„Die Deutschen kommunizieren weniger über die Körpersprache und die Mimik. Es ist schwierig, den tieferen Sinn zu entschlüsseln. Hier wird einfach weniger geflirtet. In Brasilien kommt jeder zu dir hin und möchte mit dir sprechen. Die Männer starren dir ständig auf dein Äußerliches. Hier kannst du überall rumlaufen und niemand pfeift dir nach oder behandelt dich, als wärst du ein Stück Fleisch. Das finde ich sehr respektvoll. Als ich hier ankam, fand ich das echt cool, aber nach einem halben Jahr muß ich zugeben, daß ich den brasilianischen Machismo ein wenig vermisse. Das ist seltsam, denn ich habe ihn immer gehaßt. Wenn ich hier durch die Stadt laufe, fühle ich mich wie ein Baum oder eine Wand. Ich finde mich nicht mehr so attraktiv und frage mich, wo das Problem mit mir ist. In Brasilien sagt täglich irgendwer zu dir: Süße, siehst du heute fantastisch aus. Und hier habe ich seit sechs Monaten überhaupt nichts mehr gehört…Am Anfang war das hier für mich eine totale Umstellung, weil ich alles selber machen mußte. In Brasilien ist es normal, daß Leute aus der Mittel-und Oberschicht eine Putzfrau haben. Ich mußte mich um viele Dinge im Haushalt nicht selber kümmern. Das ist völlig natürlich für mich, weil ich es mein ganzes Leben so erlebt habe.“
Aus ila-Zeitschrift Okt. 2011 „Universitäten“