Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Barack Obama trifft in Brasilia Dilma Rousseff. Start der offiziellen Verhandlungen und Gespräche, des Polit-und Medienzirkus. Hohe Erwartungen von Brasiliens Schwarzen, Menschenrechtsaktivisten. Wikileaks.

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Die Landesmedien berichten, Lula lehnte die Einladung zum Mittagessen mit Obama ab, während andere brasilianische Ex-Präsidenten zusagten.  Die Abstimmung der Sicherheitsvorkehrungen in Rio de Janeiro habe sich sehr schwierig und konfliktreich gestaltet, da die brasilianische Seite, die brasilianischen Autoritäten viele Forderungen der nordamerikanischen nicht akzeptiert habe, darunter die Leibesvisitation hoher Politiker. „…os americanos tentaram impor regras que os brasileiros nao aceitaram…Autoridades militares brasileiras nao concordaram…Imagine delegar o policiamento de parte do territorio brasileiro aos americanos.“ Die Absage der Rede Obamas auf Rios Protest-Platz in Cinelandia sei wegen der befürchteten Protestler-Störungen erfolgt. Angesichts möglicher, von den USA geführter Militäraktionen gegen Libyen, sei noch mehr alle Art von Protesten gegen Obama denkbar, hieß es. Der Besuch in einem Slum Rio de Janeiros, Cidade de Deus, sei ebenfalls stark zusammengestrichen worden – Obama gehe nicht mehr durch die Favela, sondern fahre in der gepanzerten Limousine nur zu einem Sozialprojekt. Der Weg dorthin wurde in den letzten Tagen mit hohem Aufwand entsprechend aufgepeppt. Rios Favela-Organisation CUFA und Künstler wie der Politrapper MV Bill hatten unter Protest ihre zuvor vereinbarte Teilnahme an dem Favela-Zirkus abgesagt. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/18/streit-um-obamas-slumbesuch-in-rio-de-janeiro-politrapper-mv-bill-und-favelaorganisation-cufa-lehnen-teilnahme-wegen-obama-auflagen-ab/

Der renommierte US-Historiker Frank McCann sagte Brasiliens Medien, daß eine Annäherung beider Länder dank des Obama-Besuchs zu bezweifeln sei. „Die riesige Mehrheit der Amerikaner weiß sehr wenig, vielleicht nichts, über Brasilien.“ Besuche dieser Art hätten wenig mit realer Diplomatie zu tun, viel dagegen mit der Image-Produktion. Lula habe einen etwas feindseligen Ton gegenüber den USA angeschlagen, brasilianische Regierungssprecher erschienen arrogant. Auch in Bezug auf die Beziehungen zum Iran habe Brasilien sich im Ton vergriffen. Beide Seiten scheiterten, Worte und Taten des anderen zu verstehen. In der brasilianischen Regierung gebe es Leute, die ungeduldig wollten, daß Brasilien als Weltmacht akzeptiert werde. Doch die Mehrheit der Nordamerikaner sehe Brasilien nun einmal nicht als eine Weltmacht. „Ich bezweifele, daß Obama ernsthaft über Brasilien oder dessen Rolle in der Welt nachgedacht hat.“ Andernfalls hätte er nur Brasilien besucht, keine Lateinamerika-Tour veranstaltet. 

Auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung von 2010 liegen die USA unter Barack Obama auf dem 4. Platz, Brasilien unter Lula weit abgeschlagen nur auf dem 73. Platz. Andere lateinamerikanische Staaten, wie Argentinien oder Kuba, hatten ebenfalls stets weit bessere Positionen auf dem UNO-Index.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/10/brasilien-hat-als-einziger-bric-staat-keine-spitzen-universitat-laut-welt-akademiker-umfrage-bildungspolitik-unter-lula-rousseff/

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Die Reise Obamas erfahre aus der Öffentlichkeit der USA, darunter den US-Medien viel Kritik – Hillary Clinton habe indessen „auf die phänomenalen Möglichkeiten Lateinamerikas“ verwiesen:“Brasilien wird ein großer Öllieferant.“

Einziges Ziel Obamas, so Qualitätsmedien, sei die Erhöhung der Exporte nach Brasilien, während Rousseff mehr an die USA verkaufen wolle, um das Megadefizit im bilateralen Handel zu reduzieren. Brasilien exportiert weltweit weniger als Baden-Württemberg, erlebt derzeit Deindustrialisierung,  ist in vielen Branchen von US-Hightech-Importen abhängig. In den USA wird daher die tatsächliche Stärke Brasiliens offenbar realistischer eingeschätzt als in Mitteleuropa, wird von US-Experten vor allem auf die Unfähigkeit der brasilianischen Regierenden zu längst überfälligen strukturellen Reformen verwiesen, auf „gravierende interne Probleme“ . Als „Dilemmas“ werden u.a. die (grauenhaft zurückgebliebene)Infrastruktur sowie die öffentliche Sicherheit genannt. Die gravierende Menschenrechtslage Brasiliens ist allgemein bekannt – siehe die Analysen von Amnesty International in London. 

