Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: „Fucking different Sao Paulo“ auf Berlinale 2010. Gay-und Lesbenparade in Sao Paulo – Fotos. Brasilianische Realitäten und Widersprüche. Morde an Schwulen. „Schwulenfeindlichstes Land der Welt.“ Peter Scholl-Latour. Anti-Kindermord-Film.

Montag, 01. Februar 2010 von Klaus Hart

„Fucking Different Sáo Paulo by Rodrigo Diaz Diaz, Luiz René Guerra, Sabrina Greve, Joana Galváo, Monica Palazzo, Max Julien, Ricky Mastro, René Guerra, Silvia Lourenço, Gustavo Vinagre, Herman Barck, Luciana Lemos, Elzemann Neves, Germany/Brazil“

Gay-Parade 2010: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/06/06/gay-parade-2010-in-sao-paulo-die-groste-der-welt-hobby-fotoserie-der-hobby-website/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/25/die-weltgroste-schwulenparade-in-sao-paulo-noch-in-vollem-gange-texte-und-fotos/

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„Alte Gays sind auch sehr köstlich.“

Analsex, kulturelle Faktoren: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/09/analsex-haufig-erste-sexuelle-erfahrung-von-mannlichen-jugendlichen-in-brasilien-troca-troca-brasil-ato-sexual-em-que-parceiros-masculinos-se-alternam-na-penetracao-anal/

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Brasilien, „Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch.“ PR-Film über den Stalin-Fan nun auch in den deutschsprachigen Kinos. Was alles fehlt… Lob für Film in Europa, Verrisse in Brasilien(„Huldigungsfilm“, „Beleidigung des Kinos“). Keine Diskussion über die mehr als 500 CIEP-Schulen von Rio – Niemeyers Hauptwerk. „Meine schlimmste Zeit“ – Paulo Lins(City of God) als CIEP-Lehrer. Peter Scholl-Latour. „Stalin war phantastisch.“ Wie Niemeyer mit der Militärdiktatur zusammenarbeitete…Wahlhilfe für Diktaturaktivist.

Donnerstag, 14. Januar 2010 von Klaus Hart

http://www.cinema.de/kino/filmarchiv/film/oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch,3980216,ApplicationMovie.html

http://www.updatefilm.de/trailer/oscar-niemeyer-%E2%80%93-das-leben-ist-ein-hauch

Entstanden 2007 zu seinem 100. Geburtstag, lässt der Film den Stararchitekten selbst die Geschichte seiner großen Bauprojekte erzählen.“

Brasilianische Filmkritik: http://74.125.47.132/search?q=cache:Tq_Jnm-qHx8J:www.revistacinetica.com.br/niemeyersopro.htm+A+vida+e+um+sopro+Niemeyer+critica&cd=23&hl=pt-BR&ct=clnk&gl=de

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Ausriß, Oscar Niemeyer neben José Sarney, Chef der Diktaturpartei ARENA während des Militärregimes, danach Staatschef Brasiliens – bei der Besichtigung des Memorials für Lateinamerika, 1988.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/14/art-das-kunstmagazin-uber-oscar-niemeyer-das-leben-ist-ein-hauch/

„Brasilia – ein teurer Fehler“: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/21/brasilia-50-eine-postkartenansicht-umzingelt-von-misere-brasiliens-qualitatszeitung-o-estado-de-sao-paulo/

