„Das Ende des Elends?“
Die jüngsten Ankündigungen von Präsidentin Dilma Rousseff, daß ab März in Brasilien keine extreme Armut mehr existieren werde, hat selbst in Wirtschaftsmedien wie EXAME zu ironisch-bissigen Analysen geführt. Sie richten sich u.a. gegen die staatliche Festlegung, wonach jemand, der im Monat nur bis zu 70 Real(umgerechnet etwa 26 Euro) verdient, extrem arm sei, jemand, der 71 Real verdiene, indessen das Elendsstadium verlassen habe. Die Festlegung der 70-Real-Grenze sei 2009 erfolgt und habe keinerlei Anpassung an die galoppierende Teuerung erfahren – andernfalls müßte der Grenzwert bereits bei etwa 90 Real liegen. EXAME:“In einigen Tagen gibt es keine Verelendeten mehr in der Regierungsstatistik, nur noch im wirklichen Leben…Praktisch kein einziger brasilianischer Bürger, der täglich aus dem Haus geht, braucht mehr als 15 Minuten, um auf einen physischen Beweis von Elend zu stoßen. Aber ab März müßte der Bürger dann denken, daß er nichts dergleichen gesehen hat. Und sollte er irgendeine Autorität aufsuchen, um Elendsfakten zu vermelden, wird er zu hören bekommen: `Sie müssen sich täuschen. Es gibt keinerlei Verelendete mehr in Brasilien.` Und so funktioniert schließlich das Hirn der Regierung. Die Realität ist nicht die, die man sieht. Es ist die in der Statistik.“
Laut Landesmedien wurde seit dem Jahresende 2012 an etwa 13000 Familien ein Pro-Kopf-Zuschuß von 2 Real gezahlt, damit diese Familien „technisch“ das Elendsstadium verließen.
In den letzten Monaten ist besonders in den Elends-und Armutsregionen des Nordostens, der von einer Dürrekatastrophe betroffen ist, der Preis für Grundnahrungsmittel gemäß neuen Studien um über 10 Prozent gestiegen.
In mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland müssen brasilianische Regierungsangaben, darunter Zahlen zur Elendsbekämpfung, gewöhnlich für bare Münze genommen werden – wird in vielen Mainstream-Medienberichten nicht einmal angegeben, daß man sich lediglich auf fragwürdigste Regierungsverlautbarungen bezieht. In deutschen Publikationen heißt es, Brasilien betreibe eine „neue linke Sozialpolitik“. Brasilien gelte als Vorzeigebeispiel für eine erfolgreiche Armutsbekämpfungsstrategie. Das Land sei von einer „roten Welle“ erreicht worden. Auch Dilma Rousseff habe sich, ganz im Sinne ihres Vorgängers, der Sozialpolitik verschrieben. Lula und Rousseff hätten eine „ausgefeilte Sozialpolitik betrieben, die auf Armutsbekämpfung sowie gesundheits-und bildungspolitische Maßnahmen im Sinne der unteren Bevölkerungsgruppen ausgerichtet ist“.
Katholischer Bischof Krapf zu den Zahlenspielereien: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/05/22/brasiliens-bischof-christian-krapf-aus-der-schweiz-wieviel-die-wohlhabenden-geldanleger-des-tropenlandes-2011-von-der-rousseff-regierung-erhielten-und-wieviel-die-empfanger-von-anti-hunger-hilfebo/
Warum Lulas Anti-Hunger-Programm als Wählerstimmenbeschaffer nur noch bedingt funktioniert: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/28/brasilien-pflicht-stichwahlen-fur-burgermeister-2012-resultate/
Obdachlosenverbrennung: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/19/brasilien-wieder-obdachloser-diesmal-ein-rollstuhlfahrer-lebendig-mit-benzin-verbrannt-worden-tat-in-belo-horizonte-verubt/
In deutschen Publikationen wird Brasilien als “Wirtschaftsriese” und “aufstrebende Großmacht” eingestuft, sei in die Riege der Global Player aufgestiegen. “Sowohl im wirtschaftlichen als auch im sozialen Bereich ist das größte Land Südamerikas zu einem Vorbild der Region geworden.”
Kuba-Bloggerin Yoani Sanchez in Brasilien 2013: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/18/kuba-bloggerin-yoani-sanchez-in-brasilien-mit-protesten-empfangen-bisher-noch-unklar-ob-sanchez-folter-todesschwadronen-sklavenarbeit-scheiterhaufen-und-andere-gravierende-menschenrechtsverletzu/