In Rio de Janeiro ziele Obama auf „Marketing-Gewinn“. Obama hatte Rousseff bereits 2009 in den USA getroffen, als sie noch Lulas Chefministerin war.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/18/obama-und-brasiliens-schwarze-hohe-erwartungen-laut-franziskaner-frei-david-santos-leiter-von-educafro-brasiliens-gravierender-rassismus-brasilien-ist-das-rassistischste-land/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/18/barack-obama-in-brasilien-flugel-von-lulas-arbeiterparteipt-verurteilt-drohung-mit-libyen-invasion-sowie-krieg-in-afganistan-und-im-irak-wie-bei-bush-visite-2007-pt-teilnahme-an-protestaktione/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/18/erste-militante-proteste-in-rio-city-gegen-barack-obama-molotov-cocktail-gegen-us-konsulat-tranengas-gummigeschosse-verletzte/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/17/barack-obama-redet-in-scheiterhaufen-stadt-rio-de-janeiro-brasiliens-filmemacher-jose-padilha-thematisierte-rios-scheiterhaufen-in-filmen-von-zwei-berlinalen-kaum-reaktionen-aus-der-gutmenschenszen/

Was alles in Brasilia unterzeichnet wird:  http://g1.globo.com/platb/redacao/2011/03/19/itamaraty-divulga-atos-que-serao-assinados-por-obama-e-dilma/

Anti-Folter-Komitee in Rio de Janeiro:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/12/marcelo-freixo-rio-abgeordneterpsol-grundet-erstes-anti-folter-komitee-brasiliens-tortura-nunca-mais-und-justica-global-sind-komitee-mitglieder-folter-und-gefangenenaufstande-unter-der-l/

Franziskaner, EDUCAFRO, Rassismus -Erwartungen an Obama-Besuch:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/18/obama-und-brasiliens-schwarze-hohe-erwartungen-laut-franziskaner-frei-david-santos-leiter-von-educafro-brasiliens-gravierender-rassismus-brasilien-ist-das-rassistischste-land/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/05/brasilien-auf-uno-index-fur-menschliche-entwicklung-jetzt-platz-75-hinter-argentinien-chile-und-kuba/

Wikileaks zu den Beziehungen zwischen den USA und Brasilien: Die Folha de Sao Paulo berichtete 2011 unter der Überschrift “Brasilien fehlt Reife, sagen die USA” über US-Diplomateneinschätzungen aus Brasila von 2004 bis 2010. Brasilien sei noch nicht ausreichend reif, um ein Global Player  zu sein und müsse von den USA bestärkt werden, Verantwortung zu übernehmen, schreibt das Blatt über die Forderung Brasilias nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Die USA, welche in den Irak militärisch ohne Erlaubnis des Sicherheitsrats eindrangen, wollten keine Reform dieses Gremiums. Die Qualitätszeitung “O Globo” zitiert zudem US-Einschätzungen, wonach die brasilianische Regierung nicht die geringste Ahnung von den tatsächlichen Vorgängen im Nahen Osten habe. Die Positionen Brasilia zur Lage in dieser Region seien “naiv”, Brasilien sei nicht vertrauenswürdig. “Die Dokumente zeigen ein klares Ressentiment der USA gegenüber Brasilien.” Ein Großteil der außenpolitischen Elite Brasiliens bleibe vorsichtig und mißtrauisch gegenüber denUSA. Ein eigenes Atom-U-Boot würde die Sicherheit Brasiliens nicht verbessern, aber als zweifelhafter Impuls für den nationalen Machismus dienen”, zitiert die Zeitung weiter aus US-Botschaftertelegrammen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/21/abgehungerter-schwarzer-bettelt-wahrend-des-obama-besuchs-um-nahrung-us-prasident-nahm-zu-lage-der-schwarzen-rassismus-und-diskriminierung-in-brasilien-nicht-stellung/

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 19. März 2011 um 14:54 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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