Wer manche hochgelobte deutsche Kritiken des Niemeyer-Streifens mit brasilianischen Einschätzungen vergleicht, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Stilmätzchen, leeres Geschwätz, Boulevard-Plauderton statt orientierender Information, sogar der mehrfache Versuch, deutsche Leser, Hörer solcher Kritiken ziemlich brutal für dumm zu verkaufen. Motto: Das macht doch nichts, das merkt doch keiner, Brasilien ist weit weg. So vermißt Luiz Zanin Oricchio, einer der wichtigsten brasilianischen Filmkritiker, der gewöhnlich für die Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“ schreibt, daß auf Widersprüchlichkeiten Niemeyers in dem Film verzichtet wurde – dessen Werk und Vorgehensweisen seien keineswegs vor Polemik geschützt. Manche deutsche Ober-Kritiker schreiben, merken von solchen Widersprüchlichkeiten nichts, verlegen sich, mangels Sachkompetenz(?)  auf Lobhudelei, die die brasilianische Seite just als Schwäche des Niemeyer-Films hervorhebt. Oricchio beispielsweise nennt den Streifen einen „Huldigungsfilm“ und zitiert ausdrücklich den auch auf großen Auslands-Filmfestivals vorgestellten, mehrfach preisgekrönten Dokumentarfilm des brasilianischen Regisseurs Vladimir Carvalho über das Massaker an Bauarbeitern Brasilias. Da werde ein wütender Niemeyer gezeigt, als er gebeten worden sei, einige obskure Fakten der Errichtung Brasilias, wie den Tod von Arbeitern, zu erklären. Niemeyer hatte den Bau von Brasilia mitbeaufsichtigt – und somit ganz direkt mit allen derartigen Vorfällen zu tun. Das Massaker wird in Brasilien nicht nur wegen des mehrfach preisgekrönten Carvalho-Dokumentarfilms nach wie vor erörtert, zudem in ausländischen Fachpublikationen beschrieben. Wenn selbst Oricchio in seiner Filmkritik die Leser ausdrücklich an das Massaker erinnert und damit bestimmte Werte, eine  bestimmte Berufsethik manifestiert – warum unterschlagen dann manche deutschen Kritiker, die natürlich von den grauenhaften Vorgängen, den entsetzlichen Arbeitsbedingungen beim Bau Brasilias ebenso wissen, ganz gezielt und systematisch diesen Sachverhalt, und nicht erst seit heute? Man wüßte gerne die Hintergründe, die Interessenlagen, die versteckten Absichten.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/13/wie-oscar-niemeyer-mit-der-brasilianischen-militardiktatur-zusammenarbeitete-die-liste-aller-projekte-in-den-jahren-des-folterregimes-von-1964-bis-1985/

Warum dieses Weiterstricken des Brasilia-Mythos – statt sachlich, objektiv die wenig erbaulichen Fakten zu nennen? Oricchio steht mit seinen Bewertungen keineswegs allein da, andere seriöse brasilianische Kritikerkollegen analysieren noch weit schärfer, zeigen didaktisch die vielen Schwächen des „Huldigungsfilms“und seiner Hauptperson auf. „Uma historia superficial“, eine oberflächliche Geschichte, gar eine Beleidigung des Kinos, lautet ein gut begründetes Kritikerurteil, während man in deutschen Texten nicht selten infantilen Personenkult zu ertragen hat. Und ausgerechnet Niemeyers sehr bezeichnenden Stalin-Kult in den Kritiken permanent zu verheimlichen, wirkt ebenfalls kindisch. Oder gibts da Auflagen? „Stalin war phantastisch“, sagt Niemeyer.

„Stalin war phantastisch“: http://diariodonordeste.globo.com/materia.asp?codigo=494208

Laut deutschen Filmkritiken ist Niemeyer gegen Bauen in Serie, gegen immergleich Eckiges . Ein schlechter Witz, grundfalsch – es reicht, sich Niemeyers eigentliches Hauptwerk, die über 500 öffentlichen CIEP-Schulen von Rio de Janeiro anzusehen. Massenproduktion aus vorfabrizierten Betonteilen, alles seriell, und vor allem abstoßend eckig und grau, von individuellen Formen keine Spur, alles ziemlich entsetzlich für Schüler und Lehrer. Keineswegs ein einmaliger Ausrutscher Niemeyers, Eckig-Serielles von ihm steht vielerorts herum. Deutsche Kritiker-Sachkenntnis also Null. http://www.ila-web.de/brasilientexte/niemeyer.htm

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Niemeyer-Bauten in Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/01/31/oscar-niemeyer-gebaude-in-sao-paulo-california-eiffel-montreal-copan/

