Die sofort gestartete Krebsbehandlung des Ex-Staatschefs durch ein ausgesuchtes Ärzteteam des „Hospital Sirio-Libanes“ in Sao Paulo hat in Brasilien zu einer solchen Welle von kritischen, teils wütenden Lesermails an Qualitätsmedien geführt, daß diese die Veröffentlichung stoppten. Im Internet wurden indessen mehrere Kampagnen gestartet, in denen gefordert wird, Lula möge sich in öffentlichen Hospitälern behandeln lassen – und nicht im teuren Gesundheitssystem der Geldelite, das er u.a. als Gewerkschaftsführer immer so scharf verurteilt habe. Gleichzeitig kam in allen Medien eine öffentliche Diskussion über das „Krebsgeschwür“ des öffentlichen Gesundheitswesens der größten Demokratie Lateinamerikas in Gang.
http://www.bpb.de/themen/AG8OHL,0,Brasiliens_Widerspr%FCche.html
Laut Gesundheitsministerium werden 80 Prozent der Krebsbehandlungen in öffentlichen Hospitälern realisiert. Indessen hatte eine Untersuchung des Obersten Rechnungshofes für 2010 ergeben, daß die Kapazität dieser Hospitäler bei weitem nicht ausreicht. So vergingen zwischen Diagnose und dem Beginn der Chemotherapie durchschnittlich 76,3 Tage, auf die Radiotherapie müsse man im Durchschnitt sogar 113,4 Tage warten. Just auf eine Diagnose zur Feststellung von Krebs müsse man sehr lange warten, betonten Ärzte. In anderen Analysen hieß es, das System der Krebsbehandlung in öffentlichen Hospitälern sei chaotisch – etwa 80000 Kranke hätten 2010 vergeblich auf ihre Krebsoperation gewartet.Speziell in Sao Paulo hatte der dortige Rechnungshof 2011 festgestellt, daß man auf eine Mammographie bis zu 595 Tage, auf eine Gefäß-Sonographie bis zu 889 Tage, auf eine Computer-Tomographie bis zu 424 Tage warten muß. Es fehlten Fachkräfte, darunter Ärzte.
Indessen macht man beispielsweise als Ausländer auch in Privatkliniken Brasilien, bei Privatärzten nicht selten grauenhafte Erfahrungen – selbst in Sao Paulo – entsprechende Ärzte wären in Ländern wie Deutschland rasch ihre Zulassung los, würden verklagt wegen Fahrlässigkeit und Unfähigkeit.
Zeitungskarikatur – Ausriß. „Keine Sorge – die Behandlung macht SUS.“(SUS – öffentliches Gesundheitswesen)
„…tabagismo, alcoolismo – essa toda descricao, que o oncologista fez, se enquadra no perfil do ex-presidente Lula…“ Globo-Radiokommentar
„Há um numero nao desprezivel de pessoas querendo despachar o ex-presidente para a fila do SUS.“(Folha de Sao Paulo)
Hunger und Elend heute in Brasilien:
Laut Befreiungstheologe Frei Betto, Ex-Lula-Berater beim Anti-Hungerprogramm, liegt die Zahl der in extremer Armut, also in Hunger und Misere, lebenden Brasilianer, nicht wie offiziell angegeben, heute bei 16 Millionen, sondern ist doppelt so hoch. Nach derzeit geltendem mitteleuropäischen Werteverständnis hat damit die internationale Wirtschafts-und Finanzkrise, wie die Lula-Rousseff-Regierung verbreiten ließ, auf Brasilien nur geringe Auswirkungen gehabt.
Brasiliens investigative Journalisten wiesen indessen auf Rekordentlassungen, den Stopp vieler Industrieprojekte, auf Exportprobleme und Deindustrialisierung, geschönte offizielle Statistiken.
“Krise – was denn für eine Krise?” – Kloake-Slum in Sao Paulo.
Wie laut UNO das Anti-Hunger-Programm finanziert wird:
„Ein wahres Krebsgeschwür ist Brasiliens öffentliches Gesundheitswesen.“ (Folha de Sao Paulo)
Aus Europa bekam die Lula-Rousseff indessen für ihre Sozialpolitik sehr viel Lob.
Qualitätszeitung O Globo 2011 zur Krebsbehandlung in Brasilien: