt eine Bewegung evangelikaler und katholischer Kirchen in Brasilien, die ein Abtreibungsgesetz verhindern will.“Pastor Paschoal Piragine wandte sich zudem gegen ausufernde Pornographie, sexuellen Mißbrauch und häufige Gewalt gegen Frauen – seine Predigt wurde gefilmt, zu einem You-Tube-Video verarbeitet und danach von zig Millionen Brasilianern gesehen und diskutiert. Verbreitet wurde zudem eine angebliche Wahlkampfäußerung von Dilma Rousseff: „Nicht einmal Christus könnte verhindern, daß ich die Wahl gleich im ersten Durchgang gewinne!“ Dies wurde als unverzeihliche Arroganz und mangelnde Religiosität interpretiert – für viele der besonders konservativen evangelikalen Wähler war Dilma Rousseff damit gestorben.  Jetzt wird Lulas Wahlkampfstrategen und der Kandidatin selbst vorgeworfen, den Stimmungswandel völlig unterschätzt zu haben. Wenige Tage vor der Wahl erklärte sich die Abtreibungsbefürworterin Rousseff auf einmal zur Abtreibungsgegnerin – bei den Kirchen wurde dies als plumpe Anbiederung empfunden und verschlimmerte die Sache nur noch. Zumal die katholische Kirche weit schärfere Töne anschlug.“Das Parteiprogramm von Lulas Arbeiterpartei können wir als Christen nicht akzeptieren“, betont Bischof Emilio Pignoli aus Sao Paulo auf einem ebenfalls zum Hit gewordenen You-Tube-Video. „Auch mit der geplanten Homo-Ehe stimmen wir nicht überein, hoffen auf eine Stichwahl. Die positiven Wahlprognosen für Dilma Rousseff sind nicht gerade seriös. Wir wissen, daß es in Nord-und Nordostbrasilien großen Stimmenkauf gab und bemerken eine gefährliche politische Manipulation.“Nutznießerin solcher Argumentationen war vor allem Marina Silva – engagiertes Mitglied einer evangelikalen Wunderheiler-Sektenkirche und Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei Brasiliens. Gemäß den Wahlanalysen gelang es Marina Silva über den Streit um Abtreibung und Kandidatenreligiosität, daß Evangelikale, die eigentlich für Dilma Rousseff stimmen wollten, zur Predigerin aus den eigenen Reihen umschwenkten. Anhänger der Grünen seien Hauptverbreiter von religiösen Botschaften gegen Dilma Rousseff gewesen, vor allem über das Internet, hieß es. „Ich habe schon sehr oft klargestellt – ich bin gegen die Abtreibung“, sagte Marina Silva im brasilianischen Fernsehen. „Das ist eine komplexe Frage, keineswegs nur eine religiöse, sondern auch eine ethisch-moralische. Und ich werde kritisiert wegen der Homo-Ehe – denn ich bin nun einmal dagegen. Und ich werde nicht drumherum reden, nur um etwa die Sympathien mancher Leute zu gewinnen.“Politikwissenschaftler Brasiliens haben bekräftigt, daß im größten katholischen Land die Religion nach wie vor bei Wahlen großes Gewicht habe – und schon diskutiert Staatschef Lulas Arbeiterpartei, die Abtreibungsfrage aus ihrem offiziellen Programm völlig zu streichen. Ein paar Feministinnen hätten das Thema hineinformuliert – und das sei ein Fehler gewesen, ist aus der Parteispitze zu hören. Einen legalisierten Schwangerschaftsabbruch zu befürworten, könne Dilma Rousseff die Präsidentschaft kosten. Die Kandidatin hat deshalb eine regelrechte religiöse Offensive gestartet, um den fortdauernden Sympathieverlust bei evangelikalen und katholischen Wählern zu stoppen. Brasiliens grüne Partei ist in den Teilstaaten Sao Paulo und Rio de Janeiro politischer Bündnispartner des konservativen Präsidentschaftskandidaten José Serra – in der Stichwahl Ende Oktober dürften die meisten Marina-Silva-Anhänger für ihn votieren.

Dieser Beitrag wurde am Montag, 25. Oktober 2010 um 00:55 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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