Ganz verrückt, und zudem politisch interessant wirds, wenn deutsche Kritiker ihre Lobhudelei auch noch ausgerechnet auf die 30er und 40er Jahre Brasiliens ausdehnen. In dieser Zeit kam ein Hitlerfan und Judenhasser in Brasilien hoch, schließlich sogar durch einen Militärputsch an die Macht – Getulio Vargas. Gemäß den brasilianischen Historikerquellen wurde just unter Vargas die Repression institutionalisiert, wurde gefoltert, gemordet, ließ man politische Gegner verschwinden. Großartige Zeiten? Vielleicht aus der Sicht Niemeyers, seiner heutigen Bejubler – große brasilianische Schriftsteller wie Graciliano Ramos, den man wie Ungezählte einkerkerte, haben über diese Phase natürlich andere Positionen. Die Jüdin Olga Benario wurde von Vargas gar an Hitlerdeutschland ausgeliefert, in Bernburg vergast. Die Vargas-Epoche war gemäß den brasilianischen Historikern „Tirania“, Tyrannei – doch siehe da, just Oscar Niemeyer und sein Kumpel Lucio Costa arbeiteten für die Vargas-Diktatur. Solchen Aha-Effekt, der der Wirkung des „Huldigungsfilms“ womöglich abträglich wäre,  gönnen manche deutschen Filmkritiker ihren Lesern, Hörern offenbar nicht, setzen weiter aufs infantile Verschweigen. Diktator Vargas war intelligent, zynisch und gerissen – man erinnert sich, wie er sogar den Juden Stefan Zweig einkaufte, im Gegenzug gegen ein Dauervisum jenes entsetzliche „Brasilien, ein Land der Zukunft“ hinzuschludern. Leute wie Niemeyer, sogar Komponisten wie Heitor Villa-Lobos ins Boot zu holen, zählte zu den vielen geschickten Schachzügen von Vargas – ein großer deutscher Diktator betrieb damals eine gleiche Politik, man erinnert sich. Und bildete für Vargas gar die Geheimpolizei aus, brachte ihm und seinen Leuten bei, wie man ordentliche PR betreibt. Die „Abteilung für Presse und Propaganda“, geleitet von Lourival Fontes, einem „brillanten rechtsgerichteten Intellektuellen“, wie die brasilianischen Historiker analysieren, kontrollierte sämtliche journalistischen und kulturellen Aktivitäten, förderte den Personenkult um den Diktator Vargas. Noch so ein Aha-Erlebnis, das mit der Thematik intensiv befaßte Filmkritiker den Leuten offenbar nicht gönnen. Sogar der damalige Vargas-Minister Gustavo Capanema kommt in deutschen Filmkritiken gut und kritiklos weg. Capanema war immerhin Mitgründer einer paramilitärischen Legion, die Prinzipien faschistischen Charakters pflegte und den Uniformschnitt von den deutschen Nazis übernahm, wie in Brasilien konstatiert wird. Und auf welcher Seite stand Capanema wohl, als 1964 die Militärs erneut putschten, erneut ein Schreckensregime in den Tropenland installierten, mit Folter und Terror? Claro, auf der Seite der Militärs. Irgendwas darüber in deutschen Filmkritiken? Einfach mal nachschauen.

(Mehr über Getulio Vargas: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/28/o-antisemitismo-nas-americas-der-antisemitismus-in-amerika-738-seiten-98-real-das-neue-werk-von-brasiliens-fuhrender-antisemitismus-expertin-maria-luiza-tucci-carneiro-diesmal-herausgeberin/)

Kolumnist Diego Mainardo über Vargas und Niemeyer:

„Jenes Klischeebild Brasiliens als Land von Samba, Karneval, Fußball, unbändiger Lebensfreude und Rassendemokratie wurde kurioserweise von Diktator Getulio Vargas, einem Hitlerverehrer und Judenhasser, in den dreißiger und vierziger Jahren produziert, wurde Teil der Auslandspropaganda. Diogo Mainardi, provokanter Kolumnist des führenden Nachrichtenmagazins „Veja”, formuliert es so:” D e r Brasilianer existiert gar nicht, ist eine Täuschung, eine Lüge. Wer den Typus des Brasilianers erfunden hat, war die Getulio-Diktatur. Die erfand eine Rasse, glorifizierte die Mischung zwischen Weißen, Schwarzen und Indianern “ Frucht einer kollektiven Vergewaltigung. Erfunden wurden Mythen, der Fußball, der Karneval, die Populärmusik. Die Getulio-Diktatur erfand d e n Brasilianer, um ihn besser beherrschen zu können.” Mussolinis Italien, aber auch Hitlers Deutschland seien hier vorbeigekommen, es habe ein „ambiente goebbeliano” gegeben. „Der Unterschied ist, daß sich Italien und Deutschland von jenem sechzig Jahre zurückliegenden totalitären Diskurs befreit haben. In Brasilien wird er gleich fortgesetzt, werden Ideen von 1930 wiedergekäut. Die großen Namen unserer Intelligentsia und unserer Kultur sind jene alten Kollaborateure der Getulio-Diktatur, die mitgeholfen haben, jenes Image vom Brasilianer zu schmieden.” Diogo Mainardi nennt Namen wie Architekt Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Gilberto Freyre und Vinicius de Morais. „Getulio Vargas wußte, daß man am besten mit Künstlern und Intellektuellen fertig wurde, wenn man ihnen einen Job verschaffte.”

