Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien – Severino Araujo, Dirigent des seelenvollsten, dienstältesten Ballorchesters der Welt, mit 95 in Rio de Janeiro gestorben. Symbolfigur der Hochphase brasilianischer Ballkultur in 80er und 90er Jahren, danach zügig zerstört – auch durch offizielle Förderung brutaler Baile-Funk-Kultur.

Samstag, 04. August 2012 von Klaus Hart

http://g1.globo.com/rio-de-janeiro/noticia/2012/08/morre-no-rio-o-maestro-severino-araujo-da-orquestra-tabajara.html

Bei YouTube gibt es zahlreiche sehenswerte Araujo-Videos.

http://blogdoims.uol.com.br/ims/o-benny-goodman-da-gafieira-por-paulo-roberto-pires/

Vor allem in der Lula-Amtszeit mit seiner sehr speziellen Kulturpolitik, teils unter Kulturminister Gilberto Gil, wurde Brasiliens einst so zauberhafte Ballkultur wesentlich zerstört, sind nur noch magere Reste übrig, wurde Brasiliens Kultur generell amerikanisiert.Statt Samba und Bolero wurde unter Lula-Rousseff brutaler Baile Funk gefördert, der durch Lärm in Hardrock-Lautstärke die Slums dominiert, sehr symbolträchtig für die kulturelle Situation des Tropenlandes. Severino Araujo gab dem Autor regelmäßig Interviews. Der Musiker hat Generationen Tanz-sozialisiert für ihr ganzes Leben, darunter auch manche Gringos aus Europa. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/22/kulturminister-gilberto-gils-amtszeit-eine-grausige-bilanz-fur-brasilien/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/13/paulo-moura-brasiliens-genialster-ball-klarinettist-verstorben/

”Nach mehreren  Jahren Gil-Amtszeit ist Brasilien noch weniger Sambaland, Bossa-Nova-Land als zuvor: Deutlich weniger Brasilianer hören, spielen Samba – und schlimmer noch – viel weniger können ihn überhaupt tanzen. Sambaschwoofs waren noch in den siebziger, achtziger Jahren ein kulturelles Massenphänomen des Nachtlebens der Großstädte und des Hinterlands. Heute sind die Chancen, irgendwo Samba, Bolero oder Forrò tanzen zu können, in Brasilien stark geschrumpft, nur eine ständig geringer werdende Minderheit kann überhaupt noch die Schritte. Außergewöhnliche Tanzprofessoren wie Jaime Aroxa oder Philip Miha halten, so verrückt es scheint, mit enormem Kraftaufwand mühselig am Leben, was vielen in Europa als typisch brasilianisch gilt.
Zouk-Experte Philip Miha in Sao Paulo:“Wir bekommen keinerlei kulturelle Förderung – es gibt dafür bei denen oben einfach kein Interesse, Null, nichts. Alles lebt nur von unserem Idealismus. Die Zahl jener, die in Brasilien überhaupt noch tanzen können, ist trotz stark gewachsener Bevölkerungszahl nicht größer geworden, sondern kleiner.“ Danke, Gil.

Inzwischen erinnern Abendveranstaltungen mit guten Tanzkapellen in Brasilien an Situationen, die man aus Laendern wie Deutschland kennt. Bis sich ueberhaupt jemand auf die Tanzflaeche traut, ist Mut antrinken noetig. Tanzen als ganz normales Vergnuegen gibt es kaum noch. Jene, die noch tanzen koennen, kommen in eine unangenehme Lage, fuehlen sich wie bei einer Vorfuehrung, da alles glotzt, gar Beifall klatscht, noch tagelang von eigentlich simplen Tanzschritten redet, die frueher so gut wie jeder Brasilianer konnte. 

Hintergrundtexte:

Brasiliens “Orquestra Tabajara” – dienstälteste Ballkapelle der Welt. Dokfilm und Buch:”Orquestra Tabajara de Severino Araujo – A Vida Musical da Eterna Big Band Brasileira”. **

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    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

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