Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Mentalität, soziokulturelle Faktoren – bemerkenswerte Selbstkritik nach der jüngsten schlechten Einstufung auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung:“Wir sind sehr ignorant.“ Folha de Sao Paulo. Frankfurter Buchmesse 2013 – Gastland Brasilien. Deutschlandjahr 2013 in Brasilien. Mittelalterliche Scheiterhaufen im Tropenland heute…

Sonntag, 17. März 2013 von Klaus Hart

Brasiliens größte Qualitätszeitung Folha de Sao Paulo hat in einer Analyse mit dem Titel „Ohne Papst, Oscar oder Nobelpreis“ interessante Reflexionen veröffentlicht:“Wir sind isoliert, weil große Länder dazu tendieren, autozentrierter zu sein. Und weil wir keine militärische und geopolitische Bedeutung haben. Aber wir leben so abgelegen zum Teil deswegen, weil wir es so wollen. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/14/brasilien-unter-der-rousseff-regierung-land-fallt-auf-uno-index-fur-menschliche-entwicklung-vom-ohnehin-schlechten-84-platz-auf-den-85-platz-zuruck/

Wir sind sehr ignorant. Schule, Studieren im Ausland,  Konversation mit dem Ausland mögen wir wenig. Auf den Eliteuniversitäten der USA gibt es relativ weniger Brasilianer als Mexikaner, Chilenen und Argentinier. Unter 187 Ländern belegen wir den 85. Platz in sozialer Entwicklung. Dies ist, unter anderen Aspekten, ein Zeichen von Ignoranz, fehlender Zivilisiertheit.

Wir sind isoliert. Brasilien ist eines der  im Welthandel am meisten abgeschlossenen  Länder.

Brasiliens bekanntester Anthropologe Roberto DaMatta 2015 über den Tropenstaat:”In einem Land, wo Lügen die Norm ist…”

Brasilien – Mentalität, das Verhältnis zur Lüge. Marcelo Rubens Paiva, politisch unkorrekt in “O Estado de Sao Paulo”. “Ah, os brasileiros… Mentem sem qualquer cautela.” (Ach, die Brasilianer. Lügen ohne jegliche Vorsicht.)

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/12/franziskanerpriester-johannes-bahlmann-in-sao-paulo-wir-sind-hier-in-friedensstiftender-mission-brasiliens-komplexe-realitat-ist-in-deutschland-nur-schwer-zu-vermitteln/

Wir verspäten uns immer sehr beim Importieren von Technologien, selten importieren wir kluge Köpfe. Wir verkaufen immer noch Produkte ohne Gesicht, Soja und Eisenerz(nichts dagegen), und selten Embraer. In den Auslagen der Welt gibt es Kaffee aus Kolumbien  und jenen winzigen Ländern Mittelamerikas und von Afrika, die wir auf der Weltkarte miteinander verwechseln. Doch es gibt da nichts aus Brasilien…

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/27/brasiliens-auslandspropagandabrasilianisches-lebensgefuhl-fur-alle/

So sind wir also etwas Obskures, weil wir wenig mit dem Rest der Welt reden,  doch billigen Ramsch, gadgets mögen; wir schauen sehr auf unseren eigenen, wenig gebildeten Bauchnabel.“   http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/24/der-mythos-von-der-herzlichkeit-des-brasilianers-ist-vorbei-wir-sind-eine-grausame-gesellschaft-joao-ricardo-moderno-prasident-der-brasilianischen-akademie-fur-philosophie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/24/nur-drei-prozent-der-brasilianer-halten-fur-moglich-in-mitmenschen-zu-vertrauen-sagt-neue-mentalitatsstudie/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/17/brasiliens-prediger-der-wunderheilersekten-viel-sympathie-und-werbung-fur-diese-antikatholischen-freikirchen/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/ 

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http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/17/brasiliens-entwicklungsruckstand-der-abgerissene-arm-in-sao-paulo-gedenken-radfahrer-mit-einem-improvisierten-mahnmal-des-mannes-der-durch-die-schuld-eines-autofahrersbetrunkener-psychologiestude/

Frankfurter Buchmesse 2013 – Gastland Brasilien:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/10/17/frankfurter-buchmesse-2013-gastland-brasilien-literatur-und-landesrealitaet-keinerlei-veranstalterhinweis-auf-gravierende-menschenrechtslage-auf-daten-und-fakten-von-amnesty-international-und-bras/

Scheiterhaufen in Brasilien heute:  http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/

Brasilianische Medienfotos – die forcierte Entpolitisierung unter Lula-Rousseff hat u.a. bewirkt, daß selbst Mittelschichtler in Millionenstädten wie Rio und Sao Paulo nicht wissen, bzw. nicht für möglich halten, daß all derartiges ganz in der Nähe ihrer Wohnungen geschieht. Schriftsteller Paulo Lins hat auf dieses Wahrnehmungsphänomen hingewiesen:  http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

Paulo Lins – „Würde ich die Realität so schildern, wie sie ist, könnte man das garnicht publizieren“:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/26/brasiliens-autor-und-filmemacher-paulo-linscity-of-god-zur-pressefreiheitwurde-ich-die-realitat-so-schildern-wie-sie-ist-konnte-man-das-garnicht-publizieren/

Brasilien: Paulo Lins

Schriftsteller, Filmemacher, Menschenrechtsaktivist

Der aufrüttelnde sozialkritische Streifen „City of God” lief mit großem Erfolg auch in den deutschen Kinos  – verfilmt wurde der Romanerstling „Cidade de Deus” des Schwarzen Paulo Lins aus Rio de Janeiro. Das Buch erschien auch bei einem deutschen Verlag.  Was Lins, der aus dem gleichnamigen Elendsviertel stammt, da zu Papier brachte, versetzte der brasilianischen Nation einen heilsamen Schock, veränderte die Kulturszene des Tropenlandes nachhaltig.