Chris Dercon, Direktor des Hauses der Kunst in München:“Aber immerhin erreicht er mit seiner Ideologie unglaublich sinnliche Architektur.“

Larry Rohter von der New York Times, der die weiter unten zitierte Bewertung schrieb, lebte und arbeitete jahrelang in Brasilien, war nahe dran an den Dingen, Ereignissen. Vermutlich schlußfolgert er deshalb über Niemeyer sehr anders als manche Trivialisten ganz weit weg vom Schuß, in der deutschen Provinz. 

„Pode-se estranhar a ausencia do contraditorio nesse filme-homenagem. Afinal, Niemeyer náo é homem de temer a controvérsia. E, como se sabe, pode ser um figuráo nacional e internacional, mas sua obra e sua atuaçáo náo estáo ao abrigo da polemica. Pelo contrario. Só para ficar num exemplo notavel, o documentario Conterraneos Velhos de Guerra, de Vladimir Carvalho, mostra um Niemeyer furioso quando convidado a explicar alguns fatos obscuros da construçáo de Brasi­lia, como a morte de trabalhadores.“(O Estado de Sao Paulo)

New York Times über Niemeyer: „Outro exemplo de um aspecto da cultura brasileira elogiado muito mais do que ele provavelmente merece é a obra do arquiteto Oscar Niemeyer. Sei que isso pode soar chocante, porque há um consenso quase universal aqui no Brasil de que Niemeyer é um genio. (…) Deixando de lado a politica stalinista de Niemeyer, que é execravel, há uma contradiçáo fundamental e irreconciliavel entre o que ele professa e a obra que ele produziu. Ele afirma querer uma sociedade baseada em princi­pios igualitarios, mas sua arquitetura, para usar a linguagem do mundo da computaçáo, náo é user-friendly. Ao contrario: ela é profundamente elitista e mesmo egoi­sta, concentrada principalmente em fazer declaraçoes grandiosas e eloqüentes por si mesmas, para satisfaçáo de Niemeyer e seus admiradores, mesmo que cause desconforto ou inconveniencia ao usuario“.

Architekt Joaquim Guedes, bestinformierter Niemeyer-Kritiker(und deshalb in Kommerzkritiken nie zitiert):”In der Menscheitsgeschichte gab es keinen anderen Architekten, für den der Staat soviel nationale und internationale Reklame organisierte wie für Niemeyer –  denn Niemeyer machte ja auch kräftig Reklame für den Staat. Über Niemeyer wurde nur verbreitet, was dieser selber hören wollte. Er arbeitete für das Militärregime, obwohl er es gleichzeitig kritisierte. Gerade während der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 realisierte Niemeyer viele Projekte. Ich bin traurig “ mit dieser formalistischen Prestigearchitektur, die nichts taugt, aber furchtbar teuer ist, hat Niemeyer meiner Architektengeneration objektiv sehr geschadet. Doch leider leben wir heute in einer Zeit, in der die Erscheinung, die Fassade, das Spektakel, die Propaganda so ungemein wichtig genommen werden. ”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/04/oscar-niemeyer-das-lateinamerika-memorial-in-sao-paulo-kritisiert-von-architekt-joaquim-guedes-der-text-ein-klassiker-der-architekturkritik-1989-oscar-niemeyer-na-barra-funda-em-sao-paulo/

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Der neue Anti-Kindermord-Dokfilm aus Brasilien – anklicken. Zweifach preisgekrönt, Regisseurin Sandra Terena, Produktion durch ATINI(Hakani-Dokudrama) „Das Schweigen brechen“. „Ein Zwillingsbruder mit zehn Jahren lebendig verbrannt worden.“ Indios gegen Kindermord-Praktiken der eigenen Stämme. Kritik an weißen Anthropologen. „Was falsch ist, müssen wir Indianer korrigieren.“

Montag, 28. Dezember 2009 von Klaus Hart

    NEU: Fotoserie Gesichter Brasiliens

    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

    23' K23

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