Laut Angaben der brasilianischen Wirtschaftszeitschrift EXAME haben inzwischen LAN und TAM zusammen einen geringeren Marktwert als früher LAN alleine. Im ersten Halbjahr 2013 machte die aus der Fusion hervorgegangene LATAM, die TAM kontrolliert, einen Rekordverlust von 287 Millionen Dollar. Gemäß dem chilenischen LATAM-Vize Enrique Cueto liegen die Probleme des Unternehmens in Brasilien.
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Frappierende Modernisierungsmentalität
Orientieren an Effizienzkriterien der Ersten Welt
Deutsche Logistikfirmen willkommen
Chile hat das Jahr 2012 mit den besten Wirtschaftsdaten aller lateinamerikanischen Länder abgeschlossen – der Weltwährungsfonds nannte die Zahlen sogar „phantastisch“. Wer aus dem logistischen Chaos Brasilien, gar seiner Wirtschaftsmetropole Sao Paulo über die Anden nach Santiago jettet, empfindet die Unterschiede besonders drastisch, fühlt sich bereits nach der Abfahrt vom Airport nahezu wie in einem Land der Ersten Welt. Nicht zufällig ist Chile in Südamerika das einzige OECD-Mitglied – was Bände spricht.
Absurdeste, teils zig Kilometer lange LKW-Staus wie im Großraum Sao Paulos sind hier unbekannt, weil die chilenische Hauptstadt gut und vernünftig strukturiert ist, der Verkehr nahezu problemlos fließt. Gleiches gilt für die Zufahrten der nahen führenden Hafenstädte Valparaiso und San Antonio – in auffälligem Kontrast zu Brasiliens wichtigstem Hafen Santos sind in Chile die entsprechenden Autobahnen und Fernstraßen hervorragend ausgebaut, gibt es spezielle LKW-Trassen zu den Terminals, leiden die Städte daher kaum oder garnicht unter dem Schwerlastverkehr.
Erste Gespräche mit chilenischen Logistikmanagern könnten indessen jene verwirren, denen Vergleichsdaten, Einblicke in die Situation der Nachbarländer fehlen. Denn auch in den Branchenmedien fällt die Kritik an der logistischen Infrastruktur Chiles teilweise so harsch aus, daß man den – falschen – Eindruck gewinnen könnte, hier läge vieles im Argen. Selbst der Frachtflughafen von Santiago, den ausländische Fachleute zu den effizientesten, besten Lateinamerikas zählen, wird erbarmungslos herabgestuft, weil er Signale des Kollaps zeige: „Sie müßten das hier mal im Alltag erleben – nur von Ferne betrachtet, erscheint die Lage besser als sie ist.“ Chile brauche dringend bessere Häfen, Flughäfen, ein Straßennetz mit viel mehr Qualität.
Solche überraschend kritischen Töne lassen sich mit soziokulturellen Faktoren erklären, einem Problembewußtsein ähnlich dem deutschen: In den Weltstatistiken für Bildungsniveau, Globalisierungsgrad, Wettbewerbsfähigkeit und menschliche Entwicklung rangiert Chile weit vor Brasilien – Chilenen sind auffällig qualitätsbewußt, stark politisiert und daran gewöhnt, staatsbürgerliche Rechte im Rahmen einer hochentwickelten Protestkultur einzufordern. Ganz anders als in Brasilien sehen sich daher Regierung und staatliche Behörden, Institutionen jeglicher Art permanenter öffentlicher Kontrolle, Perfektionierungsdruck ausgesetzt. Präsident Sebastian Pinera nennt seine Landsleute zunehmend anspruchsvoller, fordernder – sie wollten Resultate. Derzeit heißt dies auch: Milliarden werden ins Straßennetz, darunter weitere Autobahnen, sowie in neue Terminals investiert – und immer mehr Hafenanlagen zwecks Ausbau privaten Konzessionären übergeben. Anders als in dem von Konjunkturflaute geplagten Brasilien wird damit keineswegs versucht, jahrzehntelange Versäumnisse wettzumachen – vielmehr muß die Landeslogistik an das unerwartet starke Wirtschaftswachstum der letzten Jahre angepaßt werden. Dies wiederum wurde durch eine moderne Logistik erst möglich. So wird im Agrarexportland Brasilien neidisch konstatiert, daß Chile mit nur rund einem Zehntel der Obstanbaufläche sowie viel längeren Transportwegen nach Europa weit mehr und lukrativer exportiert, viel wettbewerbsfähiger sei – weil eben die Logistik stimme. Chile führte letztes Jahr laut Statistik etwa 2,6 Millionen Tonnen Frischobst aus, Brasilien nicht einmal 700000 Tonnen.
Befragte chilenische Manager stellen immer wieder klar: Wir orientieren uns permanent an den fortschrittlichsten logistischen Strukturen der globalisierten Welt.
Lateinamerikanische Nachbarn wie Brasilien kommen da nicht vor, auch nicht beim deutschstämmigen Harald Jäger, Hafenchef in Valparaiso. „Ich will, daß meine Profis ständig schauen, was in der ganzen Welt an besten Beispielen existiert, schicke meine Ingenieure dorthin, auch zu den wichtigsten Kongressen, fahre selber herum. Hier in Valparaiso habe ich mit Hamburgs damaligem Wirtschaftssenator Günther Bonz über günstigste Lösungen diskutiert.“ Und im Aufsichtsrat hat er Klaus Schmöcker, Chef der HHLA-Tochter HPC(Hamburg Port Consulting). Deutsche Logistiker sind in Chile überall sehr willkommen.
Auch Jäger weist auf Schwachstellen der Logistik-Infrastruktur Chiles, lobt Deutschlands modernes Bahnnetz:“Die Bahn war hier früher sehr wichtig, verband den Norden mit dem Süden, bis die Regierung in den 60er, 70er Jahren die Investitionen stoppte – das war ein Fehler. Wir brauchen wieder einen höheren Bahn-Anteil – auch im Hafen von Valparaiso.“
Der wird keineswegs so martialisch von Sicherheitskräften bewacht, wie dies in Brasilien üblich ist. Denn als günstige Standortfaktoren Chiles gelten auch niedrige Kriminalität, wenig Korruption.
Wer die Landplage des bewaffnetenFrachtraubs in Brasilien kennt, staunt daher, mit welcher Vehemenz ChilesLogistikverband ALOG Ende 2012 von Regierung und Polizei energische Schritte gegen Banden verlangt, die LKW vor allem nahe den wichtigsten Häfen überfallen. Im Großraum der Hauptstadt habe es im ersten Halbjahr 2012 mehr als 70 Fälle gegeben, und damit 70 Prozent mehr als im Vergleichzeitraum von 2011. Dies schade dem Landesimage, der Wettbewerbsfähigkeit des Außenhandels, verteuere die Export-und Importkosten wegen notwendiger Prävention. In Brasilien längst geschehen: Allein im ersten Halbjahr 2012 wurden im Großraum von Sao Paulo rund 4000 derartige Überfälle registriert, schicken die Unternehmen immer häufiger ihre LKW-Transporte mit teuren bewaffnete Eskorten los. In Chile käme niemand auf eine solche Idee.
Chile –Daten:
17,4 Millionen Einwohner
Rd. 756000 Quadratkilometer Landesfläche
(zum Vergleich Deutschland: 357121 Quadratkilometer)
Wirtschaftswachstum 2011: 5,9 %
2012: 5,6% (Regierungsangaben)
Vergleich Brasilien: 2011: offiz. 2,7 %
2012: 0,9 % (Regierungsangaben)