Bislang unterdrückte Diskussionen über die verdeckte Apartheid Brasiliens, die Machtstrukturen der Slums kamen in Gang. Wegen Lins, so die begeisterte Kritik, könne nicht länger verheimlicht werden, daß die Hölle gleich hinter Ipanema beginne, Brasilien zu den grausamsten Ländern der Erde gehöre.  DAAD-Stipendiat Lins konterte:”Würde ich die Realität so schildern, wie sie ist, könnte man das gar nicht publizieren.” Durch „Cidade de Deus” trennten sich in der Ersten Welt viele von sozialromantischen Brasilienklischees. Lins schrieb mit am Filmdrehbuch, suchte die Laiendarsteller der Elendsviertel aus, spielte den Co-Regisseur. Im Website-Interview sagt er: “Über dreißig Jahre lebte ich in der Gottesstadt, hatte keinerlei Zugang zu einer anderen sozialen Klasse. Ging ich durch Copacabana und Ipanema, fühlte ich mich ausgeschlossen, schlecht, fühlte ich Angst. Die Leute schauten mich so anders an, als ob es mir auf der Stirn geschrieben stand “ Schwarzer und Slumbewohner. Sie sagen hier, es gebe keinen Rassismus –  aber wir wissen, den gibts, das Problem ist sehr ernst. Im Fernsehen gibts so gut wie keine Schwarzen, alle wichtigen Posten in Unternehmen, in der Politik, in der Regierung sind von Weißen besetzt. Bis heute fühle ich mich schlecht, wenn ich in so eine abgesperrte Wohnanlage von Betuchten reingehe. Dort werde ich übel behandelt. Sitze ich mit Weißen im Auto, werden wir von der Polizei nicht angehalten. Sind wir aber nur Schwarze im Wagen, stoppen sie uns. Bis heute fühle ich diesen Rassismus.  Zu meinem Roman bekam ich nur ganz wenige negative Kritiken, weil er eben hinter die Kulissen schaut, geschrieben von einem, der im Slum haust. Das war ja das Interessante, das gab es noch nie. Heute sind die Schriftsteller doch alle aus der Mittelschicht. Die Leser waren völlig überrascht, weil da eine verheimlichte Realität zum Vorschein kommt. Ich hatte vorher nie mit Banditen gesprochen, denn nicht jeder kommt an die ran. Der Bandit ist die oberste Autorität im Slum, deshalb kann nicht jeder mit dem reden.  Früher wurde man mit 18, 20, 25 Jahren Bandit, heute mit neun, zehn Jahren! Hier in Brasilien erfaßt die Gewalt schon die Kinder. Brasilien mordet seine Kinder und läßt Kinder zu Mördern werden. So viele tote Heranwachsende, nie gezählt, nie registriert. Brasilien hat eine Gabe zum Töten, Brasilien ist ein Mörderstaat. Und das seit vielen Jahren schon –  man denke an die Sklaverei, die Lage der Indianer. Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert starben in Rio zweihundert Sklaven pro Woche, gab es Massaker an achthundert Menschen pro Woche! Die Slums waren immer gewaltgeprägt, nur gab es früher nicht so viele, war die Armut nicht so groß. Heute ist es überall gefährlich, heute kann jeder überfallen und entführt werden –  und anders als früher auch der Reiche.  Der braucht heute einfach Body-Guards, muß in diesen geschlossenen Wohnanlagen hinter hohen Gittern wohnen. Denn heute leben eben viele vom Verbrechen. Buch und Film zeigen: Brasilien steht beinahe in Flammen und die Leute merken es nicht, kümmern sich nicht drum! Die Gewalt ist aber nicht nur ein Fall für die Polizei, die Gewalt hat mit der Misere, mit Hunger, Krankheit zu tun. Es geht um Menschenrechte, um eine kraß ungerechte Einkommensverteilung. Wie wollen wir die Gewalt beseitigen, wenn wir nicht den Hunger, die Misere abschaffen? Brasilien stirbt noch mal an dieser Indifferenz, dem Volk fehlt einfach Bewußtsein. Weil der Film weltweit gezeigt wird, eine unbekannte Realität enthüllt, muß die brasilianische Regierung jetzt reagieren, wird sich die brasilianische Gesellschaft für diesen Film schämen. Wenn einer im Ausland sagt, ich bin Brasilianer, wird er hören, ich habs gesehen “ ein Scheißland! Und nach dem Film wird man die Brasilianer im Ausland fragen –  hast du davon gewußt? Und die werden antworten, nein, wußte ich nicht. In Wahrheit habe ich das Buch geschrieben, um unseren Eliten zu sagen –  das ist euer Werk, ihr wart das! Man wird jetzt fragen, bist du einer von den Geldleuten? Dann bist du mitschuldig an den Zuständen. Die Geschichte dieses anderen Brasilien wurde bisher nur mündlich weitergegeben, das ist jetzt vorbei, ab jetzt wird man darüber schreiben, öffentlich reden, ich habe schon Nachfolger. Wir haben eine NGO gegründet, mit der wir Heranwachsende aus den Slums zu Schauspielern, Fotografen, Maskenbildnern, Klangtechnikern ausbilden. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/19/kuba-bloggerin-yoani-sanchez-derzeit-in-den-usa-in-new-york-weiter-schweigen-uber-ihr-treffen-mit-rechten-und-rechtsextremen-in-brasilien-auch-bloomberg-informiert-daruber-nicht/

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    NEU: Fotoserie Gesichter Brasiliens

    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

    23' K23

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